OGH 20Ds14/17i

OGH20Ds14/17i27.9.2017

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 27. September 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als weiteren Richter und die Rechtsanwälte Dr. Grassner und Dr. Haslinger im Beisein der Richterin Dr. Sadoghi als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes, AZ D 5/15 (DV 18/15) der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, über den Einspruch des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 30. Mai 2017, GZ 20 Os 14/16h‑17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0200DS00014.17I.0927.000

 

Spruch:

Der Einspruch wird zurückgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem beeinspruchten Erkenntnis wurde der Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen eine Verurteilung wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nicht Folge gegeben.

Der ordnungsgemäß geladene (ON 14 in 20 Os 14/16h) Beschuldigte hatte die Berufungsverhandlung unbesucht gelassen.

In seinem Einspruch behauptet der Verurteilte, er sei durch eine Reifenpanne am zeitgerechten Eintreffen am Verhandlungsort gehindert worden.

Nach § 51 Abs 4 DSt ist für den Einspruch gegen ein Abwesenheitsurteil des Berufungsgerichts § 35 DSt sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Norm kann ein Disziplinarbeschuldigter gegen ein in seiner Abwesenheit gefälltes Erkenntnis des Disziplinarrats Einspruch erheben, und zwar innerhalb der Rechtsmittelfrist – also gemäß § 48 Abs 1 DSt binnen vier Wochen – an den Obersten Gerichtshof. Da gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kein weiteres Rechtsmittel vorgesehen ist, gibt es in diesem Zusammenhang kein Rechtsmittelgericht (vgl 13 Os 56/09y) und somit auch keine Rechtsmittelfrist. Der diesbezügliche Verweis in § 51 Abs 4 DSt geht somit ins Leere und ist auf den gemäß § 35 letzter Satz DSt sinngemäß anzuwendenden § 427 Abs 3 StPO zurückzugreifen. Danach beträgt die Frist zur Ergreifung des Rechtsbehelfs des Einspruchs gegen ein Abwesenheitsurteil des Berufungsgerichts 14 Tage (bloß formal auf die Verweisungskette abstellend aM Lehner in Engelhart et al RAO 9 § 51 DSt Rz 4).

Im Gegenstand hat der Verurteilte den Einspruch binnen vier Wochen eingebracht – er war somit als verspätet zurückzuweisen.

Im Übrigen vermag das Einspruchsvorbringen auch inhaltlich nicht zu überzeugen:

Nach zwei Verlegungen des Verhandlungstermins (einmal wegen plötzlicher Krankheit, einmal wegen einer Terminkollision – beides wurde nicht näher überprüft) die Behauptung, bei der Auto‑(bahn‑)fahrt von Wels nach Wien auf Höhe St. Christophen sei „aus dem rechten hinteren Reifen die Luft ausgegangen“, der Reifenwechsel habe lange gedauert, ein Mobiltelefon sei nicht zur Verfügung gestanden.

Hält man sich dazu die notorische Dichte der Notrufsäulen auf der A 1 gerade im Bereich St. Christophen (weniger als zwei Kilometer entfernt) vor Augen und berücksichtigt das Fehlen irgendeiner Objektivierung für ein durch die gebotene Prüfung nach § 102 Abs 1 KFG vermeidbares Geschehen, vermag der Oberste Gerichtshof ein unabweisbares Hindernis an der Einhaltung des Verhandlungstermins nicht als nachgewiesen annehmen (RIS‑Justiz RS0101596).

Ebensowenig nachvollziehbar ist die Behauptung, „wesentliches Vorbringen“ nicht erstattet haben zu können, hat der Verurteilte doch im Verfahren 20 Os 14/16h eine dreiseitige Stellungnahme zur Äußerung der Generalprokuratur abgegeben, nachdem er sich die dafür eingeräumte Frist von zehn Tagen mit der (unüberprüft gebliebenen) Behauptung einer Erkrankung um zwei Wochen verlängern ließ.

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