Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilter Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 5.601,70 S (darin enthalten Umsatzsteuer von 933,62 S) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 23. 12. 1994 ereignete sich gegen 5.35 Uhr in Seewalchen am Attersee auf der Atterseer-Bundesstraße B 151 bei Straßenkilometer 7,190 ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Lenker und Halter eines PKWs und der Erstbeklagte als Lenker eines dem Zweitbeklagten gehörenden und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten LKW-Zuges beteiligt waren. Der Kläger war auf der Attersee Bundesstraße in Richtung Lenzing unterwegs. Als er sich einer rechtsgelegenen Parkplatzausfahrt näherte, bog der Erstbeklagte aus dem Parkplatz kommend nach links in die Bundesstraße ein. Der Kläger stieß auf Höhe der Ausfahrt mit seinem PKW gegen die linke Seite des Anhängers, der zu diesem Zeitpunkt noch seine Fahrbahnhälfte blockierte. Unmittelbar nach dieser Kollision stieß eine aus der Gegenrichtung kommende PKW-Lenkerin gegen die rechte Seite des Anhängers. Die Schäden des Klägers aus diesem Verkehrsunfall sind mit 101.800 S nicht strittig. Für die Behebung der Schäden am Anhänger des Zweitbeklagten war ein Reparaturaufwand von 18.621,20 S netto sowie von 18.979,70 S netto erforderlich. Durch die Reparatur ergab sich eine Stehzeit des Anhängers von rund 3,5 Tagen. Die drittbeklagte Partei leistete an die entgegenkommende weitere Unfallbeteiligte PKW-Lenkerin Schadenersatz von 40.000 S.
Der Kläger begehrt den Ersatz seines Schadens mit der Begründung, der Erstbeklagte habe den ihm zustehenden Vorrang mißachtet. Der Zusammenstoß sei trotz sofortiger Einleitung eines Bremsmanövers nicht verhinderbar gewesen.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Der Erstbeklagte sei zu dem Zeitpunkt in die bevorrangte Bundesstraße eingefahren, als der Kläger noch nicht im Sichtbereich gewesen sei. Eine Vorrangverletzung liege daher nicht vor. Der Kläger habe darüber hinaus eine wesentlich überhöhte Fahrgeschwindigkeit eingehalten und verspätet reagiert. Die beklagten Parteien wendeten die Reparaturkosten des Anhängers, Verdienstentgang für jeweils drei Tage Stehzeit a 3.000 S, unfallkausale Spesen von 2.000 S sowie die an die drittbeteiligte PKW-Lenkerin erbrachte Ersatzleistung von 40.000 S gegen die Klagsforderung ein.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.
Es ging von nachstehenden Feststellungen aus:
Die Atterseer-Bundesstraße nähert sich der Unfallsstelle - in Fahrtrichtung des Klägers gesehen - in einer leichten langgezogenen Rechtskurve an und ist im Kollisionsbereich zwischen den Randlinien 8 Meter breit. Die östliche Ausfahrt des rechts der Bundesstraße gelegenen, von ihr durch einen Gehsteig und Grünstreifen baulich getrennten Parkplatzes ist 28 Meter lang. Die Bundesstraße verläuft im Unfallsbereich in Längsrichtung eben, weißt aber ein leichtes Quergefälle nach links auf. Der Erstbeklagte hatte aus einer LKW-Position an der Flucht der Bundesstraße eine Sichtweite von 210 Metern auf von links herannahende Fahrzeuge. Für den Kläger war die Position des LKW-Zuges wegen einer rechtsbefindlichen Hecke erst aus 160 Meter zu erkennen. Zum Unfallszeitpunkt war es noch dunkel, die Fahrbahn war schnee- und eisglatt. Der PKW des Klägers war mit Lamellenreifen ausgerüstet. Der LKW-Zug hatte eine Gesamtlänge von 18 Metern und ein Gesamtgewicht zwischen 23 und 25 t; Schneeketten waren nicht montiert. Der Erstbeklagte fuhr zur Parkplatzausfahrt, hielt dort links der Trichtermitte vor der Bundesstraße an und bog anschließend nach links ein. Es konnte nicht festgestellt werden, daß sich das Fahrzeug des Klägers beim Losfahren des LKW-Zuges aus der Anhalteposition bereits im objektiven Sichtbereich des Erstbeklagten befunden hätte. Der LKW-Zug kam nach dem Losfahren nur sehr langsam vorwärts, weil die Antriebsräder infolge der glatten Fahrbahnverhältnisse durchdrehten. Nach einer Fahrtstrecke von 20 Metern bzw einer Fahrzeit von etwa 15 Sekunden kam es zur Kollision. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Zugfahrzeug bereits eine fahrbahnparallele Stellung auf dem rechten Fahrstreifen in Richtung Seewalchen erreicht. Der Anhänger blockierte dagegen noch den Fahrstreifen des Klägers.
Der Kläger hielt eine Geschwindigkeit von jedenfalls 60 bis 70 km/h ein; als er den LKW-Zug erstmals wahrnahm, war dieser schon im Einfahren begriffen, zumal er sich mit der Front bereits auf dem klägerischen Fahrstreifen befand, allerdings die in Fahrbahnmitte verlaufende Leitlinie noch nicht erreicht bzw überschritten hatte. Der Kläger bremste, wobei sein PKW auf der glatten Fahrbahn nach links wegrutschte. Er brach die Bremsung wieder ab und wollte rechts hinter dem Anhänger vorbeifahren. Dabei geriet er mit dem PKW vor der Parkplatzausfahrt in die rechts neben der Fahrbahn befindliche Schneeanhäufung, die ihn wiederum nach links ablenkte, worauf er gegen die linke Seite des Anhängers stieß. Die Anprallgeschwindigkeit betrug etwa 30 km/h.
Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt dahingehend, daß dem Erstbeklagten eine Vorrangverletzung nicht anzulasten sei, weil nicht erwiesen worden sei, daß der LKW-Zug nach Einfahren des PKW in den objektiven Sichtbereich losgefahren sei. Der Kläger habe eine für die glatten Fahrbahnverhältnisse deutlich überhöhte Fahrgeschwindigkeit eingehalten. Das Berufungsgericht gab der gegen die Abweisung von zwei Drittel des Klagebegehrens gerichteten Berufung des Klägers Folge und erkannte die Klagsforderung mit 67.866,67 S und die Gegenforderung mit 7.781,81 S als zurecht bestehend. Es verpflichtete daher die beklagten Parteien zur Zahlung von 60.084,86 sA und wies das weitere Mehrbegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der vom Berufungsgericht zu Lasten der beklagten Parteien gelösten Beweislastfrage nicht auffindbar gewesen sei.
Das Berufungsgericht ging in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, daß der Kläger das Vorliegen eines Vorrangverhältnisses und die abstrakte Verletzung des ihm zukommenden Vorranges bewiesen habe. Ein im Nachrang befindlicher Verkehrsteilnehmer dürfe in eine bevorrangte Verkehrsfläche nur einfahren, wenn er durch gehörige Beobachtung des bevorrangten Verkehrs in seiner tatsächlichen Gestaltung sich die Gewißheit verschafft habe, dies ohne Gefährdung oder auch nur Behinderung unternehmen zu können. Es genüge, daß auch der Scheinwerfer des anderen Fahrzeuges wahrnehmbar gewesen sei. Der wartepflichtige Verkehrsteilnehmer habe auch die dem Lenker bekannte Eigentümlichkeit seines Fahrzeuges, etwa dessen besondere Länge oder Schwerfälligkeit zu beachten. Nehme das Einbiegen infolge der durch die Eigenart seines Fahrzeuges bedingten Fahrweise des Wartepflichtigen einen außergewöhnlichen langen Zeitraum in Anspruch, so sei der Wartepflichtige, der zunächst einfahren habe dürfen, weil der herankommende vorrangberechtigte Verkehrsteilnehmer für ihn noch nicht sichtbar gewesen sei, auch während der Ausführung eines derartigen Einbiegemanövers verpflichtet, dem bevorrangten Straßenverkehr sorgfältig zu beobachten und das zur Vermeidung eines Zusammenstoßes Mögliche zu tun, insbesondere dem bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer den Vorrang durch unverzügliches Anhalten einzuräumen, wenn er dazu noch in der Lage sei. Die Voraussetzungen für ein dementsprechendes Verhalten seien aufgrund der gegebenen Fahrbahnverhältnisse und der Beschaffenheit des vom Erstbeklagten gelenkten Fahrzeuges vorgelegen. Ob ihnen der Erstbeklagte entsprochen habe lasse sich aufgrund der erstrichterlichen Feststellungen nicht beurteilen. Nähere Erwägungen seien entbehrlich, weil nach den erstrichterlichen Feststellungen nicht feststellbar sei, ob sich das Fahrzeug des Klägers beim Losfahren des LKW-Zuges bereits im objektiven Sichtbereich des Erstbeklagten befunden habe. Es bleibe daher die Möglichkeit offen, daß der Erstbeklagte das herankommende Kraftfahrzeug des Klägers auch bereits im Zeitpunkt des Losfahrens wahrnehmen habe können. Damit habe der Kläger zunächst eine abstrakte Vorrangverletzung bewiesen. Es sei dann aber Sache des Benachrangten, den Nachweis zu führen, daß ihm dennoch keine konkrete Vorrangverletzung anzulasten sei, weil etwa der Unfallgegner ohne Licht oder zu schnell gefahren und daher nicht rechtzeitig erkennbar gewesen sei. Die beklagten Parteien hätten den ihnen obliegenden Beweis nicht erbracht, daß der PKW zu schnell bzw der LKW so langsam gefahren wäre, daß der PKW für den Erstbeklagten nicht rechtzeitig wahrnehmbar gewesen wäre. Der dem Kläger zur Last gelegte Vorwurf der Einhaltung einer relativ überhöhten Geschwindigkeit sei durch eine Schadensteilung von 2:1 zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.
Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragte, der Revision keine Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die beklagten Parteien machen in ihrem Rechtsmittel geltend, daß der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entgegenstehe, wonach die Anwendung der Vorrangbestimmungen die Wahrnehmbarkeit des anderen Fahrzeuges voraussetze. Den Geschädigten treffe die Behauptungs- und Beweislast für die Rechtswidrigkeit des vorgeworfenen Verhaltens. Erst nach Feststehen der Schutzgesetzverletzung habe der Schädiger unter Anwendung des § 1298 ABGB zu beweisen, daß dies ohne sein Verschulden geschehen sei. Da das Erstgericht nicht feststellen habe können, ob sich das Fahrzeug des Klägers bereits im Sichtbereich des Erstbeklagten befunden habe, als dieser in die Kreuzung eingefahren sei, sei es dem Kläger nicht gelungen, die Vorrangverletzung, also eine Schutzgesetzverletzung, durch den Erstbeklagten nachzuweisen, weshalb sich die Frage der Umkehr der Beweislast nach § 1298 ABGB überhaupt nicht stelle. Den entgegenstehenden Ausführungen des Berufungsgerichtes könne dagegen nicht gefolgt werden. Darüber hinaus sei die vom Berufungsgericht getroffene Schadensteilung von 2:1 zugunsten des Klägers nicht sachgerecht. Unter Heranziehung der schon in der Entscheidung 2 Ob 69/95 angewandten Grundsätze hätte man jedenfalls zu einer Verschuldensteilung von 2:1 zu Lasten des Klägers gelangen müssen.
Hiezu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Bei der Klärung der Frage, ob eine Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz wegen Übertretung eines Schutzgesetzes besteht, trifft sowohl den Geschädigten als auch den in Anspruch genommenen Schädiger die Beweislast für verschiedene Kriterien, die für das Bestehen einer Ersatzpflicht des Schädigers erfüllt sein müssen. Den Geschädigten trifft dabei die volle Beweislast für den Schadenseintritt und die Verletzung des Schutzgesetzes als solche (SZ 44/187; SZ 54/108, Welser, Schutzgesetzverletzung, Verschulden und Beweislast, ZVR 1976, 1 [10]; Karollus, Praktische Probleme der Schutzgesetzverletzung, insbesondere im Verkehrshaftpflichtrecht, ZVR 1994, 129 ff [133]; Brunner, Die Zurechnung der Schadenersatzpflicht bei Verletzung eines "Schutzgesetzes" gemäß § 1311 ABGB, ÖJZ 1972, 114; u. v. a.). Als Beweis für das Vorliegen einer Schutzgesetzverletzung ist der Nachweis der Tatsache ausreichend, daß die Schutznorm objektiv übertreten wurde (SZ 44/187; Karollus aaO). Diese ergibt sich allerdings nicht schon allein aus dem Umstand, daß es zu einem Unfall gekommen ist, vielmehr hat der Geschädigte auch den vom Schutzgesetz erfaßten Tatbestand, hier also das Bestehen eines Vorrangverhältnisses nachzuweisen. Im gegebenen Fall setzt dies die Klärung der Frage voraus, welches Fahrzeug aus welcher Straße kam und in welchem Verhältnis die betreffenden Verkehrsflächen zueinander stehen. Da der Erstbeklagte von einem Parkplatz (§ 19 Abs 6 StVO) in eine Bundesstraße einfuhr, ist dem Kläger diesbezüglich der ihm obliegende Beweis gelungen.
Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Erstbeklagten ergibt sich nicht schon allein aus der Tatsache der objektiven Schutzgesetzverletzung. Das Rechtswidrigkeitsurteil wird vielmehr erst aus der Verletzung von konkret für die betreffende Situation ausformulierten, ex ante die erforderliche Sorgfalt bestimmenden Verhaltensgeboten abgeleitet und ergibt sich damit erst aus einem objektiven Sorgfaltsverstoß (Karollus aaO 131; Karollus, Schutzgesetzverletzung, 159 ff; Reischauer in Rummel, Rz 6 zu § 1311; Esser/Weyers, Schuldrecht II7, 581), der vielfach als Verhaltensunrecht bezeichnet wird (Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 4/13; Reischauer in Rummel2 § 1311 Rz 6 Karollus aaO, 131). Daß ihm die objektive Übertretung des Schutzgesetzes nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist, hat jedoch der Schädiger zu beweisen (Karollus aaO 134; Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 17 zu § 1311). Dies ergibt sich aus der Anwendung des § 1298 ABGB, der sich, obzwar er nur vom Verschulden spricht, auch auf das Verhaltensunrecht bezieht (Karollus aaO 132). Die Erkennbarkeit des gegnerischen Fahrzeuges für den an und für sich Wartepflichtigen ist zwar ein grundlegendes Element für die Anwendbarkeit der Vorrangregeln (ZVR 1999/24; ZVR 1990/157; ZVR 1986/12; ZVR 1986/27;
ZVR 1985/154; ZVR 1984/135; ZVR 1984/338; ZVR 1983/331; ZVR 1981/247;
ZVR 1980/210; ZVR 1973/125; Dittrich-Stolzlechner StVO § 19, Anm 23;
Danzl, Rechtsfragen des Vorranges, ZVR 1987, 289 [297]), ihr Vorliegen ist jedoch eine Frage der objektiven Sorgfaltswidrigkeit, was für den vorliegenden Fall bedeutet, daß der Kläger nur die Nichtbefolgung der abstrakten Verhaltenspflicht (die Wartepflicht bei der Parkplatzausfahrt) zu beweisen hatte, die Beklagten hingegen die - bei Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt - nicht gegebene rechtzeitige Erkennbarkeit des gegnerischen Fahrzeuges. Damit wird auch der allgemeinen Beweislastregel von der "subjektiven Günstigkeit" entsprochen (vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 882; Rechberger in Rechberger, vor § 266 ZPO Rz 11): Der Kläger mußte demnach nur den rechtsbegründenden Umstand des Vorrangverhältnisses iSd § 19 Abs 6 StVO beweisen, die Beklagten hingegen den rechtshindernden Umstand die Nichterkennbarkeit des Fahrzeuges des Klägers. Dieser Beweis ist den Beklagten jedoch nicht gelungen.
Was die subjektive Sorgfaltswidrigkeit betrifft, wurden subjektive Umstände, die dem Erstbeklagten in der konkreten Situation die Normeinhaltung unmöglich gemacht haben (Karollus aaO 135), nicht behauptet. Es ist daher auch vom Vorliegen eines Verschuldens des Erstbeklagten, das ja Voraussetzung für die Haftung aus einer Schutzgesetzverletzung ist (SZ 18/150; SZ 44/187; SZ 51/109; ZVR 1965/195; ZVR 1970/232; ZVR 1990/101; Danzl aaO, 301), auszugehen, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes der Schädiger den Beweis dafür zu erbringen hat, daß ihn an der Übertretung des Schutzgesetzes kein Verschulden trifft (SZ 51/109;
JBl 1985, 355; JBl 1991, 582 mwH; JBl 1993, 731; ZVR 1965/195; ZVR 1966/157; ZVR 1970/232; ZVR 1976/292; ZVR 1990/101; ZVR 1998/3;
Fucik, Die (objektive) Beweislast besonders im Haftpflichtprozeß, RZ 1990, 54 [58 f]; Gschnitzer Schuldrecht BT2, 486; Koziol/Welser I10, 457; Harrer in Schwimann2 § 1311 Rz 32; Welser aaO 9 f; Danzl aaO, 301).
Für die Annahme einer Vorrangverletzung der erstbeklagten Partei und somit der Haftung der beklagten Parteien war es daher nicht notwendig, die (mangelnde) Erkennbarkeit des Fahrzeuges der klagenden Partei zu deren Gunsten festzustellen, es genügte schon die Feststellung, daß nicht festgestellt werden konnte, daß sich das Klagsfahrzeug beim Losfahren des Erstbeklagten bereits in dessen objektiven Sichtbereich befunden hat, weil aufgrund der dargestellten Beweislastregel schon dann von einer rechtswidrigen Vorrangverletzung der erstbeklagten Partei auszugehen war.
Ebensowenig kann der Ansicht der beklagten Parteien, daß die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensteilung von 2:1 zugunsten des Klägers rechtsirrig erfolgt sei und daß dieses - unter Berücksichtigung der in 2 Ob 69/95 herangezogenen Grundsätze - zu einer Schadensteilung von 2:1 zu Lasten des Klägers gelangen hätte müssen, gefolgt werden. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt weicht in wesentlichen Punkten vom vorliegenden Fall ab. Die dort getroffene stärkere Gewichtung der überhöhten Geschwindigkeit gegenüber der Vorrangverletzung ist nämlich damit zu begründen, daß es dem Bevorrangten trotz der zu hohen Geschwindigkeit noch möglich gewesen wäre, die Kollision zu vermeiden. Genau das war aber, wie sich aus den getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes unzweifelhaft ergibt, im gegenständlichen Fall nicht möglich. Auch haben sich sonst keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, die, in Abweichung von dem Grundsatz, daß Vorrangverletzungen schwerer wiegen, als andere Verkehrswidrigkeiten (2 Ob 69/95; ZVR 1977/3), eine Schadensteilung zu Lasten des Klägers rechtfertigen würden. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensteilung erscheint daher sachgerecht und den Umständen angemessen.
Der Revision der beklagten Parteien war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)