Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte vom Beklagten die Bezahlung von S 100.000,-- sowie die Unterlassung, den Widerruf und die Veröffentlichung des Widerrufs der Äußerung "daß hier Dinge passiert seien, die man eigentlich nur mit Mafia-Methoden bezeichnen könne", die dieser in der ORF-Sendung "Burgenland heute" vom 19. März 1985 gemacht hatte. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt, daß es sich bei der inkriminierten Äußerung um eine Tatsachenbehauptung im Sinne des § 1330 Abs. 2 ABGB gehandelt habe. Darüber hinaus sei das Verhalten des Klägers als Mitverschulden zu werten, eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, ein konkreter Schaden sei nicht eingetreten, ein Anspruch auf Widerruf sei nicht mehr gegeben, weil durch seine strafrechtliche Verurteilung die Wirkung der unwahren Äußerung bereits beseitigt sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf - zusammengefaßt dargestellt - nachstehende Feststellungen:
In der ORF-Sendung "Burgenland heute" vom 19. März 1985 interviewte die Redakteurin Christl R*** den Kläger, der bei der ersten Landeskonferenz der "Jungen Generation der SPÖ" gewählt, aber dann von den Delegierten nicht bestätigt worden war. Hierauf folgte ein Interview mit dem Beklagten, der damals Landesparteisekretär der SPÖ war und der von Christl R*** mit den Vorwürfen eines "Rücktrittsbriefes" des Klägers konfrontiert wurde. Der Beklagte meinte, der Kläger habe Aktionen und Taten gesetzt, von denen er heute wisse, daß sie zumindest seit vergangener Woche öffentlich bekannt seien und setzte dann wörtlich fort: "Es geht hier um die ganze Waffengeschichte und er hat mir bereits vor Wochen gesagt, daß, wenn diese Dinge auffallen, in die er persönlich involviert ist, dann wird er die persönlichen Konsequenzen ziehen. Und er hat diese Konsequenzen gezogen. Ich persönlich begrüße das, weil ich der Meinung bin, daß hier Dinge geschehen sind, die in einer demokratischen Partei untragbar sind, weil hier Dinge passiert sind, die man eigentlich nur mehr mit "Mafia-Methoden" bezeichnen kann. Und ich denke, daß doch jetzt eine gewisse Beruhigung eintreten wird." Auf die folgenden Fragen der Redakteurin, welcher Art das Mitwirken des Beklagten in dieser "Kery-Waffengeschichte" war, erklärte der Beklagte, S*** sei in diese Geschichte voll involviert gewesen. Das Interview wurde in der Mittagssendung um 12 Uhr 45 wiederholt und fand in verschiedenen Zeitungen noch im März 1985 seinen Niederschlag. Wegen der Äußerung in der ORF-Sendung "weil hier Dinge passiert sind, die man eigentlich nur mehr mit "Mafia-Methoden" bezeichnen kann", wurde der Beklagte wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB verurteilt. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß dem Kläger als pragmatisierten Gendarmeriebeamten durch die inkriminierte Äußerung kein Schaden erwachsen sein konnte. Der Kläger habe selbst auch keinerlei Anhaltspunkte für eine solche Schädigung vorbringen können. Gegenstand eines Unterlassungs- und Widerrufsbegehrens nach § 1330 Abs. 2 ABGB seien nur Tatsachen und nicht schädigende Wertungen und Urteile wie die vorliegenden, sodaß der Kläger weder Unterlassung noch Veröffentlichung und Widerruf verlangen könne. Im übrigen sei eine Wiederholungsgefahr wegen der Änderung der politischen Tätigkeit des Klägers und der Beendigung der strittigen Affäre höchst unwahrscheinlich.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge. Es bestätigte zwar die Abweisung des Schadenersatz- und Unterlassungsbegehrens, gab aber dem Begehren auf Widerruf und Veröffentlichung desselben statt. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- insgesamt, jener der Abänderung S 15.000,-- und jener der Bestätigung S 60.000,-- übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, daß nach allgemeinem Sprachgebrauch "Mafia-Methoden" mit "verbrecherischen Methoden" gleichgesetzt werden. Es könne daher kein Zweifel bestehen, daß der Beklagte damit eine Tatsachenbehauptung über den Kläger verbreitet hat, die dessen Kredit, Erwerb und Fortkommen zu gefährden geeignet waren und somit eine Rufschädigung bewirkte. Sei aber die Rufschädigung gleichzeitig eine Ehrenbeleidigung - was hier schon aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung nach § 111 StGB feststeht -, so habe der Beleidigte bezüglich der Ansprüche nach § 1330 Abs. 2 ABGB nur die Tatsachenverbreitung und den verursachten Schaden zu beweisen, die Richtigkeit der Tatsache bzw. das Fehlen der Vorwerfbarkeit der Verbreitung aber der Täter. Diesen Beweis habe der Beklagte hier nicht angetreten, sodaß von der Unrichtigkeit seiner Behauptung und der Vorwerfbarkeit ihrer Verbreitung auszugehen sei. Daher sei auch das Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren gerechtfertigt. Das Schadenersatzbegehren des Klägers sei aber unberechtigt, weil er den Eintritt eines durch die Rufschädigung verursachten konkreten materiellen Schadens weder behauptet noch bewiesen habe. Ungerechtfertigt sei auch das Unterlassungsbegehren, weil keine Wiederholungsgefahr bestehe. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richten sich die Revisionen des Klägers und des Beklagten. Der Kläger bekämpft die Bestätigung der erstgerichtlichen Entscheidung, soweit das Unterlassungsbegehren abgewiesen wurde, mit dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gemäß § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO und stellt den Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Unterlassungsbegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte zieht die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gemäß § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO heran und beantragt die Abänderung des Berufungsurteiles dahin, daß die erstgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt werde. In den Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
1.) Zur Revision des Klägers:
Der Kläger stellt sich im Gegensatz zur Ansicht der Vorinstanzen auf den Standpunkt, daß der Beklagte seine inkriminierten Äußerungen wiederholen werde. Es liege daher Wiederholungsgefahr vor, sodaß das Unterlassungsbegehren gerechtfertigt sei.
Nach ständiger Rechtsprechung kann von einer Wiederholungsgefahr nur gesprochen werden, wenn die ernstliche Besorgnis besteht, daß es der Verletzer nicht beim bisherigen Eingriff bewenden lasse. Maßgeblich für die Beurteilung dieser Frage ist die Art des erfolgten Eingriffes und die Willensrichtung des Täters, für die insbesondere das Verhalten nach der Beanstandung oder während des Rechtsstreites wichtige Anhaltspunkte bieten kann (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 86, SZ 45/14; SZ 38/86;
ÖBl. 1958, 82, 1072, 43 und 64 ua). Wiederholungsgefahr ist dann zu verneinen, wenn der Verletzer besondere Umstände dartun kann, die eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung als ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (EvBl. 1978/205; SZ 47/114 = EvBl. 1975, 36; JBl. 1964, 211 = ÖBl. 1963, 51; ÖBl. 1964, 124; ÖBl. 1971, 45; ÖBl. 1971, 80; ÖBl. 1973, 60; ÖBl. 1973, 135 uva). Ein solcher Fall liegt hier - wie beide Vorinstanzen zutreffend erkannten - vor:
Es ist anzunehmen, daß der Beklagte seiner Verurteilung wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB insoweit Rechnung tragen werde, als er fürderhin solche Äußerungen unterläßt. Zutreffend verweist das Berufungsgericht darauf, daß er selbst zugibt und insoweit auch einsieht, eine "unwahre" Äußerung getan zu haben. Er beruft sich selbst auf die bei der Strafbemessung als Geständnis gewertete Verantwortung (Klagebeantwortung AS 10). Unter diesen Umständen kann kein Grund gefunden werden, dem Beklagten zu unterstellen, er beabsichtige möglicherweise wiederum gegen den Kläger in der dargestellten Weise vorzugehen. Es sind seit dem Vorfall mehr als zwei Jahre her, ohne daß vom Kläger ein neuerlicher Vorfall in dieser Richtung aufgezeigt worden wäre, sodaß nach den Umständen des konkreten Falles (EvBl. 1978/205) die Gefahr einer Wiederholung der verpönten Äußerungen zumindest äußerst unwahrscheinlich ist.
Der Revision des Klägers war daher der Erfolg zu versagen.
2.) Zur Revision des Beklagten:
Der Beklagte vertritt die Auffassung, daß die Voraussetzungen für den Widerruf seiner Äußerungen und dessen Veröffentlichung nicht gegeben seien, weil keine Gefährdung des Kredites, Erwerbs oder Fortkommens des Klägers bestehe. Soweit er diesen Standpunkt unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens geltend macht, ist er auf die Erledigung seiner im wesentlichen gleichlautenden Rechtsrüge zu verweisen (§ 510 Abs. 3 ZPO). Zu diesem Revisionsgrund war zu erwägen:
Lehre und Rechtsprechung stimmen darin überein, daß § 1330 Abs. 2 Satz 1 ABGB keinen Nachweis eines tatsächlich eingetretenen Schadens verlangt; schon die bloße Eignung einer wahrheitswidrigen Tatsachenbehauptung, wirtschaftlich bedeutsame Beziehungen oder Verhältnisse eines anderen zu schädigen, begründet eine Gefährdung iS der angeführten, insoweit nicht eng auzulegenden Gesetzesstelle
(SZ 9/33; 5 Ob 327/63; SZ 36/146 = EvBl. 1964/204; 6 Ob 175/74;
EvBl. 1975/146; 4 Ob 10/77, ÖBl. 1977, 122 = ZAS 1980, 16;
2 Ob 588/82; ÖBl. 1985, 7; Wolff in Klang2 VI 163; Ehrenzweig2 II/1, 658 f; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 174 bei und in FN 2). Diese Voraussetzung muß aber entgegen der Meinung des Revisionswerbers auch hier bejaht werden:
Der Beklagte kommt in der Revision selbst darauf zurück, daß der Kläger pragmatisierter Gendarmeriebeamter und Geschäftsführer einer anderen Partei ist, als der Beklagte angehört. Wird berücksichtigt, daß der Vorwurf von Mafia-Methoden im oben vorliegenden Zusammenhang nichts anderes darstellt als den mit diesem einprägsamen Wort noch verstärkten Vorwurf einer verbrecherischen Vergangsweise (siehe auch die Begründung des Strafurteiles 9 E Vr 265/85-16, S. 4), so kann an deren Eignung, das Fortkommen des Klägers zu beeinträchtigen, kein Zweifel entstehen. Dies reicht aber zur Begründung des geltend gemachten Anspruches nach § 1330 Abs. 2 ABGB auf Widerruf und Veröffentlichung desselben aus.
Auch der Revision des Beklagten war somit der Erfolg zu versagen. Der Kostenausspruch beruht auf § 43 Abs. 1 ZPO.
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