Spruch:
Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 7. Juli 2011, GZ 1 PU 58/11g-9, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Favoriten wird gemäß § 111 Abs 2 JN genehmigt.
Text
Begründung
Die Mutter stellte beim Bezirksgericht Steyr den Antrag, den Vater zur Leistung von Unterhalt für die Minderjährige zu verpflichten.
Das aufgrund des Wohnsitzes der Minderjährigen zunächst zuständige Bezirksgericht Steyr hat sodann den Vater einvernommen, eine Sozialversicherungsanfrage vorgenommen und einen Lohnnachweis eingeholt.
In der Folge verzogen Mutter und Kind nach Wien. Die Minderjährige hält sich nunmehr im Sprengel des Bezirksgerichts Favoriten auf.
Das Bezirksgericht Steyr verfügte mit Beschluss vom 7. 7. 2011 die Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Favoriten. Dieses lehnte die Übernahme wegen des offenen Unterhaltsfestsetzungsantrags und der Einlassung des Bezirksgerichts Steyr in die Sache derzeit ab. Daraufhin stellte das Bezirksgericht Steyr seinen Übertragungsbeschluss den Parteien zu, sodass er in Rechtskraft erwuchs. Den Akt legte es dem Obersten Gerichtshof „gemäß § 47 Abs 1 JN“ (gemeint offensichtlich § 111 Abs 2 JN) „zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt“ vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Übertragung ist zu genehmigen.
Nach § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich befördert wird. Nach § 111 Abs 2 JN bedarf die Übertragung im Falle der Weigerung des anderen Gerichts zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des den beiden Gerichten zunächst übergeordneten höheren Gerichts.
Die Voraussetzungen der Übertragung liegen in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache dem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt. Auch offene Anträge sind kein grundsätzliches Übertragungshindernis; es hängt von den Umständen des einzelnen Falls ab, ob die Entscheidung über einen solchen Antrag durch das bisherige Gericht zweckmäßiger ist (OGH 3 Nd 502/97 mwN).
Im vorliegenden Fall ändert die „Einlassung“ des Bezirksgerichts Steyr in die Sache nichts an der Zweckmäßigkeit der Übertragung der Zuständigkeit an das Wohnsitzgericht der Minderjährigen, kommt es doch bei der Unterhaltsfestsetzung in erster Linie auf rechnerische Aspekte und weniger auf den persönlichen Eindruck von den Parteien an und wurde vom übertragenden Gericht auch noch kein umfangreiches Verfahren durchgeführt.
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