OGH 26Ds3/19v

OGH26Ds3/19v22.10.2019

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 22. Oktober 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Mag. Stolz und Dr. Broesigke sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski in Gegenwart von Richteramtsanwärter Mag. Sysel als Schriftführer in der Disziplinarsache gegen ***** Rechtsanwalt in *****, wegen des Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung über die Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 15. Dezember 2017, AZ D 68/15, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Jenichl, des Kammeranwalt‑Stellvertreters Dr. Roehlich und des Beschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0260DS00003.19V.1022.000

 

Spruch:

 

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt ***** des Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung schuldig erkannt.

Demnach hat er als Treuhänder in der Treuhandsache *****, erfasst beim Treuhandbuch der Rechtsanwaltskammer Wien, nach Ablauf der Erledigungsfrist per 15. September 2014 der Aufforderung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 19. September 2014, über den Stand der Abwicklung zu berichten und die Erledigungsfrist elektronisch zu verlängern, trotz Urgenzen vom 3. November 2014, 25. November 2014, 16. Jänner 2015 und „11. Februar 2015 bis 20. Mai 2015“ keine Folge geleistet.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Berufung des Beschuldigten wegen Nichtigkeit (Z 5 und der Sache nach Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO; RIS‑Justiz RS0128656) sowie wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe.

Die Berufung verfehlt ihr Ziel.

Die als übergangen kritisierte (Z 5 zweiter Fall) Aussage des Beschuldigten, wonach es zwei Fälle von Treuhandschaften gegeben habe, steht den Feststellungen (ES 4) nicht entgegen und war daher nicht gesondert erörterungsbedürftig. Dass der Berufungswerber wegen eines gleich gelagerten Sachverhalts bereits disziplinarrechtlich verurteilt worden ist, wurde ohnehin berücksichtigt (ES 4).

Ebenso wenig hat der Disziplinarrat verkannt, dass der vom vorliegenden Erkenntnis umfasste Tatzeitraum vor dem zu AZ ***** am 1. Dezember 2016 ergangenen Disziplinarerkenntnis lag, sondern unter Bedachtnahme darauf – wenn auch mit Blick auf den dort gefällten Schuldspruch ohne Strafe nach § 39 DSt verfehlt – eine „Zusatzgeldbuße“ verhängt (ES 2).

Die Rechtsrüge (nominell Z 5 und „9“, der Sache nach Z 9 lit b) behauptet einen Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung. Letztere ist aber nicht gegeben, weil dem Schuldspruch zu AZ ***** ein anderer Sachverhalt, nämlich eine andere Treuhandschaft zugrunde lag, in welcher der Beschuldigte ebenfalls den Aufträgen der Rechtsanwaltskammer Wien zur Berichterstattung nicht nachgekommen ist.

Darüber hinaus bestreitet der Berufungswerber sein Verschulden, weil seine Nichtreaktion auf ein ihm damals nicht bewusst gewesenes „Organisationsversagen“ zurückzuführen sei. Dieses Vorbringen vermag ihn aber nicht zu entschuldigen, weil auch ein Organisationsverschulden disziplinär haftbar macht. Die mangelnde Überwachung der Antwortfristen bei Anfragen der Rechtsanwaltskammer ist als schuldhaftes Verhalten zu werten (26 Os 13/15d, AnwBl 2016, 416).

Der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld weckt keine Bedenken gegen die Richtigkeit der Lösung der Schuldfrage.

Auch der Anfechtung des Strafausspruchs war ein Erfolg zu versagen. Der Disziplinarrat hat über den Beschuldigten eine Geldbuße von 700 Euro verhängt. Es handelt sich bei einem Strafrahmen bis 45.000 Euro (§ 16 DSt) ausgehend von den überdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten, der einen Gewinn von 400.000 Euro jährlich angegeben hat, um eine Strafe im untersten Bereich, sodass für eine weitere Reduktion keine Veranlassung bestand. Die lange Verfahrensdauer wurde bereits in erster Instanz als Milderungsgrund berücksichtigt.

Der Berufung war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte