Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird abgeändert und das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt.
Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit S 10.868,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 1.811,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei bezahlte als Haftpflichtversicherer zur Liquidierung eines vom Beklagten verschuldeten Verkehrsunfalles S 253.970. Anfang März 1985 schickte sie ihm zur Geltendmachung ihrer Regreßansprüche eine vorbereitete Anerkenntnis- und Verpflichtungserklärung, an die vom Schwager des damals schon in Haft befindlichen Beklagten nahmhaft gemachte Adresse. Der Beklagte setzte Ort und Datum, Ratenbeginn und -höhe ein und unterzeichnete die Anerkenntnis- und Verpflichtungserklärung über S 100.000. Ihm war die rechtliche Wirkung der unterzeichneten Erklärung in den wesentlichen Einzelheiten klar. Die S 100.000 sollten in monatlichen Raten von S 1.000 beginnend mit Oktober 1987 abgezahlt werden. Da der Beklagte weder im Oktober noch im November 1987 noch zu einem späteren Zeitpunkt Zahlungen leistete, brachte die klagende Partei im Juni 1988 die Klage ein. Zuvor hatte sie den Beklagten nicht mehr auf den Terminverlust hingewiesen, wohl aber am 21.10.1987 an ihn ein Schreiben gerichtet, in welchem sie ihn an seine Erklärung von Anfang März 1985 mit der Ratenzahlungsverpflichtung ab Oktober 1987 erinnerte und ihn aufforderte, mit diesen Zahlungen zu beginnen. Für den Eingang der ersten Rate sah sie in diesem Schreiben eine Frist von zehn Tagen vor und kündigte für den Fall des Verstreichens gerichtliche Schritte an. Der Zugang dieses Schreibens an den Beklagten steht nicht fest.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von S 31.000 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 69.000 sA ab. Es vertrat die Auffassung, daß die Zahlungsverpflichtung des Beklagten zwar grundsätzlich zu Recht bestehe, der in der Anerkenntnis- und Verpflichtungserklärung vereinbarte Terminverlust allerdings nur insoweit wirksam geltend gemacht werden könne, als er der zwingenden Bestimmung des § 13 KSchG entspreche. Dieses Gesetz sei anwendbar, weil es sich bei der Anerkenntnis- und Verpflichtungserklärung um ein Rechtsgeschäft zum Versicherungsvertrag handle, das für die klagende Partei zum Betrieb ihres Unternehmens gehöre und mit der beklagten Partei als Verbraucher abgeschlossen worden sei. Nach Zahlungsverzug habe jedoch die klagende Partei nicht angedroht, vom Terminverlust Gebrauch zu machen; auch sei die erforderliche Nachfrist von 14 Tagen nicht gesetzt worden. Terminverlust sei sohin nicht eingetreten. Bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung seien lediglich 31 Raten fällig geworden. Verjährung sei nicht eingetreten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil ab und verurteilte den Beklagten zur Bezahlung des gesamte Klagebetrages samt entsprechenden Zinsen. Es fehle zwar an der qualifizierten Mahnung des Beklagten im Sinne des § 13 KSchG, also an der Androhung des Terminverlustes und der Setzung einer Nachfrist von mindestens 14 Tagen; doch habe der Oberste Gerichtshof in einem ähnlichen Fall ausgesprochen, daß die Zustellung der Klage den Zugang einer qualifizierten Mahnung ersetzen könne. Außerdem habe der Beklagte erklärt, er sei nicht in der Lage, irgendwelche Zahlungen zu leisten; daher gehe er überhaupt des Schutzes des § 13 KSchG verlustig. Da widersprechende Vorentscheidungen vorlägen, werde die Revision für zulässig erklärt.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Der Beklagte vertritt den Standpunkt, daß die Einbringung einer Klage die qualifizierte Mahnung nach § 13 KSchG nicht ersetze und daß sich seine Erklärung, nicht in der Lage zu sein, Zahlungen zu leisten, nur auf den mit Klage geltend gemachten Gesamtbetrag, nicht aber darauf bezogen habe, keine Ratenzahlungen leisten zu können. Diese Ausführungen sind im Ergebnis berechtigt:
Der Oberste Gerichtshof hat bereits zweimal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der bloße Verzug des Verbrauchers - die Anwendung des KSchG auf den vorliegenden Fall ist nicht strittig (vgl § 1 Abs 1 und 2 KSchG; siehe Krejci in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 1 KSchG) - zur Geltendmachung des vereinbarten Terminverlustes nicht ausreicht; das Gesetz läßt vielmehr die Ausübung dieses Rechtes nur unter weiteren Voraussetzungen, darunter insbesondere einer qualifizierten Mahnung des Verbrauchers zu (SZ 57/69 = RdW 1984, 308; 2 Ob 609/88). Die vom Unternehmer zur Geltendmachung des Terminverlustes eingebrachte Klage ist daher nur dann schlüssig (§ 396 ZPO), wenn sie auch entsprechende Behauptungen über den Eintritt jener tatsächlichen Voraussetzungen enthält, von denen § 13 KSchG die Ausübung dieses Rechtes abhängig macht (Erbringung der eigenen Leistungen des Unternehmers, mindestens sechswöchiger Leistungsverzug des Verbrauchers, qualifizierte Mahnung - 2 Ob 609/88). Es ist somit im Einzelfall zu prüfen, ob die gegen den Verbraucher anhängig gemachte Klage diese Voraussetzungen erfüllt.
Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes ist dies hier nicht der Fall. Die klagende Partei behauptet in der Klage nicht, dem Beklagten eine qualifizierte Mahnung zugesandt zu haben, vielmehr stützt sie sich lediglich darauf, "daß infolge Nichteinhaltung der vereinbarten Ratenzahlungen Terminverlust eingetreten" sei. Im gesamten Verfahren erster Instanz findet sich überhaupt nur in der Aussage des Sachbearbeiters der klagenden Partei (AS 50) ein vager Hinweis auf eine Mahnung, indem dieser Zeuge ausführte "wir urgierten sie (die Zahlung) mit Schreiben vom 21.10.1987". Abgesehen davon, daß der Zugang dieser Mahnung nicht erweislich war (S 7 des Berufungsurteiles), enthält die als Beilage im Akt erliegende Kopie dieses Schreibens keinen Hinweis darauf, daß bei Nichtzahlung Terminverlust eintritt und räumt dem Beklagten außerdem nur eine Nachfrist von 10 Tagen ein.
Unter diesen Umständen fehlt es zur wirksamen Geltendmachung des Terminverlustes sowohl an der im § 13 KSchG vorgesehenen qualifizierten Mahnung des Beklagten als auch an einem entsprechenden Surrogat derselben durch in der Klage selbst enthaltenen eindeutigen Erklärungen, wie sie in RdW 1986, 268 - "unter der Voraussetzung, daß sie § 13 KSchG entsprechen" - als ausreichend angesehen wurden.
Liegt aber keine wirksame Geltendmachung des Terminverlustes und damit ein insoweit unzulässiges Klagebegehren vor, können aus einer Erklärung des Beklagten, den zu Unrecht geltend gemachten Gesamtbetrag nicht zahlen zu können oder zu wollen, keine Folgerungen auf eine mangelnde Schutzwürdigkeit desselben gezogen werden. Auch diesbezüglich kann daher dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden.
Der Revision war daher Folge zu geben. In Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichtes war das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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