OGH 1Ob749/76

OGH1Ob749/7610.11.1976

SZ 49/134

Normen

ABGB §364c
EO §378
ABGB §364c
EO §378

 

Spruch:

Besteht zwar ein Exekutionstitel auf Unterlassung der Veräußerung einer Liegenschaft, ist aber die Verbücherung eines Veräußerungsverbotes mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 364c ABGB nicht möglich, kann sie auch nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung erreicht werden

OGH 10. November 1976, 1 Ob 749/76 (LG Innsbruck 1 R 754/76; BG Hall C 377/76 )

Text

Notburga S (die Gegnerin der gefährdeten Partei) ist bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft (geschlossener Hof) EZ 30 KG T. Mit dem am 20. April 1961 vor dem öffentlichen Notar Dr. Hieronymus S in Innsbruck errichteten Notariatsakt hat die Genannte diese Liegenschaft dem Antragsteller Romed G (der gefährdeten Partei) samt dem landwirtschaftlichen Zugehör schenkungsweise für den Todesfall versprochen; der Antragsteller hat dieses Schenkungsversprechen angenommen. Die Antragsgegnerin erteilte in dem Notariatsakt ihre ausdrückliche Einwilligung, daß nach ihrem Ableben unter Vorlage eine Sterbeurkunde die Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der genannten Liegenschaft für Romed G erfolgen könne.

Dieselbe Liegenschaft hat nun die Antragsgegnerin mit dem Leibrentenvertrag vom 3. Mai 1972 an Anton H veräußert, dem es bisher allerdings noch nicht gelungen ist, die Einverleibung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft auf Grund des abgeschlossenen Vertrages zu erwirken. Wegen der Vorgangsweise der Gegnerin der gefährdeten Partei kam es zwischen Romed G als Kläger und Notburga S sowie Anton H als Beklagter zu einem Rechtsstreit (Unterlassungs- und Feststellungsklage), der mit der Entscheidung des OGH vom 1. Juni 1976 5 Ob 588/76, beendet worden ist. In diesem Erkenntnis stellte der OGH in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen fest, daß Notburga S verpflichtet sei, der mit Romed G abgeschlossenen Schenkungsvertrag zuzuhalten; das Revisionsgegericht bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes auch insoweit, als darin Notburga S schuldig erkannt wurde, a) die Erfüllung des zwischen ihr und Anton H abgeschlossenen Leibrentenvertrages vom 3. Mai 1972 betreffend die Liegenschaft EZ 30 KG T, insbesondere die Erwirkung der Einverleibung des Eigentumsrechtes an der oben genannten Liegenschaft für Anton H auf Grund dieses Leibrentenvertrages sowie auf Grund des Ranganmerkungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Hall, TZ 739/72 und b) die Veräußerung, Belastung und Verpfändung dieser Liegenschaft zu unterlassen. Hingegen wies der Oberste Gerichtshof in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen ein entsprechendes, gegen Anton H gerichtetes Unterlassungsbegehren ab. In dem nunmehrigen Verfahren erließ das Erstgericht über Antrag der gefährdeten Partei zur Sicherung ihres, durch den wiedergegebenen Inhalt des oberstgerichtlichen Erkenntnisses (5 Ob 588/76) den Anspruchs (Zuhaltung des Schenkungsvertrages, Unterlassung der Veräußerung und Belastung der Liegenschaft) eine einstweilige Verfügung, mit der Notburga S ab sofort die Veräußerung der Liegenschaft EZ 30 KG T verboten und die Ersichtlichmachung dieses Verbotes im Lastenblatt der bezeichneten Grundbuchseinlage angeordnet sowie zugleich bestimmt wurde, daß diese einstweilige Verfügung solange gilt, als der Vertrag über die Schenkung auf den Todesfall vom 20. April 1961 rechtswirksam bleibe, längstens jedoch bis zum 14. Tage nach dem Tode der Geschenkgeberin Notburga S. Die Anordnung eines Belastungsverbotes lehnte das Erstgericht - vom Antragsteller unangefochten - ab.

Der Anspruch der gefährdeten Partei - so führte das Erstgericht aus - sei durch den Inhalt der Entscheidung des OGH (5 Ob 588/76) bescheinigt. Eine Gefährdung dieses Anspruches sei deshalb anzunehmen, weil ein Rechtsanwalt beauftragt sei, für Anton H die Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der bezeichneten Liegenschaft zu erwirken und Anton H zudem in Zuhaltung des geschlossenen Leibrentenvertrages an Notburga S Leistungen erbringe. Da im Falle der Eintragung des Eigentumsrechtes für Anton H im Grundbuch das Recht Antragstellers, nach dem Tode der Notburga S das Eigentumsrecht an der Liegenschaft verbüchern zu lassen, vereitelt würde, sei die Erlassung des Veräußerungsverbotes und dessen Ersichtlichmachung im Grundbuch gerechtfertigt.

Das Rekursgericht wies in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses den Antrag der gefährdeten Partei (zur Gänze) ab. Die gefährdete Partei - so führte es aus - könne zu Lebzeiten der Antragsgegnerin noch keinen Erfüllungsanspruch erheben, wohl aber einen Anspruch darauf, daß sie alle Handlungen unterlasse, die geeignet seien, die Erfüllung der geschuldeten Leistung zu beeinträchtigen. Sie habe bereits ein rechtskräftiges Urteil erwirkt, demzufolge die Antragsgegnerin u. a. schuldig erkannt worden sei, die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung der Liegenschaft zu unterlassen. Die Exekutionsmittel, die das Gesetz zur Erwirkung von Unterlassungen im §355 EO vorsehe, böten allerdings keinen ausreichenden Schutz gegen die grundbücherliche Durchführung des zwischen Notburga S und Anton H abgeschlossenen Leibrentenvertrages. Der Umstand, daß zur Erwirkung von Unterlassungen keine anderen als die im § 355 EO vorgesehenen Exekutionsmittel zur Verfügung stunden und im Einzelfall für einen urteilsmäßig festgestellten Unterlassungsanspruch keinen ausreichenden Schutz böten, rechtfertige noch nicht die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung. Durch die beantragte einstweilige Verfügung würde der gefährdeten Partei mehr zugesprochen, als sie auf Grund des behaupteten und auch bescheinigten Anspruchs verlangen und im Weg der Exekution durchsetzen könnte, nämlich die Erzwingung der Erfüllung des Schenkungsvertrages vom 20. April 1961 nach dem Tode der Antragsgegnerin. Gleichzeitig würde aber ein Dritter, nämlich Anton H, in unzulässiger Weise daran gehindert, seine Ansprüche aus dem Leibrentenvertrag vom 3. Mai 1972 gegenüber Notburga S geltend zu machen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie der OGH in seiner - vom Rekursgericht zitierten - Entscheidung 6 Ob 21/75 ausgesprochen hat, liegt es in der Rechtsnatur der einstweiligen Verfügung als einer Maßnahme zur Sicherung des im Einzelfall durchzusetzenden Anspruches, daß sie nur auf Zeit bewilligt werden kann (§ 391 Abs. 1 EO). Sie soll dem Antragsteller helfen, seinen Anspruch zu wahren, solange ihm ein Exekutionstitel zur Sicherung oder Befriedigung dieses Anspruches nicht zu Gebote steht.

Die Besonderheit des gegenständlichen Falles liegt nun darin, daß der Antragsteller den ihm gegenüber der Antragsgegnerin auf Grund des mit dieser am 20. April 1961 geschlossenen Schenkungsvertrages (Schenkung auf den Todesfall) zustehenden Anspruch auf Unterlassung der Veräußerung der den Gegenstand der Schenkung bildenden Liegenschaft bereits gerichtlich geltend gemacht und einen entsprechenden Exekutionstitel erwirkt hat. In der diesen Unterlassunganspruch anerkennenden Entscheidung (5 Ob 588/76) hat der OGH ausdrücklich auf den obligatorischen Charakter der zwischen dem damaligen Kläger (nunmehr Antragsteller) und der seinerzeitigen Erstbeklagten (nunmehr Antragsgegnerin) getroffenen Vereinbarungen vom 20. April 1961 sowie darauf hingewiesen, daß eine Schenkung auf den Todesfall dem Beschenkten nur die Stellung eines Nachlaßgläubigers einräume und Romed G zu Lebzeiten der Notburga S kein Erfüllungsanspruch auf Übertragung der Liegenschaft zustehe; er habe allerdings im Sinne der Rechtslehre (Koziol, Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte, 1967, 156 F, 161; Bydlinski in Klang[2] IV/2, 116, 118) das Recht auf eine obligationsgemäße Willensrichtung des Schuldners auch schon vor Fälligkeit und dementsprechend einen Anspruch auf Unterlassung von Handlungen, die die geschuldete Leistung beeinträchtigen könnten.

Sobald der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin das keiner Anfechtung mehr unterliegende Urteil auf Unterlassung der Veräußerung der in Frage stehenden Liegenschaft erlangte, wäre eine von ihm allenfalls im Vorprozeß erwirkte Verbotsanmerkung nach §§ 382 Z. 6, 384 Abs. 2 EO als Teil der einstweiligen Verfügung außer Kraft getreten. Eine gleichartige bücherliche Eintragung auf Grund des dem Antragsteller urteilsmäßig zuerkannten Unterlassungsanspruches verbietet sich - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - deshalb, weil der Rechtsgrund des Unterlassungsanspruches auf einem Vertrag (Schenkung auf den Todesfall) beruht, die Verbücherung eines Veräußerungsverbotes also nur unter den im § 364c ABGB normierten Voraussetzungen möglich wäre, deren Vorliegen der Antragsteller selbst nicht behauptet. In Wahrheit stellt das Bemühen des Antragstellers, eine Verbotsanmerkung nach §§ 382 Z. 6 und 384 Abs. 2 EO zu erwirken, den zum Scheitern verurteilten Versuch dar, einem obligatorischen Anspruch dinglichen Charakter zu verschaffen.

Das Rekursgericht hat auch richtig erkannt, daß der Antragsteller den im Prozeß gegen die nunmehrige Antragsgegnerin ersiegten Anspruch auf Unterlassung der Veräußerung nach § 355 EO, nicht durchsetzen könnte. Nach dem Vorbringen des Antragstellers will sich die Antragsgegnerin nämlich keineswegs über den Urteilsbefehl (Unterlassungsbefehl) hinwegsetzen. Romed G hat ja den Rechtsweg erst beschritten, nachdem Notburga S vertragsbrüchig geworden war und die Liegenschaft mit dem Leibrentenvertrag vom 3. Mai 1972 an Anton H veräußert hatte.

Der Vollzugsmechanismus des § 355 EO versagt also im vorliegenden Fall, da er die Wiederholbarkeit des Zuwiderhandelns gegen das Unterlassungsverbot voraussetzt und ohne eine solche nicht gehandhabt werden kann (vgl. Pollak, System, 1032 § 205 I; Walker - Jaitner, Österreichisches Exekutionsrecht, 352 II lit. a; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht, 274 Abs. 1; 6 Ob 21/75). Aus den dargelegten Gründen hat das Rekursgericht den erstgerichtlichen, dem Antrag auf Erlassung einer Verbotsanmerkung nach §§ 382 Z. 6 und 384 Abs. 2 EO teilweise stattgebenden Beschluß ohne Rechtsirrtum im Sinne einer gänzlichen Abweisung dieses Antrages abgeändert.

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