Spruch:
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch die erforderlichen Aussprüche nach § 500 Abs 2 Z 2 und Z 3 ZPO und allenfalls nach § 500 Abs 3 ZPO hinsichtlich der von der klagenden Partei geltend gemachten Ansprüche in Ansehung der Geschädigten Eva B***, mj. Rene B*** und mj. Klaus Peter B*** zu ergänzen.
Text
Begründung
Am 21.11.1980 ereignete sich auf der Westautobahn im Gemeindegebiet von Amstetten ein Verkehrsunfall, an dem unter anderen Wolfgang T*** als Lenker des VW-Bus mit dem Kennzeichen BH 71.337 und der Zweitbeklagte als Halter und Lenker eines LKW-Zuges (Zugfahrzeug mit dem Kennzeichen O 626.962 und Anhänger mit dem Kennzeichen O 126.967) beteiligt waren. Die Erstbeklagte ist der Haftpflichtversicherer dieses LKW-Zuges. Bei diesem Verkehrsunfall wurde der im VW-Bus mitfahrende Präsenzdiener Roman B*** getötet. Die Klägerin erbrachte und erbringt an seine Hinterbliebenen Leistungen nach dem Heeresversorgungsgesetz, deren Ersatz sie unter Hinweis auf die im § 94 Abs 1 HVG normierte Legalzession von den Beklagten verlangt.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 220.589,19 sA; überdies stellt sie ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand im Rahmen des kongruenten Deckungsfonds, der Erstbeklagten überdies im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages, für künftige Leistungen nach den Bestimmungen des Heeresversorgungsgesetzes an die Hinterbliebenen des getöteten Roman B***, nämlich dessen Witwe Eva B*** und die beiden Waisen mj. Rene und mj Klaus Peter B***, gerichtetes Feststellungsbegehren. Das Leistungsbegehren der Klägerin umfaßt einen Betrag von S 134.050,-- an erbrachten Leistungen der Klägerin an die Witwe des Getöteten und Beträge von je S 43.269,59 an erbrachten Leistungen der Klägerin an die beiden Waisen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Der gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß der Klagsanspruch als dem Grunde nach zur Gänze zu Recht bestehend erkannt werde.
Die Beklagten haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Klägerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Klägerin kann derzeit noch nicht erschöpfend beurteilt werden.
Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision sind nach Lehre und ständiger Rechtsprechung mehrere von einer Partei in einer Klage geltend gemachte Ansprüche nur unter der Voraussetzung des § 55 Abs 1 Z 1 ZPO zusammenzurechnen, wenn sie also in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (Fasching Kommentar IV 282 und Lehrbuch Rz 1831; SZ 24/335 uva). Trifft dies nicht zu, dann muß die Revisionszulässigkeit hinsichtlich jedes einzelnen Anspruchs gesondert beurteilt werden. Dabei reicht nicht jede Verknüpfung zweier Sachverhaltsbilder schlechthin aus, um die Zusammenrechnung von Ansprüchen nach § 55 JN zu bewirken. Während der rechtliche Zusammenhang von Ansprüchen dann zu bejahen ist, wenn sie aus einem einheitlichen Vertrag oder einer einheitlichen Rechtsvorschrift abgeleitet werden, ist der tatsächliche Zusammenhang zu bejahen, wenn die Ansprüche zwar nach verschiedenen rechtlichen Kriterien, aber aus ein und demselben Sachverhalt ableitbar sind, ohne daß noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (Fasching Kommentar I 344 ff; 6 Ob 221/60; EvBl 1969/163; 8 Ob 71/85; 2 Ob 152/88 ua). Nach ständiger Rechtsprechung sind Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Unfallereignis nicht zusammenzurechnen, weil es sich bei ihnen nur um formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO handelt (ZVR 1972/135; ZVR 1973/194 uva). Auch wenn die Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Unfallereignis durch Zession auf einen Kläger übergehen, sind sie nicht zusammenzurechnen. Tritt ein Sozialversicherungsträger, der an mehrere bei einem Unfall verletzte Personen Leistungen erbracht hat und dafür mit einer einheitlichen Klage Ersatz begehrt, als Legalzessionar auf, so werden die von den einzelnen Versicherten auf ihn übergegangenen Ansprüche bei der Beurteilung der Revisionszulässigkeit nicht zusammengerechnet (JBl 1985, 111 mwN; 8 Ob 71/85 ua). Das gleiche muß auch dann gelten, wenn die R*** Ö*** auf Grund von ihr an verschiedene Anspruchsberechtigte erbrachter Leistungen nach dem Heeresversorgungsgesetz im Sinne der im § 94 Abs 1 HVG normierten Legalzession den angeblichen Schädiger in Anspruch nimmt. Die prozessuale Lage ist hier nicht anders, als ob diese Forderungen von den ursprünglich Berechtigten geltend gemacht worden wären (1 Ob 637/84; 8 Ob 71/85; 2 Ob 152/88 ua). Es muß daher im vorliegenden Fall die Revisionszulässigkeit hinsichtlich eines jeden einzelnen der von der Klägerin geltend gemachten Regreßansprüche gesondert beurteilt werden. Dies ist auf der Grundlage des Bewertungsausspruches des Berufungsgerichtes, der sich auf den gesamten Streitgegenstand, über den es entschieden hat, bezieht, nicht möglich.
Im Berufungsverfahren bestand der Streitgegenstand in Ansehung der an die einzelnen Geschädigten erbrachten Leistungen je in einem Geldbetrag (Witwe Eva B*** S 134.050,--, Waisen mj Rene und mj Klaus Peter B*** je S 43.269,59) und in einem Feststellungsanspruch, wobei jeweils zwischen dem Geld- und dem Feststellungsbegehren ein rechtlicher und tatsächlicher Zusammenhang bestand. Bezüglich der aus den Leistungen der Klägerin an diese drei Geschädigten resultierenden Ansprüche ist im Sinne obiger Rechtsausführungen für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision eine gesonderte Bewertung durch das Berufungsgericht erforderlich. Dabei ist hinsichtlich des aus Leistungen an die Witwe resultierenden Anspruchs ein Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 2 ZPO entbehrlich, weil hier der in einem Geldbetrag bestehende Teil des Streitgegenstandes S 60.000,-- übersteigt und zwischen Leistungs- und Feststellungsbegehren rechtlicher und tatsächlicher Zusammenhang besteht. Wohl aber sind hinsichtlich der aus Leistungen an die beiden Waisen resultierenden Ansprüche Aussprüche nach § 500 Abs 2 Z 2 ZPO erforderlich. Hinsichtlich aller drei Ansprüche sind, falls der Streitgegenstand in Ansehung der an die beiden Waisen erbrachten Leistungen nicht je unter S 60.000,-- bewertet wird, gesonderte Aussprüche nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO erforderlich. Sollte ausgesprochen werden, daß der Wert des Streitgegenstandes jeweils S 300.000,-- nicht übersteigt, werden gesonderte Aussprüche nach § 500 Abs 3 ZPO erforderlich sein. Soweit allenfalls eine Revision in diesem Belang nicht für zulässig erklärt werden sollte, wird die eingebrachte Revision zur dann erforderlichen Ergänzung im Sinne des § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zurückzustellen sein.
Da das Berufungsgericht diese erforderlichen Aussprüche unterlassen hat, ist ihm ihre Nachholung durch Berichtigung (Ergänzung) des Spruches seiner Entscheidung (allenfalls auch einer erforderlichen Begründung) aufzutragen (8 Ob 71/85; 2 Ob 152/88 uva).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)