Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird in den Punkten 1. und 3. sowie hinsichtlich der Kostenentscheidung bestätigt.
Im Übrigen wird die Entscheidung im Punkt 2. des Spruches dahin abgeändert, dass dieser Entscheidungsteil wie folgt zu lauten hat:
"2. Es wird festgestellt, dass die beklagten Parteien für alle Schäden und Nachteile, die dem Kläger als Folge des Verkehrsunfalles vom 24. 2. 1995 künftig entstehen, im Umfang von 2/3 haften, dies beschränkt mit dem auf die im Unfallszeitpunkt 24. 2. 1995 geltenden Haftungshöchstbeträge gemäß § 15 und 16 EKHG.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 23.985,12 (darin enthalten S 3.997,52 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 24. 2. 1995 kam es im Ortsgebiet von St. Pölten auf der Praterstraße bei Straßenkilometer 55 zu einem Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit seinem Mofa und der Erstbeklagte als Lenker eines LKW mit Anhänger beteiligt waren. Die zweitbeklagte Partei ist Haftpflichtversicherer des LKW.
Der Kläger begehrt von den beklagten Parteien zuletzt Zahlung von S 659.133,42 sowie die Feststellung deren Haftung für zukünftige unfallskausale Nachteile und Schäden. Den Erstbeklagten treffe das Alleinverschulden am Unfall. Der Kläger sei in nördlicher Richtung gefahren, der Erstbeklagte mit dem LKW dahinter; in der Folge habe er den Kläger überholen wollen und sei mit dem LKW gegen den Kläger gestoßen, der dadurch zu Sturz gekommen und vom LKW überrollt worden sei. Dabei sei der Kläger schwer verletzt worden. Das Verschulden des Erstbeklagten sei auch darin begründet, dass dieser ohne ausreichenden Sicherheitsabstand überholt habe, den Kläger dadurch zu einer Vollbremsung gezwungen habe, wodurch dieser an den Randstein geraten und von dort wieder zum LKW hingeschleudert worden sei. Der Erstbeklagte sei auch Halter des LKWs.
Die beklagten Parteien beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Dem Erstbeklagten könne am Zustandekommen des Unfalls weder ein Aufmerksamkeitsfehler noch die Einhaltung eines zu geringen Sicherheitsabstandes vorgeworfen werden. Der Kläger sei mit dem Mofa dem LKW zu knapp gefolgt und habe beim Einmündungstrichter der Kreuzung am beschleunigenden LKW vorschriftswidrig rechts vorbeifahren und sich dann wieder in der Praterstraße vor diesem einreihen wollen. Der Kläger habe die rechte Seitenwand des LKW-Zuges oder des Anhängers gestreift und sei dabei zu Sturz gekommen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es traf - nicht mehr revisionsgegenständliche - Feststellungen über die Unfallsfolgen, hielt aber fest, nicht feststellen zu können, ob der Kläger mit seinem Mofa vor dem LKW fuhr, die Erstbeklagte dann den Kläger überholen wollte und im Zuge eines solchen Manövers dem Kläger mit seinem Mofa niederstieß, oder ob der Kläger dem LKW-Zug nachfolgte, an diesem rechts vorbeifahren wollte und dabei gegen die rechte LKW-Seite stieß oder ob das Mofa zuerst rechts an den dortigen Bordstein geriet, zu Sturz kam und dann zur Kollision mit dem LKW gelangte. Es sei jedenfalls zwischen einer Berührung zwischen LKW und dem Mofa gekommen, als der Lenker 35 bis 38 km/h fuhr und das Mofa aus einer ursprünglichen Geschwindigkeit von 34 km/h abgebremst auf 15 bis 20 km/h Geschwindigkeit hatte. Wie der Kläger in die Kollisionsposition gelangte, sei nicht mehr feststellbar.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass unbewiesen geblieben sei, dass der Erstbeklagte dem Kläger mit so geringem Seitenabstand überholt habe, dass es im Zuge eines solchen Manövers zu einer Kollision gekommen sei. Mangels Beweises eines dem Erstbeklagten vorwerfbaren Fehlverhaltens sei die Klage abzuweisen.
Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht gab seiner Berufung teilweise Folge und verpflichtete die beklagten Parteien zur Zahlung von S 439.422,28 (Pkt 1), wies ein Mehrbegehren von S 219.711,14 sA (unbekämpft) ab (Pkt 3) und stellte die Haftung der beklagten Parteien, die zweitbeklagte Partei beschränkt mit der für den LKW zur Unfallszeit bestehenden Haftpflichtsumme für alle Schäden und Nachteile, die dem Kläger als Folge des Verkehrsunfalles vom 24. 2. 1995 künftig entstehen, im Umfang von zwei Dritteln fest (Pkt 2). Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes zum Unfallshergang und hielt ausdrücklich fest, dass die Haltereigenschaft des Erstbeklagten zum Unfallszeitpunkt nicht ausdrücklich bestritten worden sei. Nach den Ergebnissen des Strafaktes sei der Erstbeklagte Fahrzeugbesitzer gewesen, der Zulassungsschein auf ihn ausgestellt worden und von der zweitbeklagten Partei als Versicherungsnehmer bezeichnet worden. Bei diesem Sachverhalt genüge eine pauschale Bestreitung der Haltereigenschaft durch die beklagten Parteien nicht. Da sich die beiden beteiligten Fahrzeuglenker als Halter gegenüberstünden, seien ihre Ausgleichsansprüche im Sinne des § 11 EKHG zu beurteilen. Danach komme es für die gegenseitige Ersatzpflicht der Beteiligten darauf an, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Beteiligten verschuldet oder durch die außergewöhnliche Betriebsgefahr oder durch überwiegende gewöhnliche Betriebsgefahr verursacht worden sei. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes könne keinem der beteiligten Lenker ein Verschulden vorgeworfen werden. Es lägen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass vom LKW zum Unfallszeitpunkt eine außergewöhnliche Betriebsgefahr ausgegangen sei. Auch sei nicht erwiesen, dass vom Mofa des Klägers eine außergewöhnliche Betriebsgefahr ausgegangen sei. Danach sei bei der Schadensteilung von der gewöhnlichen Betriebsgefahr auszugehen. In Abwägung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr sei mit Rücksicht auf das Gewicht, die Länge und Breite, den erhöhten Raumbedarf und die wegen der Zuglänge erschwerten Möglichkeit der Verkehrsbeobachtung von einem Überwiegen der vom mit 35 bis 38 km/h fahrenden LKW-Zug ausgehende Betriebsgefahr von 2 : 1 gegenüber dem ursprünglich mit 34 km/h fahrenden Mofa auszugehen. Dem Kläger seien daher 2/3 des Schmerzengeldes und der weiteren Unfallskosten zuzusprechen. Die Revision sei nicht zuzulassen, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vorliege.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Parteien mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde, in eventu sie dahin abzuändern, dass die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien auf die im Unfallszeitpunkt geltenden Haftungshöchstbeträge gemäß §§ 15 und 16 EKHG beschränkt werde. Weiters wird hilfsweise ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger tritt in seiner Revisionsbeantwortung der Beschränkung der Haftung der beklagten Parteien auf die Haftungshöchstgrenzen der §§ 15 und 16 EKHG nicht entgegen und beantragt im Übrigen, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nur zum Teil berechtigt.
1. Zur Haftungsbeschränkung nach den Haftungshöchstgrenzen der §§ 15 und 16 EKHG:
Wie auch vom Kläger in seiner Revisionsbeantwortung zugestanden, ist im Falle einer Haftung nach dem EKHG die Beschränkung dieser Haftung auf die Höchstbeträge des EKHG bei einem Feststellungsbegehren von Amts wegen zu beachten (2 Ob 195/97h; Danzl EKHG6 § 15 E 10). Im Antrag des Halters und des Haftpflichtversicherers auf Abweisung des Klagebegehrens ist jedenfalls ein Antrag auf Einschränkung ihrer Haftung auf die Höchstbeträge gemäß § 15 zu sehen (ZVR 1992/70). Dieses offensichtliche Versehen des Breufungsgerichtes war daher im Sinne des Revisionsantrages richtigzustellen.
2. Zur Haltereigenschaft des Erstbeklagten:
Wie das Berufungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, wurde die bereits in der Klage ausdrücklich behauptete Haltereigenschaft des Erstbeklagten, dessen Haftung damit behauptet worden war, dass er Lenker und Halter des LKW-Zuges gewesen sei, von den beklagten Parteien nicht ausdrücklich bestritten. Vielmehr wurde vorgebracht, der Erstbeklagte sei mit seinem LKW-Zug gefahren. In der Vorgangsweise des Berufungsgerichtes, aus den Ergebnissen des in der mündlichen Streitverhandlung vom 11. 2. 1997 verlesenen Strafaktes festgehaltenen Ergebnissen, wonach der Erstbeklagte Fahrzeugbesitzer war und auch der Zulassungsschein auf ihn ausgestellt war, weshalb er auch mangels ausdrücklicher Bestreitung als Halter anzusehen war, kann daher die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht erblickt werden.
3. Zur Frage der Haftung nach dem EKHG:
Die Geltendmachung eines durch den Betrieb eines Kraftfahrzeuges verursachten Schadens wegen eines seinem Halter zuzurechnenden Verschuldens umfasst - bei Ausfall der Verschuldenshaftung - auch den Rechtsgrund der Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters (SZ 68/220; RS0029227). Abgesehen davon, dass die Haftung der beklagten Parteien nach dem EKHG (implizit) schon in der Klage geltend gemacht wurde, weil die Haltereigenschaft des Erstbeklagten betont wurde, ist in der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes als ein dem EKHG unterliegender Verkehrsunfall ein Rechtsirrtum nicht zu erblicken; einer ausdrücklichen Erörterung bedurfte es daher weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO. Die beklagten Parteien sind nur mit einem geringfügigen Teil ihres Revisionsbegehrens durchgedrungen und haben daher dem Kläger die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
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