OGH 2Ob539/84

OGH2Ob539/8427.3.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als Richter in der Pflegschaftssache des beschränkt entmündigten Ing. Josef M*****, vertreten durch den Beistand Dr. Helmut Christian S*****, Rechtsanwalt in Baden, infolge Revisionsrekurses des Ing. Josef M***** gegen den Beschluss des Kreisgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 16. Jänner 1984, GZ R 2/84-329, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 13. Dezember 1983, GZ 2 P 45/79-326, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht als Pflegschaftsgericht ermächtigte mit Beschluss vom 6. April 1982, GZ 2 P 45/79-296, den Beistand des beschränkt entmündigten Ing. Josef M*****, Dr. Helmut Christian S*****, von dem Sparbuch des Kuranden bei der Volksbank ***** einen Betrag von 49.799,70 S zu beheben und diesen Betrag an die Bezirkshauptmannschaft Baden, Sozialabteilung, zur Deckung der offenen Sozialhilfekosten für den Zeitraum vom 1. 1. 1979 bis 31. 12. 1981 zu überweisen. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.

Am 17. 2. 1983 langte beim Erstgericht ein mit „Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens“ überschriebenes Schriftstück des Kuranden (ON 315) mit dem Begehren ein, das Verfahren „Sozialabteilung der Bezirkshauptmannschaft Baden - Ing. Josef M*****“ wieder aufzunehmen und das Begehren der Sozialabteilung hinsichtlich aller Krankenhauskosten zur Gänze abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller nicht einsehe, warum er laut Beschluss vom 6. 4. 1982 die Krankenhauspflege selbst bezahlen solle, zumal der Anspruch der Bezirkshauptmannschaft Baden verjährt sei, und der Sozialversicherer des Antragstellers ohnedies die Krankenhauspflege zu leisten hätte.

Das Erstgericht wies den Antrag des Kuranden auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurück und begründete dies damit, dass das Außerstreitgesetz eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht kenne.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem gegen den Beschluss des Erstgerichts gerichteten Rekurs des Kuranden nicht Folge.

Den gegen die Entscheidung des Rekursgerichts vom Kuranden erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 4. 10. 1983, 2 Ob 537/83, mangels Vorliegens eines der im § 16 AußStrG genannten Anfechtungsgründe zurück.

Mit Schriftsatz vom 6. 12. 1983 (ON 325) begehrte Ing. Josef M***** neuerlich „die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 6. 4. 1982“ und beantragte, diese Entscheidung aufzuheben und das Begehren des Fürsorgeträgers hinsichtlich aller Krankenhauskosten abzuweisen. Zur Begründung führte er aus, dass er nichts dagegen einzuwenden hätte, dass die Altenheimkosten beglichen würden, er sich jedoch gegen eine Bezahlung der Krankenhauskosten durch ihn ausspreche, weil für diese die Krankenkasse aufzukommen hätte.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurück, weil das Außerstreitgesetz eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht kenne.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs blieb erfolglos. Das Rekursgericht bejahte das selbständige Rechtsmittelrecht des Entmündigten, da durch die angefochtene Entscheidung einschneidend in seine Vermögenssphäre eingegriffen werde, der Rekurs sei jedoch nicht berechtigt, da den einschlägigen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes eine Wiederaufnahme des Verfahrens fremd sei.

Gegen den Beschluss der zweiten Instanz wendet sich der Revisionsrekurs des Kuranden mit dem Antrag, „den Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 6. 4. 1982 aufzuheben und das Begehren der Sozialversicherungsabteilung hinsichtlich aller Krankenhauskosten abzuweisen“. Der Rechtsmittelwerber bringt vor, er habe nicht gegen die Bezahlung der Altenheimkosten von 49.799,70 S einzuwenden, für die Bezahlung der Krankenhauskosten sei aber seine Krankenversicherung zuständig, weil er krankenversichert sei.

Was zunächst die Rechtsmittellegitimation des Kuranden anlangt, wurde diese vom Rekursgericht zutreffend bejaht (vgl hiezu auch 2 Ob 537/83). Der Revisionsrekurs ist aber nicht zulässig.

Da das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichts bestätigt hat, ist eine Anfechtung dieser Entscheidung nur aus den im § 16 AußStrG genannten Gründen der offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität zulässig. Der Rechtsmittelwerber hat zwar keinen dieser Anfechtungsgründe ausdrücklich geltend gemacht, jedoch können seine Ausführungen dahin verstanden werden, dass er in der Auffassung des Rekursgerichts, im Verfahren außer Streitsachen sei eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht vorgesehen, eine offenbare Gesetzwidrigkeit oder einen Verfahrensmangel vom Gewicht einer Nullität erblickt.

Hierauf ist zu erwidern, dass eine offenbare Gesetzwidrigkeit iSd § 16 AußStrG nach ständiger Rechtsprechung nur dann vorliegt, wenn die für die Entscheidung maßgebende Frage des materiellen Rechts im Gesetz ausdrücklich und klar geregelt ist, sodass an der Absicht des Gesetzgebers nicht gezweifelt werden kann und trotzdem anders entschieden wurde (EFSlg 37.388, 35.067; JBl 1980, 380; SZ 46/98; SZ 44/180; SZ 39/103; SZ 25/185; SZ 21/10 ua). Eine solche offenbare Gesetzwidrigkeit kann jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb nicht gegeben sein, weil die Wiederaufnahme des Verfahrens keine Frage des materiellen Rechts, sondern eine solche des Verfahrensrechts darstellt. Eine Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften kann aber im Rahmen eines Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG nur dann angefochten werden, wenn ihr das Gewicht einer Nullität zukommt.

Prüft man aber die Frage der Zulässigkeit der Wiederaufnahme eines außerstreitigen Verfahrens unter dem Gesichtspunkt, ob ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften vom Gewicht einer Nullität vorliegt, wäre für den Rechtsmittelwerber gleichfalls nichts gewonnen. Denn nach ständiger Rechtsprechung (SZ 39/130; JBl 1972, 579 ua) können die Vorschriften über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage im Verfahren außer Streitsachen nicht analog angewendet werden. Von dieser Rechtsansicht abzugehen, bietet auch der vorliegende Fall keinen Anlass. Ein im Rahmen des § 16 AußStrG beachtlicher Verfahrensmangel liegt daher nicht vor. Eine Aktenwidrigkeit der Entscheidung des Rekursgerichts wird aber im Revisionsrekurs gar nicht behauptet.

Da der Rechtsmittelwerber somit keinen der im § 16 AußStrG genannten Anfechtungsgründe darzutun vermochte, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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