OGH 2Ob217/01b

OGH2Ob217/01b7.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1.) Dr. Christoph R***** und 2.) Radojka R*****, beide vertreten durch Dr. Robert Schuler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die Gegnerin der gefährdeten Parteien Notburga S*****, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Erlassung einer Einstweiligen Verfügung (Streitwert EUR 10.900,93) über den Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 29. Juni 2001, GZ 4 R 372/01m-12, womit infolge Rekurses der Gegnerin der gefährdeten Parteien der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 18. April 2001, GZ 12 C 584/01h-2, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der gefährdeten Parteien wird Folge gegeben. Die angefochtene Einstweilige Verfügung, deren Absatz 1 unberührt bleibt, wird in Absatz 2 dahin abgeändert, dass dieser und die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens wie folgt zu lauten haben:

"Diese Einstweilige Verfügung wird bis zur rechtskräftigen Erledigung der von den Antragstellern einzubringenden Klage auf Geltendmachung der Ansprüche aus dem Kaufvertrag vom 11./14. 2. 2000 erlassen, wobei den Antragstellern zur Einbringung der Klage die Frist von 3 Monaten nach rechtskräftiger Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, über die zu 2000/02/0325 behängende Beschwerde gesetzt wird. Den Antragstellern wird aufgetragen, zum Ausgleich der der Antragsgegnerin durch diese Einstweilige Verfügung allenfalls drohenden Gefahren eine Sicherheitsleistung innerhalb der Monatsfrist des § 396 EO in der Höhe von EUR 30.000 beim Erstgericht zu erlegen. Die Antragsgegnerin hat ihre Rekurskosten endgültig, die Antragsteller haben die Kosten der Rekursbeantwortung hingegen vorläufig selbst zu tragen."

Die Antragsteller haben ihre Rekurskosten vorläufig, die Antragsgegnerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung hingegen endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die gefährdeten Parteien beantragten zur Sicherung ihres Anspruches aus einem Kaufvertrag vom 11./14. 2. 2000 die Erlassung einer Einstweiligen Verfügung, wonach der Gegnerin der gefährdeten Parteien verboten werde, 82/933 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ 295 GB 81131 Seefeld, mit denen Wohnungseigentum an W 4 untrennbar verbunden sei, zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden. Die Einstweilige Verfügung wolle bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die anhängigen Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofbeschwerden erlassen werden. Die gefährdeten Parteien hätten mit Kaufvertrag vom 11./14. 2. 2000 82/933 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ 295 GB 81103 Seefeld gekauft, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung top W 4 untrennbar verbunden sei. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 6. 4. 2000 sei der zweitgefährdeten Partei, die kroatische Staatsbürgerin sei, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt worden. Ihrer Berufung sei nicht Folge gegeben worden. Dagegen hätten die gefährdeten Parteien am 23. 11. 2000 eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und gleichzeitig eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde erhoben. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 16. 1. 2001 sei dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Folge gegeben worden. Die gefährdeten Parteien hätten am 23. 3. 2001 festgestellt, dass die Gegnerin der gefährdeten Partei versuche, die bereits verkaufte Eigentumswohnung wieder zu verkaufen. Sie habe zu diesem Zwecke eine Verkaufsannonce am Fenster der verkauften Wohnung angebracht. Es sei zu befürchten, dass die Gegnerin der gefährdeten Parteien die Wohnung an Dritte verkaufe, obwohl ein gültiger Kaufvertrag bestehe. Das Erstgericht erließ die beantragte Einstweilige Verfügung und sprach aus, dass diese bis zur rechtskräftigen Erledigung der von den gefährdeten Parteien einzubringenden Klage hinsichtlich der Ansprüche aus dem Kaufvertrag bewilligt werde, wobei zur Einbringung der Klage eine Frist bis 3 Monate nach rechtskräftiger Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die anhängigen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bzw des Verfassungsgerichtshofes über die behängende Verfassungsgerichtshofbeschwerde gesetzt werde. Es erachtete den Anspruch der gefährdeten Parteien ebenso wie die Gefährdung als bescheinigt. Auch ein betagter oder bedingter Anspruch rechtfertige eine Einstweilige Verfügung; insbesondere könne ein Anspruch auf Eigentumsübertragung trotz Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gesichert werden, wenn und solange ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei teilweise Folge. Es bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes insoweit, als es die Einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die anhängige Verfassungsgerichtshofbeschwerde für zulässig erachtete. Das Mehrbegehren, die Einstweilige Verfügung bis 3 Monate nach rechtskräftiger Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die anhängige Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu erlassen, wies es ab. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht erörterte, dass den Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukomme und es eines ausdrücklichen Antrages des Beschwerdeführers bedürfe, damit die Wirkungen des angefochtenen Bescheides während des anhängigen Verfahrens vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichts nicht einträten. Erst mit der die aufschiebende Wirkung zuerkennenden Entscheidung des Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshofes würden die Wirkungen des angefochtenen Bescheides aufgeschoben. Die Wirkung eines die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagenden Bescheides sei mit den zivilgerichtlichen Folgen ident; die rechtskräftige Entscheidung über die Frage der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung beende den Schwebezustand, der über die Wirksamkeit des Geschäftes bestanden habe. Dieser Schwebezustand werde durch eine Entscheidung eines Gerichtshofes des öffentlichen Rechts, womit der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt werde, wiederhergestellt. Soweit daher einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt werde, könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine Genehmigung der Veräußerung noch erfolgen werde, womit der auf Eigentumsübertragung gerichtete Anspruch der gefährdeten Parteien trotz (rechtskräftiger) Verweigerung der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde in diesem Fall hinreichend bescheinigt sei.

Hier sei der Anspruch insoweit bescheinigt, als der "Schwebezustand" für die Dauer des Verfassungsgerichtshofverfahrens wiederhergestellt worden sei. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof sei keine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erfolgt. Zwar sei durch den Obersten Gerichtshof ausgesprochen worden, dass ein Anspruch der gefährdeten Partei auf Eigentumsübertragung trotz Verweigerung der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde noch nicht endgültig vernichtet und daher sicherungsfähig sei, solange ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig sei (SZ 52/48 = EvBl 1979/176), doch werde diese Rechtsmeinung nicht geteilt. Ein Vertrag, der von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abhänge, befinde sich solange in einem Schwebezustand, als nicht rechtskräftig die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt oder versagt worden sei. Wenn die grundverkehrsbehördliche Genehmigung rechtskräftig versagt worden sei, sei der Schwebezustand beendet und es existiere kein Anspruch der gefährdeten Partei auf Übertragung des Eigentumsrechtes. Da den Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts von vornherein keine aufschiebende Wirkung zukomme und die im Verwaltungswege ergehenden Entscheidungen nach Beendigung des Instanzenzuges rechtskräftig seien, träten die Wirkungen des Bescheides (hier: Unwirksamkeit des einer Genehmigung unterliegenden Rechtsgeschäftes) ein, solange nicht einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt werde. Solange einer Beschwerde an einen Gerichtshof des öffentlichen Rechts keine aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, sei ein zu sichernder Anspruch auf Eigentumsübertragung nicht bescheinigt. Die Einstweilige Verfügung sei daher nur für die Dauer des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof zu erlassen gewesen. Im Übrigen bejahte das Rekursgericht auf Grund der erstgerichtlichen Feststellungen die Gefährdung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung. Auf Ausführungen im Rekurs über das Erfordernis einer Sicherheitsleistung ging das Rekursgericht im Hinblick auf den abändernden Teil seiner Entscheidung nicht ein.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil sich das Rekursgericht von der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entfernt habe. Die gefährdeten Parteien verweisen in ihrem Rechtsmittel auf die anhängige Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und beantragen die Erlassung der Einstweiligen Verfügung durch ein der Gegnerin der gefährdeten Partei aufzuerlegendes Veräußerungs- und Belastungsverbot bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bzw des Verwaltungsgerichtshofes über die anhängigen Verfassungsgerichtshof- und Verwaltungsgerichtshofbeschwerden, hilfsweise die Erlassung der Einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung, hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Gegnerin der gefährdeten Parteien beantragt, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Unstrittig unterliegt der vorliegende Kaufvertrag zumindest hinsichtlich der zweitgefährdeten Partei der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, obwohl dieser Umstand im Kaufvertrag (./C) nicht aufscheint. Nach ständiger Rechtsprechung dauert der durch die aufschiebende Bedingung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung hervorgerufene Schwebezustand so lange, bis die Grundverkehrsbehörde die Genehmigung erteilt oder versagt oder festgestellt hat, dass das Geschäft keiner Genehmigung bedarf. Nach dem vorliegenden Sachverhalt wurde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung sowohl in erster Instanz durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als auch in zweiter Instanz durch die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vor Antragstellung auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung versagt.

Die gefährdeten Parteien haben dagegen Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Bei Beschlussfassung des Erstgerichtes war über den von den gefährdeten Parteien gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch nicht entschieden.

Der gegen einen Verwaltungsakt erhobenen Beschwerde an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt gemäß § 30 Abs 1 VwGG bzw § 85 Abs 1 VfGG keine aufschiebende Wirkung zu. Gemäß § 30 Abs 2 VwGG und § 85 Abs 2 VfGG kann aber der Verwaltungsgerichtshof oder der Verfassungsgerichtshof einer an ihn gerichteten Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat zur Folge, dass der vor dem Gerichtshof angefochtene Bescheid vorläufig keine Rechtswirkung hervorzurufen vermag. Es haben daher alle Maßnahmen zu unterbleiben, die der Verwirklichung des Bescheides im weiteren Sinne dienen. Alle Behörden und daher auch die Gerichte haben diesen vorläufigen Nichteintritt der jeweils mit dem Bescheid verbundenen Rechtswirkungen zu beachten (Jakusch in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung Rz 42 zu § 42).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Anspruch der gefährdeten Partei auf Eigentumsübertragung trotz Verweigerung der Genehmigung seitens der Grundverkehrsbehörde noch nicht endgültig vernichtet und sicherungsfähig ist, solange ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig ist (SZ 52/48 = EvBl 1979/176), vgl SZ 38/58; SZ 28/204). Dieser Entscheidung lag aber zu Grunde, dass dort ein Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht gestellt wurde. Dennoch hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass dennoch eine Genehmigung der Veräußerung erfolge. Die Möglichkeit der Wiederherstellung der Rechtswirksamkeit des Rechtserwerbs der gefährdeten Partei könne einer Bedingung gleichgehalten werden; ein bedingter Anspruch sei sicherungsfähig. Allerdings erachtete der Oberste Gerichtshof den Anspruch mangels eines Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Hinblick auf die Verweigerung der Genehmigung nicht für voll bescheinigt und legte der dortigen Antragstellerin eine Sicherheitsleistung gemäß § 390 Abs 1 EO auf. Diese Meinung wird auch in der Literatur vertreten (Heller/Berger/Stix 2696; Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung 179 f; Zechner Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung Rz 6 zu § 378). Auch der erkennende Senat teilt diese Ansicht. Soweit daher das Rekursgericht die Meinung vertritt, der "Schwebezustand des genehmigungspflichtigen Geschäftes sei infolge rechtskräftiger Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung beendet und könne erst nach Bewilligung der aufschiebenden Wirkung wieder eintreten, ist dem entgegenzuhalten, dass jedenfalls vor rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof von einer endgültigen Beseitigung des Anspruchs nicht gesprochen werden. kann. Durch eine (kassatorische) Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes würde aber das grundverkehrsbehördliche Genehmigungsverfahren neuerlich in Gang gesetzt und der "Schwebezustand" wieder hergestellt werden. Allerdings ist der Anspruch auf Eigentumsübertragung zufolge der Verweigerung der Genehmigung des Kaufvertrages durch die Grundverkehrsbehörde und mangels einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über den Antrag der gefährdeten Parteien, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht voll bescheinigt, weshalb den gefährdeten Parteien der Erlag einer Sicherheitsleistung gemäß § 390 Abs 1 EO aufzutragen war. Für die Höhe der Sicherheitsleistung ist die Erwägung maßgebend, dass der Antragsgegnerin durch die Verzögerung der anderweitigen Verwertung der Kaufliegenschaft ein Schaden entstehen könnte.

Soweit in der Revisionsrekursbeantwortung auch moniert wird, dass die Vorinstanzen zu Unrecht eine Gefährdung angenommen hätten, ist der Antragsgegnerin entgegenzuhalten, dass sie die Entscheidung des Rekursgerichtes, in der die Gefährdung der Antragsteller bejaht wurde, unangefochten gelassen hat. Auf diese Ausführungen kann daher, weil nur ein Rechtsmittel der Antragsteller vorliegt, nicht eingegangen werden.

Von einer Befristung der Einstweiligen Verfügung nach Maßgabe einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes war abzusehen, weil der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde der Antragsteller mit Beschluss vom 14. 3. 2001, B 2148/00-13, abgelehnt hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich, soweit sie die Kosten des Rechtsmittelverfahrens der Antragsteller betrifft, auf § 393 EO, soweit sie die Kosten der Antragsgegnerin betrifft, auf §§ 78, 402 EO, 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte