Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Über das Vermögen des Klägers wurde am 30. 10. 2006 der Konkurs eröffnet. Am 21. 8. 2007 wurde das Konkursverfahren wieder aufgehoben.
Der Kläger behauptet, dass sich der Beklagte ihm gegenüber zur ratenweisen Zahlung von rund 50.000 EUR für - nicht konkret bezeichnete - Leistungen im Zusammenhang mit einer Betriebsübernahme verpflichtet hätte und macht die fälligen Raten geltend.
Der Beklagte bestreitet den Abschluss jeglicher Zahlungsvereinbarung. Selbst wenn man davon ausginge, so wäre die begehrte Zahlung bei weitem überhöht (laesio enormis). Würde der Beklagte zur Zahlung verpflichtet werden, so müsste das Nachtragsverteilungsverfahren gemäß § 138 KO eingeleitet werden.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Kläger habe nach Eröffnung des Konkursverfahrens eine Vereinbarung getroffen, die die Konkursmasse betroffen habe. Das Geschäft sei vom Masseverwalter nicht genehmigt worden. Die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung sei daher nicht rechtswirksam zustandegekommen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision nachträglich zu. Die Anfang November 2006 getroffene mündliche Vereinbarung sei wegen des Konkurses über das Vermögen des Klägers absolut nichtig.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag auf Klagsstattgebung, in eventu Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs begründe die Eröffnung des Konkursverfahrens nur die relative Nichtigkeit der danach gesetzten Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, und zwar gegenüber den Konkursgläubigern, nicht aber gegenüber dem Vertragspartner.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 3 KO - das IRÄG 2010 ist auf den vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden - führt die Konkurseröffnung nur zur relativen Unwirksamkeit von Rechtshandlungen des Gemeinschuldners. Sie führt nicht zu einer allgemeinen Beschränkung seiner Handlungsfähigkeit. Der Gemeinschuldner bleibt vielmehr vollkommen verpflichtungsfähig. Allerdings sind die die Masse betreffenden Rechtshandlungen des Gemeinschuldners den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Der Gemeinschuldner ist jedoch ebenso wie sein Vertragspartner gebunden (RIS-Justiz RS0063784; RS0063835). Eine nach Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner vorgenommene Rechtshandlung hat im Verhältnis zwischen ihm und dem beteiligten Dritten ihre volle Wirkung (8 Ob 143/01i). Dem Dritten gegenüber ist die Wirksamkeit der Rechtshandlungen des Gemeinschuldners so zu beurteilen, als wäre der Konkurs gar nicht anhängig (1 Ob 530/93). Von der Konkursaufhebung an sind alle vorher vom Gemeinschuldner vorgenommenen Rechtshandlungen, die nach § 3 KO relativ unwirksam waren, wirksam. Die Unwirksamkeit solcher Rechtshandlungen dauert nicht über den Konkurs hinaus (RIS-Justiz RS0063803).
2. Die Vorinstanzen sind demgegenüber zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Rechtshandlung des Klägers (Vertragsabschluss mit dem Beklagten) absolut nichtig sei. Ihre Entscheidungen sind daher aufzuheben und die Rechtssache ist an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen. Das Erstgericht wird im zweiten Rechtsgang zunächst den Kläger aufzufordern haben, zu konkretisieren, für welche Leistungen er die Zahlung beansprucht, zumal nach österreichischem Recht abstrakte Verpflichtungsgeschäfte unwirksam sind (Wiebe in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 859 Rz 27 mwN). Sodann wird es sich mit den Einwendungen des Beklagten zur Höhe des Anspruchs auseinanderzusetzen haben.
Sollte sich mit Abschluss des Verfahrens eine Zahlungspflicht des Beklagten ergeben, wäre das Konkursgericht iSv § 138 KO (IO) zu verständigen.
3. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)