Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rekursbeantwortungen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten sind gleich weiteren Verfahrenskosten zu behandeln.
Text
Begründung
Der Nebenintervenient ist Alleininhaber eines Fachgeschäftes für Sportartikel, Farben und Bodenverlegung in Völkermarkt. Im Rahmen einer ständigen Geschäftsverbindung lieferte ihm die beklagte Partei u. a. Spachtelmasse für die Bodenverlegung. Am 7. Mai 1986 lieferte der Zusteller der beklagten Partei, Wilfried L*** in Säcken abgefüllte Spachtelmasse zum Geschäft des Nebenintervenienten. Er belud eine Sackrodel mit 10 Säcken zu je 25 kg. Dadurch war die Sackrodel bis zum Ende der Tragholme voll belegt. Da Wilfried L*** ein kräftiger junger Mann ist, war ein Liefern von 10 Säcken Spachtelmasse mit einer Sackrodel unbedenklich, sofern die Lieferung auf einer ebenen Strecke und über Stufen erfolgt, die senkrecht genommen werden können und der Lieferweg nicht allzu lang ist. Die Sicht auf die Fahrbahn war durch die Ladung beschränkt, dadurch konnte es vor allem bei schwierigen Raumverhältnissen leicht zu einem Unfall kommen. Wilfried L*** fuhr, ohne gefragt zu haben, wohin die Spachtelmasse komme, durch die Geschäftseingangstür über zwei Stufen in den Geschäftsraum. Der Nebenintervenient erklärte Wilfried L***, die Spachtelmasse müsse auf der Rückseite des Gebäudes über die dort vorhandene Zufuhrtsrampe direkt in den Lagerraum zugestellt werden (auf diese Art war die Zustellung von Spachtelmasse durch die beklagte Partei früher immer erfolgt), worauf Wilfried L*** erwiderte, er sei jetzt schon da und mit der Sackrodel anstandslos über die beiden Stufen gefahren. Daraufhin zeigte der Nebenintervenient dem Wilfried L***, wie er vom Geschäftsraum mit der Sackrodel in den Lagerraum gelangen könne und ging zu diesem Zweck voraus. Die räumlichen Verhältnisse waren für das Befahren mit einer Sackrodel schwierig. Wilfried L*** fuhr dem Nebenintervenienten mit der beladenen Sackrodel nach und zwar vom Geschäftsraum über zwei Stufen in den ersten Vorraum, dann in den zweiten Vorraum und mußte dann über zwei weitere Stufen in den Lagerraum fahren. Nachdem er über die erste in den Lagerraum führende Stufe hinuntergefahren war, mußte er wegen der räumlichen Verhältnisse vor Befahren der zweiten Stufe eine Linkskurve machen. Dabei kippte die Sackrodel nach vorne. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war dies darauf zurückzuführen, daß das linke Rad der Sackrodel auf der ersten Stufe stand, das rechte aber über diese Stufe hinausragte, sodaß die Sackrodel (vom Fahrer aus gesehen) nach rechts kippte. Der Nebenintervenient, der vor der Sackrodel stand und zuschaute, griff, als die Sackrodel (von ihm aus gesehen) nach links kippte, instinktiv auf die Ladung, um sie aufzuhalten. Dabei wurde seine linke Hand gegen eine Stellage gedrückt, wodurch es zu einem Bruch der Elle kam. Die klagende Partei, bei der der Nebenintervenient krankenversichert ist, bezahlte auf Grund dieses Unfalles Krankenbehandlungskosten von S 2.025,40 und Krankengeld in der Höhe von S 62.719,68.
Die klagende Partei begehrt den Ersatz der erbrachten Leistungen von zusammen S 64.745,08 samt Zinsen und brachte vor, Wilfried L*** habe den Unfall verschuldet, die beklagte Partei hafte für ihren Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313 a ABGB. Die dem Nebenintervenienten zustehenden Schadenersatzansprüche seien gemäß § 190 GSVG im Rahmen der von ihr erbrachten Leistungen auf die klagende Partei übergegangen.
Die beklagte Partei wendete ein, nicht Wilfried L***, sondern der Nebenintervenient habe den Unfall verschuldet. Es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, für den die beklagte Partei nicht zu haften habe.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Das Berufungsgericht bestätigte den Zuspruch eines Teilbetrages von S 2.025,40 samt Zinsen mit Teilurteil, hob das Urteil des Erstgerichtes aber hinsichtlich eines Betrages von S 62.719,68 samt Zinsen unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Gericht zweiter Instanz verneinte das Vorliegen eines Arbeitsunfalles im Sinne der §§ 176 Abs. 1 Z 6, 333 ASVG, weil sich der Nebenintervenient beim Transportvorgang nicht den Anweisungen des Wilfried L*** unterworfen habe. Seine Mitwirkung habe sich - abgesehen vom unmaßgeblichen Vorausgehen - auf einen instinktiven Versuch, das Herabfallen der Säcke zu verhindern, beschränkt. Der Nebenintervenient sei in der Sphäre des eigenen Betriebes geblieben und nicht in den Betrieb der beklagten Partei eingegliedert gewesen. Auf die Haftungsbefreiung des § 333 ASVG könne sich die beklagte Partei somit nicht mit Erfolg berufen. Das Verhalten des Wilfried L*** sei für die Verletzung des Nebenintervenienten kausal, denn für dessen Handbewegung hätte keine Veranlassung bestanden, wäre die Sackrodel nicht aus dem Gleichgewicht geraten, was auf die Überladung zurückzuführen gewesen sei. Gehaftet werde allerdings nicht für einen atypischen Erfolg. Von einem solchen könne aber nicht gesprochen werden, weil die instinktive Handbewegung des Nebenintervenienten durch das auf der Überladung der Sackrodel beruhende drohende Herabfallen der Säcke herausgefordert worden sei. Der juristische Kausalzusammenhang sei daher zu bejahen. Wilfried L*** treffe auch ein Verschulden, das vor allem darin zu erblicken sei, daß die Sackrodel im Hinblick auf die beengten örtlichen Verhältnisse und die zu überwindenden Stufen überladen gewesen sei, was eine Ursache dafür dargestellt habe, daß L*** die beladene Rodel während der Linksdrehung auf den Stufen nicht im Gleichgewicht zu halten vermocht habe. Sache Wilfried L*** wäre es gewesen, vor Durchführung der Linksschwenkung einige Säcke abzuladen und damit das Gesamtgewicht der Ladung auf jenes Maß zu reduzieren, das es ihm ermöglicht hätte, während der Linksdrehung auf der zweiten Stufe die Herrschaft über das Transportgerät zu behalten. Darin, daß er dies unterlassen habe, liege sein Verschulden, zumal er als Zusteller allein habe wissen können und müssen, welche Last er unter den gegebenen Umständen noch bewältigen könne. Bei den Ausführungen, die Zustellung sei mit der Anlieferung zur Niederlassung des Nebenintervenienten beendet gewesen, alles weitere falle zwangsläufig in die Verantwortlichkeit des Nebenintervenienten selbst, handle es sich um unbeachtliche Neuerungen. Das instinktive Greifen auf die Ladung durch den Nebenintervenienten stelle kein Mitverschulden dar. Die beklagte Partei hafte daher gemäß § 1313 a ABGB. Ein Forderungsübergang auf die klagende Partei sei allerdings nur insoweit eingetreten, als den erbrachten Sozialleistungen der Art nach sowie zeitlich übereinstimmende Forderungen des Verletzten nach Schadenersatzrecht gegenüberstünden. Sachleistungen seien von vornherein zuzusprechen, weshalb der Zuspruch der Krankenbehandlungskosten als Teilurteil zu bestätigen gewesen sei. Für die Leistung von Krankengeld könne vom Sozialversicherungsträger aber nur Ersatz begehrt werden, wenn dieses im zeitlich kongruenten Verdienstentgangsanspruch des Verletzten Deckung finde. Da dies bisher nicht erörtert worden sei, habe das Ersturteil hinsichtlich des Krankengeldes aufgehoben werden müssen. Zum Rechtskraftvorbehalt führte das Berufungsgericht aus, die Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliege, sei eine solche nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO.
Die beklagte Partei bekämpft den Beschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs, macht als Anfechtungsgründe Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Die klagende Partei und der Nebenintervenient beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht zulässig.
Gemäß § 176 Abs 1 Z 6 ASVG sind den Arbeitsunfällen Unfälle bei einer betrieblichen Tätigkeit, wie sie sonst ein nach § 4 Versicherter ausübt, gleichgestellt. Nach ständiger Rechtsprechung ist hiefür erforderlich, daß der vom Unfall Betroffene in dem Betrieb wie ein Arbeitnehmer eingegliedert war (SZ 60/161 mwN). Das Vorliegen eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses ist dabei nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, daß der für das Unternehmen Tätige bereit ist, sich während seiner Tätigkeit den Anweisungen des Unternehmers oder des von ihm bestellten Aufsehers im Betrieb zu unterwerfen (SZ 52/66; RdA 1987, 447). Wenn zwei Unternehmer als Vertragskontrahenten einander gegenüberstehen, wird die Haftung des einen Unternehmers bei Verletzung des anderen Unternehmers nicht durch § 333 ASVG ausgeschlossen, wenn jeder der beiden Unternehmer innerhalb der Sphäre des eigenen Betriebes tätig bleibt und eine Eingliederung in den Betrieb des anderen nicht erfolgt. Der Haftungsausschluß kann aber dann eingreifen, wenn der dann Verletzte die Sphäre seines eigenen Lebensbereiches verläßt und sich dem Aufgabenbereich des anderen Unternehmers, wenn auch nur kurzfristig, einordnet (SZ 52/66; RdA 1987, 447; 4 Ob 621/88 ua). Daß es sich im Sinne dieser ständigen Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht um einen Arbeitsunfall handelte, kann nicht zweifelhaft sein. Der Nebenintervenient zeigte in seinen Betriebsräumlichkeiten dem Dienstnehmer der beklagten Partei lediglich, wo die bestellte Ware hinkommt und wie man dorthin gelangt. Der Nebenintervenient hat dabei die Sphäre seines Betriebes nicht verlassen, von einer Eingliederung in den Bereich der beklagten Partei kann keine Rede sein. Dies gilt auch für das Hingreifen auf die Säcke. Da dieses instinktiv erfolgte, hatte der Nebenintervenient nicht die Absicht, bei der Tätigkeit des Versicherungsnehmers der beklagten Partei mitzuwirken und dessen Anweisungen zu befolgen. Die Lösung dieser Rechtsfrage durch das Berufungsgericht entspricht somit der ständigen Rechtsprechung, weshalb es sich um keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 aF ZPO handelt.
Die beklagten Parteien sind - entgegen der in beiden Rekursbeantwortungen vertretenen Ansicht - bei Ausführung des Rekurses zwar nicht auf die vom Berufungsgericht zur Begründung des Rechtkraftvorbehaltes angeführten Gründe beschränkt, doch handelt es sich auch bei den im Rekurs weiters behandelten Fragen nicht um solche des § 502 Abs. 4 Z 1 aF ZPO. Die Lösung der Verschuldensfrage hat keine über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung, die Ausführungen, der Transport in das Lager sei von der Bestellung nicht umfaßt gewesen, sind unzulässige Neuerungen, worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat.
Da der Oberste Gerichtshof gemäß § 526 Abs. 2 aF ZPO an einen Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz nach § 519 Abs. 1 Z 3 aF ZPO nicht gebunden ist, war der Rekurs wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen zurückzuweisen (Fasching, Zivilprozeßrecht1, Rz 1982).
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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