OGH 2Ob176/17x

OGH2Ob176/17x28.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.‑Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Dr.

 Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** T*****, vertreten durch Mag. Christian Berghofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Mag. Johannes Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 183.093,51 EUR sA, (Revisionsinteresse 120.641,99 EUR) über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Juli 2017, GZ 13 R 32/17x‑98, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00176.17X.0928.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

 

Begründung:

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Berufungswerberin (die auch die nunmehrige Revisionswerberin ist) habe den von der Klägerin behaupteten Pflegebedarf von 88 Stunden monatlich der Höhe nach zu keinem Zeitpunkt bestritten, es liege diesbezüglich ein schlüssiges Zugeständnis iSd § 267 Abs 1 ZPO vor.

Die Revisionswerberin rügt diese Beurteilung unter Hinweis auf die Bestreitung in der Klagebeantwortung und im Schriftsatz ON 18. Überdies sei das diesbezügliche Klagevorbringen niemals aufgeschlüsselt oder näher substanziiert und konkretisiert worden, weshalb die Annahme eines schlüssigen Geständnisses infolge unsubstanziierten Bestreitens durch die Beklagte im Licht der oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht möglich sei.

Rechtliche Beurteilung

Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zeigt die Revision mit diesem Vorbringen nicht auf:

Die Wertung des fehlenden substanziellen Bestreitens als schlüssiges Tatsachengeständnis (§ 267 ZPO) hängt immer von den Umständen des

Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0039927 [T9a]). Als Indiz für das Vorliegen eines Tatsachengeständnisses wird etwa gewertet, wenn der Beklagte seinem Vorbringen die Berechnungen des Klägers zugrunde legt (RIS‑Justiz RS0039927 [T3]) oder wenn eine Partei bloß einzelnen Tatsachenbehauptungen des Gegners mit einem konkreten Gegenvorbringen entgegentritt, zu den übrigen jedoch inhaltlich nicht Stellung nimmt (RIS‑Justiz RS0039927 [T12]).

Hier hat sich die Klägerin bereits in ihrer Klage darauf berufen, dass eine Begutachtung der MA 15 nach dem Wiener Pflegegeldgesetz einen monatlichen Pflegeaufwand von 88 Stunden ergeben habe. Das Erstgericht traf eine diesem Vorbringen entsprechende Feststellung.

Die Beklagte wies zwar in ihrer Klagebeantwortung noch darauf hin, es müsse durch ein Gutachten geklärt werden, inwieweit tatsächlich die behaupteten Pflegeleistungen erbracht worden und unfallkausal notwendig gewesen seien. Im Schriftsatz ON 18 legte sie jedoch ihren eigenen Berechnungen bereits einen monatlichen Pflegeaufwand von 88 Stunden zugrunde und bestritt das Klagebegehren in diesem Umfang nur rechnerisch bzw unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Klägerin eine näher bezifferte Eigenkostenersparnis anrechnen lassen müsse. Ein Vorbringen, der Pflegeaufwand sei geringer oder müsse von der Klägerin bewiesen werden, wurde in diesem Schriftsatz gerade nicht erstattet.

Berücksichtigt man überdies, dass die Klägerin im Zuge des Verfahrens ihre Klage bezüglich Schmerzengeld, Therapiekosten und Pflegeaufwand ausdehnte, die Beklagte aber in der Verhandlung vom 7. 3. 2016 nur die Berechnung des Schmerzengelds ausdrücklich bestritt, zum monatlichen Pflegeaufwand aber kein Vorbringen erstattete, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein monatlicher Pflegeaufwand von 88 Stunden sei schlüssig zugestanden, jedenfalls vertretbar.

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