OGH 2Nc21/16k

OGH2Nc21/16k4.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Dr. Veith und die Hofrätin Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** A*****, vertreten durch Dr. Michael Göbel Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen (eingeschränkt) 1.060 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020NC00021.16K.1104.000

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien das Bezirksgericht Villach bestimmt.

Begründung

Am 15. 6. 2016 ereignete sich in Villach im Gelände einer Tankstelle ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Fußgänger und ein bei der beklagten Partei haftpflichtversichertes Fahrzeug beteiligt waren.

Mit der Behauptung des Alleinverschuldens der Beklagtenseite begehrt der Kläger Schadenersatz. Zum Beweis seines Vorbringens beruft er sich auf seine Parteieneinvernahme. Die Klage wurde beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebracht.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens und beruft sich auf die Einvernahme ihres Versicherungsnehmers und seiner Frau, beide wohnhaft in Kärnten, mittels Videokonferenz, um dann im Delegierungsantrag darzulegen, dass zur Rekonstruktion des Unfallgeschehens Details der Unfallörtlichkeit, allenfalls ein Ortsaugenschein, erforderlich sein würden und deshalb die Einvernahme mittels Videokonferenz „nicht opportun“ erscheine. Da auch der Kläger seinen Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichts Villach habe, sei die Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen sinnvoll.

Der Kläger spricht sich gegen die Delegierung aus. Sowohl die Beklagte als auch beide Parteienvertreter hätten ihren Sitz in Wien. Das Unfallgeschehen könne dem beizuschaffenden Strafakt entnommen werden. Die Anreise der Parteienvertreter nach Kärnten werde größere Kosten verursachen als die Einvernahme der Unfallbeteiligten mittels Videokonferenz.

Das Vorlagegericht spricht sich für die Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Die Delegierung ist gerechtfertigt:

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0046324; RS0046441; RS0046589) soll eine Delegierung zwar den Ausnahmefall bilden, allerdings sprechen im Allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, Schadenersatzprozesse aus einem Verkehrsunfall bei jenem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete (RIS-Justiz RS0046149). Diesem Umstand hat der Gesetzgeber auch dadurch Rechnung getragen, dass er für solche Prozesse einen Gerichtsstand bei dem für den Unfallort zuständigen Gericht geschaffen hat (§ 20 EKHG).

Im vorliegenden Fall ist aufgrund des Vorbringens nicht ausgeschlossen, dass ein Lokalaugenschein (mit – zweckmäßigerweise – Befragung der Beteiligten an Ort und Stelle) bzw die Verwendung von Unfallskizzen erforderlich sein werden. Dies spricht aber, auch wenn der Gesetzgeber grundsätzlich die Beweisaufnahme per Videokonferenz sogar zur unmittelbaren Beweisaufnahme erklärt hat (9 Nc 14/15f mwN), hier gegen die Durchführung von Videokonferenzen zur Beweisaufnahme.

Auf den Kanzleisitz der Parteienvertreter kommt es nach RIS-Justiz RS0065225; RS0046540 [T20] bzw RS0046333 [T13] und 6 Nc 29/14p nicht an; auch wenn man die Kosten der Parteienvertreter (insbesondere den erhöhten Einheitssatz nach § 23 Abs 5 RATG) berücksichtigte (die beklagte Partei hat überdies angekündigt, im Falle der Delegierung einen lokalen Parteienvertreter nahmhaft zu machen), sprechen aber insgesamt überwiegende Argumente für die Zweckmäßigkeit der Delegierung an das Gericht des Unfallorts.

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