OGH 2Ob584/93

OGH2Ob584/939.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Company *****, vertreten durch Dr.Karl Bollmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. C***** AG, ***** 2. Verlassenschaft nach Petra A*****, beide vertreten durch Dr.Siegfried Kommar, Rechtsanwalt in Wien, und 3. Dr.***** L*****, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 27,617.365,80 s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 8.Juli 1993, GZ 14 R 53/93-65, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2.November 1992, GZ 38 Cg 96/88-60, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 36.147,21 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 5.624,53, und S 2.400,-- Barauslagen) bestimten Kosten des Rekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende libysche Gesellschaft begehrt mit der am 22.10.1982 beim Erstgericht eingelangten Klage die Zahlung von S 27,617.365,80 s.A. In der ersten Tagsatzung verlangte der Drittbeklagte eine Prozeßkostensicherheit in der Höhe von 2,4 Mill.S. Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß auch Österreicher in Libyen keine aktorische Kaution zu bezahlen hätten, die Gegenseitigkeit sei somit gewährleistet, weshalb der Ausnahmetatbestand des § 57 Abs.1 Z 1 ZPO in der damals geltenden Fassung (vor der ZVN 1983) gegeben sei. Dieser Beschluß wurde vom Rekursgericht bestätigt.

Mit dem am 22.10.1992 eingelangten Schriftsatz begehrten die beklagten Parteien wiederum den Erlag eine Prozeßkostensicherheit, und zwar die erst- und zweitbeklagte Partei in der Höhe von S 2,472.000, die drittbeklagte Partei in der Höhe von S 1,834.000. Die Beklagten machten geltend, gemäß § 57 Abs.2 ZPO in der nunmehr geltenden Fassung (nach der ZVN 1983) sei der ausländische Kläger nur dann vom Erlag einer Prozeßkostensicherheit befreit, wenn eine gerichtliche Entscheidung, die ihm den Ersatz der Prozeßkosten an den Beklagten auferlege, im Staat seines gewöhnlichen Aufenthaltes vollstreckt würde. Da die Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung in Libyen nicht gewährleistet sei, seien die Voraussetzungen zum Erlag einer Prozeßkostensicherheit gegeben. Gemäß Art.XVII § 2 Abs.6 ZVN 1983 sei zwar § 57 ZPO in der neuen Fassung nur auf Verfahren anzuwenden, in denen die Klage nach dem 30.4.1983 bei Gericht eingeleitet worden sei, doch sei im vorliegenden Fall der Großteil der Kosten erst nach diesem Zeitpunkt entstanden. Betrachte man die Intentionen des Gesetzgebers, könne man nur zum Ergebnis kommen, daß dem Antrag auf Erlag einer aktorischen Kaution stattzugeben sei, weil die Beklagten ansonsten mit vollem Risiko betreffend Kapital, Zinsen und Kosten Prozeß führen müßten, während auf Seite der klagenden Partei im Falle des Unterliegens der gegenständliche Prozeß gleichsam zum Nulltarif abgeführt werde, weil die Beklagten keine Möglichkeit hätten, ihre Kosten zwangsweise einzubringen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlag einer aktorischen Kaution mit der Begründung ab, daß § 57 ZPO idF der ZVN 1983 auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sei, weil die Klage schon vor dem 30.4.1983 eingebracht worden sei. Ein nach § 58 ZPO gestellter Antrag wäre verspätet, weil er schon in der auf den Eintritt des die Kautionspflicht bedingenden Tatbestandes unmittelbar nachfolgenden Tagsatzung hätte gestellt werden müssen, die Beklagten hätten aber einige Tagsatzungen seit dem Rechtshilfeerlaß vom 21.10.1986 JABl. 1986/53 ungenützt verstreichen lassen.

Das von den Beklagten angerufene Rekursgericht hob die Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt.

Das Rekursgericht stimmte der Ansicht des Erstgerichtes, § 57 Abs.2 Z 1a ZPO idF der ZVN 1983 sei auf den vorliegenden Rechtsstreit gemäß Art.XVII § 2 Abs.6 ZVN 1983 nicht anzuwenden, zu. Die Ansicht des Erstgerichtes, ein Antrag nach § 58 ZPO müsse schon bei der auf den Eintritt des die Kautionspflicht bedingenden Tatbestandes unmittelbar nachfolgenden Tagsatzung gestellt werden, sei aber durch keine höchstgerichtliche Entscheidung belegt, auch dem Inhalt des vom Erstgericht zitierten Rechtshilfeerlasses vom 21.10.1986 JABl. 1986/53 könne lediglich entnommen werden, daß Staatsangehörige Libyens nicht von der Prozeßkostensicherheit befreit seien, doch sei dies auf die Rechtslage seit der ZVN 1983 abgestellt. Dem Erlaß könne nicht entnommen werden, ob jetzt österreichische Staatsbürger in Libyen vom Erlag einer Prozeßkostensicherheit befreit seien oder nicht. Im fortgesetzten Verfahren werde daher das Erstgericht zu klären haben, ob nunmehr Österreicher in Libyen eine Sicherheitsleistung für Prozeßkosten zu erlegen hätten, weil der von den Beklagten gestellte Antrag in jeder rechtlichen Richtung zu prüfen sei.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil eine höchstgerichtliche Entscheidung zur Frage, wann in einem Fall wie diesem ein Antrag gemäß § 58 ZPO gestellt werden müsse, nicht vorliege.

Dagegen richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Antrag der drittbeklagten Partei zurückgewiesen wird und die Anträge der erst- und zweitbeklagten Partei abgewiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Die klagende Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die beklagten Parteien hätten ihren Antrag ausdrücklich (nur) darauf gestützt, daß die Klägerin Ausländer sei und die im § 57 Abs.2 ZPO idF der ZVN 1983 angeführten Befreiungsvorschriften auf sie nicht zutreffen. Die Beklagten hätten aber selbst eingeräumt, daß zum Zeitpunkte der Klagseinbringung gemäß § 57 Abs.2 ZPO aF der Antrag auf Erlag einer Prozeßkostensicherheit rechtlich unmöglich war und § 57 Abs.2 ZPO idF der ZVN 1983 nicht anzuwenden sei. Ein Antrag nach § 58 ZPO sei nicht gestellt worden. Ein solcher würde auch erfordern, daß die Beklagten genau anführen, in welchem Bereich eine Änderung eingetreten sei. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes sei der von den Beklagten gestellte Antrag nicht in jeder rechtlichen Richtung zu prüfen, weil die Beklagten gar nicht behauptet hätten, daß sich im Bereiche der Gegenseitigkeit eine Änderung ergeben habe. Richtig sei auch die Ansicht des Erstgerichtes, ein Antrag nach § 58 ZPO müsse unverzüglich gestellt werden.

Diese Ausführungen sind grundsätzlich zutreffend:

Wie schon die Vorinstanzen ausgeführt haben, ist § 57 Abs.2 ZPO idF der ZVN 1983 auf den vorliegenden Rechtsfall nicht anzuwenden, weil die Klage bereits vor dem 30.4.1983 bei Gericht eingebracht wurde (Art.XVII § 2 Abs.6 ZVN 1983). Die Argumentation der Beklagten, sie müßten nunmehr bei vollem Risiko den Rechtsstreit führen, während die Klägerin kein Kostenrisiko trage, geht deshalb ins Leere, weil die Beklagten dieses Risiko auch dann hätten tragen müssen, wenn § 57 Abs.2 ZPO durch die ZVN 1983 nicht geändert worden wäre.

Entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht ist auf die Frage, ob nunmehr Österreicher in Libyen eine Sicherheitsleistung für Prozeßkosten zu erlegen haben (und somit die Voraussetzungen des § 57 Abs.2 Z 1 ZPO idF vor der ZVN 1983 nicht mehr gegeben sind), nicht einzugehen, weil die Beklagten keine derartigen Behauptungen aufgestellt haben. So wie der Beklagte dann, wenn er einen Antrag auf Erlag einer aktorischen Kaution stellt, zu behaupten und zu beweisen hat, daß der Kläger Ausländer ist (SZ 41/178), hat er im Falle eines Antrages nach § 58 ZPO zu behaupten und - falls die Entscheidung von strittigen Tatumständen abhängt - zu bescheinigen, daß die Voraussetzung, unter welcher der Ausländer von der Sicherheitsleistung befreit war, weggefallen ist. Daß nunmehr Österreicher in Libyen eine Sicherheitsleisung zu erlegen hätten und daher die Voraussetzungen des § 57 Abs.2 Z 1 ZPO idF vor der ZVN 1983 nicht mehr gegeben seien, wurde nicht vorgebracht. Der vom Rekursgericht erteilte Auftrag an das Erstgericht ist daher verfehlt.

Es war daher in Stattgebung des Rekurses der klagenden Partei die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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