Spruch:
Zustellungen zu eigenen Handen an Behörden werden nicht durch Entgegennahme in der Einlaufstelle bewirkt. Es muß vielmehr an den Vorsteher der Behörde oder an den zur Empfangnahme berechtigten Vertreter zugestellt werden.
Entscheidung vom 30. Juni 1950, 2 Ob 224/50.
I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Das Erstgericht hat die Einwendungen der gekundigten Partei (Land Steiermark) als verspätet zurückgewiesen.
Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben und ihm aufgetragen, über die Einwendungen das gesetzmäßige Verfahren einzuleiten.
Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs der kundigenden Parteien nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die klagenden Parteien haben in ihrer Aufkündigung ausdrücklich den Landeshauptmann Josef Krainer, Graz, Landhaus, als Vertreter der gekundigten Partei Land Steiermark bezeichnet. Es gehen daher die Ausführungen ihres Revisionsrekurses ins Leere, soweit sie darauf hinauslaufen, daß die Aufkündigung auch an eine andere Person hätte zugestellt werden können, denn es wäre Sache der klagenden Parteien gewesen, diese Person dem Gerichte namhaft zu machen. Die Meinung des Revisionsrekurses aber, daß bei Behörden auch bei Zustellungen zu eigenen Handen im Sinne des § 106 ZPO. die Entgegennahme durch die Einlaufstelle genüge, ist nicht zutreffend. Der eine solche Zustellung zulassende § 105 ZPO. regelt eine Ersatzzustellung (arg. Überschrift über §§ 102 - 105 ZPO.) und gilt nicht für die Zustellung von Eigenhandstücken (Neumann, Kommentar, S. 658, 662). Diese müssen an den Vorsteher (gesetzlichen Vertreter) der Behörde oder an seinen zur Empfangnahme von Klagen ermächtigten Vertreter zugestellt werden (s. Anm. zu § 105 ZPO. bei Manz, große Ausgabe 1934).
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