OGH 2Ob2090/96h

OGH2Ob2090/96h9.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Peter Raits und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Heinz G*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Harald Humer, Rechtsanwalt in Eferding, wegen S 64.619 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 11. Dezember 1995, GZ 22 R 417/95-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Eferding vom 6. Juli 1995, GZ 2 C 1047/93x-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin enthalten S 811,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende GmbH, welche Aufbauten und Zusatzeinrichtungen für UNIMOG-Fahrzeuge herstellt, kaufte am 15.9.1993 beim beklagten Kaufmann ein näher beschriebenes Fahrzeug der Type UNIMOG, .... Kilometerstand 650 km, sonstige Ausrüstung laut Anbot-Blatt III (= Blg A) ... zum Preis von S 1,200.000 zuzüglich 20 % USt von S 240.000. Das Fahrzeug wurde ihr am 21.9.1993 geliefert. Mit Schreiben vom 1.10.1993 (Blg D) rügte die klagende Partei gegenüber dem Beklagten, daß die Ausstattung des Fahrzeuges UNIMOG zum Teil nicht in der angebotenen Ausführung geliefert worden sei, zum Teil aber zehn näher bezeichnete zugesagte Ausstattungspositionen nicht geliefert worden seien. Für diese (im Schreiben Blg D) mit insgesamt S 30.675 (ohne Mehrwertsteuer) veranschlagten Positionen und die notwendigen Nachrüstearbeiten jeweils zuzüglich Umsatzsteuer erhob die klagende Partei das - im Revisionsverfahren allein interessierende - Zahlungsbegehren aus dem Rechtsgrund der Gewährleistung/Preisminderung.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren wegen Verfristung der kaufmännischen Mängelrüge gemäß § 377 HGB ab. Dabei gingen sie von der Feststellung aus, daß vier der "fehlenden Positionen" von einem Laien, fünf weitere Positionen von Personen, die mit UNIMOG-Fahrzeugen vertraut sind, erkennbar seien, und daß lediglich das Fehlen des "Schlußquerträgers für erhöhte Anhängelast" für einen "Nicht-UNIMOG-Fachmann" nicht ganz leicht erkennbar sei. Die neun erkennbaren Mängel hätten entsprechend der unverzüglichen Prüfungs- und Rügepflicht dem Verkäufer sofort angezeigt werden können, sodaß diesbezüglich die Ware gemäß § 377 Abs 1 und Abs 2 erster Halbsatz HGB als genehmigt gelte. Während das Erstgericht das Fehlen des Schlußquerträgers als für einen Nicht-UNIMOG-Fachmann schwer feststellbar beurteilte, und als bei der Untersuchung nicht bzw nicht leicht erkennbaren Mangel offenbar der unverzüglichen Rügepflicht nach dessen Entdeckung im Sinne des § 377 Abs 3 HGB zuordnete, jedoch auch diesen Mangel als genehmigt erachtete, weil die klagende Partei ihrer Beweispflicht für die Rechtzeitigkeit dieser Rüge nicht entsprochen habe, sah das Gericht zweiter Instanz auch diesen Mangel als einen erkennbaren Mangel an: hätte nämlich die klagende Partei als Erzeugerin von Aufbauten und Zusatzeinrichtungen für UNIMOG-Fahrzeuge diesen Mangel nicht schon bei einer hausinternen Überprüfung feststellen können, so wäre sie auf Grund ihrer Verpflichtung zur sachgemäßen Untersuchung der Ware im Sinne der §§ 377, 378 HGB allenfalls zur Beiziehung eines Sachverständigen verpflichtet gewesen, der sodann diesen Mangel (ganz leicht) erkannt hätte. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil - mag es sich auch um einen Einzelfall handeln - der Bemessung der Rügefrist bei einem für einen Laien (hier einen Nicht-UNIMOG-Fachmann) nicht ganz leicht feststellbaren Mangel des Fehlens des Querträgers für erhöhte Anhängelast erhebliche Bedeutung zukomme.

Die gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist jedoch - im Sinne der zutreffenden Einwendung der beklagten Partei in der Revisionsbeantwortung und entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Gesetzeslage und die Rechtsprechungsgrundsätze zur kaufmännischen Rügepflicht im Sinne der §§ 377, 378 HGB richtig und vollständig dargelegt (für viele: 2 Ob 504/93 = HS 24.096 = BBl 1993, 335 = ecolex 1993, 737 mwH; Kramer in Straube, HGB I2, §§ 377, 378 Rz 28 ff mwN) und auch auf den vorliegenden Entscheidungssachverhalt (betreffend den für die Revisionszulassung allein interessierenden Mangel des Fehlens des Schlußquerträgers) in jedenfalls vertretbarer Weise angewandt. Wollte man den Feststellungen der Tatsacheninstanzen nicht ohnedies entnehmen, daß auch dieser Mangel einem Laien bei sorgfältiger Überprüfung der Ware erkennbar war (er war einem Nicht-UNIMOG-Fachmann nicht ganz leicht erkennbar), so war er jedenfalls für die klagende Partei als Fachunternehmen für UNIMOG-Aufbauten und -zusatzeinrichtungen, welches ja gerade das verfahrensgegenständliche UNIMOG-Fahrzeug nach ihren eigenen Vorstellungen und Sonderwünschen bestellte und kaufte, bei einer ihr zumutbaren und von ihr zu fordernden sofortigen Überprüfung erkennbar. Die Anwendung der Rügebestimmung für verborgene Mängel nach § 377 Abs 3 HGB kommt daher hier nicht in Betracht.

Da es sich beim vorliegenden Entscheidungssachverhalt, wie sowohl das Berufungsgericht als auch die klagende Partei selbst erkennen, um einen keineswegs für eine Vielzahl von vergleichbaren oder gleich zu beurteilenden "Rügepflichtfällen" richtungsweisenden Einzelfall handelt, der auch einer vertretbaren Lösung zugeführt wurde, und auch in der Revisionsausführung keine Rechtsfragen von der Qualifikation des § 502 Abs 1 ZPO dargestellt werden, liegen die Voraussetzungen zu einer Sachentscheidung nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO, zumal die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision hingewiesen und deren Zurückweisung beantragt hat.

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