Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.069,20 (darin S 3.178,20 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG S***** mit dem Haus S*****straße 21 in W*****. An das Haus schließt im Norden die S*****straße an, wobei die Grundgrenze zum öffentlichen Gut die nordseitige Hausmauer bildet. Das Haus hat nordseitig unter dem Straßenniveau ein Kellerfenster. Damit dort Licht und Luft eindringen können, ist in das - bereits auf öffentlichem Gut liegende - dort 50 cm breite Traufenpflaster ein Schacht mit einer Lichtöffnung von 63 x 33 cm und einer Tiefe von ca 30 cm eingelassen. Diese Schachtöffnung wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten errichtet. Der Kellerfensterschacht ist 2,60 m vom Hauseck (Eingang Fleischhauerei M*****) entfernt. Er war im Zeitpunkt des Unfalls (12.3.1988 19.40 Uhr) nicht abgedeckt. Das Traufenpflaster ist gegenüber der Fahrbahn um ca 5 cm erhöht. Zur Unfallszeit war auf Höhe des Kellerschachtes ein PKW abgestellt. Die Fahrbahn und das Traufenpflaster waren regennaß, zum Unfallszeitpunkt herrschte Dunkelheit, es regnete jedoch gerade nicht. Die S*****straße ist durch Straßenlaternen beleuchtet. Der Schacht wurde durch zwei auf der linken, gegenüberliegenden Straßenseite befindliche, rund 12 bis 13 bzw 40 bis 50 m entfernte Laternen beleuchtet. Nähert man sich wie die Klägerin dem Schacht, so erweist er sich - bei Verhältnissen wie zum Unfallszeitpunkt - bis unmittelbar davor als schwarze Fläche. Erst unmittelbar vor dem Schacht wird dieser bei genauerem Hinsehen erkennbar, wobei die Erkennbarkeit wesentlich davon abhängt, welcher (heller oder dunkler) Abfall sich gerade im Schacht angesammelt hat. Hauptsächlich ergibt sich die Erkennbarkeit des Schachtes aber auch aufgrund der hellen Schachtumrandung. Bei aufmerksamer Betrachtungsweise ist er von einer Entfernung von 2,5 m erkennbar. Es kann nicht festgestellt werden, daß schon im Zeitpunkt des Unfalls die Straßenlampen eingeschaltet waren. Die *****1941 geborene Klägerin ging vor dem Unfall auf dem Traufenpflaster entlang des Hauses der Beklagten und stürzte in den offenen Schacht. Sie erlitt bei dem Sturz einen Bruch der linken Kniescheibe. Aufgrund von Vorunfällen bestanden bei ihr bereits beträchtliche Bewegungseinschränkungen der Zehen des linken Fußes, sowie des linken Sprunggelenkes, und eine Bewegungseinschränkung beider Kniegelenke, rechts etwas deutlicher als links. Die bereits vor dem Unfall vorhandene beträchtliche Bewegungseinschränkung des linken Fußes der Klägerin ist auf einen Unfall im Jahre 1944 (laut Anamnese des Sachverständigen Dr.Schwarger 1949, siehe AS 73), die des rechten Kniegelenkes auf einen Unfall im Jahre 1980 zurückzuführen. Unter Ausklammerung der Vorschäden sind die Unfallsfolgen als Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit 10 % zu bewerten. Spätfolgen sind nicht auszuschließen. Der Kniescheibenbruch hat zu einer Beschädigung des Gelenkknorpels geführt, sodaß das Auftreten stärkerer arthrotischer Veränderungen im Bereich des linken Kniegelenkes nicht ausgeschlossen werden kann. Zusammengefaßt lagen bei der Klägerin folgende geraffte Schmerzperioden vor: vier bis fünf Tage starke, fünf bis sechs Wochen mittelstarke und zweieinhalb bis drei Monate leichte Schmerzen. Die Funktionsbehinderungen der Klägerin aufgrund der beiden Vorunfälle stehen gegenüber der Funktionsbehinderung des linken Kniegelenkes nach dem verfahrensgegenständlichen Unfall im Vordergrund. Das linke Knie kann über den rechten Winkel hinaus gebeugt werden, das rechte Knie kann nicht bis zum rechten Winkel gebeugt werden. Die Beugung des Kniegelenkes über den rechten Winkel hinaus erlaubt nahezu alle Tätigkeiten, die der Beruf einer Reinigungsfrau erfordert. Die tiefe Hocke allerdings ist auch wegen der Unfallsfolgen nach dem Unfall vom 12.3.1988 nicht möglich. Vor diesem hatte die Klägerin durch die nahezu freie Bewegung des linken Kniegelenkes die Möglichkeit, die Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenkes teilweise auszugleichen. Dieser Ausgleich kann aufgrund der nach dem Unfall vom 12.3.1988 verbliebenen Bewegungsbeschränkung des linken Kniegelenkes nun nicht mehr erfolgen. Die Biegungseinschränkung des linken Kniegelenkes ist zwar überwiegend Unfallsfolge nach dem Unfall vom 12.3.1988, jedoch auch Folge der bereits am Unfallstag röntgenologisch dokumentierten Arthrose des linken Kniegelenkes. Diese Arthrose hätte möglicherweise früher oder später zur selben Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes geführt, wie sie nunmehr nach dem Unfall vorliegt.
Wegen des Kniescheibenbruches war das verletzte Knie der Klägerin bis zum 25.4.1988 im Gipsverband ruhig gestellt. Dieser Gipsverband reichte vom Vorfuß bis nahe an die Oberschenkelhüftbeuge heran. Die Klägerin war während dieses Zeitraumes nicht in Lage, Tätigkeiten zu verrichten, die mit gebeugtem Kniegelenk durchgeführt werden mußten. In der unmittelbaren Anfangsphase nach der Kniescheibenoperation mußte sie zusätzlich auf Stützkrücken gehen, sodaß sie auch keine Taschen - insbesondere schwere Taschen - tragen konnte. Nach Abnahme des Gipsverbandes am 25.4.1988 bestand eine beträchtliche Bewegungsbeschränkung des Kniegelenkes. Es wurde daher auch nach der Gipsabnahme mit krankengymnastischen Übungen begonnen. Für die ersten zwei Monate nach dem Unfallereignis mußte die Klägerin eine Haushaltshilfe für nahezu alle Haushaltstätigkeiten in Anspruch nehmen. In einem weiteren Zeitraum von etwa vier Monaten war die Klägerin nicht in der Lage, schwere Lasten zu heben, wie etwa schwere Kübel oder auch Wäschekörbe zu tragen, weil das Kniegelenk bis zur Entfernung des Fixationsmaterials Anfang September 1988 und auch unmittelbar danach nicht voll belastbar war. Etwa Ende Oktober, Anfang November 1988 war jedoch ein weitgehender Ausheilungszustand erreicht. Die Klägerin benötigte für 54 Tage je vier Stunden und für 120 Tage je eine Stunde, insgesamt also 336 Stunden, eine Haushaltshilfe, der sie einen Stundenlohn von S 60,--, insgesamt sohin S 20.160,--, zahlte.
Wird von dem bei der Klägerin derzeit (nach dem vorliegenden Unfall) bestehenden Zustand ausgegangen, dann ist sie nicht mehr in der Lage, die früher beim Amt der oö Landesregierung ausgeübte Tätigkeit als Raumpflegerin durchzuführen. Die Klägerin hatte dort täglich drei bis vier Fenster geputzt, wobei sie auf Leitern steigen mußte. Dies ist ihr aufgrund der Gesamteinschränkung im Bereich beider Kniegelenke nicht mehr möglich. Sie ist jedoch aufgrund der Verletzungen durch den Unfall vom 12.3.1988 weiterhin in der Lage, beruflich tätig zu sein; dies nicht nur als Raumpflegerin, sondern, beispielsweise auch in anderen Berufen wie Tischabräumerin, Abserviererin in Gemeinschaftsküchen, innerbetriebliche Transportarbeiterin mit Handwagen, Fertigungskontrollorin, Finisharbeiterin in der Textil- und Schuhindustrie usw. Berücksichtigt man aber bei ihr nicht nur die Unfallsfolgen, sondern den derzeitigen Gesamtzustand, so ist eine Vermittelbarkeit der Klägerin wohl kaum mehr gegeben. Sie kann auch nicht auf andere Berufe umgeschult oder für Berufe, die gewisse Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, angelernt werden.
Die Klägerin war beim Amt der oö Landesregierung als Reingigungsfrau beschäftigt. Aufgrund der langen Krankenstandszeiten wurde ihr mit Schreiben vom 16.1.1989 (Beilage./H) mitgeteilt, daß das Dienstverhältnis mit Wirkung vom 7.1.1989 beendet worden ist. In diesem Schreiben wird einleitend ausgeführt, daß die Klägerin seit länger als einem Jahr - unter Einrechnung der Krankheitszeiten vom 5.10.1987 bis 30.11.1987 und vom 19.1.1988 bis 24.1.1988 - dienstunfähig ist, sodaß ihr Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich gemäß § 24 Abs 9 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 in der derzeit geltenden Fassung mit Wirkung vom 7.1.1989 geendet hat. Ab Dezember 1989 bezog die Klägerin keinerlei Einkommen mehr. Wäre sie weiterhin beim Land Oberösterreich beschäftigt gewesen, hätte sie im Jahr 1990 netto S 156.916,41 bezogen, für das Jahr 1991 hätte sie einen Nettoverdienst von S 162.174,48 erhalten. Die Klägerin steht zur Zeit in keinem sozialversicherungpflichtigen Arbeitsverhältnis. Zur Erhaltung ihrer Pensionsansprüche zahlt sie freiwillig Beiträge zur Pensionsversicherung, diese betrugen von Jänner bis Dezember 1990 insgesamt S 38.748,-- und von Jänner 1991 bis Dezember 1991 insgesamt S 40.363,20,--.
Die Klägerin begehrte zuletzt unter Einbekennung eines Mitverschuldens von 25 % die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 488.547,75 sA und die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Ansprüche aus dem Unfall vom 12.3.1988 zu 75 %. Aufgrund der im Unfallszeitpunkt herrschenden ungünstigen Sichtverhältnisse, dies auch wegen eines neben der Hausmauer abgestellten PKW's, habe sie den in den Boden eingelassenen Kellerfensterschacht übersehen. Die Beklagte hätte für eine Abdeckung des Schachtes sorgen müssen, habe dies jedoch unterlassen. Sie begehre jeweils 75 % für angemessenes Schmerzengeld (ungeteilt S 180.000,-- - daher S 135.000,--), die Kosten einer Haushaltshilfe (S 15.120,--), Verdienstentgang für die Jahre 1990 und 1991 (S 150.212,58 und S 128.876,86), die Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung 1990 und 1991 (von S 29.061,--, S 5.045,40 und S 25.227,--), zusammen sohin S 488.547,75 samt Zinsen. Zum Verdienstentgangsbegehren und den freiwilligen Beiträgen zur Pensionsversicherung brachte sie vor, sie sei beim Land Oberösterreich als Reinigungsfrau beschäftigt gewesen. Ihr Dienstgeber habe ihr am 16.1.1989 mitgeteilt, daß ihr Dienstverhältnis mit Wirkung vom 7.1.1989 wegen der langen Krankenstandszeiten beendet worden sei. Sie sei nach dem Unfall vom 12.3.1988 erst wieder ab 16.1.1989 arbeitsfähig gewesen und habe in der Folge Krankengeld und Arbeitslosenunterstützung bezogen. Seit Dezember 1989 beziehe sie kein Einkommen mehr. Im Hinblick auf ihr Alter von fünfzig Jahren sei sie nicht mehr vermittlungsfähig; ihren Beruf als Reinigungsfrau könne sie nicht mehr ausüben, da sie infolge der unfallskausalen Bewegungseinschränkung ihres linken Knies nicht mehr in der Lage sei, von einer Leiter herunterzusteigen. Trotz intensiver Bemühungen habe ihr das Arbeitsamt bisher keine Stellung verschaffen können.
Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein:
Zwar stimme, daß am 12.3.1988 der Lichtschacht vor dem Kellerfenster des Hauses der Beklagten ohne Abdeckung gewesen sei. Da er jedoch zur Gänze auf öffentlichem Gut liege, wäre die Gemeinde W***** als Eigentümerin und Verwalterin des öffentlichen Gutes zu entsprechender Vorsorge verpflichtet gewesen, nicht die Beklagte. Aufgrund der deutlichen Erkennbarkeit des Schachtes und des Umstands, daß die Öffnung ohne Gitter jahrzehntelang bestanden habe, ohne daß es zu irgendwelchen Unfällen oder Beschwerden oder behördlichen Maßnahmen gekommen wäre, seien Absicherungsmaßnahmen auch nicht erforderlich gewesen. Früher sei zwischen dem Schacht und der Fahrbahn eine rund 3 m breite Grünfläche gelegen. Zu allfälligen Absicherungsmaßnahmen wäre lediglich die Gemeinde aufgrund der späteren Fahrbahnverbreiterung bis an das Haus heran verpflichtet gewesen. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte die Klägerin wegen der eingeschalteten Straßenbeleuchtung leicht die Schachtöffnung wahrnehmen können. Hätte sie nicht die schmale Betonumrandung, sondern den angrenzenden Straßenbereich benützt, wäre sie ebenfalls nicht zu Sturz und Schaden gekommen. Einen allfälligen Verdienstentgang der Klägerin habe die Beklagte nicht adäquat verursacht. Die Klägerin sei nach dem Unfall spätestens Ende Juni, Anfang Juli 1988 wieder arbeitsfähig gewesen. Eine allfällige Erwerbsunfähigkeit oder Nichtvermittelbarkeit der Klägerin beruhe auf unfallsunabhängigen Vorverletzungen und Vorschäden an beiden Knien. Ohne diese Vorschäden hätte die Klägerin ihren Arbeitsplatz beim Land Oberösterreich auch nicht verloren, jedenfalls wäre sie spätestens seit Anfang Juli 1988 wieder erwerbsfähig und auch vom Arbeitsamt - wenn auch allenfalls nicht als Raumpflegerin, sondern in anderen vom berufskundigen Sachverständigen angeführten Stellungen - am Arbeitsmarkt vermittelbar gewesen, wenn sie sich um solche bemüht hätte. Solche Berufe wären ihr auch zumutbar, die Klägerin sei jedoch offenbar seit Verlust ihres Arbeitsplatzes beim Land Oberösterreich nicht mehr arbeitswillig.
Die Gemeinde W***** trat dem Verfahren auf Seiten der Beklagten als Nebenintervenientin bei.
Das Erstgericht verurteilte ausgehend von einer Verschuldensteilung im Verhältnis 1:3 zugunsten der Klägerin die Beklagte zur Zahlung von S 433.771,56 samt stufenweisen Zinsen und stellte auch deren Haftung zu 75 % für alle künftigen Schäden der Klägerin aus dem Unfall vom 12.3.1988 fest, das Mehrbegehren von S 54.776,16 sA wies es ab. Es erachtete die Haftung der Beklagten wegen der Unterlassung entsprechender Sicherung des Kellerfensterschachtes in Analogie zu § 1319 ABGB als gegeben. Weiters hielt es jedoch nur ein Schmerzengeld in Höhe von (ungeteilt) S 160.000,-- für angemessen und kürzte die Verdienstentgangsbeträge für die Jahre 1990/1991 um Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabgaben, während es die für die Haushaltshilfe und die freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung geltend gemachten Beträge sowie das Feststellungsbegehren für berechtigt erachtete.
Das mit Berufungen beider Parteien befaßte Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, jener der Klägerin hingegen Folge, änderte das Ersturteil durch Erhöhung des Zuspruchs auf S 452.083,96 sA - unter Abweisung des entsprechend geringeren Mehrbegehrens - und in der Kostenentscheidung ab, und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es äußerte folgende Rechtsansichten:
Im Grunde hafte die Beklagte als Besitzerin des Werkes "Kellerfensterschacht" analog zu § 1319 ABGB für den der Klägerin durch die mangelhafte Beschaffenheit dieses Werkes, nämlich die mangelnde Abdeckung oder sonstige Absicherung der Öffnung, entstandenen Schäden, weil es nicht etwa auf das Eigentum (der Nebenintervenientin) an der vom Kellerfensterschacht betroffenen Grundfläche, sondern auf die Möglichkeit der Gefahrenbeherrschung ankomme. Danach sei die Beklagte verpflichtet gewesen, "ihren" Kellerfensterschacht abzudecken. Schon die Duldung dieser Anlage würde sie berechtigen und verpflichten, die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu setzen. Den für den Zustand eines "Werkes" im Sinne des § 1319 ABGB Verantwortlichen träfen daher allgemeine Schutzpflichten, seine Haftung bestehe unabhängig von sonstigen Verkehrssicherungs- oder Wegeerhaltungspflichten, allenfalls in Anspruchskonkurrenz zu diesen. Der Gebäudebesitzer (Werksbesitzer) könne sich nur durch den Nachweis entlasten, alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet zu haben. Diesen Nachweis habe die Beklagte nicht erbracht. In Anbetracht der festgestellten, im Unfallszeitpunkt herrschenden Witterungs- und Sichtverhältnisse treffe die Klägerin an ihrem Sturz kein größeres als das von ihr zugestandene und ihr vom Erstgericht angelastete Mitverschulden von einem Viertel, zumal ihr die Begehung des Traufenpflasters wegen der Verstellung des rechten Fahrbahnrandes durch einen PKW nicht vorgeworfen und von ihr auch nicht verlangt werden könne, ständig geneigten Hauptes oder Blickes nur das unmittelbar vor ihr liegende Gelände zu beobachten, und die Gefahrenstelle nicht etwa leicht oder mühelos, sondern nur bei besonderer Aufmerksamkeit zu erkennen gewesen wäre.
Auch die Verdienstentgangsansprüche der Klägerin seien von der Beklagten kausal (mit-)verursacht. Die der Klägerin von ihrem Dienstgeber, dem Land Oberösterreich gemäß § 24 Abs 9 VBG mit Schreiben vom 16.1.1989 (Beil ./H) eröffnete Beendigung ihres Dienstverhältnisses (= Entlassung) sei jedenfalls zum Großteil auf durch den vorliegenden Unfall der Klägerin hervorgerufene Krankenstandszeiten zurückzuführen gewesen; da im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß die Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin nach dieser Gesetzesstelle auch dann erfolgt wäre, wenn sie den Unfall vom 12.3.1988 nicht erlitten hätte, sei sowohl die natürliche Kausalität als auch die juristische Zurechenbarkeit des Unfalls für den Verlust des Arbeitsplatzes zu bejahen. Der Klägerin sei auch keine Verletzung der Schadenminderungspflicht vorzuwerfen. Ihre Erwerbsfähigkeit sei den Feststellungen zufolge nicht voll im früheren Ausmaß wiederhergestellt worden, so daß es ihr nach der Rechtsprechung nicht anlastbar vorzuwerfen sei, sich um die Wiedererlangung des früheren oder eines gleichwertigen zumutbaren Arbeitsplatzes (allenfalls) nicht bemüht zu haben. Vielmehr sei unter diesen Tatumständen nur dann eine Verletzung der Schadenminderungspflicht annehmbar, wenn der Schädiger den ihm obliegenden Beweis erbrächte, daß der Geschädigte eine konkrete Erwerbsmöglichkeit grundlos ausgeschlagen habe, wohingegen der Nachweis der bloßen abstrakten Möglichkeit, durch eine anderweitige Beschäftigung den Verdienstentgang verringern oder ausgleichen zu können, nicht hinreiche (SZ 51/91; ZVR 1987/113; 1980/154 uva). Einen solchen Nachweis habe die Beklagte im Verfahren nicht erbracht, sie habe nicht einmal entsprechendes Vorbringen erstattet.
Das Erstgericht habe zwar zutreffend darauf hingewiesen, daß bei der Berechnung des Verdienstentganges vom Nettoschaden auszugehen sei; allerdings seien Steuern und Abgaben, welche durch die Schadenersatzleistung selbst entstünden (die als Verdienstentgang der Klägerin zustehenden und zugesprochenen Beträge seien Einkünfte im Sinn des § 32 Abs 1 lit a EStG, die rücksichtlich des Zeitraumes von zwei Jahren keinem begünstigten Steuersatz [§ 37 Abs 1 Z 4 EStG] unterlägen), dadurch zu berücksichtigen, daß die Schadenersatzleistung so zu bemessen sei, daß sie unter Berücksichtigung der durch sie wieder entstehenden Abzüge dem Nettoschaden entspreche. Der von der Klägerin aus diesem Titel angesprochene Betrag von S 18.312,40 erreiche die darauf entfallende Einkommensteuer nicht, sodaß er in Anwendung des § 273 ZPO zusätzlich zu den vom Erstgericht zugesprochenen Beträgen zuzuerkennen sei.
Die übrigen Ersatzbeträge seien der Höhe nach nicht mehr strittig.
Zur Frage der Zurechnung der Auflösung eines Dienstverhältnisses nach § 24 Abs 9 VBG an einen Schädiger, der nur einen Teil der Krankheitszeiten verursacht habe, fehle die Rechtsprechung des Höchstgerichtes.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene Revision der Beklagten ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, jedoch nicht berechtigt.
§ 1319 ABGB verpflichtet den Besitzer eines Gebäudes oder Bauwerkes zum Ersatz, wenn durch Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes jemand verletzt oder sonst ein Schaden verursacht wird und die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist, wenn er nicht beweist, daß er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe. In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, daß diese Bestimmung in den Fragen der Definition des Werkes sowie des Besitzers des Gebäudes oder Werkes exzessiv ausgelegt wird: So wurden darunter als Werke etwa auch Bodenvertiefungen, Stiegen, Kanal-, Lüftungs- oder Lichtschächte jeweils unter der gemeinsamen Voraussetzung subsumiert, daß sie eine besondere Gefahrenquelle infolge ihrer Höhe oder Tiefe darstellen (SZ 53/143 mwN; JBl 1986, 523 mwN; EvBl 1994/8 uva; Koziol, Haftpflichtrecht II2 393 ff mwH in den FN 1 bis 31; Reischauer in Rummel2 Rz 2 bis 4 zu § 1319); als Besitzer im Sinne des § 1319 ABGB ist danach auch anzusehen, wer in der Lage (und damit verpflichtet) ist, durch die erforderlichen Vorkehrungen die Gefahr rechtzeitig abzuwenden (SZ 61/132; EvBl 1994/8 uva; Koziol aaO 398; Reischauer aaO Rz 12).
Unter diesen Voraussetzungen ist die Haftung der Beklagten für die von der Klägerin aufgrund ihres Sturzes in den ungesicherten Kellerfensterschacht erlittenen Verletzungen und deren Folgen gemäß § 1319 ABGB mit den Vorinstanzen zu bejahen: Der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten - aufgrund welcher Vereinbarung mit oder Duldung der Eigentümerin des öffentlichen Gutes auch immer - zum Zweck der Beleuchtung und Belüftung durch das zum Haus gehörige Kellerfenster - wenn auch auf fremdem Grund - errichtete Kellerfensterschacht ist als Bauwerk im dargestellten Sinne des § 1319 ABGB anzusehen, für dessen Sicherheit und Beschaffenheit die Beklagte als dessen Besitzerin einzustehen hat. Wie die Vorinstanz zutreffend hervorhob, sind im Verfahren keine Umstände behauptet worden oder hervorgekommen, wonach die Beklagte an der Wahrnehmung ihrer Sicherungspflicht verhindert gewesen wäre. Noch weniger kam hervor oder wurde behauptet, daß sie gegen die aufgrund der festgestellten örtlichen Verhältnisse jedermann einleuchtende Gefährlichkeit des unabgedeckten Schachtes irgendwelche, geschweige denn ausreichende Sicherungsmaßnahmen setzte. Auf die rechtliche Zugehörigkeit des Sturzraumes zum öffentlichen Gut kommt es dabei entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht an. Dieser rechtliche und tatsächliche Umstand könnte allenfalls für die Klägerin auf einen weiteren Haftungsträger hinweisen, nicht jedoch die Beklagte ihrer aus § 1319 ABGB erfließenden Pflichten entheben.
Die Vorinstanz hat auch das Mitverschulden der Klägerin an ihrem Sturz und dessen Folgen auf der maßgeblichen Tatsachengrundlage des Ersturteiles richtig beurteilt, sodaß gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die diesbezüglich zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden kann, gegen die in der Revision nichts Stichhältiges vorgebracht wird.
Die Revision ist aber auch mit der nur im Grunde ausgeführten Bekämpfung der Ersatzfähigkeit der von der Klägerin begehrten Verdienstentgangsbeträge und freiwilligen Beiträge zur Pensionsversicherung "mangels Kausalität des Unfalles (der Unfallsverletzung) für den Verlust des Arbeitsplatzes" und wegen "Verletzung der Schadenminderungspflicht" nicht im Recht:
Gemäß § 24 Abs 9 VBG endet das Dienstverhältnis, wenn Dienstverhinderungen wegen Unfall oder Krankheit oder aus Gründen des Abs 7 ("... andere wichtige, die Person des Vertragsbediensteten ohne sein Verschulden treffende Gründe....") ein Jahr gedauert haben, mit Ablauf dieser Frist, es sei denn, daß vorher seine Fortsetzung vereinbart wurde. Bei der Berechnung der einjährigen Frist gilt eine Dienstverhinderung, die innerhalb von sechs Monaten nach dem Wiederantritt des Dienstes eintritt, als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung. Bei der Berechnung dieser Einjahresfrist sind also die Zeiten aller Dienstverhinderungen zusammenzuzählen, die auf Krankheit, einen Unfall oder einen im Abs 7 bezeichneten Grund zurückzuführen sind (Stierschneider-Zach Vertragsbedienstetengesetz, Anm 30 zu § 24). Es mag nun die Lösung der Frage, ab welchem "Anteil an dieser Jahresfrist" die vom Schädiger verursachte und diesem zurechenbare zum Arbeitsplatzverlust führende Dienstverhinderung des Vertragsbediensteten die (vor der Verschuldensteilung) volle Ersatzpflicht des Schädigers für die daraus dem Geschädigten entstehenden Verdienstausfälle auslöst, strittig sein, wenn der vom Schädiger zu verantwortende Teil der Dienstunfähigkeit des Geschädigten nur einen geringen Bruchteil dieses Jahres beträgt und allenfalls schon vor dem Ende der Jahresfrist abgelaufen ist. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem der weitaus überwiegende und nach der ganzen Sachlage (Gegenteiliges ist nicht erwiesen; das von der Beklagten dem medizinischen Sachverständigengutachten entnommene, von den Vorinstanzen nicht festgestellte "unfallskausale Krankheitsende" im Juli 1988 wurde vom Sachverständigen nur im Zusammenhang mit der Beurteilung der Notwendigkeit einer Haushaltshilfe für die Klägerin gesehen, nicht aber mit einer Vollbeendigung des unfallsbedingten Krankenstandes gegenüber dem Dienstgeber gleichgestellt) bis zum Ablauf der Jahresfrist am 7.1.1989 reichende (also fast zehn Monate betragende) Teil der Jahresfrist auf die von der Beklagten zu vertretenden Unfallsfolgen zurückzuführen ist, muß nicht nur die Kausalität der festgestellten Unterlassung der Beklagten bejaht werden, weil der Schaden der Klägerin bei pflichtgemäßem Handeln der Beklagten nicht eingetreten wäre, sondern auch die Adäquanz des dadurch herbeigeführten Schadens (Verlust des Arbeitsplatzes), weil seine Ursache ihrer allgemeinen Natur nach für die Herbeiführung eines derartigen Erfolges nicht völlig ungeeignet erscheint und nicht nur infolge einer ganz ungewöhnlichen Verkettung von Umständen (die durch Vorschäden eingeschränkte Beweglichkeit beider Knie der Klägerin ist in ihrem Alter nicht gänzlich ungewöhnlich) zu einer Bedingung des Schadens wurde (Koziol-Welser I9 443 mwN). Damit treffen die Beklagte - im Verhältnis ihrer Haftungsquote - die der Klägerin gemäß § 1325 ABGB gebührenden Ansprüche auf Ersatz des wegen eingetretener Erwerbsunfähigkeit entgangenen und künftig entgehenden Verdienstes. Die in weiten Bereichen nicht von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen ausgehende Revision der Beklagten verkennt in diesem Punkte, daß die Klägerin aufgrund ihrer beim vorliegenden Unfall erlittenen Verletzung und deren Folgen im linken Knie im Zusammenhang mit ihrer bereits zufolge anderer Unfälle eingeschränkten Bewegungsfähigkeit beider Beine nicht als voll wiederhergestellt anzusehen, sondern nicht in der Lage ist, ihren bisherigen Beruf als Reingigunsfrau bei der oö Landesregierung weiter auszuüben. Dazu kommt, daß sie am Arbeitsmarkt in ähnlichen Berufen nicht mehr vermittelbar ist und weder für Umschulung, noch für das Anlernen eines anderen, mit gewissen Fertigkeiten verbundenen Berufes geeignet ist. Im Sinn der zutreffenden Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz kommt daher bei ihr eine Verletzung der Schadenminderungspflicht durch mangelnde Bemühungen um einen neuen, zumutbaren Arbeitsplatz und dgl nicht in Betracht, vielmehr müßte ihr die Beklagte als Schädiger nachweisen, daß sie eine konkret angebotene Erwerbsmöglichkeit ohne Grund ausgeschlagen hätte, was jedoch hier nicht der Fall ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes (S 15 der Entscheidungsausfertigung) wird verwiesen; die in diesem Zusammenhang von der Revision behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt - wie die Überprüfung ergab - nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
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