OGH 2Nc92/23m

OGH2Nc92/23m7.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, die Hofräte Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger sowie die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen R* und I*, beide vertreten durch die Mutter K*, diese vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in Wien, über die Befangenheitsanzeige des * im Verfahren zu * den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020NC00092.23M.1207.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Es besteht ein zureichender Grund, die Unbefangenheit des * in der zu * anhängigen Rechtssache in Zweifel zu ziehen.

 

Begründung:

[1] Das im Spruch genannte Verfahren ist im *Senat des Obersten Gerichtshofs angefallen, dessen Mitglied * ist. Er gibt bekannt, dass seine Ehefrau an der Erlassung der nunmehr angefochtenen Entscheidung des Rekursgerichts mitgewirkt habe. Es könnte daher ein Grund vorliegen, der bei objektiver Betrachtungsweise seine Unbefangenheit bezweifeln lasse, auch wenn er sich subjektiv nicht befangen fühle.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die Befangenheitsanzeige ist begründet.

[3] 1. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach § 22 Abs 2 GOG haben Richter Gründe anzuzeigen, die ihre Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen geeignet sind; darüber ist nach § 22 Abs 3 GOG auch ohne Ablehnung durch eine Partei im Verfahren nach den §§ 23 bis 25 JN zu entscheiden.

[4] 2. Ein zureichender Grund, die Unbefangenheit eines Richters iSv § 19 Z 2 JN in Zweifel zu ziehen, liegt nach ständiger Rechtsprechung schon dann vor, wenn bei objektiver Betrachtungsweise der äußere Anschein der Voreingenommenheit – also der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive (RS0045975) – entstehen könnte (RS0046052 [T2, T10]; RS0045949 [T2, T6]), dies auch dann, wenn der Richter tatsächlich (subjektiv) unbefangen sein sollte (RS0045949 [T5]). Dabei ist zur Wahrung des Vertrauens in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzuwenden (vgl RS0045949).

[5] 3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der objektive Anschein der Befangenheit gegeben, weil ein Verfahrensbeteiligter den Eindruck gewinnen könnte, die Willensbildung des * könnte durch die Verfahrensbeteiligung seiner Ehefrau als Mitglied des Rekurssenats beeinflusst werden (2 Nc 34/23g mwN; vgl RS0046024 [T11, T12, T25, T27]).

[6] 4. Aus diesem Grund ist iSd § 19 Z 2 JN auszusprechen, dass ein zureichender Grund vorliegt, die Unbefangenheit des * in Zweifel zu ziehen. Das schließt seine Mitwirkung an der Entscheidung in der im Spruch genannten Rechtssache aus.

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