Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die unterinstanzlichen Urteile werden dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil zu lauten hat:
"Die zwischen Herbert M***, geboren am 27.3.1935, und Gertrude M***, geboren am 28.2.1949, vor dem Standesamt Wien-Innere Stadt, am 24.8.1981 geschlossene und zu Nr. 686/81 protokollierte Ehe wird aus dem Verschulden der Beklagten mit der Wirkung geschieden, daß sie mit der Rechtskraft des Urteiles aufgelöst ist. Den Kläger trifft die Mitschuld an der Scheidung."
Die Prozeßkosten sowie die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht hat der auf § 49 EheG gestützten und auf häufige Beschimpfungen, Bedrohungen, Schädigung des geschäftlichen Rufes des Klägers, unterlassene Haushaltsführung sowie böswilliges Verlassen durch die Beklagte gegründeten Scheidungsklage entgegen dem auf Klagsabweisung gerichteten Antrag der Beklagten, welche die im einzelnen genannten Eheverfehlungen des Klägers behauptete, dahin stattgegeben, daß es die Scheidung der Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden der Beklagten aussprach.
Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.
Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die Beklagte eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung dahin, daß das überwiegende Verschulden des Klägers an der Scheidung der Ehe ausgesprochen oder aber die Klage überhaupt abgewiesen werde.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise gerechtfertigt.
Der von den Streitteilen am 24.8.1981 geschlossenen Ehe, welche jeweils die zweite Ehe war, entstammt das am 29.3.1983 geborene Kind Franziska. Schon seit der Eheschließung kam es zwischen den Eheleuten immer wieder aus finanziellen Gründen zu Auseinandersetzungen, wobei die Beklagte behauptete, der Kläger gebe ihr zu wenig Geld, und ihn dabei als "Geizkragen" und "neidigen Hund" bezeichnete. Solche Äußerungen gab sie auch zu Weihnachten 1981 ab, als sie vom Kläger eine Skiausrüstung und einen 14-tätigen Skiaufenthalt zum Geschenk bekam, nicht jedoch den gewünschten Pelzmantel. Die Beklagte arbeitete im Restaurant des Klägers mit. Wenn er mit ihren Leistungen nicht zufrieden war und an ihrer Arbeit herumnörgelte, bezeichnete sie ihn als "Trottel, Arschloch, Schwein". Ein weiterer Grund für die Auseinandersetzungen war auch, daß die Beklagte in keinem guten Verhältnis zur Tochter des Klägers aus dessen erster Ehe stand und ihm Vorhalte machte, wenn diese keine guten schulischen Erfolge oder wenn er ihr etwas gekauft hatte. Im Sommer 1982 erlitt die Tochter des Klägers einen schweren Verkehrsunfall, war bis Oktober 1982 in Spitalsbehandlung und wohnte sodann bei ihrem Vater, der sie pflegte. Dies machte die Beklagte dem Kläger zum Vorwurf, indem sie ihn beschimpfte. Um mit ihr weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden, bestätigte er ihr, damit einverstanden zu sein, daß sie für die Dauer von vier Wochen in ihre Wohnung in die Rathausstraße ziehe. Am 16.10.1982 kam die Beklagte wieder in die eheliche Wohnung zurück, beschimpfte die Tochter des Klägers als Mörderin - ihr Freund war beim gemeinsamen Verkehrsunfall als Beifahrer getötet worden - zog sich bis auf die Unterwäsche aus und legte sich zur Tochter ins Ehebett. Nachdem die Tochter den Kläger telefonisch herbeigerufen hatte, forderte die Beklagte diesen zum Geschlechtsverkehr auf. Seiner Aufforderung, die eheliche Wohnung zu verlassen, kam sie nicht nach, worauf der Kläger seine Tochter zu einer Schwester brachte und die Polizei anrief. Nach Polizeiintervention verließ die Beklagte die Wohnung. Im Oktober 1982 war die Nichte des Klägers mit ihrem nunmehrigen Ehemann im Lokal des Klägers. Die Beklagte beschimpfte sie als "Flitscherl" und "Trutscherl", was im vollbesetzten Lokal Aufsehen erregte, worauf die Nichte über Ersuchen des Klägers das Lokal verließ. Der Grund für diese Beschimpfungen kann nicht festgestellt werden. Dem Begräbnis des beim Verkehrsunfall getöteten Freundes der Tochter des Klägers wohnte die Beklagte nicht bei, sondern fuhr mit ihrem Sohn nach Pfaffstätten in das Haus der Streitteile, wo sie bis Ende August 1982 verblieb. Als sie zum Schulanfang nach Wien zurückkehrte, bezog sie ihre Wohnung in der Rathausstraße. Den Aufforderungen des Klägers im August 1982, in die eheliche Wohnung zurückzukehren, kam sie nicht nach und begründete dies damit, daß sie einen anderen Bekanntenkreis gefunden habe und in der Rathausstraße wohnen wolle. Im Frühjahr oder Sommer 1982 nahm die Beklagte im Zuge einer Auseinandersetzung das Gewehr des Klägers aus dem Kasten, worauf er es ihr entriß. Sie erklärte, sie werde ihn erschießen, wenn er ihr die begehrten S 3.000,- nicht gebe. Nach dem Zwischenfall verließ sie nach Mitternacht mit ihrem Sohn die Wohnung, rief jedoch nach kurzer Zeit an und bat den Kläger um Verzeihung. Seit September 1982 leistete dieser der Klägerin keinen Unterhalt. Auf Grund einer bewilligten einstweiligen Verfügung besteht derzeit ein Unterhaltsrückstand von S 500.000,-. Der Kläger hat hinsichtlich der am 29.3.1983 geborenen Franziska eine Klage auf Bestreitung der ehelichen Abstammung eingebracht, welche abgewiesen wurde. Anlaß für diese Klagsführung war, daß die Beklagte im Jahre 1977 den Kläger als präsumptiven Vater ihres Kindes angegeben hatte und auf Grund der Untersuchungen festgestellt wurde, daß seine Vaterschaft nicht wahrscheinlich sei. Bis zu ihrem Auszug hatte die Beklagte den Haushalt ordnungsgemäß versorgt. Im November 1982 rief sie die Mutter des Klägers an und machte ihr Vorwürfe, daß "sie keine guten Großeltern wären", wobei sie ihr eine schlechte Sterbestunde wünschte. Seit Dezember 1982 ist die Beklagte mit Wilhelm S*** bekannt. Dieser beaufsichtigte in ihrer Wohnung in der Rathausstraße die Fliesenverlegungsarbeiten. Wegen der von ihm beabsichtigten Pachtung eines in Planung befindlichen Objektes, bei welchem er die Beklagte als Geschäftsführerin anstellen will, trifft er diese durchschnittlich ein- bis dreimal in der Woche. Sie gehen dann zum Heurigen oder zum Essen, wobei es auch zum Austausch von Zärtlichkeiten, z.B. Küssen auf die Wange oder Umarmung, gekommen ist. Auch telefonisch haben die beiden ein- bis zweimal pro Woche Kontakt miteinander. Wilhelm S*** schenkte der Beklagten auch Blumen und brachte ihr Kind in den Kindergarten. In einem von der Beklagten in 1210 Wien, Kerpengasse 29, gekauften Haus hat Wilhelm S*** verschiedene Tischlerarbeiten durchgeführt. Er besucht sie nach wie vor zwei- bis dreimal in der Woche und nächtigte auch zumindest zweimal im Haus der Beklagten. Der Kläger hatte sein Lokal zunächst als Einzelfirma "Restaurant Müller-Beisl" betrieben. Am 1.3.1983 wandelte er den Betrieb in eine Gesellschaft m.b.H. um. Die Überlegungen hiezu hatte er schon seit längerer Zeit, auslösendes Moment für diese Umwandlung war sodann der wirtschaftliche Niedergang des Unternehmens auf Grund einer rückläufigen Entwicklung, sodaß die Gefahr bestand, daß das Privatvermögen des Klägers zur Haftung herangezogen werden könnte. An der Gesellschaft ist er mit einem Stammkapital von S 50.000,- und die Tochter des Klägers mit einem solchen von S 450.000,- beteiligt, wobei sie ihren Anteil mit dem Erlös ihrer Erbschaft nach dem Tod ihrer Mutter finanzierte. Der Kläger hat nie ehewidrige Beziehungen unterhalten und die Beklagte auch nie beschimpft.
In seiner rechtlichen Beurteilung lastete das Erstgericht der Beklagten schwere Eheverehlungen im Sinne des § 49 EheG an. Sie habe im Zuge von Auseinandersetzungen mehrfach den Kläger und dessen Verwandte beschimpft, den betagten Eltern des Klägers eine schlechte Sterbestunde gewünscht und die Tochter des Klägers als Mörderin bezeichnet. Weiters habe sie gegen den Willen des Klägers zu Schulanfang 1982 die eheliche Wohnung verlassen und in provokanter Weise die Rückkehr in diese versucht, was zu der Vereinbarung der Streitteile geführt habe, daß der Kläger mit einer zeitlichen Trennung einverstanden gewesen sei. Wenngleich der Beklagten ein Ehebruch mit Wilhelm S*** nicht nachgewiesen werden könne, so sei ihre ständige Beziehung zu diesem unter Berücksichtigung der Art, des Umfanges und der Intensität über einen freundschaftlichen harmlosen Verkehr hinausgegangen und als schwere Eheverfehlung anzusehen. Der Kläger habe durch die Unterhaltsverletzung eine Eheverfehlung begangen, dagegen könne ihm nicht angelastet werden, daß er die Vaterschaft der ehelichen Tochter Franziska bestritten habe, weil es im kritischen Zeitraum für die Empfängnis zwischen den Streitteilen immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen sei und ihn die Beklagte vor Jahren auch als Vater ihres Sohnes angegeben habe, ohne daß seine Vaterschaft medizinisch erweislich gewesen sei. Die Ehe der Streitteile sei unheilbar zerrüttet, wobei das überwiegende Verschulden die Beklagte treffe.
Das Berufungsgericht hielt weder die Rüge der unrichtigen Beweiswürdigung und der unrichtigen Tatsachenfeststellung noch die Rechtsrüge der Beklagten für gerechtfertigt. Dem Kläger falle als Eheverfehlung nur die Unterhaltsverletzung zur Last, die Beklagte dagegen habe zahlreiche schwere Eheverfehlungen begangen. Ihre ehewidrigen Beziehungen mit Wilhelm S*** hätten nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft den Ehewillen des Klägers endgültig zerstört. Bei Gegenüberstellung der beiderseitigen Eheverfehlungen zeige sich ein weitaus überwiegendes Verschulden der Beklagten an der unheilbaren Zerrüttung der Ehe der Streitteile, sodaß der erstgerichtliche Urteilsspruch gerechtfertigt erscheine. In ihrer Revision bringt die Beklagte vor, aus der Urkunde ./2 ergebe sich, daß der Kläger das Verlassen der ehelichen Wohnung ausdrücklich gewünscht und sie daher praktisch aus der Wohnung geworfen habe, woraus sich eine Eheverfehlung des Klägers und nicht eine solche der Beklagten wegen böswilligen Verlassens ergebe. Anläßlich ihrer Rückkehr in die Ehewohnung habe sich die Beklagte nicht nackt, sondern in Unterwäsche in ihr Bett gelegt, das "provokant" von der längst nicht mehr kranken Tochter des Klägers belegt gewesen sei. Hierin liege keine Eheverfehlung, selbst wenn dies der Kläger als Provokation aufgefaßt hätte, denn die Beklagte habe damit nur ihre Rechte in der Ehewohnung ausgeübt. Schwer ehewidrig sei vielmehr, daß der Kläger in dieser Situation die Polizei geholt habe, um sie aus der Ehewohnung zu vertreiben, wobei er ihr von der Polizei die in ihrem Eigentum stehenden Wohnungsschlüssel habe abnehmen lassen. Die Aufforderung der Beklagten zum Geschlechtsverkehr habe den Versuch dargestellt, den Kläger zur Weiterführung der Ehe zu bewegen, die Ablehnung sei dem Kläger als Eheverfehlung anzulasten. Im übrigen habe der Kläger, wenngleich dies aus den erstgerichtlichen Feststellungen nicht präzise hervorgehe, die Beklagte noch ein drittes Mal vom Betreten der Wohnung abgehalten, nachdem er ihr noch vormittags ihre Wiederaufnahme zugesagt gehabt habe. Auch hierin liege eine schwere Eheverfehlung. Im Hinblick auf das schwer ehewidrige Verhalten des Klägers seien die nach den unbekämpfbaren Feststellungen zugrundezulegenden Beschimpfungen der Beklagten entschuldbare Reaktionen. Was die Entschuldigung der Beklagten nach der angeblichen Bedrohung mit dem Gewehr betreffe, so sei das Motiv darin gelegen gewesen, daß die Beklagte, nach Mitternacht im Winter vor dem abgelegenen Haus stehend, einfach "zu Kreuze kriechen" habe müssen, um nicht mit dem Kleinkind zu erfrieren. Hinsichtlich der festgestellten "Umstrukturierung" des Unternehmens des Klägers sei zu berücksichtigen, daß der Kläger bei dieser Gelegenheit einen 90 %-igen Anteil am Unternehmen seiner Tochter geschenkt habe und sich sodann durchschnittlich ein festgesetztes Gehalt von S 1.127,86, somit ein Zehntel dessen habe überweisen lassen, was der Beklagten mit rechtskräftiger einstweiliger Verfügung an Unterhalt zugesprochen gewesen sei. Auch durch diese Umstrukturierung habe der Kläger die Beklagte daher in eine äußerste Notlage gebracht. Völlig unberücksichtigt geblieben sei, daß die Beklagte anläßlich ihres Versuches einer Rückkehr in die Ehewohnung im 3. Monat schwanger gewesen sei, sodaß ihren Eheverfehlungen ein geringeres, dem Verhalten des Klägers aber umso schwereres Gewicht zukomme. Bei der Bewertung ihrer Kontakte mit Wilhelm S*** müsse ebenfalls das Gesamtverhalten des Klägers bedacht werden. Diesem komme jedenfalls die entscheidende Bedeutung für die Zerrüttung der Ehe zu, sodaß die Ehe aus seinem überwiegenden Verschulden zu scheiden sei. Diesen Ausführungen kann im Ergebnis teilweise Berechtigung zuerkannt werden.
Soweit das Vorbringen der Beklagten nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, erscheint die Revision allerdings nicht gesetzmäßig ausgeführt und daher unbeachtlich. Zu der von der Revisionswerberin bekämpften Bewertung der Ehewidrigkeiten des Klägers im Verhältnis zu ihren eigenen, angeblich im wesentlichen nur Reaktionshandlungen darstellenden Verhaltensweisen ist zu erwägen:
Wesentlicher Ausgangspunkt der Auseinandersetzungen zwischen den Ehegatten war neben finanziellen Fragen das Verhältnis der Beklagten zur Tochter des Klägers aus erster Ehe. Die bei der Eheschließung 32-jährige Beklagte empfand diese damals 19-jährige Tochter des Klägers offenbar in gewisser Weise als Konkurrentin, welche Situation sich nach deren Verkehrsunfall verschärfte und zu den von den Beteiligten geschilderten Vorfällen im Oktober 1982 führte. Diesbezüglich gab die Tochter des Klägers als Zeugin an (AS 66 f.), die Beklagte habe am 8.10.1982 in der Wohnung ihrem sie pflegenden Vater vorgeworfen, daß er sich um sie so viel kümmere und so viel Zeit für sie aufwende und daß sie doch ausziehen solle; ferner, daß sie nicht sagen könne, warum die Beklagte im September 1982 die Ehewohnung verlassen habe, der Kläger habe ihr diesbezüglich lediglich erzählt, die Beklagte sei nicht damit einverstanden gewesen, daß er sich während des Spitalsaufenthaltes so viel um sie, die Tochter, gekümmert habe. Der Kläger selbst bekundete in seiner Parteienvernehmung, die Beklagte verhalte sich seit dem 22.7.1982, dem Tag des Unfalles seiner Tochter, ihm gegenüber lieb- und interesselos (AS 75). Bereits vor der Eheschließung sei das Einvernehmen zwischen seiner Tochter und der Beklagten "ungut" gewesen und wegen dieser Auseinandersetzungen zwischen den beiden sei die Eheschließung sogar um sechs Monate verschoben worden (AS 78).
In dieser dem Kläger somit schon bei Eingehen der Ehe bewußten, schwierigen Situation wäre es ganz besonders an ihm gelegen, hinsichtlich seiner die volljährige Tochter betreffenden Fürsorgemaßnahmen auf die - auch subjektive - Zumutbarkeit für die Ehefrau Rücksicht zu nehmen und ihr durch verstärkte Zuwendung seine eheliche Gesinnung zu beweisen. Dies hat er in keiner Weise getan, sondern die Beklagte schließlich wegen der bei ihm im ehelichen Schlafzimmer in Pflege befindlichen Tochter sogar schroff aus der Ehewohnung verwiesen, sich dabei der Hilfe der Polizei bedient (siehe auch Polizeibericht Beilage ./L) und ihr nach seiner eigenen Angabe (AS 82) die von der Polizei abgenommenen Wohnungsschlüssel trotz diesbezüglichen Auftrages der Polizei nicht zurückgegeben, "damit sie nicht mehr in die Wohnung gelangen und er solcherart seine Tochter schützen könne". Einige Monate später wandelte er seine Einzelfirma in eine Gesellschaft um, an welcher er selbst 10 % und die Tochter 90 % der Anteile hält. Der Beklagten ist es in der Folge nicht gelungen, den ihr seit September 1982 vom Kläger vorenthaltenen, gerichtlich mit monatlich S 15.000,- bestimmten Unterhaltsanspruch durchzusetzen, sodaß zuletzt ein Unterhaltsrückstand von S 500.000,- bestand.
Was die finanziellen Gründe für die von Anfang an gegebenen Auseinandersetzungen der Streitteile und die mangelnde Zufriedenheit des Klägers mit den Arbeitsleistungen der Beklagten anlangt, steht nicht fest, inwieweit die diesbezüglichen gegenseitigen Vorhaltungen begründet waren. Hinsichtlich der Äußerungen der Beklagten zu Weihnachten 1981, der Kläger sei ein "Geizkragen" und ein "neidiger Hund", gab der Kläger selbst an (AS 79), die Beklagte habe dam ls "zu viel getrunken gehabt". Auch anläßlich des Vorfalles, bei welchem die Beklagte ein Gewehr aus dem Kasten holte, habe sie nach seinen eigenen Angaben bereits "etwas getrunken" gehabt (AS 80). Wird das Eheverhältnis in seiner Gesamtheit betrachtet, so war die lediglich ca. ein Jahr dauernde eheliche Gemeinschaft der Streitteile von Auseinandersetzungen, besonders um finanzielle Fragen und um die volljährige Tochter des Klägers aus erster Ehe, geprägt, wobei der Kläger mit den Arbeitsleistungen der Beklagten unzufrieden war und an ihr herumnörgelte, die Beklagte dagegen ihn bzw. seine Angehörigen beschimpfte, ihn auch einmal bedrohte und im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Tochter des Klägers vorübergehend in das Haus der Streitteile in Pfaffstätten bzw. mit Einwilligung des Klägers in ihre Wohnung in die Rathausstraße in Wien zog. Der Kläger hinwieder verwies die Beklagte schließlich gänzlich aus der ehelichen Wohnung, wobei er ihr die Wohnungsschlüssel vorenthielt. In der Folge leistete er ihr nicht den gerichtlich auferlegten Unterhalt, sodaß ein Unterhaltsrückstand von S 500.000,- besteht. Die Beklagte hingegen nahm im Dezember 1982 ehewidrige Beziehungen zu einem anderen Mann auf.
Bei diesem Sachverhalt kann entgegen der Ansicht der Revisionswerberin keinesfalls von bloßen Reaktionshandlungen ihrerseits auf zahlreiche schwere Eheverfehlungen des Klägers die Rede sein. Den ihr anzulastenden Ehewidrigkeiten kommt insgesamt sogar eher größeres Gewicht als jenen des Klägers zu. Gemäß § 60 Abs 2 zweiter Satz EheG ist im Scheidungsurteil das überwiegende Verschulden eines der Ehegatten auszusprechen, wenn es erheblich schwerer ist als das des anderen Ehegatten. Diese Gesetzesanordnung wird von der ständigen Judikatur dahin ausgelegt, daß eine Differenzierung nur dann gerechtfertigt ist, wenn das mindere Verschulden des einen Ehegatten weitgehend in den Hintergrund tritt (zuletzt 3 Ob 508,509/85, 1 Ob 566/86, 7 Ob 585/80). Davon kann aber entgegen der Ansicht der Unterinstanzen im Hinblick auf die dargestellten, auch dem Kläger zuzurechnenden Ursachen der Ehezerrüttung und das während der nur kurz dauernden Ehe auch von ihm gesetzte, mehrfach ehewidrige Verhalten nicht gesprochen werden. Ebensowenig ist jedoch der Revisionsantrag der Beklagten gerechtfertigt, das überwiegende Verschulden des Klägers an der Scheidung der Ehe auszusprechen. Vielmehr ist die Ehe der Streitteile mangels erheblich schwereren Verschuldens eines der Ehegatten aus deren beiderseitigen Verschulden zu scheiden. In diesem Sinne waren die unterinstanzlichen Urteile in teilweiser Stattgebung der Revision abzuändern.
Die Entscheidung über die Prozeßkosten gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf die §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO.
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