Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 2.719,20 (darin keine Barauslagen und S 247,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 5. Juni 1984 wurde bei einem Verkehrsunfall der LKW des Klägers, Kennzeichen Nr. B 222.574, beschädigt. Die Haftung der Beklagten für den aus dem Unfall dem Kläger entstandenen Schaden ist dem Grunde nach unbestritten.
Der Kläger begehrte den Zuspruch von S 24.000,- s.A., da er infolge Beschädigung seines LKW's seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Firma W*** mbH nicht nachkommen konnte, an deren Baustelle in der Karmaschgasse 67 in Wien 10., am 12. Juni 1984 mit den Arbeiten zu beginnen. Dem Kläger sei es nämlich trotz heftigster Bemühungen nicht möglich gewesen, einen Ersatz-LKW zu mieten. Er habe daher die Arbeiten erst mit fünftägiger Verspätung aufnehmen können. Hiefür sei ihm von der W*** mbH ein vertragsmäßig festgesetzes Pönale in der Höhe von S 57.300,- in Rechnung gestellt worden. Dem Kläger sei es schließlich gelungen, diese Forderung mit S 24.000,- zu vergleichen. Diesen Betrag habe er an die W*** mbH bezahlt.
Richtig sei, daß dem Kläger für den Verdienstentgang bereits nach dem Durchschnittstarif für das Güterbeförderungsgewerbe Ersatz geleistet worden sei. Die Pönaleforderung sei aber ein zusätzlicher Schaden, welcher hiemit noch nicht abgegolten worden sei. Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, der Verdienstentgang durch Ausfall des LKW-Zuges während der Reparatur der unfallbedingten Schäden sei vergleichsweise im Umfang des Durchschnittstarifes für das Güterbeförderungsgewerbe geregelt und auch bezahlt worden. Die eingeklagten "Mehrkosten" seien ein zusätzlicher Betrag, der dem Kläger nicht zustehe, da es sich um einen mittelbaren Schaden handle. Darüber hinaus wäre der Kläger verpflichtet gewesen, zur Schadensminderung einen Ersatz-LKW einzusetzen. Die Kosten eines Ersatzfahrzeuges seien mit der erbrachten Dienstentgangsentschädigung abgegolten worden.
Außer Streit gestellt wurde, daß vom Kläger S 24.000,- an die W*** mbH bezahlt wurden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:
Am 6. Juni 1985 kam es zwischen dem von der Firma Leopold J*** gehaltenen und bei der Beklagten haftpflichtversicherten LKW, Kennzeichen Nr. W 749.536, und dem LKW des Klägers, Kennzeichen B 222.574, auf einer Baustelle in 1230 Wien, Erlaaerstraße, zu einem Verkehrsunfall. Die Haftung für die am Fahrzeug des Klägers erforderlichen Reparaturarbeiten wurden von der Beklagten anerkannt und diese bereits bezahlt. Ebenso wurde dem Kläger Verdienstentgang über den Ausfall des LKW-Zuges des Klägers (vergleichsweise) im Umfang des Durchschnittstarifes für das Güterbeförderungsgewerbe bezahlt. Der beschädigte LKW des Klägers wurde noch am Unfallstag in die Reparaturwerkstätte geführt, die Fertigstellung der Reparaturarbeiten erfolgte dreizehn Tage nach der Kollision. Der Sohn des Klägers, Robert F***, versuchte noch am Unfallstag, ein Ersatzfahrzeug für den beschädigten LKW zu finden, da er zur Einhaltung der Verträge mit anderen Firmen unbedingt ein derartiges Fahrzeug benötigte. Die Firma B*** sagte kurzfristig Hilfe zu, da sich die Baustelle, auf welcher Arbeiten durchzuführen waren (Erlaaerstraße), in unmittelbarer Nähe des Firmensitzes dieser Firma befand. Da aber der Fuhrpark der Firma B*** an sich ausgelastet und im voraus schon ausgebucht war, sohin die Möglichkeit, mit einem Ersatz-LKW auszuhelfen, lediglich auf besondere Umstände zurückzuführen war, wurde diese Hilfe nur gegen jederzeitigen Widerruf zugestanden und tatsächlich für insgesamt fünf Tage gewährt. In diesen fünf Tagen konnten die Arbeiten an der Baustelle Erlaaerstraße im wesentlichen abgeschlossen werden. Robert F*** war auch bemüht, eine Beschleunigung der Reparatur herbeizuführen, Interventionen bei der Reparaturwerkstätte konnten jedoch eine Stehzeit von dreizehn Tagen nicht verkürzen. Der Kläger hätte am 12. Juni 1987 mit Arbeiten bei der Firma W*** mbH
beginnen sollen, wegen Nichtverfügbarkeit des beschädigten LKW's bzw. eines Ersatzfahrzeuges konnten diese Arbeiten aber erst am 17. Juni 1987 begonnen werden. Ohne diesen Ausfall des LKW's hätte mit den Arbeiten rechtzeitig begonnen werden können. Für diese Verzögerung wurden dem Kläger von der W*** mbH
ursprünglich etwa S 55.000,- in Rechnung gestellt (Ausfall einer Zimmererpartie für zumindest drei bis vier Tage), die infolge massiver Bemühungen des Robert F*** im Vergleichswege auf schließlich insgesamt S 24.000,- reduziert werden konnten. Dieser Betrag wurde vom Kläger bereits beglichen.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß es sich bei dem eingeklagten Schaden um einen außerhalb des Rechtswidrigkeitszusammenhanges liegenden Drittschaden handle. Der Verzögerungsschaden sei nämlich nicht beim Kläger als unmittelbar Geschädigten eingetreten, sondern bei der W*** mbH. Er sei auf Grund der Vertragsgestaltung lediglich auf den Kläger überwälzt worden.
Infolge Berufung des Klägers änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Klagsstattgebung ab, wobei lediglich ein Zinsenmehrbegehren abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig sei, gelangte jedoch, ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes, zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung; das Auslösen der Verpflichtung zur Zahlung des Pönales sei die Zufügung eines positiven Schadens; dieser bestehe hier im Entstehen einer Verbindlichkeit, die im Vermögen des Klägers, also des unmittelbar Geschädigten, eingetreten sei. Sie sei die adäquate Folge des mit der Sachbeschädigung verbundenen Gebrauchsentganges und daher vom Schutzzweck jener Norm umfaßt, die den Eingriff in fremdes Eigentum, verbiete. Es handle sich hier um einen Fall der aus der Sachbeschädigung folgenden, für den Sacheigentümer nachteiligen Leistungsstörung. Vergleichbar sei der Fall der Beschädigung oder Zerstörung einer bereits gewinnbringend verkauften (noch nicht übergebenen) Sache. Der Verlust des günstigen Geschäftes sei ein vom Rechtswidrigkeitszusammenhang umfaßter Folgeschaden. Das Pönale sei ferner nichts anderes als eine Verringerung des Werklohnes des Klägers als Folge der Sachbeschädigung. Es stelle sich so als eine Einbuße seines im Betrieb erzielbaren Einkommens, als Verdienstentgang im weiteren Sinn, dar. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Beschädigung des LKW's des Klägers und der Aktualisierung der Pönaleverpflichtung sei daher gegeben. Daß der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, das Pönale zu bezahlen - etwa mangels Verschulden am Verzug - behaupte die Beklagte gar nicht. Das Versprechen eines verschuldensunabhängigen Pönales sei zulässig. Die Beklagte vertrete die Rechtsauffassung, daß mit der Bezahlung von Verdienstentgang für sämtliche Stehtage nach dem Durchschnittstarif auch der klagsgegenständliche Schaden abgegolten sei. Dem sei entgegenzuhalten, daß der Tarif nur den Ersatz für den Entgang jener Einnahmen vorsehe, welche beim Betrieb des LKW's als Entgelt für die auftragsgemäße Güterbeförderung erzielt worden wären. Nun müsse aber zugebilligt werden, daß dem Kläger ein solcher Verlust während der gesamten Stehzeit seines LKW's entstanden sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Auftrag der W*** mbH nicht storniert, sondern
lediglich mit fünftägiger Verspätung (und entsprechender Verdiensteinbuße in Gestalt des Pönales) ausgeführt worden sei. Der Kläger habe fünf Tage länger als ursprünglich vorgesehen an dieser Baustelle arbeiten müssen und habe dadurch anderweitige Verdienstmöglichkeiten versäumt oder aber er habe zusätzlich ein Ersatzfahrzeug heranziehen müssen, um die verlorene Zeit aufzuholen. Wie immer man es betrachte, dem Kläger fehle im Rahmen der gesamten Nutzungsdauer des LKW's jedenfalls die Einsatzmöglichkeit desselben während der unfallsbedingten Stehzeit, denn es könne ja nicht angenommen werden, daß durch den Unfall die Lebensdauer des Fahrzeuges verlängert werde. Der Unternehmer erleide daher durch die unfallsbedingte Stehzeit jedenfalls einen Gewinnentgang unabhängig davon, ob die gerade laufenden Aufträge storniert oder verspätet ausgeführt würden. Auf diese Art des Verdienstentganges stellten die Durchschnittssätze der Tarifempfehlung ab. Es zeige sich sohin, daß der klagsgegenständliche Schaden zu dem durch die Stehtage bedingten Umsatzausfall hinzutreten und daher mit der einvernehmlichen Pauschalierung des Umsatzverlustes nach den Durchschnittssätzen der Tarifempfehlung weder verglichen noch abgegolten sei, zumal der Kläger von Anfang an den Ersatz dieses Schadens zuzüglich der Durchschnittssätzen begehrt habe.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), jedoch nicht berechtigt.
Die Beklagten führen in dem Rechtsmittel aus, ein Pönale sei ein pauschalierter Schadenersatz. Aus dem Begriffsinhalt folge, daß der Schaden ursprünglich und typischerweise bei dem aus der Vereinbarung Berechtigten eintrete und vom Verpflichteten zu ersetzen sei. Berechtigter aus der Pönalevereinbarung sei im gegenständlichen Fall die Auftraggeberin des Klägers. Es handle sich also, wie das Erstgericht richtig erkannt habe, um einen typischen Drittschaden, der vom Schutzzweck der verletzten Norm nicht umfaßt gewesen sei. Den fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang vermöge die Kausalität zwischen Beschädigung des LKW's und Pönaleverpflichtung des Klägers, auf die das Berufungsgericht abstelle, nicht zu ersetzen. Das Berufungsgericht übersehe, daß Folgeschäden nur in besonderen Ausnahmefällen ersatzfähig seien, wie etwa der Unterhaltsentgang der Hinterbliebenen gemäß § 1327 ABGB. Folge man der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, dann müßte auch der Schaden des Dienstgebers, der seinen verletzten Dienstgeber den Lohn weiterzahle, hiefür aber keine Leistung erhalte, ersatzfähig sein; denn auch hier löse die schädigende Handlung die Lohnfortzahlungsverpflichtung aus. Diese wäre nach dem dargelegten Gedankengang des Berufungsgerichtes ein positiver Schaden. Grundsätzlich wäre jeder mittelbar Geschädigte, dessen Vermögensnachteil durch die schädigende Handlung ausgelöst wird, forderungslegitimiert. Dieser Standpunkt würde gerade zu der von der Rechtsprechung bisher stets abgelehnten unübersehbaren Ausuferung der Schadenersatzansprüche führen.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Im vorliegenden Fall ist die Frage entscheidend, ob der dem Kläger durch die Zahlung der Konventionalstrafe entstandene Schaden einen unmittelbaren oder einen außerhalb des Rechtswidrigkeitszusammenhanges liegenden mittelbaren Schaden darstellt.
Mittelbar ist ein Schaden dann, wenn er nicht in der Richtung des Angriffs, sondern infolge einer Seitenwirkung in der Interessensphäre eintritt, die nicht durch das Verbot des Angriffs geschützt ist (SZ 47/140 ua).
Gemäß § 1295 Abs 1 ABGB ist jedermann berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welcher dieser ihm aus Verschulden (rechtswidrig) zugefügt hat, zu fordern. Der im § 1295 ABGB verwendete Ausdruck "jedermann" ist nicht wörtlich zu verstehen, sondern bezieht sich nur auf den unmittelbar durch die rechtswidrige Handlung Verletzten bzw. aus dem Schuldverhältnis Berechtigten, nicht auch auf den durch Nicht- oder Schlechterfüllung eines Vertrages mittelbar geschädigten Dritten (ZVR 1977/295; JBl 1986, 650 uva).
Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Vermögen einer Person im Fall einer Schädigung kein absoluter Schutz zu; vielmehr steht nach der Lehre vom Schutzzweck der Norm nur dem unmittelbar Geschädigten ein Ersatzanspruch zu. Die Verursachung eines Vermögensschadens macht somit nur dann ersatzpflichtig, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung etwa aus der Verletzung vertraglicher Pflichten, aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übertretung von Schutzgesetzen ableiten läßt (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 20 f; SZ 52/93; SZ 56/119; JBl 1985, 38; RdW 1986, 240; JBl 1986, 650 ua).
Im vorliegenden Fall wurde durch die von der Beklagten zu vertretende Beschädigung des im Eigentum des Klägers stehenden LKW's die Verpflichtung des Klägers zur Bezahlung einer Konventionalstrafe an seinen Vertragspartner, die W*** mbH, ausgelöst. Die Vertrags- oder Konventionalstrafe ist eine Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung verspricht. Sie hat den Zweck, Nachteile auszugleichen, die dem Gläubiger aus der Vertragsverletzung entstehen können. Die Vertragsstrafe ist somit pauschalierter Schadenersatz, der an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung tritt (EvBl 1979/170; RZ 1976/90 ua). Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, entstand durch die Bezahlung der Konventionalstrafe dem Kläger ein positiver Vermögensschaden, als Folge der durch die Sachbeschädigung verursachten, für den Kläger als Sacheigentümer nachteiligen Leistungsstörung. Dem Berufungsgericht ist auch beizupflichten, daß der Kläger als unmittelbar Geschädigter anzusehen ist und die Verpflichtung zur Zahlung der Konventionalstrafe einen vom Rechtswidrigkeitszusammenhang umfaßten zusätzlichen Folgeschaden darstellt, der durch die Bezahlung des Verdienstentganges für die Stehtage nach dem Durchschnittstarif für das Güterbeförderungsgewerbe nicht abgegolten wurde.
Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Kläger dadurch, daß er, ohne hiezu verpflichtet zu sein, die Konventionalstrafe an die W*** mbH bezahlt habe,
wurde von der Beklagten in erster Instanz nicht geltend gemacht. Auf Grund der unbekämpften Feststellung des Erstgerichtes kann dem Kläger aber auch keine Verletzung der Schadensminderungspflicht im Zusammenhang mit der versuchten Anmietung eines Ersatz-LKW's angelastet werden.
Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht das Klagebegehren in der Hauptsache für gerechtfertigt erkannt. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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