Spruch:
1) Der Rekurs wird zurückgewiesen.
2) Im Übrigen werden die Akten dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die Kläger begehren die Verurteilung der Beklagten zur Räumung eines im Wohnungseigentum stehenden Autoabstellplatzes und eines Abstellraums im Keller eines Hauses. Die Beklagte stütze sich auf eine nicht rechtskonform zustandegekommene Benützungsvereinbarung mit der Voreigentümerin, die überdies den Klägern nicht rechtswirksam überbunden worden sei. Die Benützung durch die Beklagte sei bisher prekaristisch erfolgt (§ 974 ABGB).
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil betreffend den Abstellraum im Keller mit Teilurteil dahingehend ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige „insgesamt“ 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR, die Revision sei nicht zulässig.
Betreffend den Autoabstellplatz hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Berufungsgericht sprach nicht aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts richtet sich die „außerordentliche Revision“, in eventu der Antrag nach § 508 ZPO, verbunden mit der Revision, der klagenden Parteien. Der Oberste Gerichtshof sei an die Bewertung des Berufungsgerichts nicht gebunden. Der Autoabstellplatz habe einen Wert von zumindest 37.950 EUR, weshalb das Berufungsgericht aussprechen hätte müssen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige.
Gegen den Aufhebungsbeschluss richten die klagenden Parteien den Rekurs an den Obersten Gerichtshof.
Das Erstgericht legte die Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Zu 1) Nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen berufungsgerichtliche Beschlüsse, soweit dadurch das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur zulässig, wenn das Berufungsgericht dies ausgesprochen hat. Durch diese Formulierung wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Zulässigkeit des Rekurses gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss an einen ausdrücklichen Zulassungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz gebunden ist (RIS-Justiz RS0043880). Fehlt ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts, dann ist auch ein außerordentlicher Rekurs ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0043898).
Da nach der zitierten Rechtsprechung der Rekurs absolut unzulässig ist, war er zurückzuweisen.
Zu 2) Betreffend die „außerordentliche Revision, in eventu den Antrag nach § 508 ZPO, verbunden mit der Revision“, ist die Aktenvorlage verfehlt.
Die Zulässigkeit der Revision richtet sich hier nicht nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO (Bestandstreitigkeiten), weil die Kläger, von deren Behauptungen allein auszugehen ist (RIS-Justiz RS0046865 [T12]), keinen Bestandvertrag zwischen den Streitteilen, sondern eine titellose, vormals prekaristische Benützung der Flächen durch die Beklagte behaupten (RIS-Justiz RS0046865 [T9, T19]; vgl auch RS0042931).
Die Zulässigkeit der Revision richtet sich somit nach § 502 Abs 3 ZPO, weil der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat.
Entgegen der Rechtsansicht der Rechtsmittelwerber ist der Oberste Gerichtshof an die Bewertung durch das Berufungsgericht gebunden, sofern nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden (RIS-Justiz RS0042437; RS0042450; RS0042515; RS0042410), was hier nicht der Fall ist. Das Berufungsgericht darf den Wert des Entscheidungsgegenstands - bezogen auf den objektiven Wert der Streitsache - weder übermäßig hoch noch übermäßig niedrig ansetzen; ist eine solche Fehlbeurteilung offenkundig, dann ist der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118748). Eine im Ermessensbereich vorgenommene Bewertung entzieht sich aber einer Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS0042437 [T8]; RS0042450 [T3]). Die Bewertung des Berufungsgerichts stellt keine offenkundige Fehlbeurteilung dar.
Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).
Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen haben.
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