OGH 26Os13/15d

OGH26Os13/15d15.3.2016

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 15. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Angermaier und Dr. Hofmann sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Danzl in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen Mag. Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung über die Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 8. Oktober 2014, AZ D 168/13, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Koenig, der stellvertretenden Kammeranwältin Dr. Hoffelner und des Beschuldigten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Mag. Dr. ***** des Disziplinarvergehens der Berufspflichtenverletzung schuldig erkannt.

Demnach ist er der Aufforderung der Rechtsanwaltskammer Wien vom 6. Juni 2013 (abgefertigt am 11. Juni 2013), mitzuteilen, zu welcher Registernummer die Treuhandschaft mit der Anderkontonummer ***** dem elektronischen anwaltlichen Treuhandbuch gemeldet wurde, trotz Urgenzen vom 2. Juli 2013 (abgefertigt am 8. Juli 2013) und vom 22. Juli 2013 (abgefertigt am 23. Juli 2013) nicht nachgekommen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die (keine Nichtigkeitsgründe bezeichnende, „wegen unvollständiger Sachverhaltsfeststellungen und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung“ erhobene) Berufung des Beschuldigten (vgl RIS‑Justiz RS0128656). Sie verfehlt ihr Ziel.

Im angefochtenen Erkenntnis wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der Beschuldigte auf die Anfrage der Rechtsanwaltskammer Wien nach zwei Urgenzen inhaltlich erst mit Schreiben vom 20. August 2013 antwortete. In diesem Schreiben führte er aus, dass ihm die Bekanntgabe einer Registernummer nicht möglich sei, da sich die Treuhandschaft noch im Status der Voranmeldung befinde. Die Verzögerung in der Beantwortung ergäbe sich daraus, dass er das Schreiben einer Mitarbeiterin zur Bearbeitung übertragen habe, ohne die Erledigung zu kontrollieren.

Dieser Sachverhalt wird in der Berufung nicht bestritten.

Der Beschuldigte wendet ein (der Sache nach aus Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO), den Mitarbeitern der Rechtsanwaltskammer (Treuhandbuch) sei es möglich gewesen, durch elektronische Einsichtnahme festzustellen, dass sich die Treuhandschaft zu den Zeitpunkten der Aufforderung und der Urgenzen noch im Stadium der Voranmeldung befunden habe und es demnach keine Registernummer gebe.

Dieses Vorbringen geht daran vorbei, dass der Rechtsanwaltskammer nach § 23 Abs 2 RAO insbesondere auch die Wahrung der Ehre, des Ansehens und der Unabhängigkeit des Rechtsanwaltsstandes sowie die Wahrung der Rechte und die Überwachung der Pflichten ihrer Mitglieder obliegt und dass der Rechtsanwalt nach § 10a Abs 5 RAO der Treuhandeinrichtung eine Überprüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung der von ihm übernommenen Treuhandschaften unter anderem durch entsprechende Auskünfte zu ermöglichen hat. Die im Rahmen des Wirkungsbereichs des § 23 RAO von der Kammer oder vom Ausschuss getätigten Anfragen oder Aufforderungen erfordern die für die Aufgabenerfüllung notwendige Mitwirkung des angesprochenen Kammermitglieds (26 Os 2/14k). Die Nichtbefolgung rechtmäßig ergangener Aufträge des Ausschusses (§ 23 RAO, § 23 RL‑BA 1977 sowie nunmehr übrigens § 26 RL‑BA 2015) stellt nach ständiger Rechtsprechung ein Vergehen des Rechtsanwalts gegen seine Berufspflichten dar (RIS‑Justiz RS0055017). Nichts anderes gilt für die Nichtbeantwortung einer rechtmäßigen Anfrage der Rechtsanwaltskammer im Rahmen ihrer Treuhandeinrichtung (§ 10a RAO) wie im gegebenen Fall, in dem es zu zwei Urgenzen kam.

Die begehrte Anwendung des § 3 DSt (Z 9 lit b) scheitert mangels geringfügigen Verschuldens. Zwar ist ein Vorgehen nach dieser Bestimmung bei keiner Berufspflichtverletzung ausgeschlossen (Feil/Wennig, AnwR8 883). Allerdings liegt im konkreten Fall geringfügiges Verschulden infolge ‑ wie vom Disziplinarrat festgestellt ‑ Beauftragung einer Jus‑Studentin mit der Beantwortung, begleitet vom Unterlassen der Kontrolle der Bearbeitung auch noch nach Einlangen der Urgenz vom 8. Juli 2013, nicht vor. In diesem Verhalten, das eine deutlich verzögerte Beantwortung der Anfrage der Rechtsanwaltskammer nach sich zog und, was besonders ins Gewicht fällt, zwei Urgenzen notwendig gemacht hatte, kommt ein Grad des Verschuldens zum Ausdruck, der im Vergleich zu den Durchschnittsfällen von Disziplinarvergehen, die in ihrer Gesamtheit als Vergleichsparameter heranzuziehen sind, gerade nicht deutlich reduziert ist.

Daran ändert der Umstand nichts, dass es in der Ausfertigung des Erkenntnisses des Disziplinarrats (S 4 dritter Absatz) irrig heißt, dieses Fehlverhalten sei „sowohl dem Erstgericht, als auch dem Berufungsgericht sowie den Prozessgegner“ bekannt geworden, „wodurch auch Ehre und Ansehen des Standes verletzt wurden“.

Über den Beschuldigten hat der Disziplinarrat die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängt, somit die geringste mögliche Strafe (§ 16 DSt). Für eine Reduktion (vgl § 49 DSt aE) blieb daher kein Raum.

Der Berufung war demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

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