Spruch:
Insofern ein Urteil auf Feststellung der Schadenersatzpflicht auch die Verpflichtung zum Ersatz künftig fällig werdender Rentenbeträge in sich begreift, unterliegen dann diese künftig (d h nach dem Feststellungsurteil) verfallenden Renten neuerlich der dreijährigen Verjährung
OGH 3. Dezember 1970, 2 Ob 316/70 (OLG Linz 5 R 70/70; KG Wels 2 Cg 425/68)
Text
Am 4. Juni 1961 stieß der von Friedrich H, dem Gatten der Klägerin, gelenkte und gehaltene PKW mit dem von Franz K gelenkten und von dessen Vater Karl K gehaltenen PKW zusammen. Hiebei wurden diese drei Personen getötet. Zu § Cg 175/64 (2 Cg 62/69) des Kreisgerichtes W begehrten die Klägerin und deren beide Kinder aus ihrer Ehe mit Friedrich H neben der Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für zukünftige Schäden aus diesem Unfall auch die Leistung eines Unterhaltsentganges im Sinne des § 1327 ABGB für die Zeit vom 1. Juli 1961 bis 31. Mai 1964 (25 Monate), wobei die Klägerin einen Betrag von 105.000 S (monatlich je 3000 S) geltend machte. Mit Urteil des Kreisgerichtes W vom 8. November 1966 wurde festgestellt, daß die beklagten Parteien zur Gänze und zur ungeteilten Hand für einen allfälligen künftigen Unterhaltsentgang der Klägerin und ihrer Kinder im Sinne des § 1327 ABGB haften. Dieses Feststellungsurteil wurde in zweiter und dritter Instanz bestätigt. Die Entscheidung des Revisionsgerichtes wurde den Parteien am 8. August 1967 zugestellt. Das Verfahren über die ebenfalls erhobenen Leistungsansprüche ist noch nicht beendet.
Mit der vorliegenden, am 28. Oktober 1968 überreichten Klage begehrte die Witwe nach Friedrich H den Ersatz des weiteren Unterhaltsentganges für die Zeit vom 1. Juni 1964 bis 31. Oktober 1968 in der Höhe von 159.000 S (monatlich je 3000 S).
Die Beklagten bestritten das Begehren dem Gründe und der Höhe nach und wendeten bezüglich der vor September 1965 fällig gewordenen Beträge Verjährung ein.
Das Erstgericht gab dem Begehren der Klägerin zur Gänze Folge.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und wies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Die Beklagten fechten diesen Aufhebungsbeschluß nur insoweit mit Rekurs an, als nicht ein Teil des Klagebegehrens in der Höhe von 45.000 S sofort wegen Verjährung abgewiesen wurde. Sie beantragen daher, den angefochtenen Beschluß im Umfang dieser Anfechtung aufzuheben und dem Berufungsgericht insoweit Sachentscheidung im Sinne der Klagsabweisung aufzutragen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, daß wegen des von der Klägerin erwirkten Feststellungsurteils die Verjährung aller im Zeitpunkte der Einbringung der Feststellungsklage noch nicht fälligen, also zukünftigen Ansprüche der Klägerin unterbrochen worden sei. Die Klägerin sei daher auch nicht verpflichtet gewesen, ihr seinerzeitiges Leistungsbegehren um die während des Rechtsstreites fällig gewordenen Ansprüche auszudehnen. Auch ein Feststellungsurteil habe die Wirkung, daß die Entschädigungsforderung der dreißigjährigen Verjährung unterliege. Es lasse sich nicht behaupten, daß dann für die Klage auf Leistung eines ziffernmäßigen Ersatzbetrages die dreijährige Verjährungsfrist gelte. Die neue Verjährungsfrist beginne mit der Zustellung des Feststellungsurteils; sie sei noch nicht abgelaufen.
Das Berufungsgericht billigte diese Erwägungen.
Die Rekurswerber weisen darauf hin, daß die Klage erst am 28. Oktober 1968 überreicht worden und demnach die begehrte Unterhaltsrente von monatlich 3000 S für die Monate Juni 1964 bis einschließlich August 1965, also für 15 Monate (das sind 45.000 S), verjährt sei.
Diese Ansicht ist nicht zutreffend.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach (2 Ob 15/64 = EvBl
1964/321; 2 Ob 8/66 = SZ 39/19) in Übereinstimmung mit der Lehre
(Klang[2] VI zu § 1497 ABGB, IV 654f; Ehrenzweig I/1[2], § 133, 322) ausgesprochen hat, wird durch die Einbringung einer Feststellungsklage neben einer Leistungsklage die Verjährung aller in diesem Zeitpunkte zukünftigen Schadenersatzansprüche unterbrochen, sodaß eine Klagsausdehnung unnötig ist. Allerdings unterliegt die durch das Feststellungsurteil ausgedrückte Judikatschuld selbst wieder der Verjährung, die mit der. Zustellung dieses Urteils zu laufen beginnt (Klang[2] VI zu § 1497 ABGB V 1, 658). Insofern ein Urteil auf Feststellung der Schadenersatzpflicht auch die Verpflichtung zum Ersatz künftig fällig werdender Rentenbeträge in sich begreift, unterliegen dann diese künftig (d h nach dem Feststellungsurteil) verfallenden Renten im Sinne des JME, RGBl Nr 105/1858, neuerlich der im § 1480 ABGB festgesetzten dreijährigen Verjährung (Klang[2] zu § 1479 ABGB, V 2, 609;
Ehrenzweig, I/1[2] § 131; im gleichen Sinne auch § 218 (Abs 2) BGB;
vgl Soergel - Siebert, BGB[10] zu § 218). Dies vermag aber dem Rekurs nicht zum Erfolg zu verhelfen, da das Feststellungserkenntnis den Parteien erst am 8. August 1967 zugestellt wurde, wogegen die Beklagten die Verjährung von Rentenansprüchen behaupten, die vor September 1965 fällig wurden.
Der Hinweis der Rekurswerber auf die Entscheidung SZ 13/30 u ä geht fehl, weil dort lediglich ausgesprochen wurde, daß das zuerkannte Recht auf einen Rentenbezug durch einen Nichtgebrauch von 30 Jahren, die Entschädigungsklage aber in drei Jahren verjähre und daß später die Feststellung des Schadens nicht mehr begehrt werden könne. Im vorliegenden Falle war aber die Feststellung der Schadenersatzpflicht der Beklagten rechtzeitig begehrt und dadurch die Verjährung unterbrochen worden.
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