Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei behauptet, die zweitbeklagte Partei Firma Ing. C Ges.m.b.H. habe als persönlich haftende
Gesellschafterin der erstbeklagten Partei die im Ausgleichsverfahren Sa 14, 15/81 des Kreisgerichtes Wels zur Zahlung auch für die erstbeklagte Partei übernommenen Ausgleichsquoten nicht bezahlt, sodaß nach erfolgter Mahnung die ursprüngliche Ausgleichsforderung von insgesamt S 730.228,60 s.A. wiederaufgelebt sei. Da der klagenden Partei im Ausgleichsverfahren das Stimmrecht aberkannt worden sei, verfüge sie auch hinsichtlich der Ausgleichsquote über keinen Exekutionstitel, sodaß das Klagebegehren zur Gänze gerechtfertigt erscheine.
Infolge Auftrag des Erstgerichtes verbesserte die klagende Partei die Klage dahin, daß diese der zweitbeklagten Gesellschaft nicht zu Handen des Geschäftsführers Ing. Hans C, sondern zu dessen Handen als Liquidator dieser Gesellschaft zuzustellen sei. Am 24. Oktober 1983 wurde die Klage sowie die Ladung zur ersten Tagsatzung sodann durch postamtliche Hinterlegung an den Liquidator zugestellt.
Am 10. November 1983 erging in der ersten Tagsatzung ein Versäumungsurteil, welches am 21. November 1983 wiederum durch postamtliche Hinterlegung an den Liquidator zugestellt wurde. Am 22. Dezember 1983 bestätigte das Erstgericht die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Urteils.
Mit Antrag vom 5. April 1984 begehrte die zweitbeklagte Partei, vertreten durch den mit Beschluß des Kreis- als Handelsgerichtes Wels vom 23. März 1984 zum Liquidator bestellten Ing. Hans C, die Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteiles und brachte zur Begründung vor: Sowohl die erstbeklagte Firma Bauunternehmen Ing. Hans C KG als auch die zweitbeklagte Partei als deren persönlich haftende Gesellschafterin seien im Handelsregister bereits gelöscht worden, und zwar die erstbeklagte Partei am 14. Juni 1983 und die zweitbeklagte Partei über Antrag des Liquidators infolge Beendigung der Liquidation am 25. Oktober 1983. Damit mangle es an der Parteifähigkeit beider Gesellschaften, sodaß eine wirksame Zustellung des Versäumungsurteiles an den Liquidator nicht mehr habe erfolgen können. Wohl sei in der Zwischenzeit infolge Antrag des Bundesministeriums für soziale Verwaltung auf Grund des Beschlusses des Registergerichtes vom 23. März 1984 die Liquidation der zweitbeklagten Partei wiederaufgenommen worden, doch ändere dies nichts daran, daß die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteiles gesetzwidrig erfolgt sei.
Das Erstgericht wies den Antrag der zweitbeklagten Partei mit der Begründung ab, sämtliche Zustellungen seien ohnehin an Ing. Hans C erfolgt.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem von der zweitbeklagten Partei erhobenen Rekurs Folge und hob die Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteiles in Ansehung der zweitbeklagten Partei auf. Es ging auf Grund des Inhaltes des beigeschafften Handelsregisteraktes davon aus, daß infolge Beendigung der Liquidation der zweitbeklagten Partei über Antrag des Liquidators Ing. Hans C am 25. Oktober 1983 die Löschung im Handelsregister und erst am 23. März 1984 über Antrag des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds beim Bundesministerium für soziale Verwaltung mit Beschluß des Registergerichtes die Wiederaufnahme der Liquidation unter Berufung des seinerzeitigen Liquidators erfolgt sei. Gemäß § 93 Abs. 1 GesmbHG hätten die Liquidatoren nach Beendigung der Liquidation unter Nachweis der durch Beschluß der Gesellschaft erwirkten Entlastung beim Handelsgericht um die Löschung der Liquidationsfirma anzusuchen. Falls sich nachträglich herausstelle, daß noch weiteres, der Verteilung unterliegendes Vermögen vorhanden sei, habe gemäß Abs. 5 leg. cit. das Handelsgericht auf Antrag eines Beteiligten die bisherigen Liquidatoren wieder zu berufen oder andere Liquidatoren zu ernennen. Mit der Löschung der Gesellschaft m.b.H. im Handelsregister höre sie als juristische Person zu bestehen auf und die Funktion der Liquidatoren sei beendet. Von selbst lebe ihr Amt für keine Rechtshandlung wieder auf. Die Anmeldung der Beendigung der Liquidation und des Erlöschens der Firma beim Handelsgericht schließe die Niederlegung des Liquidatorenamtes und die Anmeldung der Beendigung desselben in sich. Einer besonderen Anmeldung der Beendigung der Liquidatorfunktion bedürfe es daher nicht. Vorliegendenfalls sei die zweitbeklagte Partei infolge Beendigung der Liquidation am 25. Oktober 1983 gelöscht worden. Mit diesem Zeitpunkt habe auch das Amt des Liquidators Ing. Hans C geendet. Seine neuerliche Bestellung im Zuge der Nachtragslegitimation ändere daran nichts, zumal es sich um keine fortgesetzte, sondern um eine über Gerichtsbeschluß originär entstandene Liquidation handle. Die Nachtragsliquidatoren müßten neu bestellt werden und könnten ihre Rechte und Pflichten nicht aus ihrer früheren Rechtsstellung ableiten. Infolge der Löschung der zweitbeklagten Gesellschaft am 25. Oktober 1983 sei der ehemalige Geschäftsführer und Liquidator bis zur Wiederbestellung am 23. März 1984 nicht zur Vertretung legitimiert gewesen. Demnach habe die in diesem Zeitraum erfolgte Zustellung des Versäumungsurteiles an ihn nicht rechtmäßig bewirkt werden können. Demgemäß müsse die erteilte Vollstreckbarkeitsbestätigung in Ansehung der zweitbeklagten Partei gemäß § 7 Abs. 3 EO aufgehoben werden. Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem sinngemäßen Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Zur Begründung wird vorgebracht, entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes verliere eine Gesellschaft m. b.H. durch ihre - nur deklarativ wirkende - Löschung im Handelsregister keineswegs die Rechtspersönlichkeit, vielmehr bestehe sie noch so lange fort, als Vermögen und Rechtsbeziehungen zu Gläubigern oder Schuldnern bestünden. Der Umstand, daß die klagende Partei gegen die zweitbeklagte Partei Forderungen eingeklagt und durch Versäumungsurteil zuerkannt erhalten habe, beweise, daß zwischen ihr und Gläubigern solche Rechtsbeziehungen bestünden, die eine Erlöschung ihrer Rechtspersönlichkeit verhinderten. Der in Lehre und Judikatur zu § 93 Abs. 5 GesmbHG vertretene Standpunkt, mit der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister verliere der Liquidator seine Funktion, sei unrichtig und jedenfalls zu überdenken. Es sei nicht einzusehen, warum die Gesellschaft trotz ihrer Löschung im Handelsregister ihre Rechtspersönlichkeit behalte, die Funktion des Liquidators aber erlösche und sie solcherart faktisch handlungsunfähig werden sollte. Auch obliege es den Gesellschaftern einer Gesellschaft, Liquidatoren zu bestellen und zu entheben. Nach § 93 Abs. 1 GesmbHG hätten die Gesellschafter die Liquidatoren zu entlasten, es sei aber nicht gefordert, daß sie sie auch ihrer Funktion enthöben. Nur durch eine solche Enthebung durch die Gesellschafter - außer bei Funktionsverzicht - würden die Liquidatoren somit ihrer Funktion verlustig. Im vorliegenden Verfahren sei aber nicht geprüft worden, ob eine solche Enthebung des Liquidators Ing. Hans C durch die Gesellschafter erfolgt sei.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Ausführungen kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Richtig ist, daß nach der herrschenden Judikatur der Löschung der Firma im Handelsregister nur deklarative Bedeutung zukommt und eine Gesellschaft m.b.H. trotz Löschung im Handelsregister noch so lange fortbesteht, als ein Vermögen vorhanden und Rechtsbeziehungen zu Gläubigern oder Schuldnern bestehen (EvBl. 1961/251; HS III/26; 6 Ob 19/84; Lindenmayer-Möhring 74/1; Theil in Anm. zur E des BGH JZ 1979, 566 ua.). Selbst wenn diese Voraussetzungen auf den vorliegenden Fall zuträfen, wäre hiemit für die Rekurswerberin aber nichts gewonnen. Entscheidend ist nämlich, ob Ing. Hans C, an welchen das Versäumungsurteil vom 10. November 1983 am 21. November 1983 durch Hinterlegung zugestellt worden war, zu diesem Zeitpunkt noch Liquidator der zweitbeklagten Partei und damit für diese vertretungsbefugt war oder nicht.
Die - auch nach Meinung der Rekurswerberin hier analog anzuwendende - Bestimmung des § 93 Abs. 5 GesmbHG ordnet an, daß bei nachträglichem Hervorkommen eines der Verteilung unterliegenden Gesellschaftsvermögens vom Handelsgericht auf Antrag eines Beteiligten die bisherigen Liquidatoren wieder zu berufen oder andere Liquidatoren zu ernennen sind. Der Gesetzgeber geht also jedenfalls davon aus, daß das Liquidatorenamt mit der Löschung der Firma beendet wurde, trifft aber durch die Neuberufung Vorsorge dafür, daß die Gesellschaft auch im Falle einer Nachtragsliquidation handlungsfähig ist. Gleiches muß umsomehr für bloße Passivprozesse gelten (vgl. auch Bokelmann, NJW 1977, 1130; Lindenmayer-Möhring 74/2 = NJW 1970, 1044). Ob die Gesellschafter die Liquidatoren anläßlich des Liquidationsbeschlusses ihres Amtes auch selbst enthoben haben, ist somit unerheblich.
Vorliegendenfalls wurde die Klage dem Liquidator am 24. Oktober 1983 und daher noch vor der am 25. Oktober 1983 erfolgten Löschung der Firma der zweitbeklagten Gesellschaft im Handelsregister zugestellt. Wegen der durch diese nachfolgende Löschung sodann aber eingetretenen Beendigung der Liquidatorfunktion des Ing. Hans C war die Gesellschaft im Zeitpunkt der Erlassung und Zustellung des Versäumungsurteiles jedoch nicht mehr durch diesen vertreten. Das Verfahren war vielmehr in Ermangelung eines gesetzlichen Vertreters und auch eines Prozeßbevollmächtigten der zweitbeklagten Partei gemäß § 158 ZPO unterbrochen. Demgemäß konnte das Versäumungsurteil nicht wirksam zugestellt werden und nicht in Rechtskraft erwachsen (JBl. 1964, 213; EvBl. 1977/176). Ohne Rechtsirrtum hat das Rekursgericht daher die vom Erstgericht erteilte Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit dieses Urteiles gemäß § 7 Abs. 3 EO aufgehoben.
Dem Rekurs war demgemäß ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.
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