Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 399,74 (darin enthalten EUR 66,62 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger erlitt am 30. 7. 1994 einen Verkehrsunfall mit einem bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug. Er wurde aus diesem Grund erwerbsunfähig und bezieht seit 1. Juni 1996 eine Invaliditätspension samt Kinderzuschuss.
Die beklagte Partei bezahlte die Ersatzansprüche des Klägers aus dem Titel des Verdienstentgangs bis zum August 2000.
Der Kläger begehrt zuletzt die Zahlung von EUR 5.363,29 sA. Die beklagte Partei habe bis zum August 2000 sämtliche Ersatzansprüche des Klägers einschließlich Verdienstentgang dem Grunde und der Höhe nach anerkannt und gezahlt, sich dann aber auf den (unrichtigen) Standpunkt gestellt, bei den zur Invaliditätspension ausbezahlten Kinderzuschüssen handle es sich um einkommensverwandte Ersatzleistungen der Sozialversicherungsträger, die voll als Einkünfte anzusehen seien und den Verdienstentgangsanspruch des Klägers entsprechend minderten. Nach Ansicht des Klägers bildeten aber die von der Pensionsversicherungsanstalt ausbezahlten Kinderzuschüsse keinen Deckungsfonds des Legalzessionars und seien bei der Berechnung des von der Beklagten über die Invaliditätspension hinausgehenden zu bezahlenden Verdienstentgangsanspruchs nicht zu berücksichtigten.
Der Kläger forderte daher die in der Folge von der Beklagten wieder einbehaltenen Leistungen in Höhe des Kinderzuschusses bzw die danach nicht mehr ausbezahlten Leistungen bis Oktober 2002.
Die Beklagte wendete dagegen ein, die Invaliditätspension einschließlich der bezogenen Kinderzuschüsse diene dem gleichen Zweck wie der Schadenersatzanspruch auf Verdienstentgang gegenüber dem Schädiger. Es liege daher eine kongruente Leistung im Sinne des § 332 ASVG vor. Der Kläger sei infolge Legalzession im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht aktiv legitimiert. Es treffe auch nicht zu, dass die Beklagte (Verdienstentgangs-)Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach anerkannt habe. Vielmehr habe sie anlässlich der erbrachten Leistungen und Zahlungen jeweils erklärt, sich das Rückforderungsrecht vorzubehalten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es stellte fest, dass die von der beklagten Partei einbehaltenen bzw nicht mehr ausbezahlten Kinderzuschüsse den Betrag von insgesamt EUR 5.363,29 ausmachten. Darin enthalten ist ein Betrag von EUR 2.692,53 den die Beklagte ursprünglich an den Kläger als Verdienstentgang ausgezahlt, dann aber mit Schreiben vom 25. 8. 2000 wieder zurückgefordert hat. Mit diesem Rückforderungsanspruch hat sie gegen später fällig werdende Verdienstentgangsansprüche aufgerechnet. Es schloss sich der - in einem Unterhaltsverfahren ergangenen - Entscheidung 7 Ob 531/93 (= ÖA 1993, 145) an, nach der Kinderzuschüsse nicht der freien Verfügung unterworfenen Leistungen darstellten und ein der Familienbeihilfe gleichzustellender Anspruch vorliege, der nicht als frei verfügbares Einkommen dem Pensionisten überlassen werde und nicht den Einkünften im Sinn des § 94 Abs 2 ABGB zugezählt werden dürfe. Nach der Grundlage des § 262 ASVG knüpfe der Kinderzuschuss nur an das Vorhandensein eines Kindes in einem bestimmten Altersbereich an. Der Kinderzuschuss solle die gegenüber dem Arbeitseinkommen in der Regel auffällig niedrigere Pensionsleistung teilweise ausgleichen helfen. Der Kläger, der durch das Verhalten des Schädigers um sein Arbeitseinkommen und die damit verbundenen besseren Einkunftsmöglichkeiten gebracht worden sei, solle durch die gewährten Kinderzuschüsse die Mehrbelastung aus seiner Unterhaltsverpflichtung leichter abdecken können. Kinderzuschüsse seien sohin zweckgebundene Leistungen und nicht Teil des Pensionseinkommens des Klägers, weshalb sie nicht von der Legalzession erfasst seien.
Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es beurteilte den von der Pensionsversicherungsanstalt gewährten Kinderzuschuss als frei verfügbaren Einkommensbestandteil des Pensionsbeziehers, weshalb er als sachlich und zeitlich kongruente Leistung einen Deckungsfonds für den Legalzessionar bilde. Sachliche Kongruenz sei nämlich dann zu bejahen, wenn der Ausgleichszweck des Sozialversicherungsanspruches und des Schadenersatzanspruches identisch seien, wenn sie also darauf abzielten, denselben Schaden zu decken (RIS-Justiz RS0085343). So sei bereits die sachliche Kongruenz sowohl bei Bezug von Arbeitslosengeld als auch bei Bezug von Karenzurlaubsgeld bejaht worden (SZ 43/31; 2 Ob 17/99k). Diese beiden Ansprüche würden auf Grund gesetzlicher Grundlage gewährt und stellten einen unbedingten Rechtsanspruch dar. Der Kinderzuschuss habe seine gesetzliche Grundlage im § 262 ASVG bzw in den Bestimmungen des § 144 GSVG und § 135 BSVG. Auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmungen bestehe ein unbedingter Rechtsanspruch auf diesen Zuschuss, wenn der Tatbestand des Gesetzes erfüllt werde. Er sei auch deshalb als frei zur Verfügung stehender Einkommensbestandteil im Rahmen der Invaliditätspension anzusehen, weil auf ihn ein unbedingter Rechtsanspruch auch dann bestehe, wenn im vorhergehenden Dienstverhältnis kein lohnrechtlicher Anspruch auf Kinderzuschuss bestanden habe. Letztlich sei auch in der Entscheidung 2 Ob 2187/96y implizit davon ausgegangen worden, dass es sich beim Kinderzuschuss um eine sachlich kongruente Leistung handle.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur entscheidenden Rechtsfrage eine ausdrückliche oberstgerichtliche Stellungnahme fehle.
Der Kläger verweist in seiner Revision auf die Entscheidung 7 Ob 531/93 (ÖA 1993, 145), in der die zur Pension gewährten Kinderzuschüsse nicht als freier Einkommensbestandteil des Pensionsempfängers gewertet wurden. Weiters verweist er darauf, dass die Beklagte bis August 2000 die Kinderzuschüsse tatsächlich gezahlt und somit anerkannt habe.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung der Revision der Klägerin nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den dargelegten Gründen des Berufungsgerichtes zulässig, aber nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor, was nicht weiters zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
Streitentscheidend ist die Frage, ob der zur Invaliditätspension gewährte Kinderzuschuss sachlich kongruent zum Anspruch auf Verdienstentgang ist.
Zunächst ist auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Unbestritten ist, dass nur solche Schadenersatzansprüche gemäß § 332 ASVG auf den Versicherungsträger übergehen, die dem Ausgleichszweck der zustehenden Sozialversicherungsleistung entsprechen. Die Legalzession umfasst daher nur solche Haftpflichtansprüche, die der Deckung eines Schadens dienen, den auch die Sozialversicherungsleistung liquidieren soll. Bei der Frage der sachlichen Kongruenz geht es um die Feststellung der Identität des Ausgleichszweckes des Sozialversicherungs- und des Schadenersatzanspruches. Wenn beide Ansprüche darauf abzielen, denselben Schaden zu decken, liegt sachliche Kongruenz vor (RIS-Justiz RS0085343).
Im Einzelfall muss demnach geprüft werden, welchen Leistungszweck die mit dem Tatbestand verknüpfte Rechtsfolge verfolgt. Dieses Ergebnis ist mit dem Leistungszweck der zur Verfügung stehenden Haftpflichtansprüche zu vergleichen. Sind die Ergebnisse gleich, liegt sachliche Kongruenz vor.
Bei Prüfung der sachlichen Kongruenz des zur Pension gewährten Kinderzuschusses ist zu beachten: Gemäß § 262 Abs 1 ASVG gebührt zu den Leistungen aus den Versicherungsfällen des Alters und der Invaliditätspension für jedes Kind ein Kinderzuschuss. Dieser Kinderzuschuss gebührt ohne Rücksicht darauf, ob vor der Inanspruchnahme dieser sozialen versicherungsrechtlichen Leistung ein lohnrechtlicher Anspruch auf einen Kinderzuschuss gegenüber dem Dienstgeber bestanden hat. Der Kinderzuschuss ist auch nicht durch eine Unterhaltspflicht des Pensionsbeziehers gegenüber dem Kind bedingt (10 ObS 14/02k).
Danach besteht unter den im Gesetz geregelten Voraussetzungen ein unbedingter Anspruch des Pensionsbeziehers auf Gewährung von Kinderzuschuss und unterliegt - ungeachtet des Umstandes, dass damit dem Empfänger auch die Erfüllung von Unterhaltspflichten erleichtert werden soll - der freien Verfügbarkeit des Pensionsberechtigten. Er ist daher als Einkommen des Pensionsberechtigten anzusehen.
Der Anspruch auf Gewährung des Kinderzuschusses dient daher demselben Zweck wie der Anspruch auf Leistung von Verdienstentgang.
Die Entscheidung 7 Ob 531/93 steht dem nicht entgegen, weil dort unterhaltsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen waren, die hier nicht zum Tragen kommen. Die dort vertretene Auffassung, dass der Kinderzuschuss zwar kein Eigeneinkommen des Kindes sei, er solle aber vom Pensionsempfänger nicht für sich verwendet werden, führte nur zur Beurteilung, dass er bei der Bemessung des Ehegattenunterhaltes nicht zu den Einkünften iSd § 94 Abs 2 1. Satz ABGB zugezählt werden dürfte. Die Entscheidung führte aber auch aus, dass diese Leistung des Sozialversicherungsträgers dem Ausgleich für den Mehraufwand der mit dem Pensionisten in einem Haushalt lebenden Kinder dient, Leistungen des Sozialversicherers, die die Leistungsfähigkeit des Versicherten als Unterhaltsschuldner eines in seinem Haushalt lebenden Kindes erhöhen sollen, sind daher ohne Widerspruch zu den rein unterhaltsrechtlichen Aspekten dieser Entscheidung als dem Verdienstentgang kongruent anzusehen.
Das Berufungsgericht hat daher zu Recht die sachliche Kongruenz bejaht und das Klagebegehren abgewiesen.
Zu Unrecht geht die Revision weiters davon aus, dass die Beklagte auf den Kinderzuschuss entfallende Forderungen durch die auf den Kinderzuschuss zunächst geleisteten Zahlungen anerkannt habe, weshalb ihr die Rückforderung und Aufrechnung gegen später fällig gewordene Verdienstentgangsforderungen verwehrt sei. Die Beklagte hat sich mit ihrem - vor den Zahlungen zugegangenen - Schreiben Beilage 1 die Rückforderung für den Fall vorbehalten, dass der Kläger für den abgerechneten Zeitraum weitere, bisher nicht bekannte einkommensverwandte Ersatzleistungen diverser Sozialversicherungsträger bezogen hat. Unter diese Ersatzleistungen fällt auch der Kinderzuschuss. Da der Kläger Echtheit und Erhalt dieser Urkunde zugestanden und zur Richtigkeit bloß auf sein Vorbringen verwiesen hat, schadet es nicht, dass das Erstgericht den Inhalt dieser Urkunde nicht festgestellt hat. Ihr Inhalt konnte daher durch Auslegung ermittelt werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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