Spruch:
Keiner der Revisionen wird Folge gegeben.
Der Kläger hat den Beklagten die mit 13.717,37 S (darin 2.880 S Barauslagen und 985,22 S USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Hingegen haben die Beklagten zur ungeteilten Hand dem Kläger die mit 6.370,51 S (darin 960 S Barauslagen und 491,86 S USt) bestimmten Kosten seiner Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 1. 8. 1908 geborene Kläger wurde bei einem Verkehrsunfall am 24. 11. 1980 schwerstens verletzt. Die grundsätzliche Haftung der Beklagten ist nicht mehr strittig.
Der Kläger forderte zuletzt an Schadenersatz 532.534,60 S sA und stellte ein mit 60.000 S bewertetes Feststellungsbegehren. Er begehrte 950.000 S Schmerzengeld, 150.332 S an Auslagen seiner Gattin und seiner 5 volljährigen Kinder für Spitalsbesuche und 37.532,60 S an Kosten für Pflegegebühren, die seiner Gattin von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse für den Monat Dezember 1982 vorgeschrieben worden seien.
Die Beklagten beantragten Klagsabweisung, erachteten ein Schmerzengeld von nur 600.000 S für gerechtfertigt, wendeten ein, dass bezüglich der Besuchskosten der volljährigen Kinder eine sittliche Verpflichtung bestanden habe und kein Verdienstentgang entstanden sei; bezüglich der Pflegekosten wäre es Sache der Klagsseite gewesen, den Kläger in einem Pflegeheim unterzubringen, wodurch geringere Kosten entstanden wären.
Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren mit Teilanerkenntnisurteil statt, sprach dem Kläger mit Endurteil 183.119,40 S sA zu und wies das Mehrbegehren von 349.415,20 S sA ab.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers nicht Folge; hingegen wurde der Berufung der Beklagten teilweise Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichts im Sinne des Zuspruchs von 143.954,60 S sA und Abweisung des Mehrbegehrens von 388.580 S sA abgeändert; die Revision wurde gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig erklärt.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wenden sich die Revisionen des Klägers und der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Der Kläger strebt Abänderung im Sinne der gänzlichen Klagsstattgebung an, die Beklagten beantragen Abänderung im Sinne des Zuspruchs von nur 6.422 S sA an den Kläger und Abweisung des Mehrbegehrens von 526.112,60 S sA; hilfsweise wird ein Aufhebungsbegehren gestellt.
In ihrer Revisionsbeantwortung beantragen der Kläger und die Beklagten, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind zulässig, da der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld 300.000 S übersteigt (§ 502 Abs 4 Z 2 ZPO), sie sind jedoch nicht berechtigt.
Im Revisionsverfahren sind nur mehr die Höhe des Schmerzengelds, der Ersatz des durch den Krankenhausaufenthalt des Klägers verursachten Aufwands und der Anspruch auf Ersatz der seiner Gattin vorgeschriebenen Pflegegebühren strittig.
1.) Zum Schmerzengeld:
Das Erstgericht hat diesbezüglich im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der zum Unfallszeitpunkt 72-jährige Kläger erlitt bei dem Unfall mehrere Wunden und Hautabschürfungen und zwar in der linken Scheitelpartie mit einem linksseitigen Scheitelbeinbruch, der in die Augenhöhle reichte, mit einem Hirnquetschungsherd auf der Gegenseite, nämlich rechts mit einem rechtsseitigen subduralen Hämatom, das heißt einen Bluterguss zwischen harter und weicher Hirnhaut mit dadurch begründeter linksseitiger Halbseitenlähmung und Gesichtsmuskelnervenlähmung links. Er erlitt ferner einen linksseitigen Schlüsselbeinbruch und es gesellte sich dann auch eine gewisse Spastizität der unteren Gliedmaßen beiderseits im Sinne einer Paraparese hinzu. Der Kläger befindet sich seit dem Unfallstag mit Ausnahme des 25. 4. 1981, damals erfolgte der Versuch, den Kläger in häusliche Pflege zu seiner Gattin zu entlassen, in stationärem Aufenthalt des Krankenhauses Braunau, und zwar auf der Intensivstation. Im Februar 1981 wurde der Kläger zunehmend apathischer, er schlug hie und da die Augen auf. Im April besserte sich die Situation etwas. Am 5. 4. 1981 wurde die Kanüle wiederum gewechselt und der Kläger hatte eine Sondenernährung. Der Kläger war dann anrufbar und die Gattin des Klägers wollte diesen zunächst in ein Pflegeheim geben. Es wurde dann am 25. April 1981 versucht, den Kläger zu seiner Frau in häusliche Pflege zu entlassen, jedoch wurde er noch am selben Tag wieder im Krankenhaus aufgenommen. Auch eine Pflege in einem Pflegeheim war unmöglich. Der Kläger wurde daraufhin weiterhin behalten, es war auch eine häusliche Pflege bei dem Alter der Gattin nicht möglich. Der Allgemeinzustand des Klägers ist in der Folge gleich geblieben. Es traten dann noch spastische Bewegungen des rechten Arms auf und eine Lähmung des linken Arms. Es war noch kein Dekubitus vorhanden. Da er in Beuge- und Adduktionsstellung verkrümmt im Bett lag, wurde eine Hodenquetschung festgestellt. Eine Änderung im Befinden des Klägers ist zunächst nicht eingetreten. Im Laufe des Jahres 1982 besserte sich die Bewusstseinslage des Klägers zeitweise in der Weise, dass er die ihn behandelnden Schwestern und die nahen Angehörigen bei Besuchen zu erkennen schien. Der diesbezügliche Zustand wechselt beim Kläger stark und es erstreckte sich der Zeitraum im Jahr 1982, bei dem es dem Kläger etwas besser ging auf ca 2/3 dieses Jahres. Der behandelnde Arzt ließ über die Schwester Floriana den Verwandten mitteilen, dass sie eine häufige Besuchstätigkeit ausüben sollen, da er sich davon eine Mobilisierung des Klägers versprochen hat. Ein klares bewusstes Erkennen ist beim Kläger nicht zu erwarten, zumal er auch die ihn behandelnden Ärzte nie richtig differenzieren konnte. Es ist allerdings eine emotionale Bindung an Bezugspersonen wie Pflegepersonal und die nächsten Verwandten denkbar, dies ist ähnlich wie bei Tieren, die auch ein Gefühl haben, ob jemand irgendwie ihnen zugehörig ist oder nicht. Eine klare Ausdrucksweise ist nicht möglich. Wenn man die Kanüle zuhält, damit der Kläger mehr Kraft für den Luftstrom durch die Stimmritze erhält, kann er gelegentlich Laute abgeben. Zu den Zeiten, da er bewusstseinsklarer ist, ist eine Kontaktaufnahme mit Verwandten psychisch schon einfühlbar und begreiflich. Es ist nicht auszuschließen, dass es Zeiten gibt, in denen der Kläger doch gewisse Emotionen hat, sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Eine vollkommene Apathie oder vollkommene Isolierung ist jedenfalls ungünstiger als eine gewisse emotionale positive Einstellung. Die Zukunftsprognose ist infaust. Es besteht nach wie vor ein koma vigile mit einem Mittelhirnsyndrom und der Kläger ist nicht mehr besserungsfähig, sondern es ist zu erwarten, dass, wenn die Pflege nachlässt, der Kläger den Tod erleidet, wobei mehrere Gefahrenherde gegeben sind. Es kann bei einer neuerlichen Blutdruckkrise zu einer Hirnschwellung kommen und damit ein zentraler Tod eintreten. Es kann aus der Emphysembronchitis eine so schwere Lungenentzündung entstehen, die dann den Tod bewirkt, wobei schon eine gewisse Herzdekompensation mit Leber- und Milzschwellung besteht. Es wäre auch eine Infektion von Seiten des Harntrakts möglich. Es ist auch möglich, dass es zum Wundliegen kommt, wobei eine entsprechende Prophylaxe durchgeführt wird. Es ist auch denkbar, dass der Kläger einmal im Rahmen des Aushustens und des Schluckens eine Aspiration erleidet und erstickt. Es kann auch zu einem allgemeinen Herzkreislaufversagen kommen. Die Lebensprognose ist eine reine Funktion der Pflege. Beim Kläger bestand besonders bei den beiden Operationen und danach bis zum Ende des Jahres 1980 starke Schmerzhaftigkeit. Es bestanden zusammenfassend etwa 37 Tage starke Schmerzen und der übrige Zustand gleicht einem bewusstseinsgestörten Dahinvegetieren.
Das Erstgericht erachtete ein Schmerzengeld von 700.000 S für gerechtfertigt. Im vorliegenden Fall versagten die in der Rechtsprechung üblichen Bemessungskomponenten. Im Vordergrund stünden nämlich weder bewusst körperlich verspürte Schmerzen noch bewusst erlebte psychische Schmerzen, sondern praktisch verletzungsbedingt verlorenes Leben, wobei eine Änderung nicht zu erwarten sei.
Das Berufungsgericht billigte die Schmerzengeldbemessungen durch das Erstgericht. Allerdings könne das vom Erstgericht in den Vordergrund gestellte Kriterium eines „praktisch verletzungsbedingt verlorenen Lebens“ nicht primär zum Tragen kommen. Denn ansonsten müsste „verletzungsbedingt verlorenes Leben“ in allen Fällen zu einer Erhöhung der sonst üblichen Schmerzengeldbeträge führen, an welchen der Verletzte als Folge des Unfalls versterbe und er, bzw seine Erben durch gerichtliche Geltendmachung ihre Ansprüche gesichert hätten. Im Ergebnis teilte das Berufungsgericht die Ausmessung des Schmerzengeldes mit 700.000 S, da die Feststellungen keinesfalls den gesicherten Schluss zuließen, der Verletzte habe seine Schmerzen, bzw seinen Zustand überhaupt nicht wahrgenommen. Da er die behandelnden Schwestern und auch nahe Angehörige zu erkennen schien und zumindest zeitweise auf Schmerzreize reagierte, könne nicht zugunsten des Verletzten die Vermutung Platz greifen, er nehme seinen Zustand ohnehin nicht war und leide daher (oder nur sehr eingeschränkt) weder psychische noch physische Schmerzen. Dies gelte im Wesentlichen auch für die Feststellung, dass vom medizinischen Standpunkt nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Kläger in bestimmten Zeiten gewisse Emotionen sowohl in positiver wie auch in negativer Hinsicht habe. Auch unter Berücksichtigung all jener Umstände, die für eine wesentliche Minderung des Bewusstseins bzw der Erkenntnisfähigkeit des Klägers sprechen, erscheine der Zuspruch eines Schmerzengeldes von 700.000 S gerade im Hinblick auf die lange Leidensgeschichte des Klägers (Unfallstag 24. 11. 1980) gerechtfertigt.
Der Kläger hält in seiner Revision mit Rücksicht auf die besonders schweren Verletzungen und die überaus tragischen Dauerfolgen ein Schmerzengeld von 900.000 S für gerechtfertigt.
Die Beklagten hingegen erachten insbesondere im Hinblick auf die eingeschränkte Fähigkeit des Klägers zur Schmerzempfindung und seine geringe Lebenserwartung ein Schmerzengeld von 600.000 S für ausreichend.
Den Ausführungen der Revisionen ist zu erwidern, dass nach den Feststellungen die Fähigkeit des Klägers zur Schmerzempfindung keinesfalls zur Gänze aufgehoben war und er zumindest zeitweise auf Schmerzreize reagierte. Dass aber für empfundene Schmerzen ein Schmerzengeldanspruch besteht, mögen sie auch nicht voll bewusst erlebt werden, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl ZVR 1978/180, 2 Ob 266/82 ua). Bei Berücksichtigung der überaus schweren Verletzungen und der sehr schwerwiegenden Dauerfolgen, die ein weitgehendes bewusstseinsgestörtes Dahinvegetieren des Klägers bewirkten, einerseits, der geringen Lebenserwartung des im Unfallszeitpunkt bereits 72 Jahre alten Klägers andererseits, erscheint die vom Berufungsgericht vorgenommene Schmerzengeldbemessung von insgesamt 700.000 S unbedenklich (ähnlich 2 Ob 266/82 ua).
Den Revisionen war daher in diesem Umfang ein Erfolg zu versagen.
2.) Aufwendungen aus Anlass des Krankenhausaufenthalts des Klägers:
Der Kläger begehrte zunächst Ersatz der Besuchskosten für die Gattin Aloisia R***** in Höhe von 20.000 S, dehnte dann diesen Betrag unter Berücksichtigung der anerkannten und bezahlten Teilzahlung von 10.000 S auf 41.000 S aus und begehrte schließlich auch für weitere 5 Verwandte für Besuche insgesamt 155.002 S (124.332 S + 30.670 S). Dem Begehren liegt neben einem Aufwandersatz auch ein Stundenentgelt von 50 S für Zeitaufwand zugrunde. Hiezu wurde ausgeführt, dass die behandelnden Ärzte geraten hätten, den Kläger möglichst intensiv zu besuchen, da sie hiedurch eine weitere Mobilisierung erhofft hätten.
Die Beklagten wendeten ein, dass das Vorbringen zu diesem Begehren nicht schlüssig sei. Soweit die eigenen Kinder den Kläger besuchten, entspreche dies einer sittlichen Verpflichtung und begründe dies keinen Anspruch auf Verdienstentgang. Soweit nicht verwandte Personen den Kläger besucht hätten, liege ein nicht ersetzbarer Drittschaden vor.
Das Erstgericht sprach unter Berücksichtigung der geleisteten Teilzahlung von 10.000 S insgesamt noch 55.586,80 S zu und wies das darüber hinausgehende Begehren ab. Im zugesprochenen Betrag sind der Aufwand für Besuchsfahrten, die Trinkgelder, Kosten der Naturalien und Telefongebühren enthalten. Auf die Gattin des Klägers entfielen hievon 4.180 S (richtig 4.280 S), auf Trinkgelder 6.300 S, auf Nährbier, Honig und Obst insgesamt 4.842 S.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht hiezu aus, dass der Anspruch für die Gattin des Klägers aus ihrer Sorge- und Beistandspflicht abzuleiten sei. Dies treffe zwar nicht auch auf die durchwegs volljährigen Kinder des Klägers zu, doch sei es Wunsch des behandelnden Arztes gewesen, dass eine häufige Besuchstätigkeit ausgeübt werde. Die Mobilisierung sei auch zeitweise erreicht worden, da der Kläger seine Verwandten zu erkennen schien. Diese Kosten der Besuchsfahrten der Kinder seien daher unter dem Aspekt, dass die Besuche für die Heilung zweckdienlich gewesen seien, gerechtfertigt. Die zugesprochenen Beträge enthielten allerdings keine Abgeltung von 50 S je Stunde, da - so die Begründung des Erstgerichts - die Kinder keinen Verdienstentgang erlitten hätten und eine allgemeine Abgeltung für die Zeitversäumnis im Gesetz keine Deckung finde.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass ein Betrag von 39.164,80 S sA abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht führte aus, der Kläger strebe den Ersatz jener Aufwendungen an, den seine Gattin bzw seine Kinder bei den Besuchen im Krankenhaus zu tätigen veranlasst waren. Es sei zunächst nur angemerkt, dass sohin jener Schaden geltend gemacht wird, der in der Sphäre der Gattin, bzw der Kinder des Klägers eingetreten sei. Unter Abstellung auf die Sorge- und Beistandspflicht des Besuchers habe der Oberste Gerichtshof der Ehegattin des Verletzten und unter weiteren Voraussetzungen auch den sorge- und beistandspflichtigen nächsten Verwandten einen Ersatz zugebilligt und die Geltendmachung unter dem Titel Heilungskosten unmittelbar dem Geschädigten zuerkannt. Hingegen sei der Ersatz der Kosten des Besuchs der verheirateten, nicht sorgepflichtigen Tochter verneint worden. Da nunmehr § 137 Abs 2 ABGB allgemein normiere, dass Eltern und Kinder einander beizustehen haben, könnte eine Ausweitung des Personenkreises vertreten werden, deren Besuchskosten der Verletzte direkt geltend machen könne. Offensichtlich auf diesen Standpunkt stellte sich der Kläger, wobei er jedoch nicht nur die Kosten der Besuchsfahrten, sondern auch eine Abgeltung für den Zeitaufwand anspreche. Nach Ansicht des Berufungsgerichts lägen bei den geltend gemachten Beträgen typische Drittschäden vor, die geltend zu machen der Kläger auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage nicht legitimiert sei. Der Oberste Gerichtshof habe bereits in seiner Entscheidung SZ 35/32 für die Zuerkennung eines eigenen Schadenersatzanspruchs auf die gesetzliche Unterhaltspflicht abgestellt. Nur eine derartige Abstellung ermögliche eine rechtlich vertretbare Abgrenzung zum Drittschaden. Für den vorliegenden Fall bedeute dies aber, dass der Kläger aufgrund seiner Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehegattin jenen Ersatzanspruch geltend machen könne, der seiner Gattin bei den Besuchen erwachsen sei. Hiezu zählten die Fahrt- und Telefonspesen, sowie der Aufwand für Naturalien. Hier handle es sich um einen Schaden des unmittelbar Geschädigten. Dies gelte aber nicht für die erwachsenen und versorgten Kinder des Klägers. Ihr Aufwand sei sohin nicht ein Aufwand des Klägers und könne daher auch nicht von diesem geltend gemacht werden. Dies führe zur gesamten Abweisung jener Beträge, die an Besuchskosten der Kinder des Klägers geltend gemacht worden seien. An diesem Ergebnis ändere auch die Feststellung nichts, wonach die Besuche zweckmäßig und von den Ärzten gewünscht worden seien. Eine derartige Begründung müsste dazu führen, dass allen Personen, also auch Nichtverwandten, Ersatzansprüche zugebilligt werden, wenn ihr Erscheinen beim Verletzten vom medizinischen Standpunkt aus als günstig bewertet werde. Es liege auch auf der Hand, dass in der Regel bei kritischen Verletzungen oftmals ein Besuch den Heilungsverlauf begünstigen könne. Dadurch aber könnten derartige Aufwendungen noch nicht als „Heilungskosten“ iSd § 1325 ABGB qualifiziert werden.
Der Kläger führt in seiner Revision aus, die im § 137 Abs 2 ABGB (in Geltung seit 1. 1. 1978) festgelegte gegenseitige Beistandspflicht zwischen Eltern und Kindern rechtfertige den Zuspruch der Besuchskosten der Kinder an den Kläger. Ebenso hätte der Kläger Anspruch auf Ersatzes des Zeitaufwands seiner Gattin und seiner Kinder anlässlich der Besuche im Krankenhaus.
Hiezu ist Folgendes zu bemerken: Es trifft zu, dass der Oberste Gerichtshof in mehren Entscheidungen ausgesprochen hat, dass die durch den Besuch der sorge- und beistandspflichtigen nächsten Verwandten des Verletzten veranlassten Aufwendungen zu den Heilungskosten zu rechnen seien, deren Ersatz der Verletzte als unmittelbar Geschädigter fordern könnte. So wurde etwa der Anspruch des Verletzten auf Ersatz der Aufwendungen aus Anlass der Besuche seiner Ehegattin im Krankenhaus bejaht (vgl JBl 1958, 207, ZVR 1964/283, ZVR 1968, 83 ua). Hingegen wurde ein Anspruch des Verletzten auf Ersatz von Besuchskosten anderer Verwandter, etwa von Geschwistern (2 Ob 30, 31/80), der verheirateten, nicht sorgepflichtigen Tochter (ZVR 1973/38) und der Schwiegereltern (2 Ob 44/82) abgelehnt. Diesen Entscheidungen ist die Tendenz zu entnehmen, den Kreis derjenigen Verwandten, deren Besuchskosten der Verletzte selbst als Heilungskosten geltend machen kann, möglichst einzuschränken. Der Oberste Gerichtshof sieht sich aus diesem Grunde nicht veranlasst, zufolge der nunmehr geltenden Bestimmung des § 137 Abs 2 ABGB, wonach Eltern und Kinder einander beizustehen haben, dem Verletzten selbst einen Anspruch auf Ersatz des Aufwands von Krankenhausbesuchen ihm gegenüber nicht sorgepflichtiger volljähriger Kinder zuzuerkennen. Was den vom Kläger geltend gemachten Ersatz des Zeitaufwands seiner Gattin anlässlich ihrer Besuche im Krankenhaus anlangt, haben die Vorinstanzen einen solchen Anspruch zutreffend verneint. Die bloße Aufwendung von Zeit durch die Gattin des Klägers, um diesen im Krankenhaus zu besuchen, wodurch ihr nach den Feststellungen kein Verdienstentgang erwachsen ist, ist jedenfalls kein Schaden des Klägers, dessen Ersatz von ihm unter dem Titel von Heilungskosten verlangt werden kann (8 Ob 200/83).
3.) Ersatz von Pflegegebühren:
Der Kläger brachte vor, dass seiner Gattin für die Zeit vom 1. 12. bis 31. 12. 1982 von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse Pflegegebühren in Höhe von 37.532,60 S vorgeschrieben worden seien. Die Kasse lehne eine Verlängerung der Kostenbeteiligung ab, da es sich um einen Asylierungsfall handle und die Anstaltspflege nicht mehr durch die Notwendigkeit von einer ärztlichen Behandlung bedingt sei.
Die Beklagten bestritten ihre Zahlungspflicht für diesen Aufwand, da es an der Klagsseite gelegen wäre, den Kläger in ein Pflegeheim unterzubringen, wodurch geringere Kosten entstanden wären.
Das Erstgericht sprach den geforderten Betrag mit der Begründung zu, der Kläger sei bis zuletzt auf der Intensivstation gelegen, die Lebenserwartung sei einzig und allein von der ihm zukommenden Pflege abhängig. Da der Kläger in dieser Zwischenzeit entmündigt wurde, sei der Gattin des Klägers dieser Betrag offenbar in ihrer Eigenschaft als Kurator vom Krankenhaus Braunau vorgeschrieben worden. Der Zuspruch gründe sich auf § 1325 ABGB als Heilungskostenersatz.
Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts.
Die Beklagten bringen hiezu in ihrer Revision vor, die Gattin des Klägers wäre als sein Kurator verpflichtet gewesen, die Krankenhausrechnung zu beanstanden und zu rügen, dass sie allenfalls nicht rechtzeitig auf die Notwendigkeit der Pflege hingewiesen worden seien. Wenn man ihr die Möglichkeit nicht eingeräumt habe, den Kläger rechtzeitig aus dem Krankenhaus wegbringen zu lassen und in einem Pflegeheim unterzubringen, dann könnten diese Umstände nicht zu Lasten der Beklagten gehen, sondern des Krankenhauses. Da Heilungskosten nicht vorlägen - diese hätte ja die Gebietskrankenkasse zu tragen und wäre dann aufgrund der Legalzession forderungsberechtigt - könne den Beklagten der Ersatzbetrag nicht auferlegt werden.
Demgegenüber hat das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben, dass die unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts eindeutig auf die Notwendigkeit einer intensiven Pflege hinweisen. Die Lebenserwartung des Klägers sei einzig und allein von der ihm zukommenden Pflege abhängig gewesen. Berücksichtige man weiters, dass die Gattin des Klägers die Pflege zu Hause versucht habe, aber nach wenigen Stunden diesen Versuch aufgeben musste, so könne die weitere Behandlung des Klägers in der Intensivstation ihm nicht zum Nachteil gereichen. Es fehle auch jeder Hinweis, dass es möglich gewesen wäre, einen Pflegeplatz zu finden, der eine solche Pflege, wie sie der Kläger benötige, auch gewährleistet hätte. Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurde die Gattin des Klägers erst um die Weihnachtsfeiertage 1982 informiert, dass „in Zukunft“ von der Krankenversicherung die Kosten nicht mehr bezahlt würden. Da der Kläger selbst keine Dispositionen mehr treffen konnte und ihm ohne Zweifel das Schreiben der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 23. 11. 1982 nicht zur Kenntnis gebracht wurde, ist nicht zu erkennen, welche Maßnahmen die Gattin des Klägers nach den Weihnachtsfeiertagen 1982 treffen hätte können, um die jetzt von den Beklagten bestrittenen Auslagen für Dezember 1982 zu vermeiden. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht eine schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Gattin des Klägers als dessen gesetzliche Vertreterin verneint.
Es war daher beiden Revisionen ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO, wobei auf den jeweiligen Abwehrerfolg des Klägers und der Beklagten entsprechend Bedacht zu nehmen war.
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