Spruch:
Der Revisionsrekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit je EUR 1.503,54 (hierin enthalten EUR 250,59 USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger - bosnischer und US-amerikanischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Sarajevo (auch schon zum Zeitpunkt der Klageeinbringung) - begehrt mit der am 11. 2. 2002 beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage die Verurteilung beider beklagten Parteien (jeweils mit Sitz in Slowenien) zur ungeteilten Hand zur Zahlung von USD 16.862,47 sA und EUR 9.681,80 sA und brachte hiezu - zusammengefasst - vor:
Noch zu Zeiten des Bestehens des früheren Jugoslawien (vor Kriegsausbruch) habe er im April 1992 mit der Erstbeklagten zwei Sparverträge abgeschlossen und bei ihrer Filiale in Sarajevo zwei Sparbücher eröffnet, wovon eines auf USD und das andere auf DM gelautet habe; mitsamt den inzwischen angewachsenen Zinsen ergebe sich der nunmehrige Klagebetrag. Nach ihrer Gründung im Jahre 1994 habe die nunmehrige Republik Slowenien ein Verfassungsgesetz verabschiedet, mit dem die zweitbeklagte Partei durch Abspaltung von der Erstbeklagten gegründet worden sei sowie sämtliches Aktivvermögen von slowenischen Sparern und Nichtdevisenverbindlichkeiten gegenüber Ausländern (wie dem Kläger), nicht jedoch Devisenverbindlichkeiten gegenüber solchen auf die zweitbeklagte Partei übertragen worden seien.
Zur (inländischen und örtlichen) Zuständigkeit des angerufenen Erstgerichtes führte der Kläger - ebenfalls zusammengefasst und soweit für den vorliegenden Revisionsrekurs noch von Bedeutung - aus, dass die Zweitbeklagte in Österreich, ua bei der A***** Bank AG in Wien, über Geschäftskonten mit Beträgen von mehr als EUR 20.000,-- verfüge; außerdem sei sie Stammaktionärin der genannten Bank und mit Aktien im Nominale von S 26,400.000,-- (ds 28,67 %) am Stammkapital dieser Gesellschaft beteiligt, wobei der Wert der Aktien zumindest das Nominale übersteige und diese Vermögenswerte ursprünglich der Erstbeklagten zugestanden seien. Dieses Vermögen stehe beiden Beklagten gemeinsam zu, "weil dies die sachgerechteste und dem ordre-public gerade noch entsprechende Umsetzung des slowenischen Verfassungsgesetzes" sei. Eine Wiedergabe der weiteren zur Zuständigkeit vorgetragenen Argumente (Solidarhaftung zufolge ordre-public-widriger und MRK-widriger eigentumsverletzender Enteignung bzw Begebung von Aktivvermögen ins Ausland zu Lasten von Gläubigern (mit daraus abgeleiteter Begründung des inländischen Gerichtsstandes auch nach § 55 Abs 1 Z 2 JN iVm § 11 Z 1 ZPO) ist entbehrlich, weil der Kläger darauf im verfahrensgegenständlichen Revisionsrekurs nicht mehr zurückkommt.
Beide beklagten Parteien wendeten die internationale und örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Erstgerichtes ein, beantragten überdies die Auferlegung von aktorischen Kautionen (in unterschiedlicher Höhe) und bestritten im Übrigen das Klagebegehren.
Das Erstgericht, welches seine Verhandlung zunächst auf die Frage der Auferlegung einer aktorischen Kaution und sodann über die inländische Gerichtsbarkeit einschränkte, wies mit Beschluss die Anträge auf Erlag einer Sicherheitsleistung für Prozesskosten (rechtskräftig) ab und sprach weiters aus, dass das Handelsgericht Wien nicht zuständig sei und die Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit zurückgewiesen werde. Es stellte fest, dass die von der Zweitbeklagten gehaltenen, zum Bezug von 34.148 Stück Namensaktien zu je EUR 72,67 berechtigenden Zwischenscheine der A***** Bank AG im Tresor der Zweitbeklagten in Laibach, Slowenien, aufbewahrt werden und auch schon zum Zeitpunkt der Klageeinbringung aufbewahrt wurden, und dass diese Zwischenscheine der A***** Bank AG zur Umschreibung auf Namensaktien noch nicht vorgelegt wurden. Dass die beklagten Parteien sonstige Vermögenswerte in Österreich haben, kann nicht festgestellt werden, insbesondere, ob und in welcher Höhe die Zweitbeklagte Guthaben bei österreichischen Banken hält bzw zu welchem Zeitpunkt gehalten hätte.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht - zur allein bekämpften Frage der inländischen Gerichtsbarkeit -, dass die Voraussetzungen für einen Vermögensgerichtsstand nach § 99 JN nicht erfüllt seien, weil die Kapitalbeteiligung an einer Aktiengesellschaft am Sitz derselben diesen Gerichtsstand nicht begründe. Die österreichische Rechtsordnung kenne nicht das Institut einer internationalen "All- bzw Globalzuständigkeit". Auch ein möglicher Anspruch auf Gewinnausschüttung stelle kein Vermögen im Sinne des § 99 JN dar.
Das Rekursgericht gab dem von der klagenden Partei erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es verwarf die erhobenen Mängel- und Beweisrügen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass die von der zweitbeklagten Partei in Form von Zwischenscheinen an der A***** Bank AG gehaltenen Namensaktien kraft Gesetzes gemäß § 61 Abs 2 AktG durch Indossament übertragbare Orderpapiere seien, sodass (nur) der Ort, an dem sich das Wertpapier befinde, zur Begründung des Gerichtsstandes des Vermögens maßgebend sei. Hiefür gebe es auch keine exekutionsrechtliche Sonderzuständigkeit. Für die behaupteten Korrespondenzbankkontoguthaben mangle es an einem ausreichenden und schlüssigen Vorbringen des Klägers, ebenso zur erweislichen Richtigkeit von aus (behaupteten) Gewinnansprüchen zustehenden Forderungen zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil - soweit ersichtlich - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, "ob die Kapitalbeteiligung von Ausländern an einer inländischen Aktiengesellschaft in Form von Namensaktien (Zwischenscheinen) ein Vermögen im Sinne des § 99 JN darstellt".
Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Gericht erster Instanz aufzutragen, in der Sache selbst zu verhandeln; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Beide beklagten Parteien haben Revisionsrekursbeantwortungen erstattet, in welchen beantragt wird, dem Rechtsmittel des Gegners den Erfolg zu versagen; die erstbeklagte Partei hat darüber hinaus (ausdrücklich) den Primärantrag gestellt, das Rechtsmittel (mangels erheblicher Rechtsfrage) als unzulässig zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes (§ 526 Abs 2 ZPO) nicht zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die im Zulassungsausspruch des Rekursgerichtes relevierte Frage in seiner dieselben beklagten Parteien betreffenden Entscheidung 9 Nc 109/02g (RIS-Justiz RS0117750) bereits beantwortet hat. Wenngleich der Oberste Gerichtshof dort von den Klägern zum Zwecke der Ordination eines örtlich zuständigen österreichischen Gerichtes gemäß § 28 JN angerufen worden war, so haben die dortigen Kläger doch die gleichen Argumente zur Stützung ihres Standpunktes eines inländischen Gerichtsstandes vorgebracht. Im vorliegenden Revisionsrekurs werden hiebei ausschließlich nur mehr Argumente im Zusammenhang mit § 99 Abs 1 JN (abgeleitet aus der Beteiligung der zweitbeklagten Partei an der A***** Bank AG) vorgetragen. Hinsichtlich der erstbeklagten Partei fehlen im Rechtsmittel hingegen jegliche Ausführungen, sodass es insoweit bereits deshalb an den Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO mangelt und die Zurückweisung zu erfolgen hat.
Zur allein revisionsrekursgegenständlichen Argumentation einer Begründung des Vermögensgerichtsstandes nach § 99 JN im Zusammenhalt mit den Beteiligungen der zweitbeklagten Partei an der genannten Bank wurde in der Entscheidung 9 Nc 109/02g folgendes ausgeführt:
"Wertpapiere, bei denen das Recht aus der Forderung mit dem Besitz des Wertpapiers verknüpft ist, fallen nicht unter § 99 Abs 2 JN, so zB alle Inhaber- und Orderpapiere sowie Namenspapiere mit Wertpapiercharakter. Sie sind wie alle anderen Vermögenswerte zu betrachten; nicht der Sitz oder Wohnsitz des aus dem Wertpapier Verpflichteten, sondern der Ort, an dem sich das Wertpapier befindet, ist für die Begründung des Gerichtsstandes oder Streitgegenstandes maßgebend (Matscher in Fasching I2 Rz 82 zu § 99 JN). Da Namensaktien kraft Gesetzes Orderpapiere sind und die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft sich unabhängig von der nur deklarativen Umschreibung im Aktienbuch vollzieht (Jabornegg in Schiemer/Jabornegg/Strasser AktG3 Rz 13 und 25 zu § 61), besteht keine Veranlassung, für Namensaktien von der vorgenannten Regelung (Maßgeblichkeit des Aufbewahrungsortes) abzuweichen."
Daran ist auch hier festzuhalten. Die Entscheidung des Rekursgerichtes steht damit in Einklang. Nach den maßgeblichen Feststellungen werden alle genannten Wertpapiere ausschließlich in Slowenien aufbewahrt und war dies auch schon im Zeitpunkt der Klageeinbringung so. Was ein Kläger zum Vorliegen des Vermögensgerichtsstandes zu behaupten hat, hat der Oberste Gerichtshof zuletzt zu 7 Ob 276/00i ausgeführt und darauf hingewiesen, dass dies konkret und schlüssig zu sein hat; eine - wie im Rechtsmittel behauptet - "einschränkende Interpretation" kann daraus nicht abgeleitet werden.
Damit ist auch der Revisionsrekurs in Ansehung der zweitbeklagten Partei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Beide Beklagten haben in ihren Rechtsmittelgegenschriften auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Die klagende Partei hat daher die Kosten der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Revisionsrekursbeantwortungen zu ersetzen.
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