OGH 2Ob142/01y

OGH2Ob142/01y20.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef L*****, vertreten durch Tusch-Flatz-Dejaco, Anwaltspartnerschaft in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Bernhard Paul S*****, vertreten durch Achammer, Mennel, Welte und Partner, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen EUR

13.362,14 (= S 183.867) sA und Feststellung (Streitwert EUR 3.633,64

= S 50.000) über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss

des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. März 2001, GZ 2 R 51/01v-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 2. Jänner 2001, GZ 8 Cg 208/99m-38 aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte betreibt auf dem "D***** Älpele" eine Landwirtschaft und eine Schutzhütte. Zu dieser führt ein Güterweg, der im Eigentum der Güterweggenossenschaft W*****-Älpele steht und von Betreibern der Land- und Forstwirtschaft benützt wird, weiters von Anrainern, Übernachtungsgästen der Schutzhütte, Schitourengehern und Rodlern. Am Beginn des Weges ist eine Fahrverbotstafel mit dem Zusatz angebracht, dass für die Benützung mit PKW ein Berechtigungsschein erforderlich ist. Der Beklagte benützte den Güterweg sowohl mit dem Traktor als auch im Winter mit einem Motorschlitten (Skidoo) der auch mit angehängtem beladenen Transportschlitten die Geschwindigkeit von 20 km/h erreichen kann. Die Güterweggenossenschaft hatte gegen die Benützung des Weges durch den Beklagten nichts einzuwenden; eine ausdrückliche Berechtigung wurde nicht erteilt. Am 31. 12. 1998 fuhr Wolfgang G***** mit dem Motorschlitten des Beklagten bergwärts, um auf einem angehängten Transportschlitten Proviant und Gepäck der Gäste zu transportieren. Darüber hinaus führte er eine Beifahrerin mit. Zur gleichen Zeit fuhr der Kläger mit einer Rodel talwärts. Als er den Motorschlitten passierte, streifte er den Transportschlitten und verletzte sich am Knie.

Der Kläger begehrt Schadenersatz von S 183.867 und die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden mit der Behauptung, Wolfgang G***** treffe das Alleinverschulden an diesem Unfall, weil er mit einer für die gegebenen Verhältnisse überhöhte Geschwindigkeit gefahren sei. Als dieser aufgrund der Annäherung des talwärts rodelnden Klägers abgebremst habe, sei der nachgezogene Schlitten unmittelbar vor dem Passieren durch dem Kläger nach links ausgeschert. Dieser habe trotz sofortiger Reaktion nicht ausweichen können. Der Beklagte hafte als Halter, weil auf dem Motorschlitten die Bestimmungen des EKG anzuwenden sind.

Der Beklagte wendete ein, ein Motorschlitten sei kein Kraftfahrzeug im Sinne des KFG, weshalb die Haftungsbestimmungen dieses Gesetzes nicht anzuwenden seien. Der Güterweg zum D*****-Älpele sei für den öffentlichen allgemeinen Verkehr gesperrt und dürfe nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Genossenschaft gegen Entgelt benützt werden. Im Winter, bei geschlossener Schneedecke sei der Weg überhaupt nicht befahrbar und für jeglichen Verkehr gesperrt. Der Kläger habe den Unfall allein verschuldet. Er hätte bei Annäherung an den Motorschlitten die Rodel abbremsen und die Fahrt unterbrechen müssen. Er hätte wegen der sehr geringen Breite der Rodelbahn nicht den Versuch wagen dürfen, sich am Motorschlitten in relativ zügiger Fahrt vorbeizuzwängen. Wolfgang G***** treffe kein wie immer geartetes Verschulden, weil er den Motorschlitten rechtzeitig angehalten habe, um ein Passieren der beiden Rodler zu ermöglichen; dadurch sei jede vom Motorschlitten ausgehende Gefahr beseitigt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es traf noch folgende weitere Feststellung:

Die Fahrbahn war am Nachmittag des 31. 12. 1998 zwar vereist, aber dennoch griffig. Sie bildete eine "Wanne" dadurch, dass sie bergseitig von einer Böschung und talseitig von erhöhtem unbefestigten Schnee abgegrenzt war. Die gegenseitige Sicht im Bereich der Unfallstelle beträgt zwischen 80 und 100 m. Als der Kläger sah, dass der Motorschlitten nach rechts ausweicht, entschloss er sich, am Motorschlitten vorbeizufahren. Er ging davon aus, dass er ungehindert vorbeifahren könne, hätte aber auch jederzeit vor dem Motorschlitten die Rodel zum Stehen bringen können. Aufgrund des rechtsseitigen Schneewalls wurde der Transportschlitten abgewiesen und fuhr längere Zeit in Annäherung an die spätere Unfallstelle mit einen Querversatz in Richtung Fahrbahnmitte. Diese Situation bestand sicher über einen Bereich von 20 bis 40 m. Aus einer Entfernung von ca 40 m war für den Rodler erkennbar, dass der Transportschlitten mit einem Querversatz von zumindest 30 bis 45 Grad hinter dem Motorschlitten fuhr. Seit welchem Zeitpunkt der Kläger diesen Querversatz des Schlittens tatsächlich wahrnehmen konnte, hängt davon ab, in welchen Umfang seine Sicht durch die Beifahrerin eingeschränkt war.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, bei einem Motorschlitten handle es sich wegen seiner Fortbewegung auf Raupenbändern um ein Sonderkraftfahrzeug im Sinn des § 2 Abs 1 Z 23 KFG, das von der Anwendung der Bestimmungen des KFG ausgenommen sei. Die Normen des KFG seien auf Kraftfahrzeuge solcherart nur sinngemäß anzuwenden. Da auch § 2 Abs 2 EKHG auf den vom KFG verwendeten Kraftfahrzeugbegriff verweise, sei ein Motorschlitten auch kein Kraftfahrzeug im Sinn des EKHG. Eine analoge Anwendung des EKHG komme daher nicht in Betracht. Mangels eines Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen hafte der Beklagte auch nicht für seinen Gehilfen. Eine Bewilligung nach § 6 des Vorarlberger Sportgesetzes sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich bei dem Güterweg um eine Straße mit öffentlichen Verkehr handle, die nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehe.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf, trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Rekurs zulässig sei. Es stellte seinen rechtlichen Ausführungen voran, dass die Bestimmungen des EKHG nach seinem § 1 auf Unfälle beim Betrieb einer Eisenbahn oder eines Kraftfahrzeuges anzuwenden seien. Der Begriff des Kraftfahrzeuges sei nach § 2 Abs 2 EKHG im Sinn des KFG 1967 auszulegen, doch sei das EKHG auf Kraftfahrzeuge, denen nach ihrer Bauart und ihrer Ausrüstung dauernd gewährleistet sei, dass mit ihnen auf gerader waagrechter Fahrbahn bei Windstille eine Geschwindigkeit von 10 km/h in der Stunde nicht überschritten werden könne, nicht anzuwenden. Nach § 1 Abs 1 KFG 1967 seien die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, sofern im Absatz 2 nichts anderes festgesetzt sei, auf Kraftfahrzeuge und Anhänger, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs 1 StVO) verwendet würden und auf den Verkehr mit diesen Fahrzeugen auf solchen Straßen anzuwenden. § 1 Abs 2 KFG normiere Ausnahmen unter anderem für Kraftfahrzeuge mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 10 km/h und mit solchen Kraftfahrzeugen gezogene Anhänger; diese Fahrzeuge unterlägen jedoch den §§ 27 Abs 1, 58 und 96 KFG. Für Sonderkraftfahrzeuge im Sinn des § 2 Abs 1 Z 23 und 27 KFG seien die Bestimmungen des KFG nur sinngemäß anzuwenden. Ein Sonderkraftfahrzeug nach § 2 Abs 1 Z 23 KFG sei ein Kraftfahrzeug, das nicht oder nicht ausschließlich auf Rädern laufe, ein Sonderanhänger nach § 2 Abs 1 Z 27 KFG ein Anhänger der nicht ausschließlich auf Rädern laufe. Da der Motorschlitten des Beklagten teils auf einer Kette, teils auf Kufen laufe, der verwendete Transportanhänger ausschließlich auf Kufen träfen auch sie die Begriffsbestimmungen des § 2 Z 23 und 27 KFG zu. Von der Bedeutung sei die Begriffsbestimmung des § 2 Z 1 KFG wonach als Kraftfahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes und auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch freigemachte Energie angetrieben werde und nicht an Gleise gebunden sei, gälte. Der Motorschlitten des Beklagten samt Transportanhänger sei dann als Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Abs 1 KFG anzusehen, wenn er auf Straßen verwendet werde. Daran ändere nichts, dass er ein Sonderkraftfahrzeug sei, weil auf diesem die Bestimmungen des KFG - wenn auch nicht uneingeschränkt - gälten. Ob das EKHG auf den vorliegenden Unfall anzuwenden sei, hänge davon ab, ob der Güterweg zum D*****-Älpele als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs 1 StVO anzusehen sei. Die Frage, ob es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handle sei nach ihrer Benützung zu beurteilen. Entscheidend sei die Bestimmung (Widmung) für den allgemeinen Gebrauch. Ein Verkehr finde dann statt, wenn eine Straße oder eine andere dafür bestimmte Landfläche von Fahrzeugen oder Fußgängern mit einer gewissen Regelmäßigkeit benützt werde. Könne eine Straße von jedermann, und seien es auch nur Fußgänger, unter den gleichen Bedingungen benützt werden, seien auf diese Verkehrsflächen die Bestimmungen der StVO anwendbar. Aus der Tafel "Fahrverbot" könne für sich allein nicht geschlossen werden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handle, weil damit keineswegs ein Verbot der allgemeinen Benützung ausgesprochen werde. Auch eine Forststraße gelte dann als Straße mit öffentlichem Verkehr, wenn sie gegen allgemeines Befahren abgesperrt sei. Auch eine Straße, die nur gegen Entrichtung einer von jedermann unter den gleichen Bedingungen verlangten Maut benützt werden dürfe, sei als Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen. Da nach dem maßgeblichen äußeren Anschein der Güterweg auch bei Schneelage von Fußgängern und Rodlern frei benutzt habe werden dürfen, sei er als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinn des § 1 Abs 1 StVO anzusehen. Der Beklagte hafte daher unabhängig von eigenem Verschulden oder einem Verschulden des Fahrers, soferne nicht die Haftungsbefreiung nach § 9 EKHG zu Gute komme. Ein derartiges Vorbringen sei allerdings im Verfahren erster Instanz nicht erstattet worden.

Das Berufungsgericht erachtete allerdings weitere Feststellungen über den Unfallshergang zur Beurteilung des vom Beklagten eingewendeteten Mitverschuldens des Klägers für erforderlich.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil zur Frage der Anwendung des EKHG auf einen Motorschlitten (Skidoo) noch nicht Stellung genommen worden sei.

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht dargelegten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger nimmt den Beklagten als Halter eines Motorschlittens direkt in Anspruch. Ein allenfalls haftungsbegründendes unmittelbares Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen wurde nicht behauptet und ist auch nicht zu Tage getreten. Bei dem in der Entscheidung 1 Ob 325/90x (= ZVR 2001/18) zu beurteilenden Sachverhalt, bei welchem ebenfalls der Unfall eines Rodlers mit einem Motorschlitten zu beurteilen war, bestand ein solches Vertragsverhältnis zwischen dem Halter des Motorschlittens und dem verletzten Rodler, weshalb der Halter des Motorschlittens für das Verschuldens seines Gehilfen (§ 1313a ABGB) einzustehen hatte.

Hier liegt ein derartiges Vertragsverhältnis nicht vor, weshalb eine unmittelbare Inanspruchnahme des Halters des Motorschlittens nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 EKHG gegeben wäre. Voraussetzung der Anwendbarkeit des EKHG ist, dass sich der Unfall beim Betrieb einer Eisenbahn oder beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges ereignet hat. Nach § 2 Abs 2 leg cit ist der Begriff des Kraftfahrzeuges im Sinn des Kraftfahrgesetzes 1967 BGBl Nr 267 auszulegen. Soweit sich aus dem vorliegenden Bundesgesetz nichts anderes ergibt, ist dieses auf Kraftfahrzeuge, bei denen nach ihrer Bauart und ihrer Ausrüstung dauernd gewährleistet ist, dass mit ihnen auf gerader waagrechter Fahrbahn bei Windstille eine Geschwindigkeit von 10 km in der Stunde nicht überschritten werden kann, nicht anzuwenden (§ 2 Abs 2 letzter Satz EKHG). Die Bestimmung des KFG 1967 definiert in § 2 Z 1 das Kraftfahrzeug als ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, dass durch technisch freigemachte Energie angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, auch wenn seine Antriebsenergie aus Oberleitungen entnommen wird. Obwohl hier nur von Straßen gesprochen wird, ohne zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen zu unterscheiden, wird in § 1 Abs 1 KFG der Anwendungsbereich des KFG ausdrücklich auf KFZ und Anhänger, die auf Straßen mit öffentlichen Verkehr verwendet werden und auf den Verkehr mit diesen Fahrzeugen auf solchen Straßen festgelegt. Nach § 2 Abs 1 Z 23 KFG sind Kraftfahrzeuge, die nicht oder nicht ausschließlich auf Rädern laufen sowie ein Einachszugmaschinen, die mit einem anderen Fahrzeug oder Gerät so verbunden sind, dass sie mit diesen ein einziges Kraftfahrzeug bilden, Sonderkraftfahrzeuge. Nach § 1 Abs 2 lit b KFG sind die Abschnitte II - XI dieses Gesetzes unter anderem auf Sonderkraftfahrzeuge, mit denen im Rahmen ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung Straßen mit öffentlichem Verkehr nur überquert oder auf ganz kurzen Strecken oder gemäß § 50 Z 9 StVO 1960 als Baustelle gekennzeichnete Strecken befahren werden, nicht anzuwenden. Nach § 1 Abs 3 KFG sind aber die Bestimmungen dieses Gesetzes auf Sonderkraftfahrzeuge und Sonderanhänger (§ 2 Z 23 und 27) sinngemäß anzuwenden.

Motorschlitten (auch Überschneefahrzeuge, oder Skidoo: siehe Grundtner KFG5 Anm 4 zu § 1) sind Schneegeländefahrzeuge, also Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Ausrüstung zum Befahren einer Schnee- oder Eisdecke geeignet sind. Sie sind motorgetrieben und unabhängig von irgendwelchen Leitungen. Sie weisen in der Regel eine Länge von etwa 2,5 m, eine Breite von etwa 1 m und je nach Ausstattung und Zubehör ein Gewicht bis zu 50 kg auf. Überdies können mit ihnen zumeist zwei Personen transportiert werden; häufig lässt sich an ihnen auch ein Anhänger befestigen (vgl dazu Dittrich/Reindl/Stabentheiner Sicherung im freien Schiraum - Motorschlitten ZVR 1997, 398 f). Diese Fahrzeuge sind wegen ihrer Fortbewegung auf Raupenbändern Sonderkraftfahrzeuge gemäß § 2 Abs 1 Z 23 KFG.

Im vorliegenden Fall wurde der Motorschlitten auf einem Güterweg, an welchem am Beginn eine Fahrverbotstafel mit dem Zusatz angebracht war, dass für die Benützung mit PKW ein Berechtigungsschein erforderlich ist, verwendet. Der Weg wurde von Betreibern der Land- und Forstwirtschaft, weiters von Anrainern, Übernachtungsgästen der Schutzhütte, Schitourengehern und Rodlern benützt.

Für die Wertung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt oder ein langer Gemeingebrauch nicht entscheidend, sondern lediglich das Merkmal des Fußgänger- oder Fahrzeugverkehrs; eine Straße kann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn einerseits jedermann faktisch in der Lage ist, die Straße zu benützen und anderseits keine für die Straßenbenützer sichtbare Hinweise dafür vorhanden sind (Hinweiszeichen oder Schranken), dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (Grundtner KFG5 E 1 zu § 1). Eine Straße mit öffentlichem Verkehr liegt auch dann vor, wenn der Verfügungsberechtigte auf ihr den allgemeinen, wenn auch unter Umständen auf bestimmte Personengruppen (zB Hotelgäste) beschränkten Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr zulässt. Nur dann, wenn sich der Verfügungsberechtigte die individuelle Zulassung bestimmter Personen zum Fahrzeug- und/oder Fußgängerverkehr auf der Straße für jedermann (zB durch Hinweistafel oder Schranken) erkennbar vorbehält und diese individuelle Zulassung auch im Sinne des Ausschlusses anderer Personen von dieser Benützung durch bestimmte Maßnahmen regelmäßig sicherstellt, liegt eine Straße ohne öffentlichen Verkehr vor. Steht aber die Straße nicht nur für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr vom Verfügungsberechtigten individuell bestimmte Personen, zur Benützung frei, sondern für alle Personen oder für nach generellen Kriterien bestimmte Personengruppen, liegt eine Straße mit öffentlichem Verkehr vor (vgl Messiner StVO10 Anm 3 zu § 1). Auch eine nur von Fußgängern benützte Landfläche dient dem öffentlichen Verkehr (ZVR 1970/187). Da der Güterweg von Fußgängern und Rodlern frei benutzt werden durfte, liegt daher - wie bereits das Berufungsgericht erkannt hat - eine Straße mit öffentlichem Verkehr vor.

Der Motorschlitten des Beklagten wurde daher auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet, weshalb die Bestimmungen des KFG "sinngemäß" zur Anwendung zu kommen haben (§ 1 Abs 3 KFG). Die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 lit b, wonach die Abschnitte II - XI des KFG von der Anwendung für Sonderkraftfahrzeuge (hier Motorschlitten) ausgenommen sind, weil mit ihnen Straßen mit öffentlichem Verkehr nur überquert oder auf ganz kurze Strecken befahren werden, kommt hier nicht zum Tragen, weil hier nicht nur eine ganz kurze Strecke, sondern der Güterweg in der Länge von 3 km befahren wurde. Als ganz kurze Strecke ist nämlich nur eine Strecke von ca 10 m anzusehen (Grundtner KFG5 Anm 4 zu § 1). Die noch in der Regierungsvorlage zur dritten und vierten KFG Novelle (Erläut RV 57 BlgNR 14. GP) geäußerte Annahme, mit derartigen Motorschlitten würden Straßen mit öffentlichem Verkehr nur überquert oder auf ganz kurzen Strecken befahren, weshalb hier eine Ausnahme von den Bestimmungen des II. bis XI. Abschnittes des KFG angezeigt sei, hat sich nicht bewahrheitet, weil, wie auch dieser Unfall zeigt, derartige Motorschlitten sehr wohl Straßen mit öffentlichem Verkehr in einem größeren Umfang befahren werden.

Da daher der Motorschlitten als Kraftfahrzeug anzusehen ist, der auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet wird, sind die Bestimmungen des EKHG auf diesen Unfall anzuwenden. Danach haftet der Halter des Motorschlittens nach den Bestimmungen des EKHG für die beim Betrieb dieses Fahrzeuges entstandenen Schäden. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichtes kann aber nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte habe im Verfahren erster Instanz nicht einmal behauptet, der Lenker des Motorschlittens habe nicht die nach den Umständen des Falles gebotene äußerste Sorgfalt eingehalten, weil jedenfalls vorgebracht wurde, der Fahrer habe den Motorschlitten angehalten, weshalb von diesem keine Gefahr mehr ausgegangen sei. Diese Tatsachenbehauptungen müssen als Vorbringen dahingehend aufgefasst werden, dass vom Fahrer jede gebotene äußerste Sorgfalt eingehalten worden sei.

Soweit das Berufungsgericht noch weitere Feststellungen zur Beurteilung des Sachverhaltes für erforderlich erachtet, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten.

Bei einer Beurteilung eines allfälligen Mitverschuldens des Klägers wird auch auf die Entscheidung ZVR 2001/18 Rücksicht zu nehmen sein, wonach das Gebot des Fahrens auf Sicht auch auf Rodelbahnen zu beachten ist.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte