Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Erstgericht bewilligte dem Minderjährigen auf Antrag des besonderen Sachwalters, der Bezirkshauptmannschaft L*****, gemäß § 4 Z 2 UVG vom 1.10.1990 bis 30.9.1993 einen monatlichen Unterhaltsvorschuß von S 1.849. Es stützte seine Entscheidung darauf, daß der Vater seit 13.10.1988 unbekannten Aufenthaltes sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz Folge und wies in Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen für den Minderjährigen ab. Es vertrat die Auffassung, daß die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses nach § 4 Z 2 UVG nicht automatisch schon dann vorgenommen werden dürfe, wenn der Aufenthalt des Vaters unbekannt sei. Die genannte Bestimmung sei nicht geschaffen worden, um Unterhaltserhöhungsverfahren zu ersparen. Sie soll bloß dort Abhilfe schaffen, wo aus formellen Gründen eine Erhöhung des Unterhaltstitels tatsächlich nicht erfolgen kann, etwa weil der Unterhaltsschuldner effektiv unbekannten Aufenthaltes ist oder Gewißheit über seine Lebensverhältnisse nicht geschaffen werden kann. Ein solcher Fall liege hier nicht vor: Aus dem Akteninhalt lasse sich lediglich entnehmen, daß der Vater in Österreich seit 13.10.1988 nicht mehr zur Sozialversicherung gemeldet ist, auch im Melderegister der Landeshauptstadt München zum 7.2.1990 nicht aufscheint und ein Aufenthalt in der Schweiz im Jänner 1989 ebenfalls nicht bestätigt werden konnte. Daß er nach der Mitteilung des Kreisverwaltungsamtes München seit 13.10.1988 aus dieser Stadt "mit unbekanntem Aufenthalt" verzogen sei, könne damit zusammenhängen, daß er - offenbar nach Verlassen der Bundesrepublik Deutschland - den Beschluß des Bezirksgerichtes Leoben vom 18.10.1988 (seinerzeitige Weitergewährung eines Unterhaltsvorschusses) am 21.10.1988 in Selzthal persönlich übernahm. Es sei daher zweckmäßig, ergänzende Erhebungen in Österreich zu pflegen, wobei es nicht unwahrscheinlich erscheint, daß sich durch die Befragung von Verwandten, insbesondere der Eltern, weitere Hinweise über die gegenwärtigen Lebensumstände des Unterhaltspflichtigen ergeben werden. Da derzeit nicht davon ausgegangen werden könne, daß der Einleitung eines Unterhaltserhöhungsverfahrens Hindernisse der oben ausgeführten Bedeutung entgegenstünden, sei der Antrag auf Vorschußgewährung abzuweisen gewesen. Der ordentliche Revisionsrekurs werde zugelassen, weil zur aufgeworfenen Frage keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Rechtliche Beurteilung
In dem Revisionsrekurs des Minderjährigen verweist der besondere Sachwalter darauf, daß weitere Erhebungen über den Aufenthaltsort des Unterhaltspflichtigen nicht mehr notwendig seien und die Einleitung eines Unterhaltserhöhungsverfahrens als Voraussetzung für die weitere Vorschußgewährung nach den Umständen des Falles nicht sinnvoll wäre.
Der Oberste Gerichtshof hat jedoch bereits mehrfach dahin erkannt (vgl. EvBl. 1990/221; 7 Ob 620, 621/90; ähnlich auch 5 Ob 566/90 und 7 Ob 578/90), daß der Unterhaltsvorschußwerber bzw sein Vertreter verpflichtet sind, in den Grenzen des Zumutbaren um die Schaffung eines Exekutionstitels bemüht zu sein. Praktisch aussichtslose Versuche einer Unterhaltsfestsetzung sind allerdings nicht zu fordern. Er hat hiezu, gestützt auf die Gesetzesmaterialien, im wesentlichen ausgeführt, daß die durch das Unterhaltsvorschußgesetz gewährten Ansprüche in erster Linie auf eine wirksame Sicherung bereits festgesetzter Unterhaltsansprüche abzielen, indem anstelle des Unterhaltspflichtigen Leistungen aus öffentlichen Mitteln erfolgen, die aber nur aushilfsweise als Vorschuß auf die vom Unterhaltspflichtigen kraft Gesetzes geschuldeten Leistungen bestimmt sind und sich daher in den Grenzen dieses Unterhaltsanspruches zu halten haben. Das vorschußwerbende Kind soll daher grundsätzlich primär die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten zur Durchsetzung seines Unterhaltsanspruchs ausschöpfen. Die Leistungen aus öffentlichen Mitteln sollen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz nicht ein Ersatz für die nicht rechtzeitig geleisteten Zahlungen des Unterhaltsschuldners sein. Sie sollen im Regelfall nur sichern, daß die einem Kind titelmäßig zugesprochenen Unterhaltsbeträge rechtzeitig zur Verfügung stehen. Entsprechend dem Zweck der Institution ist nur die Einbringlichmachung eines konkreten, gesetzlichen Unterhaltsanspruchs zu gewährleisten. Es muß daher auch der Vorschußwerber alles Zumutbare zur Unterhaltsfestsetzung unternehmen.
Nichts anderes kann auch für den Fall einer bloßen Erhöhung des Unterhaltes gelten (7 Ob 620, 621/90).
Die rechtliche Beurteilung des Falles durch das Gericht zweiter Instanz steht mit den dargelegten Grundsätzen im wesentlichen im Einklang; seiner die Umstände des Falles berücksichtigenden weiteren Ansicht, daß sich die Lebensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen durch Befragung von Verwandten und auf Grund der aktenkundigen Tatsache, daß er den gerichtlichen Beschluß über die Weitergewährung von Vorschüssen sogar selber behoben hat (siehe Rückschein in AS 70), mit entsprechender Aussicht auf Erfolg feststellen lassen, daher die Unterhaltsfestsetzung im besonderen Fall keinesfalls praktisch aussichtslos sei, kann der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten.
Dem Revisionsrekurs war somit der Erfolg zu versagen.
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