Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.156,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 1.832,40, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Christian S***, Inhaber des Betriebs- und Personalberatungsunternehmens "P***" mit dem Sitz in Wien (im folgenden kurz als P*** bezeichnet), das später von der "P***" Privatgeschäftsvermittlungs GmbH (im folgenden kurz als P*** bezeichnet) fortgeführt wurde, war der Familie H*** bei der Geldbeschaffung für ihren Heurigenbetrieb in Grinzing behilflich. Für ihn bzw die P*** waren Manfred S*** und Fritz S*** als Angestellte tätig, die (zB über Inserate) Geldgeber zu suchen hatten. Waren Geldgeber gefunden, so wurden mit diesen Darlehensverträge verfaßt, wobei in der Regel Dr. Leopold P***, Verteidiger in Strafsachen und Vermögenstreuhänder, als Treuhänder für die Darlehensgeber einschritt.
Der Kläger zählte folgende Darlehen zu:
Am 6.7.1984 S 400.000,- der P***,
am 30.6.1984 S 500.000,- der P***,
am 4.9.1985 S 600.000,- der P***,
am 6.6.1986 S 210.000,- an Fritz S*** und Manfred S*** und
am 11.6.1986 S 240.000,- ebenfalls an Fritz S*** und Manfred S***. Aus den zuletzt erwähnten beiden Darlehen sind nach dem Klagevorbringen nur S 250.000,- offen.
Außerdem erwarb der Kläger Darlehensforderungen des Gerhard B*** gegen die P*** durch Abtretung, und zwar über S 300.000,-
aus einem am 1.10.1985 zugezählten Darlehen und über S 180.000,- aus einem am 20.1.1986 zugezählten Darlehen.
Angelockt durch ein Inserat der P*** in der Zeitschrift "Profil" vom 20.1.1986, das eine Rendite von 18 % jährlich versprach, interessierte sich Anfang 1986 auch der Beklagte für eine Vermögensanlage und es kam deshalb zu Gesprächen zwischen ihm und Fritz S***, Franz H*** und Dr. P***. Der Kläger, ein Textilkaufmann, der seinen Betrieb im Jahr 1970 verkauft hatte, in den Jahren 1986/87 nur eine Monatsrente von DM 1.500,- bezog und als einzigen Vermögenswert über eine angebliche Forderung auf Steuerrückvergütung in der BRD in einer Größenordnung von DM 300.000,- bis 400.000,- verfügte, hatte allerdings kein Bargeld einzubringen. In seiner Korrespondenz mit Dr. P*** tauchte deshalb die Idee auf, daß der Beklagte eine Bürgschaft für künftige Bankdarlehen eingehen könne. Schließlich schickte der Beklagte am 12.5.1986 ein eigenhändig unterfertigtes Schriftstück mit folgender Erklärung an Dr. P***:
"Bürgschaft.
Zu Gunsten
Herrn Dr.jur. Leopold P***, Stubenring 10, 1010 Wien
übernehme ich eine Bürgschaft über 3 (i.W. drei) Millionen Schilling
vom 12.Mai 1986 bis zum 31.Dezember 1987.
Herr Dr. P*** ist berechtigt, die Bürgschaft abzutreten. Die Bürgschaft erhält Herr Dr. P*** als Treuwalter für seine Mandanten P***, H*** u.A."
Dr. P*** richtete am 6.6.1986 an den Kläger folgende "Abtretungserklärung:
Ich, Dr. Leopold P***, 1010 Wien, Stubenring 10, trete die mir überlassene Bürgschaft von Herrn Richard F***, 4922 Geiersberg, Pilgersham Nr 14, als Treuwalter über ÖS 3,000.000,- unwiderruflich an Herrn Werner K***, 3002 Purkersdorf, Humplikgasse 18/11, ab."
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger vom Beklagten unter Berufung auf dessen Bürgschaftserklärung mit der Behauptung, daß von seinem Hauptschuldner Zahlung nicht zu erlangen sei, die Zahlung von S 2,230.000,- s.A.
Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, er sei von Dr. P*** als seinem Treuhänder und der P*** über die Risken seiner Vermögenslage arglistig getäuscht worden. Die P*** sei im Mai 1986 bereits konkursreif gewesen. Außerdem habe man ihm fälschlicherweise zugesichert, daß seine Haftungserklärung nur für solche Forderungen verwendet werde, die durch erstrangige und sofort realisierbare Grundpfandhaftungen gesichert seien. Schließlich habe Dr. P*** mit der Abtretung der Bürgschaft gegen die ausdrückliche Zusage verstoßen, die vom Beklagten unterfertigte Bürgschaftserklärung an diesen zurückzuschicken.
Der Kläger sei im Zeitpunkt der Abtretung der Bürgschaft über die Konkursreife der P*** informiert gewesen. Er habe gewußt oder hätte zumindest wissen müssen, daß Dr. P*** vertragswidrig gehandelt habe. Sogar die arglistige Irreführung des Beklagten sei dem Kläger im Zeitpunkt der Abtretung erkennbar gewesen, hätten sich doch die P***-Manager S*** und S*** bereits wegen Betrugsverdachts in Untersuchungshaft befunden. Unabhängig davon könne dem Kläger aus der vom Beklagten angefochtenen Bürgschaftserklärung gar keine Forderung abgetreten worden sein. Im übrigen fehle es an der Konkretisierung der Forderung, die durch die Bürgschaftserklärung des Beklagten vom 12.5.1986 gesichert hätte werden sollen, sodaß diese Bürgschaftserklärung unwirksam sei. Die Abtretung der Bürgschaft sei rechtsgrundlos erfolgt und damit unwirksam. Sie werde zur Sicherung von Darlehensforderungen verwendet, die im Zeitpunkt der Bürgschaftserklärung und ihrer Abtretung längst entstanden gewesen seien, obwohl sich die Bürgschaftserklärung nur auf zukünftig zu gewährende Darlehen beziehen hätte sollen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in der Hauptsache statt und wies das Zinsenbegehren des Klägers ab.
Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen folgendes fest:
Der Beklagte war im Zeitpunkt seiner Interzessionserklärung praktisch vermögenslos. Ihm wurde von einem Freund, einem Angestellten der O*** LINZ, davon abgeraten, sich mit der P*** einzulassen, da gegen dieses Unternehmen bereits Konkursanträge gestellt worden seien. Dennoch wandte sich der Beklagte wieder an die P*** und Dr. P***. Man versicherte ihm von dieser Seite, daß die Konkursanträge gegen die P*** nur auf Finanzschulden zurückzuführen seien, die Bankverbindlichkeiten dagegen zwischen S 6,000.000,- und S 7,000.000,- lägen und durch Grundstücke mehr als doppelt abgesichert seien; die Familie H*** brauche das Geld nur kurzfristig zur Überbrückung eines wirtschaftlichen Engpasses. Der Beklagte leistete schließlich die Bürgschaft in der Annahme, für zukünftige Bankdarlehen gutzustehen, sich ohne Einsatz eigener Mittel etwas verdienen zu können und durch Liegenschaftsvermögen (der Familie H***) selbst ausreichend gesichert zu sein. Dr. P*** bestätigte ihm den Empfang der Bürgschaftserklärung mit dem Bemerken, daß er ihn von deren Verwertung unverzüglich verständigen werde. Eine Vereinbrung darüber, welche Gegenleistung die P*** dem Beklagten erbringen sollte, wurde nicht getroffen.
Schleppende Zinsenzahlungen und Gerüchte über erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten der P*** veranlaßten den Kläger Anfang Juni 1986, der Sache nachzugehen. Es kam am 6.6.1986 zu einem Gespräch in seinem Büro, bei dem S*** und Dr. P*** einen kurzfristigen finanziellen Engpaß der P*** eingestanden und dem Kläger schließlich - um ihn zu beruhigen und wieder Geld zu erhalten - die Bürgschaft des Beklagten abtraten.
In der Folge verstärkten sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der P*** und der Familie H***. Anfang Juli 1986 kam es zur Verhaftung des Fritz S*** und des Franz H*** wegen Betrugsverdacht. Am 18.7.1986 wurde über die P*** das Ausgleichsverfahren eröffnet, der Antrag vor Beginn der Ausgleichstagsatzung aber mangels realisierbaren Vermögens wieder zurückgezogen, weil die einzigen Aktiven Forderungen gegen Franz H*** waren. In der Folge kam es mangels Vermögens der P*** ncht einmal zu einem Anschlußkonkurs. Im August 1986 machte der Kläger von der Bürgschaft gegenüber dem Beklagten Gebrauch, wobei er seine Forderung mit etwa 1,5 Millionen Schilling bezifferte und den Beklagten ersuchte, mit ihm Rücksprache zu halten.
Gegen Mitte oder Ende Juni 1986 rief Fritz S*** einmal beim Beklagten an, um von ihm Bargeld zu erhalten, weil ihm die Bürgschaft für die Zwecke der P*** unzureichend und im übrigen auch nicht abgesichert erschien. Dabei äußerte er sich abfällig über den Beklagten. Dieser rief daraufhin in der Kanzlei Dr. P*** an, um die Vernichtung seiner Bürgschaftserklärung zu verlangen. Er erreichte Dr. P*** nicht. Die Zusage einer Rücksendung der Bürgschaftserklärung, die sich bereits in den Händen des Klägers befand, erfolgte nicht.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die vom Beklagten eingegangene Bürgschaft nicht nur den Formerfordernissen genüge, sondern auch ausreichend bestimmt sei. Es genüge, daß sich die Parteien des Bürgschaftsvertrages über die Höhe der übernommenen Verpflichtung einig seien und auch wüßten, wer als Hauptschuldner in Frage komme. Im konkreten Fall sehe der Vertrag sogar ausdrücklich die Abtretung vor.
Eine Irreführung oder gar arglistige Täuschung des Beklagten durch die P*** oder durch Dr. P*** sei nicht auszuschließen, könne aber dem gutgläubigen Empfänger (Zessionar) einer Bürgschaftserklärung nicht entgegengehalten werden. Den Nachweis der Schlechtgläubigkeit des Klägers habe der Beklagte nicht erbracht. Die vom Beklagten übernommene Bürgschaft könne auch nicht durch eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung rückwirkend vernichtet werden, weil die langfristig übernommene Haftung für zukünftige Schulden als Dauerschuldverhältnis zu beurteilen sei. Es würde den guten Sitten widersprechen, eine solche Erklärung dem gutgläubigen Dritten gegenüber rückwirkend zu beseitigen.
Aus allen diesen Gründen könne letztlich dahingestellt bleiben, ob der Beklagte, der vor Kontakten mit der P*** gewarnt worden sei und ohne eigenes Kapital eine Millionenbürgschaft übernommen habe, überhaupt schutzwürdig sei und sich auf eine arglistige Täuschung berufen könne.
Diese Entscheidung des Erstgerichtes blieb in ihrem das Zinsenbegehren abweisenden Teil unangefochten. In ihrem klagsstattgebenden Teil wurde sie vom Beklagten mit Berufung bekämpft.
Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil diesem Rechtsmittel Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne der vollinhaltlichen Abweisung des Klagebegehrens ab. Das Berufungsgericht ging davon aus, daß entscheidungswesentliche Feststellungen des Erstgerichtes von der in der Berufung ausgeführten Tatsachenrüge nicht betroffen seien und daß die unbekämpft gebliebenen Feststellungen für eine erschöpfende rechtliche Beurteilung ausreichten.
Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, die Sache sei im Sinne der Klagsabweisung entscheidungsreif. § 1394 ABGB schließe den gutgläubigen Erwerb einer Forderung grundsätzlich aus. Ein von Judikatur und Lehre anerkannter Ausnahmefall sei nicht geltend gemacht, insbesondere kein Scheingeschäft zwischen dem Beklagten und Dr. P*** bzw der P*** behauptet worden. Sollte also der Kläger tatsächlich durch eine Zession zur streitgegenständlichen Forderung gegen den Beklagten gekommen sein, könnte ihm sehr wohl eingewendet werden, daß die Bürgschaft gar nicht rechtswirksam zustandegekommen sei (§ 1396 ABGB). Dazu bedürfe es vorderhand nur der Klarstellung, daß eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung die Bürgschaftserklärung des Beklagten selbstverständlich rückwirkend beseitige. Die für Dauerschuldverhältnisse geltenden Sonderregeln seien auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Abgesehen davon, daß eine längerfristige Haftungsübernahme, also die vorausschauende Beurteilung zukünftiger Entwicklungen und das Einstehen für kaum kalkulierbare Risken zum Wesen einer Bürgschaft gehörten, ohne daß sie deshalb zu den Dauerschuldverhältnissen gerechnet werde, sei dem Bürgen keine fortgesetzte oder doch periodisch wiederkehrende Erfüllungstätigkeit auferlegt, die für Dauerschuldverhältnisse typisch sei. Der Beklagte habe daher zu Recht geltend gemacht, daß seine Bürgschaftserklärung wegen eines Willensmangels angefochten werden könne.
Dieses allein schon zielführende Argument mache es entbehrlich, der Frage nachzugehen, ob die Bürgschaftserklärung des Beklagten ausreichend bestimmt gewesen sei, ob sie den Anforderungen der Akzessorietät entsprochen habe und ob die aus ihr resultierende Forderung überhaupt abgetreten habe werden können. Die Abweisung des Klagebegehrens ergebe sich schon aus folgenden Erwägungen:
Gemäß § 1346 ABGB sei die Bürgschaft ein Vertrag zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger der zu sichernden Forderung. Dr. P***, dem der Beklagte die Bürgschaft erklärt habe, müßte also Vertreter des begünstigen Gläubigers oder allenfalls der bloße Überbringer des Bürgschaftsversprechens gewesen sein. Denkbar wäre außerdem noch ein Vertrag zugunsten Dritter, der dem begünstigen Gläubiger (hier dem Kläger) unmittelbare Rechte aus dem Bürgschaftsvertrag hätte verschaffen können.
Ein unmittelbarer Rechtserwerb des Klägers scheide im vorliegenden Fall aus. Der Beklagte habe Dr. P*** als Treuwalter der P*** und der Familie H*** und als seinen Treuhänder angesprochen, nicht aber als Vertreter eines bestimmten Gläubigers oder als dessen Boten. Weder seinen Äußerungen noch seinem Verhalten könne daher die Absicht unterstellt werden, daß die Bürgschaft unmittelbar dem Kläger gegenüber als erklärt zu gelten habe und Dr. P*** lediglich zur Übergabe des entsprechenden Dokuments ausersehen gewesen sei. Ein solcher Schluß könne dann gerechtfertigt sein, wenn die schriftliche Verpflichtungserklärung des Bürgen dem Hauptschuldner zur Weiterleitung an den Gläubiger überlassen werde, nicht jedoch bei der Einschaltung eines "Treuhänders". Auch ein Vertrag zugunsten Dritter komme nicht in Frage. Dazu hätte (wie im Fall der Übergabe einer Bürgschaftserklärung an den Hauptschuldner) von vornherein Klarheit über die Person des begünstigten Gläubigers bestehen müssen, da gerade die Bürgschaft besonderes Vertrauen voraussetze. Diese Vertrauensbasis habe offensichtlich zwischen dem Beklagten und Dr. P*** bestanden, weshalb man bewußt die Rechtsform der Treuhandschaft für die Entgegennahme der Bürgschaftserklärung gewählt habe. Dr. P*** habe dem Anschein nach gewährleisten können, daß die Bürgschaftserklärung nur an Gläubiger mit voraussichtlich einbringlichen Forderungen gegen die P*** oder die Familie H*** gelange. Als direkter Stellvertreter des Klägers oder anderer Gläubiger der P*** sei er nie aufgetreten; er müsse also selbst Vertragspartner des Beklagten gewesen sein.
Es erscheine nicht recht klar, wessen Treuhänder Dr. P*** überhaupt gewesen sei. Das Erstgericht nenne ihn Treuhänder der Darlehensgeber (wohl der Geldgeber im weiteren Sinn, also auch des Beklagten), die Bürgschaftserklärung des Beklagten tituliere ihn als Treuhänder der P*** und der Familie H***; der Kläger scheine in ihm allein den Treuhänder der P*** zu sehen. Bei Entgegennahme der Bürgschaftserklärung müsse er jedenfalls Fremdinteressen wahrgenommen haben, sei es die der P*** oder die ihrer Gläubiger. In beiden Fällen habe seine Aufgabe nur darin bestehen können, einem Gläubiger der P*** das Sicherungsmittel der Bürgschaft des Beklagten zu verschaffen. Einer weiteren Aufklärung seiner rechtlichen Position gegenüber den Auftraggebern bedürfe es nicht, weil jeder Treuhänder aus den von ihm abgeschlossenen Verträgen zunächst selbst berechtigt und verpflichtet werde. Zur Übertragung der Rechte aus dem Bürgschaftsvertrag mit dem Beklagten habe es daher eines eigenen schuld- und sachenrechtlichen Rechtsgeschäftes, nämlich der Abtretung, bedurft.
Diese Abtretung sei formell erfolgt, aber nur möglich gewesen, soweit überhaupt eine Forderung gegen den Beklagten aus der übernommenen Bürgschaft bestanden habe. Nun habe der Beklagte die Bürgschaft wegen Irrtums angefochten, und zwar zu Recht. Dr. P*** selbst sei es gewesen, der im Beklagten die Vorstellung erweckt habe, die P*** sei finanziell gesichert und werde zu Unrecht von Konkursanträgen verfolgt. Auf ihn gehe auch der Gedanke zurück, daß der Beklagte zugunsten der P*** eine Bürgschaft für zukünftige Bankdarlehen übernehmen könne. Durch all das habe Dr. P*** zumindest einen Beitrag dazu geleistet, daß der Beklagte im Vertrauen auf vorliegende Sicherheiten die Bürgschaftserklärung abgegeben habe. Es seien daher alle Voraussetzungen für eine Vertragsanfechtung gegeben (§§ 871 ff ABGB).
Durch diese Vertragsanfechtung sei die Bürgschaftserklärung des Beklagten rückwirkend beseitigt worden; der Kläger habe aus ihr keine Rechte erwerben können. Ihm sei zuzugestehen, daß er selbst ein Opfer von Täuschungshandlungen gewesen sei und daß der Beklagte sehr leichtfertig, ja sogar unlauter gehandelt habe, als er ohne jedes Vermögen eine Haftungserklärung über S 3,000.000,- abgegeben habe. Die Irreführung des Beklagten habe jedoch die dem Kläger abgetretene Sicherstellung gar nicht entstehen lassen. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Zur Gültigkeit einer vom Beklagten eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung, bei der es sich um kein Handelsgeschäft des Beklagten handelte (§ 350 HGB), war gemäß § 1346 Abs 2 ABGB erforderlich, daß seine Verpflichtungserklärung schriftlich abgegeben wurde. Der Sinn dieser Formvorschrift liegt darin, den Nichtkaufmann vor dem mit der Bürgschaftsübernahme verbundenen Risiko zu bewahren. Deshalb müssen alle wesentlichen Merkmale der Bürgschaftsverpflichtung aus der Urkunde hervorgehen (Ohmeyer in JBl 1927, 177 ff; Ohmeyer-Klang in Klang2 VI 205; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 1346; EvBl 1980/99; 6 Ob 635/85 ua). Die Schriftform wird vom Gesetz nur für die Verpflichtungserklärung des Bürgen, nicht auch für die Annahme des Gläubigers gefordert (SZ 34/118 ua); es genügt, wenn die schriftliche Verpflichtungserklärung zwar nur gegenüber dem Hauptschuldner, aber mit der Bestimmung der Weitergabe an den Gläubiger abgegeben wurde (SZ 8/64; JBl 1957, 294 ua). Es können allerdings nach Lehre und Rechtsprechung auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände zur Auslegung einer schriftlichen Bürgschaftserklärung herangezogen werden (Ohmeyer-Klang aaO; Gamerith aaO; 6 Ob 635/85; 8 Ob 601/87 ua). Jedenfalls müssen aber aus der Urkunde selbst die wesentlichen Bestandteile der Bürgschaftserklärung hervorgehen. Insbesondere muß aus ihr hervorgehen, für welche Schuld die Bürgschaft übernommen wird. Die Hauptschuld muß so bezeichnet sein, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, für welche bestimmte Schuld gehaftet wird. Es ist dabei nicht unbedingt erforderlich, daß die Urkunde die Namen des Gläubigers und des Hauptschuldners und Rechtsgrund und Betrag der Hauptschuld enthält. Über diese bestimmenden Merkmale der verbürgten Schuld muß aber Einverständnis bestehen oder sie müssen der Urkunde in Verbindung mit anderen Umständen im Wege der Auslegung entnommen werden können (siehe dazu Ohmeyer in JBl 1927, 178; EvBl 1957/84; EvBl 1980/99). Diese Voraussetzungen sind in der vom Beklagten unterfertigten Bürgschaftserklärung vom 12.5.1986 (Beilage B) nicht erfüllt. Selbst wenn man den Revisionsausführungen folgend davon ausgehen wollte, daß der Beklagte diese Bürgschaftserklärung gegenüber Dr. P*** als Vertreter der Hauptschuldner "P***, H*** u.A." abgab und sie ihm mit der Bestimmung überließ, sie an Gläubiger weiterzugeben, wäre damit für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Denn es ist weder aus der Urkunde selbst noch aus irgendwelchen sonstigen Verfahrensergebnissen zu entnehmen, für welche bestimmte Schuld damit die Bürgschaft übernommen werden sollte. Es bestand weder über die Person des Hauptschuldners ("P***, H*** u.A.") noch über die Person eiens allfälligen Gläubigers ein aus der Urkunde selbst oder aus sonstigen Umständen hervorgehendes Einverständnis noch über den Rechtsgrund der verbürgten Schuld. Die bloße Erklärung des Beklagten, für einen bestimmten Zeitraum (12.5.1986 bis 31.12.1987) eine Bürgschaft über S 3,000.000,- zu übernehmen und Dr. P*** zu ermächtigen, "die Bürgschaft abzutreten", genügte im Sinne obiger Rechtsausführungen keinesfalls zur Begründung einer wirksamen Bürgschaftsschuld des Beklagten im Sinne des § 1346 ABGB. Schon aus diesem Grund kann der Kläger den Beklagten nicht mit Erfolg als Bürge für seine bzw die ihm von Gerhard B*** abgetretenen Darlehensforderungen gegen die P***, Fritz S*** und Manfred S*** in Anspruch nehmen.
Eines weiteren Eingehens auf die Revisionsausführungen bedarf es unter diesen Umständen nicht.
Der Revision des Klägers muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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