OGH 2Ob136/20v

OGH2Ob136/20v17.9.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am * verstorbenen J* H*, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ des Sohnes Mag. M* H*, vertreten durch Dr. Alexander Hofmann, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Juni 2020, GZ 48 R 57/20t‑40, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 24. Jänner 2020, GZ 32 A 46/18d‑30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129764

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Im Verlassenschaftsverfahren nach dem am * verstorbenen J* H* wies das Erstgericht ua zwei bestimmte Bankkonten betreffende Auskunftsanträge des Sohnes des Erblassers ab.

[2] Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 30.000 EUR und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

[3] Gegen diesen Beschluss richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Sohnes, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

[4] Diese Aktenvorlage ist verfehlt.

[5] Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist ein Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. § 62 Abs 3 AußStrG gilt nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist (§ 62 Abs 4 AußStrG). Der Auskunftsanspruch der Erben gegenüber der kontoführenden Bank im Verlassenschaftsverfahren ist vermögensrechtlicher Natur (RS0007110 [T7]; RS0122922).

[6] Übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht insgesamt 30.000 EUR und hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig ist, so kann eine Partei einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung); der Antrag muss hinreichend erkennen lassen, warum – entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts – nach § 62 Abs 1 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Mit demselben Schriftsatz ist der ordentliche Revisionsrekurs auszuführen (§ 63 Abs 1 AußStrG).

[7] Dem Rechtsmittelwerber steht also nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Sein Rechtsmittel war nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist.

[8] Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat daher – auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind.

[9] Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte