European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0020OB00037.21M.0526.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger macht nach einem Unfall Schadenersatzansprüche geltend. Er erhob ein Leistungs- und ein Feststellungsbegehren.
[2] Das Erstgericht sprach in seiner als „Zwischenurteil“ bezeichneten Entscheidung aus, dass „der Anspruch des Klägers“ dem Grunde nach zu 75 % zu Recht bestehe.
[3] Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinn des Ausspruchs ab, dass das (näher umschriebene) „Zahlungsbegehren“ dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es führte in seiner Begründung aus, dass das Erstgericht in seiner Entscheidung erkennbar nur über das Zahlungsbegehren des Klägers abgesprochen und sich mit der Berechtigung des Feststellungsbegehrens – in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung – nicht auseinandergesetzt habe. Es bezeichnete die Entscheidung des Erstgerichts als „(richtig: Teil- und) Zwischenurteil“.
[4] In der Folge wies der Oberste Gerichtshof zu 2 Ob 35/19i die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Beklagten mangels erheblicher Rechtsfrage zurück, wobei er die Berufungsentscheidung als „Teilzwischenurteil“ bezeichnete.
[5] Im fortgesetzten Verfahren vor dem Erstgericht tat der nach Richterwechsel für die Rechtssache neu zuständige Erstrichter seine Rechtsansicht kund, dass das Feststellungsbegehren aus dem Verfahren ausgeschieden sei. Der Spruch des Erstgerichts im Zwischenurteil vom 31. 7. 2017 sei unvollständig geblieben, es liege ein Verstoß gegen § 404 Abs 1 ZPO vor. Der Kläger habe weder einen Ergänzungsantrag gestellt, noch habe er eine Mängelrüge erhoben.
[6] Daraufhin beantragte der Kläger beim Berufungsgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ergänzung des Berufungsurteils vom 28. 3. 2018 um den Ausspruch, dass bezüglich des Feststellungsbegehrens im fortgesetzten erstinstanzlichen Verfahren zu entscheiden sein werde.
[7] Das Berufungsgericht entschied nicht über diesen Antrag, sondern berichtigte von Amts wegen sein Urteil dahingehend, dass die im Kopf, Spruch und in den Entscheidungsgründen vorgenommene Bezeichnung des angefochtenen „Zwischenurteils“ des Erstgerichts nicht „(richtig: Teil- und) Zwischenurteil“, sondern „(richtig: Teil-)Zwischenurteil“ zu lauten habe und der Spruch des abgeänderten Teilzwischenurteils um den Ausspruch „Die Entscheidung über das Feststellungsbegehren bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“ ergänzt werde.
[8] Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs der Beklagten wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom heutigen Tag zurückgewiesen (2 Ob 38/21h).
[9] Dagegen wendet sich die neuerliche außerordentliche Revision der Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
[10] Die Revision ist unzulässig.
[11] 1. Nach der Rechtsprechung beginnen im Fall der Berichtigung eines Urteils nach § 419 ZPO die Rechtsmittelfristen neu zu laufen, wenn die Parteien erst durch die Berichtigung einer Entscheidung volle Klarheit über deren Inhalt erlangen (RS0041797 [T27]).
[12] Erfolgt etwa die Berichtigung in einem wesentlichen Punkt des Spruchs, damit dieser dem Klagebegehren entspricht, setzt das die Frist neuerlich in Lauf (RS0041797 [T23]). Ebenso wenn ein mehrgliedriger, aber in sich unschlüssiger Urteilsspruch in einem wesentlichen Punkt abgeändert wurde, ohne dass sich die Richtung der erforderlichen Korrektur aus den Entscheidungsgründen eindeutig ableiten hätte lassen (RS0041797 [T39]). Auch wenn aus der noch unberichtigten Urteilsausfertigung nicht erkennbar war, in welcher Höhe, ab welchem Zeitpunkt und aus welchem Betrag dem Kläger Zinsen gebühren, beginnt die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung der berichtigten Urteilsausfertigung (RS0041797 [T7]).
[13] 2. Kein neuer Fristenlauf setzt dagegen ein, wenn Rechtsmittelwerber auch ohne Berichtigung über den wirklichen Inhalt der Entscheidung nicht im Zweifel sein konnte (RS0041797 [T36, T49, T52]). Bestand schon vor der Berichtigung für beide Parteien Klarheit darüber, dass der Entscheidungswille des Erstgerichts auf den später berichtigten Inhalt gerichtet war, konnte mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses keine neue Berufungsfrist zu laufen beginnen (RS0041797 [T45]).
[14] So berührt die Berichtigung offenbarer, also sofort „ins Auge springender“ Unrichtigkeiten den eigentlichen Urteilsinhalt nicht, ändert am Umfang der eingetretenen Rechtskraft nichts und führt nicht zu einem Neubeginn des Laufs der Rechtsmittelfrist (RS0041797 [T38]). Ein neuer Fristenlauf kommt auch dann nicht zum Tragen, wenn die Berichtigung nur nebensächlicher Art war (RS0041797 [T19]).
[15] 3. Gleiches gilt für eine nach Eintritt der Rechtskraft vom Berufungsgericht amtswegig vorgenommene Urteilsberichtigung. Nur wenn sie im Umfang der vorgenommenen Änderungen für die Parteien nicht absehbar war, löst sie den Lauf einer neuen Rechtsmittelfrist aus (5 Ob 217/09m = RS0114097 [T1]).
[16] 4. Bei einem Teilzwischenurteil über den Grund des Anspruchs bedarf es nach der Rechtsprechung keines Entscheidungsvorbehalts bezüglich des noch offenen Feststellungsbegehrens. Der in den Spruch der Entscheidung aufgenommene Entscheidungsvorbehalt hinsichtlich des Feststellungsbegehrens entbehrt vielmehr einer gesetzlichen Grundlage, er hat nur deklarativen Charakter (2 Ob 49/09h = RS0125625). Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Beklagte erst durch den im Wege der „Berichtigung“ der Berufungsentscheidung beigefügten Entscheidungsvorbehalt volle Klarheit über deren Inhalt erlangte. Umso weniger gilt dies für die Richtigstellung der Bezeichnung des Urteils, die implizit schon in der Entscheidung 2 Ob 35/19i vorgenommen worden war.
[17] 5. Durch die Aufnahme eines deklarativen Ausspruchs in die Entscheidung wurde daher keine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt, weshalb die neuerlich erhobene außerordentliche Revision zurückzuweisen ist.
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