European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00066.18X.0924.000
Spruch:
1. Die außerordentliche Revision wird, soweit sie sich gegen den Zuspruch an die erstklagende Partei im Umfang von 2.666,17 EUR samt 4 % Zinsen seit 19. 5. 2015 (Leistungen an V***** L*****) und gegen den Zuspruch an die zweitklagende Partei als dem Grunde nach zu zwei Dritteln zu Recht bestehend richtet, zurückgewiesen.
2. Im Übrigen wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Am 7. 5. 2012 ereignete sich auf der Brennerbahnstrecke ein Unfall, bei dem der als Sicherungsposten beschäftigte K***** V***** von einem Arbeitszug erfasst wurde und noch am Unfallort seinen Verletzungen erlag. Der weitere Sicherungsposten V***** L***** erlitt durch den Anblick des Unfalls ein posttraumatisches Belastungssyndrom.
Die erstklagende Partei begehrte die Zahlung von insgesamt 36.616,08 EUR sA als Ersatz für an die Witwe ihres Versicherten K***** V***** erbrachte Pflichtleistungen von 33.949,91 EUR sowie für an V***** L***** erbrachte Pflichtleistungen von 2.666,17 EUR. Die zweitklagende Partei begehrte die Zahlung von 1.979,37 EUR sA und die drittklagende Partei die Zahlung von 19.961,60 EUR sA, jeweils als Ersatz für an die Witwe ihres Versicherten K***** V***** als Sozialversicherungsträger erbrachte Pflichtleistungen. Darüber hinaus begehrten die klagenden Parteien jeweils die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle künftigen Pflichtleistungen, die sie aus Anlass des Unfalls ihrer Pflichtversicherten K***** V***** und V***** L***** vom 7. 5. 2012 zu erbringen haben, soweit diese im Schaden Deckung finden, den die Pflichtversicherten bzw ihre Hinterbliebenen ohne Berücksichtigung der Leistungen der Sozialversicherung unmittelbar gegenüber der beklagten Partei geltend zu machen berechtigt wären.
Das Erstgericht erkannte mit Teil‑Zwischenurteil die jeweiligen Zahlungsbegehren als dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht bestehend und wies demgemäß die jeweiligen Zahlungsbegehren der klagenden Parteien zur Hälfte ab. Über die Feststellungsbegehren entschied das Erstgericht nicht.
Das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Berufung der klagenden Parteien zur Gänze Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass die jeweiligen Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu zwei Dritteln zu Recht bestehen; im Umfang von jeweils einem Drittel erwuchs die Abweisung der Zahlungsbegehren unangefochten in Rechtskraft. Der gegen den klagsstattgebenden Teil des erstinstanzlichen Urteils gerichteten Berufung der beklagten Partei gab es nicht Folge.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision hinsichtlich der zweitklagenden Partei jedenfalls unzulässig, im Übrigen jeweils nicht zulässig sei.
Gegen den klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die „außerordentliche Revision“ der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Zwischenurteil des Berufungsgerichts dahin abzuändern, dass der Berufung der beklagten Partei Folge gegeben und die Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist, soweit sie sich gegen den Zuspruch an die erstklagende Partei im Umfang von 2.666,17 EUR samt 4 % Zinsen seit 19. 5. 2015 (Leistungen an V***** L*****) und gegen den Zuspruch an die zweitklagende Partei als dem Grunde nach zu zwei Dritteln zu Recht bestehend richtet, jedenfalls unzulässig. Im Übrigen fehlt dem Obersten Gerichtshof – jedenfalls derzeit – die Kognitionsbefugnis.
1. Für die Revisionszulässigkeit ist jener Wert des Entscheidungsgegenstands maßgeblich, über den das Berufungsgericht im Einzelfall tatsächlich entschieden hat; im Falle eines Teilurteils demnach nur der Teilbetrag (RIS‑Justiz RS0042348 [T5]).
2. Tritt der Sozialversicherungsträger, der an mehrere bei einem Unfall verletzte Personen Leistungen erbracht hat und dafür in einer einheitlichen Klage Ersatz begehrt, als Legalzessionar auf, so werden die von den einzelnen Versicherten auf ihn übergegangenen Ansprüche bei der Beurteilung der Revisionszulässigkeit nicht zusammengerechnet (RIS‑Justiz RS0042727).
3. Es sind aber auch die auf Legalzessionen gestützten Ansprüche mehrerer Sozialversicherungsträger auf Ersatz von Leistungen an eine Hinterbliebene des Verunglückten für die Rechtsmittelzulässigkeit getrennt zu betrachten, weil es sich bei ihnen nicht, wie nach § 55 Abs 4 iVm § 55 Abs 1 Z 2 JN erforderlich, um materielle Streitgenossen handelt. Weder stehen sie in Rechtsgemeinschaft iSd § 11 Z 1 ZPO, noch sind sie aus dem selben tatsächlichen Grund berechtigt, weil sie – wenn auch aufgrund eines einzigen Unfalls – aus verschiedenen Versicherungsverhältnissen Leistungen an die Witwe des Versicherten erbrachten (3 Ob 102/05d). Bei den klagenden Streitgenossen treten damit jeweils noch weitere rechtserzeugende Tatsachen für die Ableitung ihrer Ansprüche hinzu (vgl Schneider in Fasching/Konecny 3 § 11 ZPO Rz 12).
4. Bei einem Zwischenurteil über einen Geldzahlungsanspruch bestimmt dieser den Wert des Entscheidungsgegenstands (3 Ob 223/07a; 3 Ob 173/05w; vgl RIS-Justiz RS0041025 [T4]). Dieser betrug daher im Berufungsverfahren zwei Drittel der von den klagenden Parteien erhobenen jeweiligen Zahlungsbegehren. Dabei hat nicht nur deren Zusammenrechnung zu unterbleiben. Auch die von der erstklagenden Partei wegen Leistungen an V***** L***** und an die Witwe des K***** V***** begehrten Ansprüche sind getrennt zu betrachten.
4.1 Die Revision ist daher hinsichtlich des Zuspruchs an die erstklagende Partei für an V***** L***** erbrachte Leistungen und hinsichtlich des Zuspruchs an die zweitklagende Partei jeweils dem Grunde nach gemäß § 502 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig. Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts übersteigt hier jeweils nicht 5.000 EUR.
4.2 Betreffend den Zuspruch an die erstklagende Partei für an die Witwe des K***** V***** erbrachte Leistungen sowie jenen an die drittklagende Partei jeweils dem Grunde nach fällt die Revision jeweils unter § 502 Abs 3 ZPO. Diesbezüglich ist der Akt daher dem Erstgericht zurückzustellen. Die weitere Vorgangsweise ergibt sich aus § 508 ZPO.
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