Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und gemäß § 519 Abs 2 ZPO in der Sache selbst erkannt:
"Das Urteil des Erstgerichts wird wiederhergestellt."
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 2.263,36 (darin keine Barauslagen und S 205,76 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 4.219,20 (darin S 1.500 Barauslagen und S 247,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte den Zuspruch von S 20.300 s.A. Sie brachte im wesentlichen vor, sie habe am 18. Dezember 1987 um etwa 7 Uhr im Hof der Fleischhauerei M***-S*** gearbeitet. Die Ehefrau des Beklagten, Herta S***, haben den Jagdhund des Beklagten "laut schimpfend aus der Fleischbank verjagt". Der Hund habe durch die Hoftür in den Hof hinaus "die Flucht ergriffen". Dort habe der Hund die Klägerin in den linken Ellenbogen gebissen. Erst nach einiger Zeit hätten Arbeiter des Beklagten sie vom Hund befreien können. Die Ehefrau des Beklagten - dieser habe sich deren Verhalten anrechnen zu lassen - habe den Hund im Sinne des § 1320 ABGB angetrieben, gereizt bzw. zu verwahren vernachlässigt. Es sei nicht das erste Mal, daß der Hund des Beklagten jemanden gebissen habe. Die Klägerin habe sich bis zum 4. Jänner 1988 in Krankenstand befunden. Sie sei im Krankenhaus Kirchdorf/Krems ambulant versorgt worden. Wegen einer Medikamentenallergie habe sie keine schmerzstillenden Mittel zu sich nehmen können. Sie habe mehrere Wochen Schmerzen verspürt. Durch den Biß habe sie auch einen Schock erlitten, zeitweise leide sie unter Angstträumen. Durch die mehrmalige Behandlung im Krankenhaus Kirchdorf/Krems, Fahrten zu ihrem Rechtsvertreter und zum "Versicherungsvertreter" und "diverse Telefonate" seien ihr Spesen entstanden. Die Klägerin begehrt Schmerzengeld von S 20.000 und Spesen S 300, zusammen S 20.300 als Schadenersatz; der Beklagte sei für ihre Ersatzansprüche "verantwortlich". Der Hund gehöre zum "privaten Bereich" des Beklagten, es handle sich deshalb nicht um einen Arbeitsunfall. Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Er brachte im wesentlichen vor, der Hund habe die Klägerin zwar gebissen, als ihn seine Ehefrau "aus dem Geschäftslokal ... auswies". Seine Ehefrau habe aber den Hund weder angetrieben noch gereizt noch zu verwahren vernachlässigt. Der Hund sei "immer zu Hause", es sei nicht einzusehen, weshalb er gerade an diesem Tag hätte verwahrt werden sollen. Davon abgesehen liege ein Arbeitsunfall vor, weshalb "...
§ 333 ASVG zur Anwendung" komme. Es fehle der Klägerin somit an der Passivlegitimation. Wenn man davon ausgehe, daß Arbeitgeber die S*** OHG sei, dann sei der Beklagte "gesetzlicher Vertreter der OHG". Da "primär" hafte, wer den Hund "angetrieben usw. hat", liege mangelnde Passivlegitimation auch deshalb vor, da "gemäß § 1320 derjenige haftet, der den Hund angetrieben hat", dies sei nicht der Beklagte gewesen. Die Klageforderung wurde auch der Höhe nach bestritten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es von folgenden wesentlichen Feststellungen ausging:
Der Beklagte und seine Ehegattin Herta S*** sind die Gesellschafter der M*** & S*** OHG, Gasthof und Fleischhauerei. Die Klägerin war seit etwa 1 1/2 Jahren vor dem gegenständlichen Vorfall als Arbeitnehmerin im Gasthof der M*** & S*** OHG beschäftigt, und zwar als Küchenhilfe. Das Einstellungsgespräch führte die Ehefrau des Beklagten, Herta S***. Die Klägerin sah als Arbeitgeber sowohl den Beklagten als auch dessen Ehegattin an und erhielt von beiden Anweisungen betreffend ihre Arbeitstätigkeit. Da sie aber vorwiegend in der Küche des Gasthofes Arbeiten zu verrichten hatte, erhielt sie hiebei ihre Anweisungen von Herta S***. Am 18. Dezember 1987 gegen 7 Uhr wurde die Klägerin, die Arbeiten verrichtete und hiezu von der Küche durch den Gang in Richtung Hof ging, vom Deutschen Hannoveranerrüden des Beklagten gebissen. Dieser Hund (Schulterhöhe etwa 60 cm, Gewicht etwa 50 kg), den der Beklagte schon mehrere Jahre lang besaß, wurde bis zum Vorfall am 18. Dezember 1987 etwa dergestalt gehalten, daß er sich tagsüber im Zwinger, abends dann meist im Innenhof des Gasthauses bzw. der Fleischhauerei, der durch die umliegenden Gebäude abgeschlossen ist, befand. Der Hund, der keine Jagd- bzw. Hundeausbildung hatte, sondern dem der Beklagte selbst Gehorsam beigebracht hatte, wurde großteils bzw. im überwiegenden Ausmaß als Jagdhund und nur zum geringeren Teil auch als Wachhund verwendet. So ging der Beklagte vielleicht zwei- oder dreimal wöchentlich zur Jagd bzw. wurde er auch von anderen Personen zur Jagd beigezogen. Als Wachhund diente der Hund insbesondere Nachts, wenn er sich im Innenhof befand und so sich nähernde Personen durch Bellen anzeigte. Am 18. Dezember 1987 war der Hund von der Ehegattin des Beklagten, der zu dieser Zeit an einer anderen Stelle im Betrieb Arbeiten verrichtete, aus der Fleischbank davongejagt worden, worauf der Hund entlang dem Gang in Richtung Hof lief und die Klägerin in den linken Ellenbogen biß. Der Hund, der nunmehr im Zwinger gehalten wird, hat vor dem Vorfall mit der Klägerin schon eine Person gebissen und hiebei schwer verletzt. Auch andere Angestellte im Betrieb wurden durch den Hund leicht verletzt. Die Klägerin erlitt eine Bißwunde am linken Ellenbogen und es wurde im Krankenhaus Kirchdorf a.d. Krems eine Wundreinigung bzw. Tetanusimpfung durchgeführt. Schmerzstillende Medikamente bekam die Klägerin nicht, da sie an einer Allergie leidet. Nach der ambulanten Behandlung wurde ihr ein Verband angelegt. Der Ellenbogenbereich schwoll in der Folge an. Die Klägerin war etwa 14 Tage im Krankenstand und verspürte in dieser Zeit Schmerzen. Es traten auch zeitweise Schlafstörungen auf, da die Klägerin Angstträume hatte. Nach etwa 14 Tagen, als die Klägerin wieder zu arbeiten begann, verspürte sie nur mehr zeitweise auftretende Schmerzen. Die Klägerin trug in der ersten Zeit, als sie wieder zu arbeiten begann, noch einen Verband, der dann abgenommen wurde.
In der rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 175 ASVG, da nicht nur der zeitliche und örtliche, sondern auch der ursächliche Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung vorliege; die Klägerin sei durch den "im Betriebsgelände" gehaltenen Hund des Beklagten gebissen worden, so daß auch der ursächliche Zusammenhang vorliege. Gemäß § 333 ASVG bestehe eine Haftung "des Beklagten als Dienstgeber" nur bei vorsätzlicher Verursachung (Vorsatz des Beklagten nahm das Erstgericht offensichtlich nicht an). Die Forderung der Klägerin betreffe "Personenschaden", dem stünde § 333 ASVG entgegen.
Infolge Berufung der Klägerin hob das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichts unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht führte aus, die Klägerin sei Dienstnehmerin der M*** & S*** OHG, der Beklagte und seine Ehefrau Herta S*** seien Gesellschafter dieser OHG gewesen. Alle drei Personen seien im Zeitpunkt des Vorfalls betrieblich tätig gewesen, als der Hund des Beklagten, der die Verwahrung des Hundes vernachlässigt hatte (dies zumindest fahrlässig), die Klägerin biß, die dadurch verletzt worden sei. Eine vorsätzliche Verursachung der Beschädigung der Klägerin durch den Beklagten sei nicht anzunehmen. Das Haftungsprivileg des § 333 ASVG komme, von hier nicht in Betracht kommenden anderen Personen abgesehen, jener Person zustatten, die das Gesetz als Dienstgeber bezeichne; ein Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft sei ebenso wie die offene Handelsgesellschaft selbst (als Dienstgeber) haftungsprivilegiert. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen sei Dienstgeber der Klägerin die OHG, Halter des Hundes dagegen der Beklagte (dieser Gesellschafter der OHG) gewesen; letzteres allerdings nur dann ausschließlich, soweit nicht eine betriebliche Verwendung des Hundes durch die OHG selbst in Betracht gezogen werde. Wenn der Beklagte den Hund zu einem Zeitpunkt so einsetzte, daß dieser Wachdienste für die OHG versah, würde dies nach Ansicht des Berufungsgerichtes an der ausschließlichen Haltereigenschaft des Beklagten nichts ändern. Zur Verwendung als "Wachhund" sei im übrigen zu sagen, daß der bloße Umstand, daß ein in einem Innenhof eingeschlossener Hund sich nähernde Personen durch Bellen anzeige, für sich allein noch nicht zwingend eine betriebliche Verwendung bedeute. Zweck und konkrete Gestaltung dieser Haltung im Innenhof zur Nachtzeit wäre, sollte dies im weiteren Verfahren von Bedeutung sein, im einzelnen aufzuklären. Beispielsweise sei an die Möglichkeit zu denken, daß der Beklagte und Herta S*** auch ihre Wohnung im Gasthofgebäude haben und der Hund schon aus diesem Grund auch zur Nachtzeit dort verbleibe. Aufklärungsbedürftig wäre auch die Frage des Anzeigens sich nähernder Personen durch Verbellen. Gerade in einem Gasthofbetrieb herrsche häufig ein reges Kommen und Gehen und es könne nicht ohne weiteres angenommen werden, daß der Hund während der Nachtzeit den Betrieb des Gasthofs durch mehr oder weniger andauerndes Bellen begleitete. Nicht auszuschließen sei, daß der Beklagte den Aufenthalt des Hundes zur Nachtzeit im Innenhof im Rahmen der (nicht betriebsbezogenen) Tierhaltung als zweckmäßig wählte, zumal auf diese Weise der Hund vermehrte Bewegungsmöglichkeiten (im Vergleich zum Zwingeraufenthalt) hatte, und daß der Beklagte ein (möglicherweise nur) gelegentliches Bellen des Hundes etwa aus Anlaß ungewöhnlicher Geräusche, Gerüche oder optischer Effekte als willkommene, sich auf diese Weise von selbst ergebende Wachfunktion betrachtete, ohne daß dadurch der nichtbetriebliche Charakter der Hundehaltung für den Beklagten eine Veränderung erfahren hätte. Ein Indiz für die Betriebsbezogenheit des Hundes oder eine fehlende derartige Eigenschaft könnte auch sein, ob der Hund als Betriebsvermögen erfaßt gewesen und ob der Aufwand für den Hund (z.B. Fütterungskosten, Tierarzthonorare zumindest etwa für die erforderlichen regelmäßigen Impfungen, insbesondere gegen Tollwut, Zwingerkosten und dergleichen) zumindest zum Teil als Betriebsausgaben geltend gemacht worden sei. Nach der bisherigen Aktenlage sei zum Zeitpunkt des Vorfalls eine solche allfällige betriebliche Verwendung des Hundes jedenfalls nicht vorgelegen, weil der Vorfall sich nicht zur Nachtzeit ereignet habe und nach den erstgerichtlichen Feststellungen auch nicht gesagt werden könne, der Hund sei zu diesem Zeitpunkt als Wachhund für den Betrieb eingesetzt gewesen. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen sei vielmehr davon auszugehen, daß zum Zeitpunkt des Vorfalls als Halter des Hundes nur der Beklagte in Betracht gekommen und daß die Tierhaltung insoweit nicht betriebsbezogen gewesen sei, sondern vielmehr ausschließlich privaten Charakter gehabt habe.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erhebe sich aber die Frage, ob im Falle nicht betriebsbezogenen, sondern ausschließlich der Privatsphäre zuzuordnenden Verhaltens einer Person, der sonst das Haftungsprivileg des § 333 ASVG zugute kommen könnte, der Haftungsausschluß dieser Gesetzesstelle zum Tragen komme oder nicht. Werde die Anwendbarkeit des § 333 ASVG im vorliegenden Fall zufolge nicht dem Betriebsgeschehen zuzuordnenden Verhaltens des Dienstgebers oder einer diesem gleichgestellten Person verneint, dann hänge die Entscheidung von einer Rechtsansicht ab, die bisher mit den Parteien nicht erörtert wurde, so daß das Verfahren insoferne ergänzungsbedürftig sei. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß bei der festgestellten Sachlage der Beklagte den Haftungsausschluß im Sinne des § 333 ASVG nicht in Anspruch nehmen könne. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 175 ASVG, der von einer Person (nicht vorsätzlich) verursacht wurde, der das Haftungsprivileg des § 333 ASVG an sich zustatten kommen könne, besage noch nicht zwingend, daß die Haftung jedenfalls ausgeschlossen sei. Das Berufungsgericht vermeine, daß der Begtiff des Dienstgebers im Sinne des § 333 ASVG (dem Dienstgeber gleichzuhalten der Gesellschafter einer OHG) als des Verursachers eines Arbeitsunfalls dahin eingeschränkt zu verstehen sei, daß von Dienstgebereigenschaft in diesem Zusammenhang nur dann gesprochen werden könne, wenn die Verursachung auf die Funktion der verursachenden Person als Dienstgeber selbst zurückzuführen sei und nicht auf ein der Privatsphäre des Verursachers zuzurechnendes Handeln oder Unterlassen. Unumstritten erscheine nunmehr, daß im Falle des Aufsehers im Betrieb im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG die tatsächliche Funktion zur Unfallszeit, nicht die gewöhnliche Stellung im Betrieb maßgeblich sei. Dieser für den Fall des Aufsehers im Betrieb entwickelte Grundsatz lege jedoch die Frage nahe, wie weit im Falle eines Dienstgebers selbst (des Gesellschafters einer OHG) eine analoge Betrachtungsweise vertretbar sein könne. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 18. März 1960, 2 Ob 425/59 (JBl 1960, 497) habe den Haftungsausschluß des Dienstgebers bzw. des Aufsehers im Betrieb bejaht. Dem lag zugrunde, daß ein in einer Landwirtschaft gehaltener Hund eine als Dienstnehmer zu qualifizierende Person bei Vorliegen des Zusammenhanges im Sinne des § 175 ASVG gebissen hatte. Das vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall aufgeworfene Problem der Zurechnung des schädigenden Verhaltens zum Betriebsgeschehen (oder nicht) sei nicht Gegenstand dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gewesen. In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 8. März 1983, 2 Ob 209, 210/82 (SZ 56/34), sei der Standpunkt vertreten worden, daß eine Mehrzahl von Betrieben eines einzigen Dienstgebers im Falle einer Schädigung von Dienstnehmern eines Betriebes durch Vorgänge im anderen Betrieb am Haftungsprivileg des § 333 ASVG nichts ändere. Allerdings habe es sich in diesem Fall in beiden Betrieben jedenfalls um betriebliche Vorgänge, auch von der Seite des Dienstgebers her gesehen, gehandelt. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 20. Juni 1984, 8 Ob 3/84 (SZ 57/115), schließlich habe den Schadenersatzanspruch eines Schülers gegen die Republik Österreich zum Gegenstand gehabt, der im Rahmen der vom Bundesministerium für Unterricht veranstalteten Aktion "Österreichs Jugend lernt die Bundeshauptstadt kennen" durch einen umfallenden Heizkörper in der Schatzkammer der Wiener Hofburg (Eigentümerin Republik Österreich) verletzt worden war. Die Republik Österreich habe sich auf den Haftungsausschluß im Sinne des § 333 Abs 1 ASVG berufen, weil ihr die Eigenschaft des Dienstgebers aufgrund der Bestimmung des § 335 Abs 3 ASVG zukomme (Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgt). Der Oberste Gerichtshof habe die Rechtsansicht vertreten, der Umstand, daß die Beklagte (Republik Österreich) dem Kläger (Schüler) im vorliegenden Fall zufällig nicht nur als Schulerhalter, sondern auch als Eigentümer der Bundesmuseen, also einer Einrichtung, die im Rahmen einer Schulveranstaltung besucht wurde, gegenüberstehe, vermöge die Dienstgebergleichstellung im Sinne des § 335 Abs 3 ASVG nicht herbeizuführen, da sich der Unfall nicht im Rahmen des der Beklagten (Republik Österreich) als Schulerhalter obliegenden Aufgabenbereichs ereignete, sondern in jenem, der ihr als Eigentümer der Bundesmuseen oblag.
Das Berufungsgericht übersehe nicht, daß die Entscheidung SZ 57/115, soweit hier von Belang, nur die Auslegung des Begriffs "Träger der Einrichtung..." zum Gegenstand hatte und nicht die Auslegung des Begriffs "Dienstgeber" im Sinne des § 333 Abs 1 ASVG, und daß die Beziehung des Geschädigten zu (schadensverursachenden) unmittelbaren und mittelbaren Vertragspartnern der Schulverwaltung einer Regelung dahin unterliege, daß die Haftung dieser Vertragspartner durch § 333 ASVG nicht ausgeschlossen werde. Andererseits lasse diese Entscheidung aber nach Ansicht des Berufungsgerichts doch erkennen, daß eine Differenzierung dahin zulässig sei, ob es zu einem Unfall im Rahmen gerade des haftungsprivilegierenden Aufgabenbereichs oder (mit anderen Worten) Tätigkeitsbereichs des Schädigers gekommen sei, oder im Rahmen einer außerhalb des haftungsprivilegierenden Aufgabenbereichs (oder Tätigkeitsbereichs) entfalteten Tätigkeit. Auf den vorliegenden Fall abgestellt sei die Rechtsansicht zu gewinnen, daß ein der bloß privaten Sphäre eines Dienstgebers zuzuordnendes Tun oder Unterlassen diesem Dienstgeber, wenn er dadurch einen Arbeitsunfall im Sinne des § 175 ASVG verursache, die Berufung auf den Haftungsausschluß der §§ 333 ff. ASVG nicht erlaube, weil der Unfall sich dann nicht im Rahmen des dem Schadensverursachenden (als Dienstgeber) obliegenden Aufgabenbereichs ereignet habe. Da nach der bisherigen Aktenlage davon auszugehen sei, daß der Beklagte die mangelnde Verwahrung des Hundes als nur seiner Privatsphäre zuzurechnendes Unterlassen zu vertreten habe, bestehe die Klageforderung auch zumindest in Ansehung des Schmerzengeldes nach Auffassung des Berufungsgerichts dem Grunde nach zu Recht. Gegen den Beschluß des Berufungsgerichts wendet sich der Rekurs des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Klagsabweisung abzuändern.
Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (§§ 519 Abs 2, 502 Abs 4 Z 1 ZPO) und auch berechtigt. Der Beklagte wendet sich in seinem Rechtsmittel gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, daß eine Differenzierung dahin zulässig sei, ob es zu einem Unfall im Rahmen gerade des haftungsprivilegierenden Aufgabenbereichs oder Tätigkeitsbereichs des Schädigers gekommen sei, oder im Rahmen einer außerhalb des haftungsprivilegierenden Aufgabenbereichs entfallenden Tätigkeit. Die Auslegung der Bestimmung des § 333 ASVG durch das Berufungsgericht, wonach das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 175 ASVG, der von einer Person (nicht vorsätzlich) verursacht wurde, der das Haftungsprivileg des § 333 ASVG an sich zustatten kommen könne, noch nicht zwingend besage, daß die Haftung jedenfalls ausgeschlossen sei, widerspreche jedoch der klaren und ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Gemäß § 333 Abs 1 ASVG hänge die Schadenersatzpflicht des Dienstgebers (soweit er nicht Vorsatz zu vertreten hatte) ausschließlich davon ab, ob ein Arbeitsunfall im Sinne des § 175 ASVG vorliege. Da der Gesetzgeber eine bestimmte Voraussetzung für die Haftungsfreiheit aufgestellt habe, könne und dürfe bei einer gesetzestreuen Auslegung die an das Vorliegen dieser Voraussetzung geknüpfte Folge nicht negiert werden. Diesen Ausführungen kann im Ergebnis Berechtigung nicht abgesprochen werden.
Gemäß § 333 Abs 1 und 4 ASVG sind der Dienstgeber bzw. dessen Aufseher im Betrieb dem Versicherten zum Ersatz des Schadens, der diesem durch eine Verletzung am Körper infolge des Arbeitsunfalls entstanden ist, nur verpflichtet, wenn diese den Arbeitsunfall vorsätzlich verursacht haben. Damit werden alle sich aus einem Arbeitsunfall ergebenden Schadenersatzansprüche, soweit sie Personenschäden betreffen und sich gegen den Dienstgeber oder die ihm gleichgestellten Haftungspflichtigen richten, abschließend geregelt. Alle anderen Haftungsgründe, insbesondere solche nach dem ABGB, dem EKHG oder nach anderen Haftpflichtvorschriften sind ausgeschlossen. Gemäß § 175 ASVG ist ein Arbeitsunfall dann anzunehmen, wenn der Unfall in zeitlichem, örtlichem und ursächlichem Zusammenhang mit der versicherungspflichtigen Beschäftigung stand. Entscheidend ist die Tätigkeit des verletzten Arbeitnehmers und nicht etwa jene des Schädigers. Einschränkungen bei der Beurteilung der Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, kommen nur dann in Betracht, wenn der geschädigte Arbeitnehmer Handlungen vornimmt, die nicht mehr betrieblichen Zwecken dienen. Dem Arbeitnehmer sollen alle jene Nachteile vergütet werden, die ihm aus einer Betriebstätigkeit (im weiteren Sinn) erwachsen, ohne daß es auf die Zurechenbarkeit des Schadens ankommt. Der Unfall muß bei einer versicherten Tätigkeit des Geschädigten eintreten. Es kommt somit ausschließlich darauf an, ob der Unfall bei einer versicherten Tätigkeit des Geschädigten eintrat, nicht aber, ob auch der Schädiger eine dem Betriebszweck dienliche Tätigkeit ausübte und ob die Schädigung Folge einer "Betriebsgefahr" war (Arb. 9123 ua). Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, in dem im Rekursverfahren nicht mehr strittig ist, daß der Beklagte Dienstgeber der Klägerin war, die Klägerin bei einer versicherten Tätigkeit durch den Hund des Dienstgebers verletzt wurde und somit ein Arbeitsunfall im Sinn des § 175 Abs 1 ASVG vorlag, den der Dienstgeber nicht vorsätzlich verursacht hat, angewendet, kann aber dem Berufungsgericht nicht beigepflichtet werden, daß dem Beklagten das Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG nur dann zugute käme, wenn der Hund im Zeitpunkt der Verletzung der Klägerin "betrieblich verwendet wurde", nicht aber dann, wenn das Verhalten des Beklagten als Tierhalter seiner Privatsphäre zuzuordnen war. Wie oben dargelegt, kommt es hinsichtlich des Haftungsprivilegs nach § 333 Abs 1 ASVG eben nur darauf an, daß ein Arbeitsunfall des Verletzten im Sinne des § 175 ASVG vorliegt, nicht aber darauf, ob auch der Schädiger - hier der Dienstgeber - eine dem Betriebszweck dienende Tätigkeit ausübte.
Aus der Entscheidung SZ 57/115 kann für den Standpunkt des Berufungsgerichts nichts gewonnen werden, weil diese Entscheidung, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, nur die Auslegung des Begriffs "Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung erfolgte" im § 335 Abs 3 ASVG betraf, nicht aber jene des Dienstgeberbegriffs im Sinne des § 333 Abs 1 ASVG. Ebenso betrifft die E. SZ 56/34 einen ganz anders gelagerten Sachverhalt. Daß auf die versicherte Tätigkeit des Geschädigten abzustellen ist, ergibt sich schon daraus, daß die Zufügung eines Schadens nicht Zweck eines Dienstverhältnisses sein kann und dem Dienstnehmer bei Entstehung eines Körperschadens durch die Unfallversicherung alle jene Nachteile vergütet werden sollen, die ihm aus einer betrieblichen Tätigkeit erwachsen. Zutreffend hat das Erstgericht erkannt, daß dem Beklagten im vorliegenden Fall das Haftungsprivileg des § 333 Abs 1 ASVG zugute kommt und das Klagebegehren daher nicht zu Recht besteht. Dem Rekurs war daher Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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