OGH 1Ob839/54

OGH1Ob839/5417.11.1954

Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr. Kuch als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hohenecker, Dr. Schuster und Dr. Stanzl sowie den Rat des Oberlandesgerichtes Dr. Zierer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Siegmund D*****, vertreten durch Dr. Erhard Brassloff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien I., Rosenbursenstraße 1, wegen 13.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. September 1954, GZ 2 R 521/54-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Mai 1954, GZ 38 Cg 11/53-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 663,08 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger gründet sein Amtshaftungsbegehren in der Höhe von 13.000 S

Rechtliche Beurteilung

Der Verkehr mit einem Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen und sonstigen Verkehrsflächen ist nur gestattet, wenn a) die Type des Kraftfahrzeuges oder das Einzelfahrzeug nach Vornahme einer Prüfung als den gesetzlichen Anforderungen entsprechend genehmigt und b) das einzelne Kraftfahrzeug durch die zuständige Behörde zum Verkehr zugelassen wurde. Dem schriftlich einzubringenden Ansuchen um Zulassung zum Verkehr ist beizufügen a) der Nachweis der Nämlichkeit des Besitzers und des rechtmäßigen Besitzes des Fahrzeuges, b) der Typenschein oder der Bescheid über die Einzelgenehmigung des Fahrzeuges, c) die Angabe über den Verwendungszweck, d) die Bestätigung über den aufrechten Bestand einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, e) bei einem Kraftfahrzeug ausländischer Herkunft der Ausweis über die ordnungsgemäße Zollabfertigung (§ 32 Abs 2 Kraftfahrverordnung 1947). Der Zweck des Verwaltungsverfahrens wegen Zulassung eines Kraftfahrzeuges zum Verkehr besteht - wie die eben wiedergegebene rechtliche Regelung erkennen lässt - darin, im Interesse der Verkehrssicherheit nur ein für den vom Anmelder beabsichtigten Zweck technisch geeignetes Kraftfahrzeug zuzulassen (§ 32 Abs 2 lit b, c KfVO) und das Publikum dahin zu sichern, dass eine Kraftfahrzeug-Haftplichtversicherung besteht (§ 32 Abs 2 lit d KFG). Dabei wird auch bei ausländischen Fahrzeugen ein staatsfinanzielles Interesse wahrgenommen, nämlich geprüft, ob die Zollabfertigung stattgefunden hat (§ 32 Abs 2 lit e KfVO). Da es sich um ein behördliches Verfahren handelt, muss auch die Identität des Antragstellers (Besitzers des Kraftfahrzeuges) und der rechtmäßige Besitz des Antragstellers an dem Kraftfahrzeuge nachgewiesen werden (§ 32 Abs 2 lit a KfVO). Schon aus diesem Zusammenhang erhellt aber, dass der Nachweis des rechtmäßigen Besitzes in dem Verfahren wegen Zulassung eines Kraftfahrzeuges zwar durch allgemeine Ordnungsinteressen erforderlich gemacht, aber doch von sekundärer Bedeutung ist, weil der erstrebte Verfahrenszweck - technische und wirtschaftliche Verkehrssicherheit - offenbar mit der Frage des rechtmäßigen Fahrzeugbesitzes nicht zusammenhängt. Kein Anhaltspunkt ist dafür gegeben, dass der Verfahrenszweck oder auch nur ein Nebenzweck des Verfahrens darin bestünde, die Eigentums- und Besitzverhältnisse an Kraftfahrzeugen anlässlich ihrer Verkehrszulassung mit öffentlichem Glauben ins Klare zu setzen und den Geschäftsverkehr gegen die Gefahren eines allfälligen Erwerbes von nicht Berechtigten zu sichern.

Bei solcher Betrachtung ergibt sich, dass der Nachweis des rechtmäßigen Besitzes im Verfahren wegen der Fahrzeugzulassung und die Annahme der Zulassungsbehörde, dass ein solcher bestehe, außer Zusammenhang mit dem rechtsgeschäftlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen steht. Der Zweck des § 32 Abs 2 lit a KFG liegt außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereiches. Wenn daher in dem Verfahren wegen Zulassung eines Kraftfahrzeuges die Rechtmäßigkeit des Besitzes nicht oder nicht ausreichend geprüft worden ist, so ist damit keine Norm verletzt, die dem rechtsgeschäftlichen Bereich angehört oder auch nur Grundlagen für den rechtsgeschäftlichen Verkehr liefern oder sicherstellen soll. Daraus folgt aber, dass das Unterlassen der Prüfung der behaupteten Rechtmäßigkeit des Besitzes des Zulassungswerbers gegenüber dem Kläger, der das Fahrzeug von dem von der Zulassungsbehörde als rechtmäßigen Besitzer hingenommenen Anmelder erworben hat, keine durch die Zulassungsbehörde gegenüber dem Kläger begangene Rechtswidrigkeit darstellen kann. Diese Prüfung hatte nach dem Gesetz nicht den Zweck, dem Kraftfahrzeugerwerber eine Grundlage für seinen Erwerb zu liefern. Über die Eigentumsverhältnisse an dem zu erwerbenden Fahrzeuge musste er sich vielmehr auf eigene Gefahr ins Klare kommen.

In der gleichen Richtung liegt es, wenn der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 12. 5. 1954, 1 Ob 295/54, ausgeführt hat, das der Zulassung vorausgehende Genehmigungsverfahren nach den §§ 25-31 KfVO solle verhindern, dass nicht einwandfreie Kraftfahrzeuge die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gefährden. Das in diesem Verfahren angenommene Baujahr des Kraftfahrzeuges sei nicht dazu bestimmt, dritten Personen die Überzeugung zu verschaffen, dass das angegebene Baujahr unbedingt richtig sein müsse, und sie aus dieser Bezeichnung Schlussfolgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art ableiten zu lassen, die mit der Verkehrssicherheit nichts zu tun haben. Ein Rechtswidrigkeitszusammenhang im Verhältnis zum Kläger, der im Hinblick auf das von der Genehmigungsbehörde angenommene Baujahr des deutschen Kraftfahrzeuges mit 1939 Zollschulden für ausgeschlossen gehalten habe, während das richtige Baujahr 1949 gewesen und der Kraftwagen nicht zollabgefertigt gewesen sei, sei daher abzulehnen. Analoges muss für den Nachweis des rechtmäßigen Besitzes im Zulassungsverfahren gelten. Auch dann, wenn bei der Zulassung des Kraftfahrzeuges die Rechtmäßigkeit des Besitzes des Antragstellers nicht oder nicht gehörig geprüft wurde, fehlt es an einer Rechtswidrigkeit im Verhältnis zum Erwerber, der auf die von der Zulassungsbehörde angenommene Rechtmäßigkeit des Besitzes vertraute, so dass schon aus dieser Erwägung der erhobene Amtshaftungsanspruch unbegründet ist.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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