OGH 2Ob34/11f

OGH2Ob34/11f29.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef P*****, vertreten durch Mag. Georg Derntl, Rechtsanwalt in Perg, gegen die beklagte Partei Autohaus A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Günther Klepp ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen 12.557,75 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2010, GZ 6 R 206/10x-25, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 27. Juli 2010, GZ 64 Cg 82/09g-21, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 836,28 EUR (darin enthalten 139,38 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger kaufte beim geklagten Autohaus um 13.990 EUR einen am 6. 12. 2004 erstzugelassenen gebrauchten PKW, der ihm am 20. 7. 2009 übergeben wurde; er bezahlte den Kaufpreis.

Am 22. 7. 2009 fiel dem Kläger auf, dass der Wagen bis ca 50 bis 60 km/h normal beschleunigte, dann jedoch die Gasannahme abnahm, sodass das Fahrzeug nur sehr langsam beschleunigte. Noch am selben Tag suchte der Kläger die Werkstätte der Beklagten auf, ließ dort das Fahrzeug stehen und holte es am 29. 7. 2009 ab.

Bereits am 30. 7. 2009 trat der beschriebene Leistungsabfall des Motors erneut auf. Daraufhin ließ der Kläger den PKW nach Rücksprache mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu einem anderen Unternehmen überstellen. Dort wurde auf Kosten der Beklagten der Dieselfilter erneuert. Am 4. 8. 2009 erhielt der Kläger das Fahrzeug zurück.

Am nächsten Tag zeigten sich jedoch dieselben Fehlersymptome wieder. Nach Rücksprache des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beklagten wurde der PKW auf deren Kosten bei einem dritten Unternehmen, in das der Kläger großes Vertrauen setzte, begutachtet. Nachdem ihm dort mitgeteilt worden war, dass ein allenfalls durchgeführter Test nicht unbedingt ein verwertbares Ergebnis brächte, brachte der Kläger den PKW auf Wunsch des Geschäftsführers der Beklagten ein weiteres Mal zur Beklagten, wo diese die Einspritzventile austauschte. Es wurden die Zumesseinheiten (Ventile) der Hochdruckpumpe getauscht. Bei einer anschließenden Probefahrt von ca 400 km zeigte sich keinerlei Fehler. Am 17. 8. 2009 holte der Kläger das Fahrzeug wieder ab, wobei diesmal der beschriebene Leistungsabfall des Motors bis 9. 11. 2009 ausblieb.

Am 10. 11. 2009 brachte der Kläger das Fahrzeug aufgrund des wieder aufgetretenen identen Mangels erneut in die Werkstätte der Beklagten, wo die Abgasrückführung deaktiviert und der Krümmer gereinigt wurde, zumal der Geschäftsführer der Beklagten die Ursache des neuerlichen Leistungsabfalls darin vermutete.

Nachdem am Abend desselben Tages die Gasannahme wieder mangelhaft war, bot der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger an, das Fahrzeug gegen einen anderen PKW einzutauschen, da der Kläger den gekauften PKW nicht mehr haben wollte. Sie konnten sich jedoch nicht über einen Aufpreis einigen.

Der Kläger tankte fast ausschließlich Normaldiesel, vereinzelt aber auch Premiumdiesel. Der beschriebene Leistungsabfall des Motors verschwand meist nach einer kurzen Fahrzeit wieder. Der Fehler tritt nach wie vor in unregelmäßigen Abständen auf, seit Mitte April 2010 wieder häufiger.

Ob der fallweise plötzliche Leistungsverlust während des Beschleunigungsvorgangs zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs bzw bei Abschluss des Kaufvertrags bereits vorlag, kann nicht festgestellt werden. Der Leistungsabfall ab dem 9. 11. 2009 (richtig wohl: 10. 11. 2009) ist durch Verunreinigungen entstanden, wobei die Ursache der Verunreinigungen nicht festgestellt werden kann. Es ist möglich, dass die Verunreinigung im Zuge der Reparatur entstanden ist, von einer Verschmutzung des Treibstoffs herrührt oder durch schadhafte Ventile verursacht wurde.

Es handelt sich vorliegend um einen Fehler bei den Ventilen der Zumesseinheiten innerhalb der Hochdruckpumpe. Dieser Mangel ist behebbar, indem man beide Zumesseinheiten der Hochdruckpumpe austauscht und die Kraftstoffleitungen säubert. Dabei ist auf absolute Sauberkeit während der Reparatur zu achten, da bereits kleinere Verschmutzungen, welche mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, zu Problemen führen können. Eine derartige Reparatur würde etwa 1.123,35 EUR (Arbeitszeit und Originalersatzteile eingerechnet) kosten.

Durch die fehlende Gasannahme ist technisch die Verkehrs- und Betriebssicherheit gefährdet, da durch das plötzliche, unvorhersehbare Auftreten des Leistungsabfalls, wenn Motorleistung benötigt wird, gefährliche Betriebssituationen (zB beim Überholvorgang) entstehen können.

Der Kläger ist bisher rund 25.000 Kilometer mit dem Fahrzeug gefahren. Bis zum 5. 5. 2010 entspricht dies einem Nutzungswert von etwa 1.600 EUR.

Zum Kaufzeitpunkt war das Kfz 14.150 EUR (Händlerankaufspreis) bzw 16.000 EUR (Händlerverkaufswert) wert. Im Mai 2010 war das Fahrzeug 11.700 EUR (Händlerankaufpreis) bzw 13.300 EUR (Händlerverkaufswert) wert.

Die Beklagte bot dem Kläger unter anderem auch im Rahmen der Befundaufnahme am 18. 3. 2010 an, das Fahrzeug durch Austausch der Zumesseinheiten der Hochdruckpumpe und das Säubern der Kraftstoffleitungen zu reparieren.

Der Kläger begehrte zuletzt 12.557,75 EUR sA, hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Reparatur des Wagens durch Austausch der Zumesseinheiten der Hochdruckpumpe und Säuberung der Kraftstoffleitungen. Er brachte vor, nach den fehlgeschlagenen Verbesserungsversuchen sei ihm ein weiterer nicht mehr zumutbar; es stehe ihm die Wandlung des Kaufvertrags und daher die Rückzahlung des Kaufpreises (abzüglich eines Benützungsentgelts, zuzüglich An- und Ummeldekosten) zu.

Die Beklagte wandte ein, der Mangel einer zu geringen Motorleistung werde bestritten. Für den neuerlichen Mangel, der durch vom Kläger getankten verunreinigten Treibstoff hervorgerufen worden sei, sei sie nicht verantwortlich. Trotzdem sei die Beklagte reparaturbereit. Da überdies der Mangel behebbar sei, sei das Wandlungsbegehren unberechtigt. Für den Fall der Berechtigung des Klagebegehrens wurde die Zug-um-Zug-Einrede erhoben und eine Gegenforderung von 7.000 EUR als Nutzungsentgelt und für den Wertverlust eingewendet.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und gab dem Eventualbegehren statt. Es stellte den wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte rechtlich aus, das Wandlungsbegehren bestehe nicht zu Recht, weil unklar sei, wie es zur Verschmutzung der Motorteile gekommen sei. Es sei nicht klar, ob die durchgeführten Reparaturen fehlgeschlagen seien oder ob der Mangel mit der Reparatur im August 2009 beseitigt habe werden können und der Fehler aufgrund späterer Verunreinigungen „neu“ aufgetreten sei. Da der Mangel behebbar sei, bestehe auch „sonst“ kein Recht auf Wandlung. Das Eventualbegehren habe die Beklagte anerkannt.

Das nur vom Kläger angerufene Berufungsgericht beurteilte die Hauptklagsforderung als zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht bestehend und gab daher dem Hauptbegehren Zug um Zug gegen Rückgabe des PKWs statt. Nach § 924 Satz 2 ABGB werde bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass ein Mangel bereits im Zeitpunkt der Übergabe bestanden habe, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe hervorkomme. Dass die Ursache der Verunreinigungen, die zum Leistungsabfall ab dem 9. (richtig wohl: 10.) November 2009 geführt hätten, nicht feststellbar seien, gehe zu Lasten der Beklagten, da sie den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nicht habe erbringen können. Der Übernehmer könne schon beim Misslingen des ersten Verbesserungsversuchs den Sekundärbehelf (Preisminderung oder Wandlung) in Anspruch nehmen, ihm müsse keine „dritte Chance“ eingeräumt werden. Der Wandlungsanspruch bestehe selbst dann, wenn der Übergeber nach Scheitern des ersten Verbesserungsversuchs eine weitere Verbesserung anbiete und auch diese noch innerhalb der angemessenen Frist gelegen wäre. Das Wandlungsbegehren des Klägers bestehe daher zu Recht.

Das Berufungsgericht ließ nachträglich gemäß § 508 ZPO die Revision zu, weil die oberstgerichtliche Rechtsprechung zum Gewährleistungsrecht bei tatsächlichen Unklarheiten über die Ursache von nur zeitweilig auftretenden Störungen uneinheitlich sei (8 Ob 124/08f gegen 1 Ob 199/07g).

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Judikaturdivergenz, die von der Revisionswerberin bei den in RIS-Justiz RS0122926 und RS0124354 indizierten Entscheidungen und vom Berufungsgericht zwischen 1 Ob 199/07g und 8 Ob 124/08f geortet wird, ist hier nicht entscheidungsrelevant: Zwischen den beiden letztgenannten Entscheidungen besteht allenfalls darin ein Widerspruch, wen die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels an sich trifft. Mangelhaftigkeiten einer Sache, die Gegenstand einer Bearbeitung im Rahmen eines Werkvertrags war, müssen nicht unbedingt ihre Ursache in einer mangelhaften Werkleistung haben, weil der Mangel auch eine andere Ursache haben kann (vgl 8 Ob 124/08f; 4 Ob 157/09f).

Im vorliegenden Fall hingegen ist nicht zweifelhaft, dass der aufgetretene Fehler ein Mangel des gekauften Gebrauchtwagens ist. Davon ausgehend greift - wie das Berufungsgericht ausgeführt hat - die Vermutung der Mangelhaftigkeit schon im Übergabezeitpunkt gemäß § 924 Satz 2 ABGB ein. Diese Vermutung hat die Beklagte für den Übergabezeitpunkt nicht entkräftet.

Davon ausgehend stellt sich aber die in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung - soweit ersichtlich - nicht beantwortete erhebliche Rechtsfrage, wen bei einem Verbesserungsversuch des Übergebers einer mangelhaften Sache die Beweislast dafür trifft, ob diese Verbesserung erfolgreich war, wenn nachher wieder derselbe Mangel auftritt.

Dazu wurde erwogen:

Aufgrund der hier anzuwendenden Vermutung der Mangelhaftigkeit der Sache im Übergabezeitpunkt gemäß § 924 Satz 2 ABGB ist die Voraussetzung für einen Gewährleistungsanspruch an sich gegeben. Da der Mangel behebbar ist, besteht zunächst gemäß § 932 Abs 2 ABGB der Verbesserungsanspruch.

Um diesen Verbesserungsanspruch zum Erlöschen zu bringen, hätte die beklagte Übergeberin als anspruchsvernichtende Tatsache behaupten und beweisen müssen (RIS-Justiz RS0106638), dass sie den Mangel durch Verbesserung beseitigt hat. Eine Unsicherheit über die Ursachen des Leistungsabfalls hat sich nach den vorinstanzlichen Feststellungen (erst) für die Zeit nach dem vierten Verbesserungsversuch ergeben. Selbst danach wären zwei der drei möglichen Ursachen der Verschmutzung von der Beklagten zu vertreten (Verunreinigung im Zuge der Reparatur; schadhafte Ventile). Ihr ist somit der Beweis des Verbesserungserfolgs nicht gelungen.

Dass bereits nach dem ersten misslungenen Verbesserungsversuch die Wandlung begehrt werden kann, entspricht inzwischen gefestigter oberstgerichtlicher Rechtsprechung (7 Ob 194/05p; 7 Ob 239/05f; 6 Ob 143/07h).

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO.

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