Spruch:
Die Unterlassung der Geltendmachung des Dotierungsanspruches durch noch so lange Zeit während des Bestandes der Ehe beinhaltet grundsätzlich keinen Verzicht auf diesen Anspruch. Maßgebend bleiben auch bei nachträglicher Anspruchserhebung die Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Verehelichung.
Mit dem Tode des Vaters treten an Stelle des Dotierungsanspruches die erbrechtlichen Ansprüche.
Entscheidung vom 25. April 1952, 2 Ob 229/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.
Text
Die Antragstellerin, die am 15. Jänner 1921 geheiratet hatte, beantragte am 14. Dezember 1950 von ihrer Mutter, der Universalerbin ihres am 30. März 1950 verstorbenen Ehemannes, des Vaters der Antragstellerin, beim Außerstreitgericht Heiratsgut und Ausstattung.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß.
Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der Antragstellerin zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung.
Eine offenbare Gesetzwidrigkeit soll darin gelegen sein, daß trotz der gesetzlichen Bestimmungen dem Begehren der Antragstellerin nicht Folge gegeben wurde. Verfehlt sei die Auffassung des angefochtenen Beschlusses, daß durch Nichtgeltendmachung von erbrechtlichen und Pflichtteilsansprüchen zum Nachlaß des Vaters der Dotierungsanspruch der Antragstellerin verwirkt wurde, ebenso, daß mit dem Tode des Vaters die Dotierungspflicht erloschen sei und nicht auf die Erbin übergehe. Mit diesen Ausführungen der Rechtsmittelwerberin wird keine offenbare (auf der Hand liegende) Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung aufgezeigt. Die Dotationspflicht geht der Regel nach parallel der Alimentationspflicht. Sie obliegt daher zuerst dem ehelichen Vater; wenn dieser verstorben oder nicht imstande ist, der ehelichen Mutter. Ist auch diese nicht mehr vorhanden oder mittellos, sollen die väterlichen Großeltern und nach diesen die Großeltern von mütterlicher Seite herangezogen werden (Stubenrauch S. 519). Dotierungsverpflichtung und Dotationsanspruch sind höchst persönlicher Natur, daher geht weder jener auf die Erben der Aszendenten, noch dieser auf die Erben der Frau über. Anders, wenn das Heiratsgut zwar versprochen, aber bei Lebzeiten der Tochter nicht ausbezahlt worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob und in welchem Umfange die Dotationspflicht wirksam wird, ist die Verehelichung. Darin, daß die Bestellung des Heiratsgutes nicht gleich bei der Verehelichung gefordert wird, liegt noch kein Verzicht auf die Dotierung, auch ein Verzicht auf Erbrecht oder auf den Pflichtteil schließt laut geltendem Rechte nicht den Verzicht auf das Heiratsgut in sich, wie überhaupt die Unterlassung der Geltendmachung durch noch so lange Zeit während des Bestandes der Ehe noch kein Verzicht sein muß (GlUNF. 3849; Krasnopolski, Familienrecht S. 160; Lenhoff bei Klang, 1. Aufl., zu § 1220 ABGB., S. 587). Hat die Frau bei ihrer Verehelichung kein oder nur ein unzureichendes Heiratsgut erhalten, so kann sie jederzeit, also auch später, das Heiratsgut oder eine Ergänzung hiezu verlangen. Allerdings entscheiden auch für den erst nach der Verehelichung erhobenen Anspruch grundsätzlich die Vermögensverhältnisse im Zeitpunkte der Verehelichung.
Der angefochtene Beschluß nimmt im Gegensatze zum Erstgerichte keinen Verzicht auf den Dotationsanspruch an, wohl aber im Einklange mit der herrschenden Rechtsprechung und Lehre, daß mit dem Tode des Vaters der gegen ihn bestandene Dotationsanspruch erloschen und im Verhältnis zum Nachlaß des Vaters an Stelle des Dotationsanspruches der Tochter deren erbrechtliche Ansprüche im Sinne der §§ 729, 732 - 734, 762 und 795 ABGB. getreten sind (E. v. 20. Feber 1917, NotZ. 1917, S. 316). Die Antragstellerin hat ihr Begehren nicht auf eine vertragliche Zusage des verstorbenen Vaters, sondern auf das Gesetz gestützt und hat, wie der angefochtene Beschluß hervorhebt, die Antragsgegnerin als Erbin nach ihrem Vater in Anspruch genommen. Sie hat den Anspruch auch auf die Vermögenslage ihres Vaters und den Stand dessen Vermögens im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches abgestellt. Da bei Beurteilung der Frage, ob und gegen wen ein Dotationsanspruch zusteht, vom Zeitpunkt der Verehelichung auszugehen ist, aus dem ganzen bisherigen Vorbringen der Antragstellerin aber nicht hervorgeht, daß die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Verehelichung überhaupt über nennenswertes Vermögen oder ein größeres Vermögen als ihr verstorbener Mann verfügt hat, war die Abweisung des Begehrens der Antragstellerin begrundet. Auf ein Vermögen, das die Mutter der Antragstellerin erst nach Verehelichung der Tochter erworben hat, mag es auch vom dotationspflichtig gewesenen verstorbenen Mann herstammen, kann die Antragstellerin ihren Anspruch, ausgenommen den oben bereits erwähnten Fall der vertraglichen Zusage, nicht grunden.
Abschließend sei noch hinzugefügt, daß die von der Antragstellerin vorgenommene Unterscheidung zwischen Heiratsgut und Ausstattung abzulehnen ist. Das Gesetz unterscheidet im § 1231 ABGB. ganz richtig zwischen der Ausstattung, die die Eltern dem Bräutigam gewähren, und der Widerlage, zu der diese Ausstattung durch einen besonderen Vertrag möglicherweise verwendet wird. Hingegen nennt das Gesetz die elterliche Zuwendung an die Tochter (§ 1222 ABGB.) Heiratsgut, also gerade so wie die in den Ehepakten versprochene Leistung (§ 1218 ABGB.). Berechtigt ist die Unterscheidung zwischen Dotierung (Ausstattung, Voraushilfe) und Dosbestellung (Heiratsgut im engeren Sinne), weil Verträge, die nur die Dotierung (Ausstattung) betreffen und nur mit dem zu Dotierenden geschlossen werden, keine Ehepakten sind (Ehrenzweig, Familien- und Erbrecht 1937, S. 243, 141 ff.). Auf den vorliegenden Fall angewendet, besagt dies, daß die Antragstellerin nicht neben dem Heiratsgut noch eine Ausstattung fordern konnte und das, was bereits nach der eigenen Darstellung der Antragstellerin als Ausstattung geleistet wurde, von vornherein auf Heiratsgut abzurechnen war.
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