OGH 2Ob2051/96y

OGH2Ob2051/96y25.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei *****bank AG, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Tautschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider den Gegner der gefährdeten Partei Dr.***** B*****, vertreten durch Dr.Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen einstweiliger Verfügung zur Sicherung einer Geldforderung von S 691.297,72, infolge Revisionsrekurses des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 19.Jänner 1996, GZ 11 R 234/95-64, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. November 1995, GZ 5 Cg 210/93a-56, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen; die gefährdete Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die gefährdete Partei begehrte mit ihrer am 8.4.1991 beim Erstgericht eingebrachten Klage vom Gegner der gefährdeten Partei die Zahlung von S 691.297,72 sA mit der Begründung, diesem einen Kredit in der Höhe von S 675.000 zugezählt zu haben. Unter Berücksichtigung von Zahlungen und offener Zinsen sei der Klagsbetrag offen. Mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 14.4.1994 sprach das Erstgericht aus, daß die eingeklagte Forderung dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Zur Sicherung ihrer eingeklagten Forderung beantragte die gefährdete Partei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch Verwahrung und Verwaltung der auf der Liegenschaft EZ 314 Grundbuch R***** befindlichen beweglichen körperlichen Sachen und durch Verwahrung und Verwaltung von beweglichen körperlichen Sachen des Antragsgegners einschließlich der Hinterlegung von Geld in dessen Gewahrsame in 1010 Wien, P*****gasse 6 bzw G*****gasse 8; weiters solle gegen den Antragsgegner das Verbot der Veräußerung und Verpfändung dieser beweglichen körperlichen Sachen mit der Wirkung erlassen werden, daß eine solche Verfügung ungültig sei.

Die gefährdete Partei brachte dazu vor, der Gegner der gefährdeten Partei habe am 27.3.1995, sohin fünf Tage nach Einlangen des das erstinstanzliche Zwischenurteil bestätigenden Berufungsurteiles mit seiner Ehegattin eine "Sicherungsvereinbarung" geschlossen, aufgrund derer in seinen Grundbüchern ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt worden sei. Am 29.8.1995 habe der Gegner der gefährdeten Partei aus laufenden Kreditverbindungen mit der C***** eine zusätzliche Pfandurkunde gezeichnet, die im Grundbuch ***** R***** EZ 314 einverleibt worden sei. Es sei anzunehmen, daß dieser Pfandbegründung keine neuerliche Kreditgewährung entsprochen habe. Am 12.10.1995 habe der Gegner der gefährdeten Partei eine Ranganmerkung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft EZ 314 KG ***** R***** erwirkt. Außer diesem Liegenschaftsbesitz und Anteilen an der Liegenschaft EZ 876 KG I***** habe der Gegner der gefährdeten Partei keine Liegenschaften. Er sei aus der Liste der Rechtsanwälte ausgeschieden und nicht mehr erwerbstätig; er verfüge über kein sonst leicht verwertbares Vermögen, welches zur Befriedigung der Forderung der gefährdeten Partei geeignet sei. Durch das Verhalten des Gegners der gefährdeten Partei sei die Hereinbringung der Geldforderung vereitelt oder erheblich erschwert.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, wobei es im wesentlichen von folgendem Sachverhalt ausging:

Die eingeklagte Forderung von S 691.297,72 besteht dem Grunde nach zu Recht. Der Beklagte ist zu 34/108 Anteilen Eigentümer der Liegenschaft EZ 876 GB I*****. Dieser Anteil ist mit Pfandrechten der C***** belastet: Pfandurkunde vom 7.7.1987 S 2,000.000; Pfandurkunde vom 29.3.1988 S 500.000; Pfandurkunde vom 10.8.1990 Höchstbetrag S 1,2 Mio; Pfandurkunde vom 7.10.1992 Höchstbetrag von S 1,2 Mio; Pfandurkunde vom 22.12.1986 Höchstbetrag S 1,000.000; Pfandurkunde vom 18.8.1993 S 1,050.000 zuzüglich Nebengebühren.

Aufgrund der Pfandurkunde vom 29.8.1985 wurde ein weiteres Pfandrecht über einen Höchstbetrag von S 3,6 Mio auf dieser Liegenschaft als Haupteinlage und auf der Liegenschaft EZ 314 GB R***** als Nebeneinlage einverleibt. Letztere Liegenschaft steht im Alleineigentum des Gegners der gefährdeten Partei. Einen weiteren Liegenschaftsbesitz hat er in Österreich nicht.

Sowohl hinsichtlich der Liegenschaft EZ 314 GB R***** als auch hinsichtlich des Anteiles des Gegners der gefährdeten Partei an der Liegenschaft EZ 876 GB I***** ist aufgrund der Sicherungsvereinbarung vom 27.3.1995 ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für Mag.Agnes B***** eingetragen. Überdies ist die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bis 11.10.1996 vorgemerkt.

Der Gegner der gefährdeten Partei ist aus der Liste der Rechtsanwälte ausgeschieden. Daß er über keine Einkünfte verfügt, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Desgleichen konnte es nicht feststellen, daß der Gegner der gefährdeten Partei über kein zur Befriedigung der Antragstellerin geeignetes Vermögen verfüge.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Vereinbarung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes und auch des Pfandrechtes stellten anfechtbare Rechtshandlungen dar. Aus der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung könne noch keine Gefährdung abgeleitet werden.

Das von der gefährdeten Partei angerufene Rekursgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahingehend ab, daß es der gefährdeten Partei zur Sicherung der eingeklagten Geldforderung von S 691.000 sA die Verwahrung und Verwaltung der auf der Liegenschaft EZ 314 GB 27158 R***** befindlichen beweglichen körperlichen Sachen (in und um das Haus R***** 88) bewilligte. Weiters wurde zum gleichen Zweck die Verwahrung und Verwaltung der beweglichen körperlichen Sachen des Gegners der gefährdeten Partei einschließlich der Hinterlegung von Geld in dessen Gewahrsame in 1010 Wien, P*****gasse 6 bzw 1010 Wien, G*****gasse 8, bewilligt. Das Mehrbegehren, das Verbot der Veräußerung und Verpfändung dieser beweglichen körperlichen Sache mit der Wirkung zu erlassen, daß eine solche Verfügung ungültig sei, wurde abgewiesen. Die einstweilige Verfügung wurde bis zur Rechtskraft des Leistungsurteiles erlassen.

Das Rekursgericht führte aus, daß die eingeklagte Geldforderung aufgrund der Verfahrensergebnisse, die zum Zwischenurteil führten, als bescheinigt anzusehen sei. Es bejahte auch das Vorliegen einer subjektiven Gefährdung; nicht nur die Anmerkung der Rangordnung für eine beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft, sondern auch das einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot ließen auf die konkrete Absicht des Gegners der gefährdeten Partei schließen, die Befriedigung des Gläubigers vereiteln oder zumindest erschweren zu wollen. Das einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot hindere jede Übertragung der Sache, auch eine solche durch Zwangsversteigerung oder durch konkursmäßige Versteigerung. Durch die im Grundbuch erwirkte Anmerkung der Rangordnung sei die beabsichtigte Veräußerung als bescheinigt anzusehen. Daß die vom Gegner der gefährdeten Partei vorgenommenen Rechtshandlungen auch anfechtbar seien, ändere nichts an der Tatsache, daß sie die Befriedigung der von der gefährdeten Partei geltend gemachten Forderungen gefährdeten. Eine allfällige Anfechtungsmöglichkeit der zur Vereitelung oder Erschwerung der Befriedigung vorgenommenen Rechtshandlungen vermöge die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung der Geldforderung nicht zu hindern, da das Erfordernis der Anfechtung eine erhebliche Erschwerung im Sinne des § 379 Abs 2 Z 1 EO darstelle.

Bei der zu sichernden Forderung handle es sich um einen beträchtlichen Betrag, so daß nicht gesagt werden könne, daß die eingeklagte Forderung aus sonstigen Einkünften oder aus sonstigem verwertbaren Vermögen des Gegners der gefährdeten Partei leicht befriedigt werden könne. Es könne für die Bescheinigung der Gefährdung nicht verlangt werden, daß der Antragsteller einen abschließenden Nachweis über das gesamte Vermögen des Antragsgegners erbringe. Es reiche aus, wenn durch die bescheinigten Handlungen die wesentlichen Vermögensgegenstände so betroffen seien, daß ohne die beantragte Verfügung eine Gefährdung der Hereinbringung bzw deren erhebliche Erschwerung wahrscheinlich sei.

Zur Sicherung von Geldforderungen könne gemäß § 379 Abs 3 Z 1 EO die Verwahrung und Verwaltung beweglicher körperlicher Sachen einschließlich der Hinterlegung von Geld angeordnet werden. Bei den beweglichen Sachen dürfe es sich allerdings nicht um Zubehör einer Liegenschaft handeln. Die genaue Bestimmung des zur Sicherung erforderlichen Umfanges könne aber im Vollzug erfolgen.

Die Erforderlichkeit darüber hinausgehender Verfügungen sei nicht bescheinigt worden.

Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil zur Frage der subjektiven Gefährdung auch eine andere Rechtsauffassung vertretbar sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß der Sicherungsantrag der gefährdeten Partei abgewiesen werde.

Die gefährdete Partei hat Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Gegners der gefährdeten Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Der Gegner der gefährdeten Partei vertritt in seinem Rechtsmittel die Ansicht, daß die Anmerkung einer Rangordnung für eine beabsichtigte Veräußerung nichts anderes bedeute, als die Beurkundung der Absicht, die Liegenschaft innerhalb des Geltungszeitraumes der Eintragung zu "realisieren". Jedenfalls lasse sich aus der Verbücherung dieser Absicht nicht die hohe Wahrscheinlichkeit der Vornahme von Vereitelungs- bzw Erschwerungshandlungen ableiten.

Wenn auch die Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes grundsätzlich eine Übertragung der Liegenschaft hindere, so habe das Rekursgericht nicht bedacht, daß der Wert der Liegenschaft die Forderung der gefährdeten Partei um mindestens das Zehnfache übersteige. Da dieser gesamte Deckungsfonds trotz einer beabsichtigten Realisierung jedenfalls mehr als ausreichend wäre, könne in der Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes eine konkrete subjektive Gefährdung nicht erblickt werden.

Unrichtig sei auch, daß das Erfordernis der Anfechtung eine erhebliche Erschwerung im Sinne ddes § 379 Abs 2 Z 1 EO darstelle. Wenn der Gesetzgeber im § 379 Abs 1 EO die Führung einer Exekution zur Sicherstellung nicht als eine erhebliche Erschwerung der Befriedigung dargestellt wissen wolle, müsse dies umso mehr für eine Verfolgung der Ansprüche der gefährdeten Partei mittels Anfechtung gelten.

Wenn auch nicht verlangt werden könne, daß der Antragsteller einen abschließenden Nachweis über das gesamte Vermögen des Antragsgegners erbringe, sei doch zu bedenken, daß der Gegner der gefährdeten Partei seit immerhin 30 Jahren als Rechtsanwalt erfolgreich tätig war und diese Tätigkeit es ihm ermöglicht habe, die zwei gegenständlichen Liegenschaften zu erwerben. Auch die Einstellung der Tätigkeit als Rechtsanwalt rechtfertige nicht die Annahme, daß der Antragsgegner keine sonstigen Einkünfte beziehe. Es sei daher nicht ausreichend, wenn die gefährdete Partei nur Handlungen bescheinige, die die wesentlichen bekannten Vermögensgegenstände betreffen; es hätte auch die sonstige Vermögenslosigkeit des Gegners der gefährdeten Partei bescheinigt werden müssen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Nach der neueren, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt es bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung im Sinne des § 381 EO auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an, wobei jedoch stets die Bescheinigung einer konkreten Gefahr gefordert wird; theoretische Gefährdung genügt nicht. Es müssen Umstände vorliegen, die ohne einstweilige Verfügung eine Beeinträchtigung des Anspruches oder des Anspruchsberechtigten als wahrscheinlich erscheinen lassen (SZ 42/135; SZ 49/11; SZ 64/103; 4 Ob 530/95; Heller/Berger/Stix, Komm z EO 2723). Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, welche diese Voraussetzungen begründen, liegt ausschließlich bei der gefährdeten Partei (MietSlg 30.862; 35.881; 4 Ob 569/91). In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof schon mehrmals eine Anspruchsgefährdung trotz Vorliegens von Ranganmerkungsbeschlüssen im Besitze des Gegners der gefährdeten Partei verneint (JBl 1970, 322; 2 Ob 604/84; 4 Ob 569/91). Die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft könnte daher für sich allein die beantragte einstweilige Verfügung nicht rechtfertigen. Allerdings ist das einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot dazu geeignet, eine Zwangsversteigerung zu verhindern (SZ 28/50; NZ 1980, 156; Spielbüchler in Rummel2, Rz 8 zu § 364 c). Das nach der Zustellung des klagsstattgebenden Zwischenurteiles des Erstgerichtes einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot hinsichtlich der einzigen Liegenschaften des Gegners der gefährdeten Partei ist daher an sich dazu geeignet, die Hereinbringung der als bescheinigt angenommenen Geldforderung der gefährdeten Partei zu vereiteln oder doch erheblich zu erschweren. Mit der im Revisionsrekurs aufgestellten Behauptung, der Wert der Liegenschaft EZ 314 GB R***** übersteige die Forderung der gefährdeten Partei um mindestens das Zehnfache, wird gegen das Neuerungsverbot verstoßen, welches auch dann gilt, wenn der Beschwerdeführer in erster Instanz nicht gehört wurde (ÖBl 1990, 32 = RZ 1990/26 = WBl 1989, 316).

Daß die gefährdete Partei auch die Möglichkeit hätte, die dem Gegner der gefährdeten Partei vorgeworfenen Rechtshandlungen im Wege einer Anfechtung zu beseitigen, ändert nichts daran, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 379 Abs 2 Z 1 EO eine einstweilige Verfügung zu erlassen ist. Eine solche wäre nur dann zu verweigern, wenn bereits Exekution zur Sicherstellung geführt werden könnte (§ 379 Abs 1 EO).

Wenn, wie im vorliegenden Fall, ein Verhalten des Gegners der gefährdeten Partei bescheinigt ist, das an sich geeignet ist, eine erhebliche Erschwerung der Exekutionsführung zu bewirken, ist es Sache des Antragsgegners, zu behaupten und zu bescheinigen, daß trotz dieses Verhaltens eine Vereitelung oder eine erhebliche Erschwerung der Vollstreckung aus besonderen Gründen nicht zu besorgen ist, etwa weil ausreichendes anderes Vermögen zur Befriedigung des Gläubigers vorhanden ist. Die Negativfeststellung des Erstgerichtes über ein zur Befriedigung der gefährdeten Partei geeignetes Vermögen geht daher zu Lasten des Gegners der gefährdeten Partei, so daß dessen Rechtsmittel ein Erfolg zu versagen war.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50 Abs 1, 52 ZPO, jene über die Kosten der gefährdeten Partei auf § 393 Abs 1 EO.

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