OGH 3Nd502/97

OGH3Nd502/9721.2.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf und Dr. Pimmer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Bastian Ägydius B*****, geboren am 7.8.1994, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mondsee vom 20.Dezember 1996, GZ P 27/96s-25, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache des mj.Bastian Ägydius B***** an das Bezirksgericht Fünfhaus wird gemäß § 111 Abs 2 JN genehmigt.

Text

Begründung

Der Minderjährige hält sich mit seiner Mutter nicht mehr im Sprengel des Bezirksgerichtes Mondsee, sondern nunmehr in Wien 15 auf. Sowohl der ue Kindesvater als auch seine Eltern sind in Wien wohnhaft. Nur die mütterlichen Großeltern des Minderjährigen sind in Mondsee wohnhaft.

Die Entscheidung über den am 28.6.1996 eingebrachten Antrag ON 5, die väterlichen Großeltern gemäß § 141 ABGB zur Unterhaltsleistung zu verpflichten, steht noch aus.

Das Bezirksgericht Mondsee übertrug mit rechtskräftigem Beschluß vom 20.12.1996 seine Zuständigkeit zur Besorgung dieser Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Fünfhaus, weil sich das Kind ständig in Wien 15 aufhalte; es sei daher zweckmäßiger, wenn das Bezirksgericht Fünfhaus diese Pflegschaftssache führe.

Das Bezirksgericht Fünfhaus stellte den Akt dem Bezirksgericht Mondsee zur Entscheidung über den offenen Unterhaltsantrag ON 5 und allfällige Kostenberechnungen zurück, weil ansonsten der Akt nicht übernommen werde; es lehnte somit die (sofortige) Übernahme der Pflegschaft ab.

Die vom Bezirksgericht Mondsee verfügte (sofortige) Übertragung der Zuständigkeit ist gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Pflegebefohlenen zugedachten Schutzes voraussichtlich befördert wird. Diese Voraussetzungen liegen in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache dem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt (EFSlg 75.979, 72.819, 69.749, 66.880, 1 Nd 501/95 uva). Auch offene Anträge sind kein grundsätzliches Übertragungshindernis (EFSlg 75.992, 72.832, 69.764, 66.885; 1 Nd 501/95 uva; Mayr in Rechberger, Rz 4 zu § 111 JN mwN); es hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab, ob die Entscheidung über einen solchen Antrag durch das bisherige Gericht zweckmäßiger ist (EFSlg 75.993, 66.886, 54.970; 1 Nd 501/95 uva).

Der hier noch offene Unterhaltsantrag des Kindes stellt kein Hindernis für eine Übertragung der Zuständigkeit dar, weil dem übertragenden Gericht zur Entscheidung hierüber nicht mehr Sachkenntnis zukommt als dem übernehmenden Gericht. Das bisher zuständige Gericht konnte hier keinen Einblick in die persönlichen Verhältnisse des Pflegebefohlenen gewinnen. Ein besonderer Vorteil ist unter diesen Umständen aus der Sachbearbeitung durch das bisherige Gericht nicht zu erwarten (vgl 5 Nd 502/95). Wegen der Verlegung des ständigen Aufenthalts des Pflegebefohlenen und damit seines Lebensmittelpunkts nach Wien 15 entspricht die Übertragung der Zuständigkeit dem nach ständiger Rechtsprechung (EFSlg 75.980, 72.818; 1 Nd 501/95 uva) allein maßgeblichen Kindeswohl.

Der entsprechende Beschluß des Bezirksgerichtes Mondsee ist daher zu genehmigen.

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