OGH 2Ob172/00h

OGH2Ob172/00h29.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitte Maria W*****, vertreten durch Dr. Henrik Gunz, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei mj. Moritz S*****, geboren am 17. 12. 1985, *****, vertreten durch die Mutter Ingrid S*****, ebendort, diese vertreten durch Dr. Rolf Philipp, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen (ausgedehnt) S 113.612,-- sA und Feststellung (Streitinteresse S 70.000,--), über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Februar 2000, GZ 1 R 18/00g-25, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 28. Oktober 1999, GZ 5 Cg 22/99m-19, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 8.112,-- (hierin enthalten S 1.352,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 12. 8. 1998 gegen 13.50 Uhr ereignete sich im Ortgebiet von D***** ein Verkehrsunfall zwischen der Klägerin und dem damals 12-jährigen Beklagten jeweils als Radfahrer. Die Klägerin fuhr auf dem östlichen Teil der Eisengasse zur Kreuzung mit der Stadtstraße und bog im Kreuzungsbereich nach links in diese ein, um in der Folge auf dem entlang der Stadtstraße verlaufenden und von der Hauptfahrbahn durch einen Grünstreifen getrennten, gemäß § 52 Z 17a lit b StVO (Gebotszeichen "Geh- und Radweg") gekennzeichneten Geh- und Radweg weiter Richtung Hohenems zu fahren. Etwa 15 bis 20 m vor der späteren Unfallstelle bog sie daher auf den für Radfahrer gewidmeten Bereich desselben ein, der (in ihrer Fahrtrichtung gesehen) links als dem Fußgängerverkehr gewidmeter Bereich des Geh- und Radweges verlief. Sie hielt dabei eine Geschwindigkeit von 10 km/h ein. Der für den Radfahrerverkehr gewidmete Teil des von ihr benützten Weges wies gelbe Richtungspfeile in ihrer Fahrtrichtung auf.

Zur selben Zeit näherte sich auf dem westlichen Teil der als Einbahnstraße geführten Eisengasse der Beklagte. Auch er fuhr auf einen links der Eisengasse verlaufenden, ebenfalls nach § 52 Z 17a lit b StVO gekennzeichneten Geh- und Radweg ein, der unter einem Winkel von etwa 60 Grad in den von der Klägerin benützten Weg entlang der Stadtstraße einmündet. Ca 15 bis 20 m vor dieser Einmündung befand sich damals in Anfahrtrichtung des Beklagten am Geh- und Radweg das (weitere) Verkehrszeichen "Einfahrt verboten" samt Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer und Radfahrer". Wenige Meter nach diesem Verkehrszeichen war auf dem rot asphaltierten, für den Radfahrerverkehr gewidmeten Teil des Geh- und Radweges eine Bodenmarkierung in Form eines gelben Pfeiles entgegen der Fahrtrichtung des Beklagten mit einem dazugehörigen Fahrradsymbol angebracht.

Im Kreuzungsbereich der späteren Unfallstelle befand sich in Anfahrtsrichtung des Beklagten überdies auf der linken Seite ein dichtes Gebüsch, das für beide Beteiligten ein vollständiges Sichthindernis darstellte. Der Beklagte beabsichtigte, vom Geh- und Radweg der Eisengasse nach links (entgegen der Fahrtrichtung der Klägerin) auf den von ihr benützten Geh- und Radweg einzubiegen, um darauf sodann mehrere Meter weit bis zur Ampel vorzufahren, um dort auf einem Schutzweg die Stadtstraße zu überqueren. Um dorthin zu gelangen, musste er noch vor Erreichen des von der Klägerin benützten Geh- und Radweges den für Fußgänger gewidmeten Teil desselben überfahren und benützte somit diesen für Fußgänger gewidmeten Teil, um nach links in den Geh- und Radweg entlang der Stadtstraße einzubiegen. Seine Geschwindigkeit betrug dabei etwa 15 km/h.

Ob die Klägerin vor Erreichen der Unfallstelle von dem für Radfahrer gewidmeten Bereich des Geh- und Radweges nach links auf den für Fußgänger gewidmeten Teil auswich und sich dort der Unfallstelle näherte, oder ob sie auf dem für Radfahrer gewidmeten Teil des Geh- und Radweges blieb und sich dort der Kollisionsstelle näherte, kann nicht festgestellt werden.

Als der Beklagte in den von der Klägerin benützten Geh- und Radweg entlang der Stadtstraße einfuhr, kam es zum Zusammenstoß samt Sturz beider Radfahrer. Im Hinblick auf die bereits beschriebene Sichtbehinderung im Einmündungsbereich und die von beiden eingehaltenen Geschwindigkeiten konnten sich beide erst so spät gegenseitig sehen, dass sie keine unfallvermeidenden Reaktionen mehr setzen konnten.

Zu Gunsten des Beklagten bestand zum Unfallszeitpunkt eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von S 10 Mio.

Mit der am 4. 2. 1999 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 88.312,-- (später ausgedehnt aus S 113.612,--) samt 4 % Zinsen seit 14. 9. 1998 - hierin enthalten Fahrradschaden, Schmerzengeld, Kosten für Haushaltshilfe, Heilungskosten, pauschale Unkosten und vorprozessualer Kostenaufwand - und erhob darüber hinaus ein Feststellungsbegehren. Das Alleinverschulden am Unfall treffe den auch gemäß § 1310 dritter Fall ABGB zufolge Bestehens einer privaten Haftpflichtversicherung im Rahmen der Haushaltsversicherung seiner Mutter haftenden Beklagten, da dieser eine zu hohe Geschwindigkeit eingehalten, den Radfahrstreifen entgegen der vorhandenen Richtungsmarkierung befahren und auch sonst nicht die erforderliche Aufmerksamkeit aufgewendet habe.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und wendete eine eigene Schmerzengeldforderung in Höhe von (später eingeschränkt) S 7.500,-- als Gegenforderung ein. Das Alleinverschulden am Unfall treffe die Klägerin, weil diese unter Missachtung seines (Rechts-)Vorranges in den Kreuzungsbereich eingefahren sei; außerdem habe sie eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten, sei unaufmerksam gefahren und habe zu spät reagiert. Die Voraussetzungen für eine verschuldensunabhängige Haftung des Beklagten nach § 1310 dritter Fall ABGB seien nicht gegeben. Später wurde auch noch weiter eingewendet, dass die Klägerin straßenverkehrsordnungswidrig vor dem Unfall den Gehsteig der Nebenfahrbahn der Stadtstraße befahren habe. Mangels Vorhandenseins von Fußgängern sei er nicht verpflichtet gewesen, sein Fahrrad vor dem Einfahren in die Kreuzung anzuhalten.

Die klagende Partei hat im Zuge des Verfahrens auch der Stadt D***** den Streit verkündet, weil diese zufolge der unterschiedlichen Verkehrsregelungen im Unfallbereich (einerseits Verbotszeichen "Einfahrt verboten" samt Ausnahme ua für Radfahrer, andererseits Anbringung entgegengesetzter Richtungspfeile) eine widersprüchliche Verkehrslage geschaffen habe und daher im Falle der Haftung der klagenden Partei für den Unfall von dieser in Regress genommen werde. Ein Anschluss als Nebenintervenientin erfolgte jedoch nicht.

Das Erstgericht erkannte - mit mehrgliedrigem Urteil - die Klageforderung als mit S 113.612,-- zu Recht, die Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend und verurteilte demgemäß die beklagte Partei zur Zahlung von S 113.612,-- samt 4 % Zinsen seit 14. 9. 1998. Lediglich das Feststellungsbegehren wurde abgewiesen. Das Erstgericht beurteilte den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass beide Streitteile in Annäherung an die spätere Unfallstelle gemäß § 52 Z 17a lit b StVO gekennzeichnete Geh- und Radwege benützt hätten, der Beklagte jedoch seinen entgegen der durch Richtungspfeile gekennzeichneten Fahrtrichtung. Da solche Richtungspfeile sowohl in Fahrtrichtung der Klägerin als auch des Beklagten angebracht gewesen seien, hätte sich für jeden Benützer eindeutig ergeben, dass immer nur eine Fahrtrichtung zulässig sei. Daran ändere sich auch nichts durch das 15 bis 20 m vor der Unfallstelle in Fahrtrichtung des Beklagten angebrachte Verkehrszeichen "Einfahrt verboten" mit Zusatztafel "Ausgenommen Radfahrer". Auch wenn zu seinen Gunsten zuzugestehen sei, dass diese Beschilderung durchaus zu Missverständnissen Anlass geben konnte, so hätte er doch im Hinblick auf den eindeutigen Richtungspfeil den Radweg nicht in seiner Fahrrichtung benützen dürfen. Die Klägerin hingegen habe darauf vertrauen dürfen, dass aus dem in ihrer Fahrtrichtung gesehen von rechts einmündenden Geh- und Radweg keine Radfahrer einbiegen, um entgegen ihrer Fahrtrichtung weiter zu fahren; sie treffe daher kein Verschulden am Unfall. Obwohl der Beklagte zum Unfallszeitpunkt erst 12 Jahre alt gewesen sei, habe er sich bereits legal mit einem Fahrrad im Straßenverkehr bewegen dürfen, wobei ihm trotz seines jugendlichen Alters die grundsätzlichen Verkehrsregeln bekannt gewesen hätten sein müssen. Gemäß § 1310 ABGB habe er daher für den entstandenen und schuldhaft verursachten Schaden zu haften. Lediglich das Feststellungsbegehren sei abzuweisen gewesen, weil der gering verbliebene Dauerschaden der Klägerin (leichte Innenohrschwerhörigkeit links) nur im Rahmen des Schmerzengeldes abzugelten sei, aber kein eigenständiges Feststellungsinteresse rechtfertige.

Gegen dieses Urteil erhoben beide Parteien Berufungen. Das Berufungsgericht gab jener der beklagten Partei nicht Folge, sondern bestätigte das Ersturteil im stattgebenden Teil als Teilurteil und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Hingegen gab es der Berufung der klagenden Partei in Ansehung der Abweisung des Feststellungsbegehrens Folge, hob das Ersturteil insoweit auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht (ohne Rechtskraftvorbehalt) zurück.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht - zum ausschließlich revisionsgegenständlichen Leistungsbegehren - zusammengefasst aus, dass zufolge des Unfalldatums 12. 8. 1998 die StVO idF der 20. Novelle BGBl I 1998/92 anzuwenden sei, in welcher insbesondere die Fahrordnung für Radfahranlagen neu geregelt worden sei. Gemäß § 68 Abs 1 StVO sei auf Straßen mit einer Radfahranlage mit einspurigen Fahrrädern diese zu benützen, wenn das Befahren der Radfahranlage in der vom Radfahrer beabsichtigten Fahrtrichtung gemäß § 8a StVO erlaubt sei; nach Abs 1 dieser Gesetzesstelle dürfen Radfahranlagen grundsätzlich in beiden Fahrrichtungen befahren werden, sofern sich aus Bodenmarkierungen (Richtungspfeile) nichts anderes ergebe. Da ein solcher Richtungspfeil vorgelegen sei, hätte der Beklagte den Radweg nicht in der von ihm gewählten (entgegengesetzten) Fahrrichtung benützen dürfen - dies trotz der unklaren Beschilderung durch die weiteren Verkehrszeichen. Dem entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung fahrenden Beklagten sei daher gegenüber der Klägerin kein Vorrang zugekommen. Ihre Fahrgeschwindigkeit von bloß 10 km/h könne auch nicht als überhöht qualifiziert werden. Somit sei vom Alleinverschulden des Beklagten auszugehen, wobei der Haftungstatbestand des § 1310 ABGB ohnedies nicht bestritten sei.

Gegen dieses Urteil erhebt die Beklagte ordentliche Revision verbunden mit einem Abänderungsantrag nach § 508 Abs 1 ZPO, worauf das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision dahin abänderte, dass diese doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Übergangsbestimmung des Art I Z 59 der 20. StVO-Novelle (§ 104 Abs 9 leg cit) nicht existiere, diese aber so verstanden werden könne, dass für den Fall widersprüchlicher Verkehrszeichen unklare Verkehrssituationen dadurch vermieden werden sollen, dass bis zur Entfernung solcher widersprüchlicher Verkehrszeichen sich die Verkehrsteilnehmer an die bisher geltende Rechslage zu halten hätten, sodass die zu lösende Rechtsfrage eine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erlange.

Die auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision mündet im Antrag, die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne einer vollständigen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der primär die Zurückweisung des erhobenen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage, in eventu die Nichtstattgebung desselben beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht hervorgehobenen Umstand zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Zutreffend hat das Berufungsgericht im Hinblick auf das Unfalldatum am 12. 8. 1998 die Bestimmungen der § 68 Abs 1 und § 8a StVO idF der am 22. 7. 1998 in Kraft getretenen 20. StVO-Novelle BGBl I 1998/92 seiner rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt. Während nach § 68 Abs 1 Satz 1 StVO in der bis dahin geltenden Fassung die Benützung einer Straße mit einer Radfahranlage - das sind nach § 2 Abs 1 Z 11b StVO ein Radfahrstreifen, ein Mehrzweckstreifen, ein Radweg, ein (wie hier) Geh- und Radweg (dies ist wiederum nach Z 11a leg cit ein für den Fußgänger- und Radfahrverkehr bestimmter und als solcher gekennzeichneter Weg) oder eine Radfahrerüberfahrt - mit einspurigen Fahrrädern (ohne Anhänger) ohne weitere im Gesetz verankerte Einschränkung erlaubt war, wurde diese Bestimmung nunmehr dahingehend erweitert, dass sie (insgesamt) lautet (Fassung gemäß Art I Z 28 der Novelle):

"Auf Straßen mit einer Radfahranlage ist mit einspurigen Fahrrädern ohne Anhänger die Radfahranlage zu benützen, wenn das Befahren der Radfahranlage in der vom Radfahrer beabsichtigen Fahrtrichtung gemäß § 8a erlaubt ist."

Gleichzeitig wurde als neuer § 8a ("Fahrordnung auf Radfahranlagen") eingefügt (Art I Z 9 leg cit):

"(1) Radfahranlagen dürfen in beiden Fahrtrichtungen befahren werden, sofern sich aus Bodenmarkierungen (Richtungspfeilen) nichts anderes ergibt.

(2) Abweichend von Abs 1 darf jedoch ein Radfahrstreifen, ausgenommen in Einbahnstraßen, nur in der dem angrenzenden Fahrstreifen entsprechenden Fahrtrichtung befahren werden; diese Fahrtrichtung ist auch auf einer Radfahrerüberfahrt einzuhalten, die an den Radfahrstreifen anschließt."

Nach dem Willen des Gesetzgebers (RV 713 BlgNR 20. GP, 13; abgedruckt auch in Messiner, StVO10 Anm 1 zu § 8a; Grubmann, StVO [Kraftfahrrecht I] Anm 1 zu § 8a sowie Dittrich/Stolzlechner, Österr. Straßenverkehrsrecht I3 Rz 1 zu § 8a mit übersichtlicher Darstellung der bisherigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes "im Hinblick auf die bislang unsichere Rechtslage") sollte durch diesen eingefügten § 8a StVO eine bestehende Rechtsunsicherheit beseitigt werden, kam es doch "in der Vergangenheit immer wieder zu Unklarheiten bezüglich der für Radfahranlagen geltenden Fahrtrichtung. Auch in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde das Fehlen derartiger Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung festgestellt. Durch den neu eingefügten § 8a wird diese Rechtsunsicherheit beseitigt. Sofern es sich daher nicht um einen in einer Einbahnstraße verlaufenden Radfahrstreifen handelt, wird es in Hinkunft Sache der zuständigen Behörden sein, zu beurteilen, ob eine Radfahranlage breit genug ist, um einen Fahrradverkehr in beiden Fahrtrichtungen zu ermöglichen; wird festgestellt, dass die Breite hierfür nicht ausreicht, so wird die vorgeschriebene Fahrtrichtung durch Richtungspfeile anzuzeigen sein." In § 68 Abs 1 StVO wurde demgemäß (nur) eine redaktionelle Anpassung an den neu geschaffenen § 8a vorgenommen (RV aaO 15). Im Verkehrsausschuss blieb der vorgeschlagene Änderungsentwurf insoweit unverändert (1225 BlgNR 20. GP).

In § 104 Abs 9 (gemäß Art I Z 59 der Novelle) wurde darüber hinaus folgendes angeordnet:

"Straßenverkehrszeichen, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes idF der 20. StVO-Novelle, BGBl I Nr 92/1998, nicht entsprechen, sind bei einer allfälligen Neuanbringung, spätestens aber bis 31. 12. 2003, durch Straßenverkehrszeichen nach diesem Bundesgesetz zu ersetzen. Bis dahin sind Straßenverkehrszeichen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes idF der 19. StVO-Novelle, BGBl Nr 518/1994, zu beachten."

Hiezu hieß es in den Erläuternden Bemerkungen (RV aaO 18) bloß, dass Abs 9 "die übliche Übergangsfrist enthält, wobei als Fristende aus praktischen Gründen das Ende der mit der 19. StVO-Novelle bestimmten Übergangsfrist für neue Verkehrszeichen gewählt wurde."

Der Standpunkt des Revisionswerbers in seinem Rechtsmittel lässt sich nun dahin zusammenfassen, dass der Beklagte im Hinblick auf diese zitierte Übergangsbestimmung auf Grund des dem Richtungspfeil widersprechenden weiteren Verkehrszeichens (nämlich "Einfahrt verboten" mit Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer und Radfahrer") entsprechend der Rechtslage vor der Fassung der 20. Novelle den Radweg der Eisengasse in der von ihm tatsächlich benützten Fahrtrichtung befahren durfte und ihm daher gegenüber der Klägerin auch der Rechtsvorrang zukam. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.

Dies aus folgenden weiteren Erwägungen:

Durch das Gebotszeichen nach § 52 Z 17a lit b StVO war bloß klargestellt, dass der vom Beklagten benützte und solcherart gekennzeichnete Geh- und Radweg ein solcher war, bei dem der Fußgänger- und Fahrradverkehr getrennt geführt werden (Gesetzestext zur zitierten Norm). Anders als seit der neuen Gesetzeslage war nach der alten im Gesetz nicht klar geregelt, in welcher Fahrtrichtung ein solcher Radfahrweg benutzt werden musste (bzw durfte); der Oberste Gerichtshof vertrat hiezu die - auch vom überwiegenden Schrifttum bejahte - Ansicht, dass ein solcher grundsätzlich für beide Fahrtrichtungen benützt werden konnte (ZVR 1997/83 mwN, insb zum Schrifttum; zuletzt ZVR 1999/34; RIS-Justiz RS0105938, 0073364). Gerade diese aufgezeigte gesetzgeberische Unklarheit war - wie den bereits zitierten Materialien zu entnehmen ist - Anlass und Auslöser für den Novellengesetzgeber zur nunmehr getroffenen eindeutigen Klarstellung. Dabei übersieht der Revisionswerber auch das - seiner Auffassung nach für, tatsächlich jedoch gegen ihn sprechende - Verhältnis der Gebotsnormen des § 52 Z 17a lit b iVm § 68 Abs 1, § 8a StVO einerseits sowie des Verbotszeichens nach § 52 lit a Z 2 iVm § 54 Abs 1 StVO andererseits: Nach letzterer Bestimmung (Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer und Radfahrer") durfte der beschriebene Weg zwar ua auch von Radfahrern wie dem Beklagten grundsätzlich befahren werden, hiedurch wurde jedoch - wie er offenbar vermeint - die Anordnung des § 8a StVO keineswegs obsolet, sondern vielmehr durch diese nur klargestellt, dass diese (an sich erlaubte) Benützung des Radweges eben nur in einer, nämlich in der Gegenrichtung des Beklagten zulässig und erlaubt war. Dass hiebei die durch Richtungspfeile vorgeschriebene Fahrtrichtung nicht durch eine auf § 43 StVO gestützte Verordnung festgelegt worden wäre, behauptet auch der Revisionswerber nicht. Nur wenn es an einer solchen fehlte (gefehlt hätte), wäre unter Umständen eine verwaltungsrechtliche Bestrafung unzulässig (Messiner, aaO Anm 2 zu § 8a). Auch dass die vorhandenen Richtungspfeile nicht im Sinne des § 19 der Bodenmarkierungsverordnung BGBl 1995/848 ausgeführt gewesen seien, wurde nicht behauptet und ist auch sonst im Verfahren nicht hervorgekommen (vgl hiezu auch Dittrich/Stolzlechner, aaO Rz 4 zu § 8a und Rz 62 zu § 9). Nur im Falle des Fehlens (oder der nicht verordnungsgemäßen Anordnung und Kundmachung oder fehlender Wahrnehmbarkeit derselben: Dittrich/Stolzlechner, aaO Rz 5 zu § 8a) solcher Richtungspfeile hätte der gegenständliche Radweg sohin in beiden Fahrtrichtungen befahren werden dürfen (Dittrich/Stolzlechner, aaO). Gerade im Hinblick auf die sachverhaltsmäßig hervorgekommenen gravierenden Sichtbehinderungen durch das Buschwerk sah sich jedoch der Verordnungsgeber (offensichtlich) veranlasst, die Fahrtrichtung durch entsprechende Richtungspfeile zu reglementieren, um so eben die evidente Gefahr einer Behinderung, Gefährdung, ja letztlich auch von Zusammenstößen von Radfahrern untereinander zu verhindern. Dem Beklagten kam daher auch aus der Übergangsregelung des § 104 Abs 9 StVO keine Erlaubnis zum Befahren auch in der entgegengesetzten Fahrtrichtung zu; damit kam ihm aber auch nicht der von ihm beanspruchte Rechtsvorrang gegenüber der Klägerin zu (ZVR 1992/142; Messiner, aaO Anm 2). Auf die in der Revision hiezu begehrte (weitere) Feststellung, wonach der Klägerin bekannt gewesen sei, dass auf dem Radweg, auf dem sich "der Kläger" (gemeint wohl: Beklagte) der Kollisionsstelle näherte, ständig Radfahrer in den von der Klägerin benützten Geh- und Radweg einbiegen; lediglich ältere Radfahrer, sie sich der Kollisionsstelle aus Anfahrtsrichtung des Beklagten nähern, bleiben nach Wahrnehmungen der Klägerin vor Einfahrt in den Kreuzungsbereich stehen; kommt es daher nicht entscheidungsrelevant an. Im Hinblick auf den aufgezeigten Schutzgesetzverstoß schlägt auch die vom Erstgericht getroffene und vom Berufungsgericht übernommene Negativfeststellung über ein allfälliges Ausweichmanöver der Klägerin vor der Kollision auf den für Fußgänger gewidmeten Teil des Weges zu Lasten und nicht zu Gunsten des Beklagten durch (ZVR 1999/99; RS0102234).

Weder die Haftungsvoraussetzung nach § 1310 ABGB noch die Höhe der einzelnen Zuspruchspositionen bilden im Revisionsverfahren einen Streitpunkt. Diesbezüglich kann daher auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Aufhebung des Ersturteils hinsichtlich seiner abweislichen Sachentscheidung zum Feststellungsbegehren ist mangels Rekurszulassung (§ 519 Abs 2 ZPO) ebenfalls nicht Gegenstand der oberstgerichtlichen Überprüfung. Ob die vom Berufungsgericht insoweit angeordnete Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist, könnte der Oberste Gerichtshof als reine Rechtsinstanz im Übrigen ohnedies nicht überprüfen (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 5 zu § 519; 2 Ob 151/00w).

Der Revision war daher keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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