Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Im Jahre 1978 räumte die Klägerin dem Josef K***, Kaufmann in Wels, Hafergasse 7, bei ihrer Filiale in Linz einen Kontokorrentkredit ein. Zur Besicherung verpfändete Josef K*** der Klägerin seine Ansprüche und Rechte aus einer bei der COLONIA-V***-AG abgeschlossenen Lebensversicherung. Josef K*** verstarb am 4. März 1985. Am 22. März 1985 wurde über die Verlassenschaft nach Josef K*** der Konkurs eröffnet. Aus diesem Grund verzögerte sich die Auszahlung des Versicherungsbetrages von insgesamt S 521.942,80. Die C***-V***-AG überwies
schließlich einen Betrag von S 299.485,-- zur vollständigen Abdeckung der Forderung der Klägerin an diese. Der verbleibende Betrag von S 222.457,80 wurde beim Konkursgericht hinterlegt. Ende Juni 1985 stimmte die Klägerin der Ausfolgung eines Betrages von S 202.884,89 an die Beklagte als Berechtigte aus der Lebensversicherung zu; der dann noch verbliebene Restbetrag von S 19.572,91 wurde vom Masseverwalter beim Bezirksgericht Wels hinterlegt. Die Ausfolgung der S 202.884,89 an die Beklagte erfolgte ohne irgendwelche Vorbehalte. Wegen drohender Anfechtungsansprüche schloß die Klägerin mit dem Masseverwalter einen Vergleich in der Richtung, daß sie einen Betrag von S 100.000,--, welche Zahlungseingänge sie zur Abdeckung ihrer Forderung gegen Josef K*** verwendet hatte, an die Konkursmasse überwies. Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Bezahlung von S 100.000,-- s.A. Josef K*** habe ihr sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem Lebensversicherungsverhältnis bei der COLONIA-V*** verpfändet. Noch im Jahre 1985 habe die Klägerin der Überweisung eines Betrages von S 202.884,89 an die Beklagte zugestimmt. Mit dem Schreiben vom 26. Februar 1986 habe jedoch der Masseverwalter Kreditrückzahlungen, die Josef K*** innerhalb der letzten sechs Monate vor Konkurseröffnung auf den Kontokorrentkredit geleistet hatte, angefochten. Die Freigabe des Betrages an die Beklagte sei im Hinblick auf den geltend gemachten Anfechtungsanspruch und den darüber geschlossenen Vergleich im Umfang von S 100.000,-- irrtümlich erfolgt. Im übrigen lebe die pfandmäßige Besicherung für die nur scheinbar abgedeckte Forderung wieder auf, weshalb schon aus diesem Grund die Beklagte rechtsgrundlos zu dem Betrag von S 100.000,-- gekommen sei. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe sich hinsichtlich des Teilbetrages von S 100.000,-- "nach Treu und Glauben verschwiegen". Die Anfechtungsklage des Masseverwalters wäre nicht erfolgreich gewesen. Josef K*** sei nämlich vor März 1985 nicht zahlungsunfähig gewesen. Im übrigen habe die Klage ein Rechtsgestaltungsbegehren nicht enthalten. Die Freigabe des der Beklagten zugekommenen Betrages aus der Lebensversicherung sei nicht irrtümlich erfolgt. Die Klägerin verstoße gegen Treu und Glauben im Bankverkehr.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren, ohne weitere Feststellungen zu treffen, ab. In seiner rechtlichen Beurteilung führte es aus, daß die Klägerin im Umfange des Betrages von S 100.000,--, den sie an die Masse bezahlte, bestehende Pfandrechte nach wie vor geltend machen könne. Im vorliegenden Fall sei jedoch von Bedeutung, daß die aus dem Lebensversicherungsvertrag Begünstigte, nämlich die Beklagte, in das mit der Verpfändung im Zusammenhang stehende Rechtsverhältnis nicht eingebunden gewesen sei. Sie könne deshalb ihre Rechte an Gegenständen, die aus der Pfandhaftung ohne Vorbehalt entlassen wurden, uneingeschränkt geltend machen. Ein Rückforderungsanspruch aus dem Titel der Bereicherung komme nicht in Betracht, weil ein Bereicherungsanspruch nur bei einer Leistung ohne Rechtsgrund denkbar sei; die Zahlung an die Beklagte sei aber darin begründet, daß sie Begünstigte aus dem Lebensversicherungsvertrag war.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß das Verfahren erster Instanz erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei, und begründete diesen Ausspruch damit, daß zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen noch keine Judikatur vorliege. Nach Lehre und Rechtsprechung könne der Gläubiger dann, wenn die vom Schuldner erbrachte und vom Gläubiger entgegengenommene Leistung später angefochten wird, die Bürgen, Garanten und Pfänder weiterhin heranziehen. Nach Rückgabe der Pfandsache an den Pfandbesteller erlösche jedoch das Pfandrecht, weil die gesetzlichen Publizitätsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Ein schuldrechtlicher Anspruch auf Ergänzung des Pfandrechtes bestünde aber gegenüber der Beklagten nicht, weil nicht sie, sondern Josef K*** Pfandbesteller gewesen sei. Daß sie allenfalls seine Rechtsnachfolgerin sei, wurde nicht behauptet. Dem Gläubiger stehe aber ein Bereicherungsanspruch dann zu, wenn ein Grund für die Rückgabe der Pfandsache und die dadurch bewirkte Aufgabe des Pfandrechtes nicht bestand. Lediglich dann, wenn die Klägerin gewußt hätte, daß ihre Ansprüche aus dem besicherten Kreditverhältnis nicht zur Gänze und nicht abschließend erfüllt werden, weil etwa Anfechtungsansprüche zu erwarten sind, als sie ihre Leistung erbrachte, käme ein Bereicherungsanspruch nicht in Betracht. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der Beklagten, in welchem sie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, der Oberste Gerichtshof möge in der Sache selbst erkennen und das Klagebegehren abweisen. Hilfsweise wird die Aufhebung des Beschlusses des Berufungsgerichtes begehrt und beantragt, dem Gericht zweiter Instanz aufzutragen, klagsabweisend zu entscheiden. Schließlich wird beantragt, daß der Oberste Gerichtshof den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes behebe und diesem auftrage, nach Verfahrensergänzung in der Sache selbst zu entscheiden.
Die Klägerin beantragt in der Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Beklagte stellt sich in ihrem Rechtsmittel auf den Standpunkt, daß die Klägerin nicht nur keinen Anspruch auf neuerliche Pfandbestellung, sondern auch keinen Bereicherungsanspruch habe, weil sie anläßlich der Leistung an sie keinen Vorbehalt der Rückforderung erklärte. Außerdem habe sie eine irrtümliche Zahlung zunächst nicht einmal behauptet. Dem ist zu erwidern:
Auszugehen ist davon, daß der Klägerin als Pfandgläubigerin zunächst ein Vorrecht vor dem Bezugsberechtigten auf Befriedigung aus der Pfandsache, die hier eine Lebensversicherung zugunsten der Beklagten darstellte, zustand. Der bezugsberechtigten Beklagten stand demnach nur das zu, was nach Befriedigung der Forderung des Pfandgläubigers allenfalls verblieb. Nach der Pfandreife war die Klägerin zur Einziehung der Versicherungsleistung berechtigt und konnte demgemäß vom Versicherer die Auszahlung der Versicherungssumme an sich insoweit verlangen, als es zu ihrer Befriedigung erforderlich war (RdW 1986, 370 f). Das Risiko, damit eine nach konkursrechtlichen Gesichtspunkten anfechtbare Leistung zu empfangen, verblieb ihr aber insoweit, als sie sich mit dem Masseverwalter im Konkurs über die Verlassenschaft Josef K*** auseinanderzusetzen hatte. Noch vor der endgültigen Klärung dieser Frage überwies sie nach ihrer eigenen Darstellung den nach der Befriedigung aus der Pfandsache verbliebenen Rest vorbehaltslos an die Beklagte und liquidierte damit auch ihr Pfand. Es verblieb zwar ein schuldrechtlicher Anspruch auf dessen Wiedereinräumung; dieser kann sich aber nur gegen den ursprünglichen Schuldner bzw. den Masseverwalter, jedenfalls aber nicht gegen die Beklagte als bloßer Bezugsberechtigten aus der Lebensversicherung richten (vgl. Koziol, Kreditsicherungen und Anfechtung der Erfüllung, JBl 1985, 517 f). In Betracht kommt allerdings ein Bereicherungsanspruch gegen die begünstigte Beklagte (vgl. Koziol aaO insb. 522; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung Rdz 389). § 1431 ABGB setzt nur voraus, daß eine Nichtschuld irrtümlich gezahlt wurde. Wer also eine Leistung erbrachte, die er nicht schuldig war und die auch nicht den rechtsgeschäftlichen Zweck verfolgte, einen zwischen dem Gläubiger und dem - den Bestand der Forderung bezweifelnden - Schuldner bestehenden Streit endgültig zu erledigen, kann diese im Sinne der zitierten Gesetzeslage zurückfordern (SZ 44/75; 1 Ob 152/72; 2 Ob 571/80; 7 Ob 586/82; 2 Ob 187/83 ua). Der dafür neben dem Fehlen der Verbindlichkeit notwendige Irrtum des Leistenden unterscheidet sich wesentlich von jenem nach § 871 ABGB. Im Gegensatz zu letzterem ist beim Irrtum iS des § 1431 ABGB ein qualifizierter Irrtum nicht erforderlich (SZ 52/170; EvBl 1975/60; MietSlg. 33.246; 2 Ob 187/83 ua). Den Irrtum im Sinne des § 1431 ABGB hat zwar der Kondiktionkläger zu behaupten und zu beweisen. Von Ausnahmefällen abgesehen bildet jedoch die Tatsache, daß der Kläger eine Nichtschuld bezahlte, stets eine praktische Vermutung für den Irrtum (Klang VI, 463; 1 Ob 87/82; JBl 1976, 256;
2 Ob 557/78; 1 Ob 763/81 ua). Für die Annahme eines Irrtums kann auch genügen, daß nach der Sachlage eine wissentliche Zahlung einer Nichtschuld gar nicht in Frage kommt (SZ 41/163; 2 Ob 571/80;
1 Ob 635/83; 2 Ob 187/83 ua). Unentschuldbarkeit des Irrtums oder Rechtsirrtum des Zuwendenden schließen die Rückforderung grundsätzlich nicht aus; selbst wenn der Leistende über das Bestehen der Schuld aus Fahrlässigkeit geirrt hätte, wäre dies noch kein hinreichender Grund, dem Empfänger gegen den Willen des Irrenden einen unentgeltlichen Vorteil zu belassen (3 Ob 566/81;
EvBl 1965/60; MietSlg. 19.173; ZVR 1971/257; 5 Ob 607/79;
2 Ob 187/83 ua).
Im Gegensatz zur Behauptung der Beklagten hat die Klägerin schon in der Klage angegeben, daß die Bezahlung von S 100.000,-- irrtümlich erfolgte (AS 4); wie oben dargestellt wurde, sah sich die Klägerin nur aus der irrigen Annahme heraus zur Pfandfreigabe und zur Überweisung der restlichen Versicherungssumme veranlaßt, daß sie aus dem Pfand bereits volle Befriedigung erlangt hätte. Dies war aber nicht der Fall. Sie bezahlte daher insoweit eine Nichtschuld, als der Beklagten nur der nach Befriedigung der Klägerin verbleibende Restbetrag aus der Versicherungssumme zustand. Im Sinne der dargestellten Judikatur und Literatur kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin bei der insoweit irrtümlichen Überweisung von S 100.000,-- einen Rückforderungsvorbehalt erklärte oder nicht, weil ihr nicht unterstellt werden kann, daß sie die Zahlung an die Beklagte vorgenommen hätte, wenn sie um die Anfechtbarkeit der ihr selbst zugekommenen Leistung aus der Lebensversicherung gewußt hätte.
Zutreffend aber verwies das Berufungsgericht darauf, daß diese Fragen noch nicht abschließend geklärt sind, weil die Beklagte die Berechtigung der Anfechtung bestritten und sich auch auf den Standpunkt gestellt hat, daß die Klägerin auf die Rückforderung des bezahlten Betrages verzichtet habe. Da das Erstgericht dazu noch keine Feststellungen getroffen hat, wies das Berufungsgericht mit Recht die Rechtssache an das Erstgericht zurück und trug der Vorinstanz zutreffend eine neue Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf. Dem Rekurs der Beklagten gegen diese Entscheidung war daher der Erfolg zu versagen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)