OGH 1Ob77/13z

OGH1Ob77/13z27.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** T*****, vertreten durch Dr. Gottfried Kassin, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, gegen die beklagte Partei D***** G*****, vertreten durch Dr. Harald Mlinar, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, wegen Unterlassung, in eventu 2.244 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 24. Jänner 2013, GZ 3 R 211/12g-26, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirchen vom 30. August 2012, GZ 1 C 605/11x-20, zum Teil bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung über die Berufung des Klägers aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Kläger und seine Gattin waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 11, zu der unter anderem die Grundstücke 70 und 72/1 gehören. Auf diesen befindet sich eine Quelle („alte Quelle“). Auf der Liegenschaft EZ 11 ist im Grundbuch die Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung für die genannten Grundstücke zu Gunsten der Liegenschaft EZ 9 einverleibt. Der Beklagte ist Eigentümer der herrschenden Liegenschaft, aus der das Grundstück 78/2 abgeschrieben wurde. Dessen Eigentümer ist der Sohn des Beklagten.

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 143, zu der unter anderem das Grundstück 148/2 gehört. Auf diesem Grundstück befindet sich eine Quelle („neue Quelle“) mit Trinkwasserqualität. Aus dieser beziehen der Beklagte und sein Sohn Wasser für ihre Grundstücke.

Der Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, den Bezug von Wasser aus der Quelle auf dem Grundstück 148/2 zu unterlassen und den Anschluss an die zum Grundstück 72/2 führende Wasserleitung zu beseitigen oder den vorigen Zustand durch Vornahme des Anschlusses an diese Wasserleitung auf seine Kosten wiederherzustellen. In eventu begehrt er Zahlung eines Wasserzinses von 2.244 EUR sA. Der Beklagte habe ihn gefragt, ob er sein Wasser aus der „neuen Quelle“ beziehen dürfe. Der Kläger habe zwar grundsätzlich seine Bereitschaft erklärt, ein Wasserbezugsrecht einzuräumen, dies jedoch abhängig davon gemacht, dass der Beklagte das bestehende Servitutsrecht („alte Quelle“) löschen lasse und einen entsprechenden Wasserzins zahle. Der Beklagte habe sich vorerst damit einverstanden erklärt, in der Folge aber so wie sein Sohn die Unterfertigung einer Vereinbarung zu diesen Bedingungen endgültig abgelehnt. Eine Vereinbarung über den Wasserbezug sei deshalb nicht wirksam zustande gekommen. Sollte das Vorliegen einer Vereinbarung bejaht werden, werde das Unterlassungsbegehren auch darauf gestützt, dass der Kläger die Vereinbarung deshalb aufkündige, weil der Beklagte nie Wasserzins bezahlt habe.

Der Beklagte berief sich - soweit für das Revisionsverfahren relevant - auf das Zustandekommen einer wirksamen Vereinbarung.

Das Erstgericht wies das Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren ab und gab dem Eventualzahlungsbegehren zum Teil statt. Es traf folgende relevante Feststellungen:

Der Kläger ließ die auf seinem Grundstück 148/2 vorhandene Quelle 1992 begutachten und 1999 fassen. Der Beklagte fragte ihn, ob er auch Wasser aus dieser neuen Quelle beziehen könne. Der Kläger war damit einverstanden. Mit seiner Zustimmung beteiligte sich der Beklagte an der Fassung der neuen Quelle und Errichtung der Wasserleitung. Er erbrachte mit seinen Söhnen Arbeitsleistungen und bezahlte eine Rechnung für Baggerarbeiten von 17.000 S. Über die Bezahlung des künftigen Wasserbezugs sprachen die Streitteile nicht. Es wurde weder besprochen, wie viel zu zahlen sei, noch darüber gesprochen, dass der Beklagte das Wasser aus der neuen Quelle unentgeltlich beziehen sollte. Die Parteien sprachen auch nie darüber, dass das Wasserleitungsrecht des Beklagten an der neuen Quelle im Grundbuch einverleibt oder gegen das Wasserbezugsrecht an der alten Quelle auf dem Grundstück Nr 72/1 getauscht werden sollte. Seit dem Jahr 1999 bezieht der Beklagte Wasser aus der neuen Quelle, ohne dafür etwas zu zahlen. Der Kläger verrechnete zum ersten Mal in diesem Verfahren einen Wasserzins.

In der rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht vom Vorliegen einer konkludenten Vereinbarung aus, die dem Beklagten den Bezug von Wasser gestatte. Das Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren sei deshalb nicht berechtigt.

Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil in der Abweisung des Unterlassungs- und Beseitigungsbegehrens als Teilurteil und hob es hinsichtlich des Eventualbegehrens zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung auf. Es ließ die ordentliche Revision gegen das Teilurteil nicht zu. In seiner rechtlichen Beurteilung nahm es als unstrittig an, dass der Kläger bei Errichtung der neuen Quelle mit einem Wasserbezug des Beklagten grundsätzlich einverstanden gewesen sei. Der Kläger stütze sein Begehren auf die Nichteinhaltung von vereinbarten Bedingungen durch den Beklagten und auf eine Kündigung des Wasserbezugsverhältnisses. Sein in erster Instanz erstattetes Vorbringen könne aber keinen Anspruch auf Unterlassung des Wasserbezugs begründen. Der Kläger habe den Wasserbezug seit der teilweise gemeinsam mit dem Beklagten erfolgten Herstellung der Quelle geduldet, was die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung ausschließe. Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung habe er nie behauptet. Aus seinem Vorbringen über die nicht erfolgte Zahlung eines vereinbarten Wasserzinses sowie der Löschung der Dienstbarkeit hinsichtlich der alten Quelle lasse sich rechtlich möglicherweise ein vertraglicher Leistungsanspruch ableiten, nicht jedoch ein wichtiger Grund für die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses. Das Wiederherstellungsbe-gehren leite sich aus dem nicht berechtigten Unterlassungsbegehren ab und sei auch nicht ausreichend bestimmt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Teilurteil gerichtete außerordentliche Revision des Klägers ist entgegen dem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil seine Auslegung des Vorbringens des Klägers eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung ist. Das Rechtsmittel ist mit seinem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

Das Recht, Wasser aus einer fremden Quelle zu beziehen und auf den eigenen Grund zu leiten, ist eine Grunddienstbarkeit (vgl RIS-Justiz RS0011601). Wasserbezugsrechte können auch als unregelmäßige Servituten zu Gunsten einer bestimmten Person vereinbart werden (RIS-Justiz RS0011601 [T1]). Nach § 480 ABGB kommt als Titel für die Begründung einer Servitut ein Vertrag in Betracht, der formfrei, daher auch konkludent geschlossen werden kann (1 Ob 18/90 mwN).

Der Kläger bestritt in seinem erstinstanzlichen Vorbringen ausdrücklich das Zustandekommen einer wirksamen Vereinbarung über das Wasserbezugsrecht des Beklagten, weil diese von einer künftigen Einigung über die Löschung einer bestehenden Wasserleitungsservitut („alte Quelle“), Zahlung eines Wasserzinses sowie einer Bereitstellungsgebühr abhängig gemacht worden sei. Nach diesen Behauptungen sollte die Duldung des Anschlusses an die Quelle und die Errichtung der über das Grundstück des Klägers verlaufenden Zuleitungen eben nicht als (konkludente) Einräumung eines dauernden Wasserbezugsrechts anzusehen sein. Das Erstgericht hat zu den vom Kläger behaupteten Bedingungen des Vertragsabschlusses Negativfeststellungen getroffen, die der Kläger in der Beweisrüge seiner Berufung ausdrücklich bekämpfte. In seinem Rechtsmittel betonte er die Bedeutung der von ihm gewünschten Ersatzfeststellungen, denen sich entnehmen ließe, dass niemals ein Konsens erzielt worden sei. Es ist daher schwer verständlich, wenn das Berufungsgericht die Beweisrüge mit dem Argument nicht erledigte, dass das grundsätzliche Einverständnis des Klägers zu einem Wasserbezug des Beklagten unstrittig sei. Dies begründet die in der außerordentlichen Revision gerügte Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens, die zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils und Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht führt.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte