OGH 8Ob601/87

OGH8Ob601/8725.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** B***

registrierte Genossenschaft mbH, 5101 Bergheim 223, vertreten durch Dr. Ferdinand Eberl und Dr. Fritz Müller, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Annemarie S***, Hausfrau, Au 54, 5162 Obertrum, vertreten durch Dr. Werner Steinacher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 751.301,92 S s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 3. März 1987, GZ 3 R 7/87-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 21. Oktober 1986, GZ 7 Cg 291/85-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an

das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Mit Kreditvertrag vom 20. Mai 1977 räumte die klagende Genossenschaft Henre F***, dem damaligen Lebensgefährten der Beklagten, einen Geschäftskredit bis zum Betrag von 300.000 S ein, wobei Zinsen von 9,75 % p.a. und Verzugszinsen von 13,75 % p.a. sowie eine Überziehungsprovision von 1/8 %o pro Tag vereinbart wurden; die Zinsen sollten kalendervierteljährlich im Nachhinein abgerechnet, Zinsen, Provisionen und Spesen dem Kreditkonto angelastet werden. Eine allfällige Überziehung des Kreditrahmens sollte binnen 14 Tagen ab Bekanntgabe abgedeckt werden. Der Kredit hatte eine Laufzeit bis 30. Juni 1980. Mit Kreditvertrag vom 21. November 1978 räumte die Klägerin Henre F*** einen weiteren Geschäftskredit von 500.000 S ein; der Zinssatz betrug ebenfalls 9,75 % p.a., die Verzugszinsen wurden mit 4 % p.a., die Überziehungsprovision wurde mit 1/8 %o pro Tag vereinbart. In diesem Kreditvertrag ist festgehalten, daß die Beklagte gemäß separater Vereinbarung die Bürgen- und Zahlerhaftung übernimmt und die Beklagte gemeinsam mit Henre F*** die Liegenschaft EZ 259 KG Schönstraß, Grundbuch Salzburg, für einen Kredithöchstbetrag von 650.000 S verpfändet. Mit Bürgschaftsvertrag vom 21. November 1978 verbürgte sich die Beklagte als Bürge und Zahler im Sinne des § 1357 ABGB für alle Ansprüche und Forderungen an Kapital, Zinsen, Provisionen, Spesen, Gebühren, Kosten, Auslagen und dgl., die die Klägerin im Zusammenhang mit dieser Krediteinräumung gegen Henre F*** bereits erworben hat oder noch erwerben sollte. Der über einen Betrag von 500.000 S eingeräumte Kredit haftete zum 1. Jänner 1982 mit 1,028.080,73 S aus. Dem Kreditkonto Nr. (richtig:) 1680-8 wurden Wechsel und Zahlungen gutgeschrieben, insbesondere am 15. Dezember 1982 auch der Erlös eines Sparbuches der Beklagten, das diese zur Abdeckung des Kredites der klagenden Partei übergeben hatte, in der Höhe von 201.816 S. Am 16. Dezember 1982 betrug der Kreditsaldo 751.301,92 S. Seit Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten war ständig ein Kreditbetrag von 500.000 S offen. Aufgrund der Zinsenberechnung seit 21. November 1978 erreichten die Zinsen und Überziehungsprovisionen aus dem Betrag zumindest die Differenz von 251.301,92 S zum Klagsbetrag.

Über das Vermögen des Henre F*** wurde der Konkurs eröffnet. Die klagende Partei meldete aus den beiden Kreditverträgen den Klagsbetrag als Forderung an. Diese Forderung wurde von F*** im Konkursverfahren anerkannt. Mit Schreiben vom 27. Jänner 1983 verständigte der Klagevertreter die Beklagte, daß der F*** gewährte Kredit per 28. Dezember 1982 in Höhe des Klagsbetrages aushafte, und sie aufgrund des Bürgschaftsvertrages für die Zahlung dieses Betrages hafte. Sie solle binnen 8 Tagen mitteilen, wie sie sich die Bezahlung dieser Forderung vorstelle.

Mit der am 10. Juli 1985 erhobenen Klage begehrte die klagende Genossenschaft von der Beklagten als Bürge und Zahler aus dem Bürgschaftsvertrag vom 21. November 1978 die Bezahlung des seit 27. Jänner 1983 zur Zahlung fälligen Betrages von 751.301,92 S s.A. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der eingeklagte Saldo sei nicht richtig. Die Klägerin habe Zahlungen nicht berücksichtigt und Kundenwechsel nicht gutgeschrieben. Entgegen der getroffenen Vereinbarung sei die Beklagte niemals zur Zahlung aufgefordert oder über die Kontoentwicklung in Kenntnis gesetzt worden. Ein allfällige Forderung sei daher noch nicht fällig. Außerdem habe die Beklagte der Klägerin ein Sparbuch mit einer Einlage von 150.000 S übergeben; vereinbarungswidrig sei dieses Sparguthaben dem Kreditkonto nicht gutgeschrieben worden. Selbst bei einer ständigen Ausnützung des Kredites von 500.000 S könnten die offenen Zinsen und Spesen nur weniger als 251.301,92 S betragen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt, weil einerseits die klagende Partei nachgewiesen habe, daß aus dem mit Henre F*** abgeschlossenen Kreditverhältnis zum 28. Dezember 1982 ein Saldo in der Höhe des eingeklagten Betrages aushafte und die Beklagte die Haftung als Bürge und Zahler gemäß § 1357 ABGB hiefür übernommen habe und andererseits der Beklagten der Nachweis der Richtigkeit ihrer Einwendungen gegen die Höhe der Klagsforderung nicht gelungen sei.

Das Gericht zweiter Instanz erachtete die von der Beklagten in ihrer Berufung erhobene Beweisrüge als unbegründet, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und traf aus den von den Parteien vorgelegten Urkunden ergänzend noch folgende Feststellungen:

Der Kredit, für den die Beklagte die Bürgschaft übernommen hat, wurde Henre F*** bis auf weiteres eingeräumt. Beide Kredite wurden über dasselbe Konto Nr. 1680-8 abgewickelt. Die Klägerin war bei beiden Krediten berechtigt, die Zinssätze zu ändern. Punkt 5) beider Kreditverträge lautet:

Der Kreditgeber ist berechtigt, den gesamten Kredit sofort

fällig und zahlbar zu stellen, wenn

a) in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Kreditnehmers oder

denen der bestellten Sicherheiten Verschlechterungen oder Änderungen

eintreten, die nach dem Ermessen des Kreditgebers eine

Beeinträchtigung der Sicherheit des Kredites bedeuten. Dies ist

insbesondere dann anzunehmen, wenn der Kreditnehmer oder der Bürge

seine Zahlungen einstellt oder zahlungsunfähig wird oder wenn gegen

ihn ......... das gerichtliche Ausgleichs- oder Konkursverfahren

beantragt oder eröffnet wird ......

Die wesentlichen Bestimmungen des Bürgschaftsvertrages vom

21. November 1978 lauten:

1) Die R*** B*** ........ hat an Henre F***

....... einen Kredit im Betrag von S 500.000,-- ........ gewährt,

dessen nähere Bedingungen nachstehendem Bürgen vollinhaltlich

bekannt sind.

2) .........

3) Diese Bürgschaft ist unkündbar und zeitlich nicht begrenzt.

Sie erlischt nicht durch vorübergehende Rückzahlung des Kredites bei

Fortbestand des Kontokorrentverhältnisses .......

4) Der Kreditnehmer erkennt alle Maßnahmen und Vereinbarungen, die der Kreditgeber zur Geltendmachung seiner Forderungen für nützlich erachtet, als für ihn verbindlich an und entbindet den Kreditgeber, soweit gesetzlich zulässig, von jeglicher Haftung für die Höhe des Ausfalles. Insbesondere soll der Kreditgeber befugt sein, alle Sicherheiten und Vorzugsrechte, die ihm etwa sonst für die Schuld bestellt sind oder noch bestellt werden, lediglich nach seinem Ermessen zu verwerten und auch aufzugeben, namentlich auch Mitbürgen aus ihrer Haftung zu entlassen, ohne daß hiedurch der Umfang der Bürgschaftsverpflichtung geändert wird. Den Erlös aus anderen Sicherheiten oder Zahlungen des Hauptschuldners oder anderer Verpflichteten darf der Kreditgeber zunächst auf den unverbürgten Teil seiner Forderung in Anrechnung bringen. Auch sollen dem Bürgen daraus, daß der Kreditgeber Schuldner oder Bürgen verspätet in Anspruch nimmt, Stundungen resp. Prolongation gewährt, einem (Zwangs-)Ausgleich zustimmt oder sich sonst mit dem Hauptschuldner vergleicht, Einwendungen gegen den Kreditgeber nicht erwachsen.

5) Ein von dem Hauptschuldner abgegebenes Schuldanerkenntnis ist auch hinsichtlich der Höhe dieser Bürgschaftshaftung verbindlich. Soweit ein solches Anerkenntnis nicht vorliegt, sind die vom Kreditgeber geführten Handelsbücher und Auszüge aus denselben Beweis für die Höhe der bestehenden Forderung.

8) Der Kreditgeber ist nicht verpflichtet, den Bürgen vom jeweiligen Stand der Hauptschuld zu unterrichten; der Bürge wird sich darüber durch Einsicht in die Kontoauszüge bei dem Hauptschuldner unterrichten.

Am 21. November 1978 wies das Kreditkonto einen Saldo zugunsten der Klägerin von 1,116.825,74 S auf. Er bewegte sich bis 15. Dezember 1982 zwischen 862.864,09 S und 1,136.187,63 S. Der am 15. Dezember 1982 dem Kreditkonto gutgeschriebene Betrag von 201.816,-- S ist das Realisat zweier Sparbücher, die beide auf Henre F*** lauteten, und im Jänner bzw. Februar 1977 eröffnet worden waren. Von diesen Sparbüchern waren im April 1982 50.000 S und im Oktober 1982 47.493 S abgehoben worden. Das Kreditkonto weist am 22. April 1982 und am 5. Oktober 1982 Gutschriften jeweils in gleicher Höhe auf. Vom 1. Jänner 1979 bis 30. September 1982 belastete die Klägerin das Kreditkonto mit Zinsen, Provisionen und Spesen von insgesamt 548.449,29 S.

Ausgehend von dieser Sachverhaltsgrundlage erachtete das Berufungsgericht auch die in der Berufung erhobene Rechtsrüge als nicht begründet. Die im Sinne der mangelnden Schlüssigkeit der Klage ausgeführte Rechtsrüge, wonach es der Klägerin nicht gelungen sei nachzuweisen, daß die Berufungswerberin für den Klagsbetrag hafte, weil die Kontoauszüge seit dem Jahr 1978 auf zwei Konten hätten aufgeteilt werden müssen und zu klären gewesen wäre, ob die Zahlungen den Kredit über 300.000 S oder den anderen Kredit betroffen hätten, wäre nur dann stichhältig, wenn die Beklagte Anspruch darauf gehabt hätte, daß alle Zahlungseingänge ab 21. November 1978 dem zweiten Kredit, für den sie gebürgt habe, zugerechnet worden wären. Dies sei aber nicht der Fall. Nach dem Inhalt des Bürgschaftsvertrages und der beiden Kreditverträge, aber auch nach dem Gesetz (§ 1416 ABGB) sei die Klägerin berechtigt gewesen, sämtliche Zahlungseingänge auf den ersten Kredit und auf die Überziehungen anzurechnen, weil diese ja binnen 14 Tagen ab Bekanntgabe fällig gewesen seien. Dazu komme, daß nach den insoweit unbekämpften Feststellungen im Ersturteil der gesamte erste Kredit am 30. Juni 1980 fällig und damit die beschwerlichere Schuld gewesen sei. Da im eingeklagten Saldo höchstens 500.000 S an Kapital enthalten seien, hafte die Berufungswerberin aufgrund ihrer Bürgschaft für den gesamten Betrag. Anhaltspunkte dafür, daß der Erlös der Sparbücher von der Klägerin vereinbarungswidrig verwendet worden wäre, habe das Verfahren nicht erbracht. Das Erstgericht habe daher dem Klagebegehren zu Recht stattgegeben.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Genossenschaft beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf den Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Beklagte beharrt in ihrer Revision auf dem Standpunkt, die Vorinstanzen hätten zur Beurteilung der Frage ihrer Haftung als Bürge und Zahler die von ihr schon in der Berufung geforderte "gedachte Trennung" der Rückzahlungen vornehmen müssen. Tatsächlich seien alle Zahlungseingänge über das für beide Kredite gemeinsam geführte Konto abgewickelt worden und habe nie eine Zuordnung oder Trennung der Belastungen und Gutschriften zu bzw. hinsichtlich der beiden Kreditverträge stattgefunden. Wäre dies geschehen, so hätte sich ergeben, daß niemals der Klagsbetrag aus der Bürgschaft aushafte.

Mit Recht zeigt die Beklagte mit diesen Ausführungen die Problematik auf, die darin liegt, daß die Beklagte nicht für alle ihrem damaligen Lebensgefährten von der klagenden Partei gewährten Kredite die Haftung übernommen hat. Die im Revisionsverfahren zu lösende Rechtsfrage liegt aber entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht erst darin, ob die Klägerin die einzelnen Verrechnungen richtig durchgeführt hat, entscheidend ist vielmehr der Umstand, daß noch gar nicht Klarheit darüber besteht, auf welche Art die Verrechnung vorzunehmen war.

Bei der vom Revisionsgericht im Hinblick auf die ordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrüge vorzunehmenden allseitigen rechtlichen Beurteilung der Rechtssache ist vorerst davon auszugehen, daß die Bürgschaftserklärung ua. die zu sichernde Forderung hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen muß und allfällige auch noch nach Erforschung der Parteienabsicht verbleibende (vgl. Rummel in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 915; Koziol-Welser8 I 89; SZ 40/57; EvBl 1973/177 ua.) Unklarheiten in der Ausdrucksweise (§ 915 ABGB) nur dann durch Auslegung beseitigt werden können, wenn hiefür in der Urkunde selbst ein Anhaltspunkt geboten ist (vgl. Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 II, 157). Aus der Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der Hauptschuld ergibt sich, daß die Bürgschaftsverpflichtung mit dem Inhalt der verbürgten Forderung übereinstimmen muß (Schinnerer-Avancini, aaO, 163 samt Literatur- und Rechtsprechungshinweis).

Im vorliegenden Fall greifen mehrere Verträge ineinander. Mit

Kreditvertrag vom 20. Mai 1977 räumte die klagende Partei Henre

F*** einen dem Kreditnehmer bis 30. Juni 1980 zur Verfügung

stehenden und daher bis zu diesem Tag abzudeckenden Geschäftskredit

bis zum Betrag von 300.000 S ein (Beilage /B). Am 21. November 1978

schlossen die klagende Partei und F*** einen weiteren

Kreditvertrag, in dem F*** "Kredit bis zum Betrag von 500.000 S

für Geschäftskredit" eingeräumt wurde; der Kredit sollte F***

vereinbarungsgemäß bis auf weiteres zur Verfügung stehen

(Beilage /C). Nach beiden Kreditverträgen ist der Kreditgeber

berechtigt, "alle wie immer gearteten Forderungen gegenüber dem

Kreditnehmer in diesen Kredit einzubeziehen". Auf beiden

Kreditverträgen scheint ein und dieselbe Kontonummer auf (Beilage /B

und ./C). Nach dem zwischen den Streitteilen ebenfalls am

21. November 1978 abgeschlossenen Bürgschaftsvertrag hat die nunmehr

klagende Partei Henre F*** "mit Urkunde vom ..... (ein Datum

fehlt) Kredit im Betrag von 500.000 S gewährt". Zu diesem ("dem oben

näher bezeichneten") Kreditverhältnis verbürgte sich die nunmehrige

Beklagte als Bürge und Zahler für "alle Ansprüche und Forderungen an

Kapital, Zinsen, Provisionen, Spesen, Gebühren, Kosten, Auslagen und

dgl., die der Darlehens-/Kreditgeber aus welchen immer mit der

Krediteinräumung zusammenhängenden Rechtsgründe gegen den

Kreditnehmer bereits erworben hat oder noch erwerben sollte". Nach

den Feststellungen der Vorinstanzen bezieht sich die von der

Beklagten übernommene Haftung als Bürge und Zahler nur auf den

F*** mit Vertrag vom 21. November 1978 gewährten Kredit, der dem

Wortlaut der beiden Kreditverträge entsprechend eine vom ersten

Vertrag unabhängige Kredittransaktion zu sein scheint. Obwohl die

Beklagte sich nur für den letzten Kredit verbürgt hat, blieb im

Verfahren unerörtert, ob F*** nach der Gewährung des zweiten

Kredites berechtigt war, beide Kredite - die Laufzeit des ersten

wurde ja für die Zeit bis 30. Juni 1980 vereinbart - in Anspruch zu

nehmen oder ob er nur mehr den zweiten Kredit sollte ausnützen

können und für den Fall, daß ihm beide Kredite zur Verfügung

gestanden sein sollten, auf welche Weise nach dem Willen der

Kreditvertragspartner Klarheit darüber zu schaffen gewesen wäre, ob

die Inanspruchnahme eines Geldbetrages durch F*** von dem für ihn

eröffneten Konto - über das ja beide Kredite abgerechnet

wurden - als Ausdehnung (im Sinne einer weiteren Überziehung des ihm

im Jahre 1977 (Kreditvertrag Beilage /B) gewährten (zur Zeit des

Abschlusses des Bürgschaftsvertrages allerdings mit 1,116.825 S

aushaftenden) Kredites oder als Inanspruchnahme des Kredites

Beilage /C gelten sollte. Dementsprechend fehlen auch Feststellungen

der Vorinstanzen dazu. Im Hinblick auf die Akzessorietät der

Bürgschaft ist es aber unerläßlich, den Willen der Parteien des

Kreditvertrages hinsichtlich der weiteren Kreditgewährung im

aufgezeigten Sinn sowie allenfalls der Zuordnung der zu gewährenden

Kreditbeträge zu dem einen oder dem anderen Kredit und deren

Evidenzhaltung im Hinblick auf die Abwicklung über ein und dasselbe

Konto zu erforschen, und wie die Beklagte den Kreditvertrag

Beilage /C anläßlich des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages

verstehen durfte; denn die Voraussetzung für das wirksame

Zustandekommen der Bürgschaft ist die Bestimmbarkeit der (damals als

gegenwärtig oder künftig anzusehen gewesenen) Verbindlichkeit

F***, die durch die Bürgschaft gesichert werden sollte (vgl.

Schinnerer-Avancini, aaO, 161). Solange aber nicht feststeht, wie

die beiden Kredite F*** nach dem Willen der Vertragsteile

abgewickelt werden sollten, kann auch noch nicht geprüft werden, ob

die klagende Partei den Kreditsaldo dem Vertrag entsprechend richtig

errechnet und geltend gemacht hat. Den sowohl vom Berufungsgericht

als auch von der Revisionswerberin angestellten

"Kontrollrechnungen", mit welchen die Feststellungen des

Erstgerichtes über den offenen Saldo gehalten bzw. als unrichtig dargelegt werden sollten, fehlt daher die erforderliche Grundlage. Im übrigen bleiben bei solchen "Kontrollrechnungen" die mit dem Wesen eines Kontokorrentverhältnisses verbundenen Besonderheiten des In-Rechnung-Stellens von Ansprüchen und Leistungen mit Zinsen für die jeweilige Verrechnungsperiode (§ 355 HGB samt den entsprechenden Bestimmungen der AGB; vgl. Schinnerer-Avancini aaO, 135, 141 ff.) unberücksichtigt. Der Schuldner aus einem Kontokorrentverhältnis und damit auch der Bürge hat somit Anspruch auf Überprüfung der Richtigkeit des vom Kreditgeber festgestellten Saldos unter Berücksichtigung der für das Kontokorrentverhältnis maßgeblichen Grundsätze.

Damit erweist sich aber die Rechtssache noch nicht spruchreif und die Revision im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die offenen Fragen im aufgezeigten Sinn mit den Parteien zu erörtern und dazu Feststellungen zu treffen haben. Erst dann wird eine abschließende Beurteilung der Haftung der Beklagten als Bürge und Zahler und allenfalls die Überprüfung der Höhe des Kreditsaldos möglich sein, für den die Beklagte die Haftung übernommen hat. Unter diesen Umständen erscheint es nicht angebracht, auf die weiteren Revisionsausführungen noch einzugehen.

Die Rechtssache mußte daher nach Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen an das Erstgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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