Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben und dem Rekursgericht die sachliche Erledigung des zurückgewiesenen Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluß aufgetragen.
Text
Begründung
Das Erstgericht verpflichtete den Vater ab 20.11.1980 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 1.600 an die Minderjährige. Das Gericht zweiter Instanz wies den Rekurs des Vaters als verspätet zurück. Dieser habe, nachdem er im Verfahren 6 C 35/80 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien die Vaterschaft anerkannt hatte und das Unterhaltsverfahren an den Außerstreitrichter überwiesen worden war, nicht mehr zu weiteren Äußerungen aufgefordert werden können, weil er verzogen und seither unbekannten Aufenthaltes sei. Das Erstgericht habe darauf Dr.Ingrid R*** zum Kurator für den Vater bestellt und dieser den angefochtenen Beschluß am 15.3.1984 zugestellt. Die Rekursfrist sei daher am 29.3.1984 abgelaufen, sodaß das vom Vater am 13.6.1984 zur Post gegebene Rechtsmittel verspätet erhoben sei. Daran ändere nichts, daß ihm nach Bekanntwerden seines Aufenthaltes eine Beschlußausfertigung zugestellt wurde, weil die Zustellung an den Kurator zu Recht erfolgt sei; deshalb werde die Rechtsmittelfrist nicht neuerlich in Gang gesetzt. Auf den verspäteten Rekurs könne auch nicht gemäß § 11 Abs.2 AußStrG Bedacht genommen werden, weil das unterhaltsberechtigte Kind aus dem angefochtenen Beschluß bereits Rechte erlangt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Vater erhobene Rekurs ist zulässig, weil die Beurteilung der Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels Gegenstand einer verfahrensrechtlichen Frage ist (EFSlg.42.308 uva); er ist auch berechtigt.
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes hat das Erstgericht für den Vater gemäß § 116 ZPO einen Kurator bestellt, ohne daß die Voraussetzungen für eine solche Maßnahme vorgelegen wären. Gemäß dem nach § 6 AußStrG auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwendenden § 116 ZPO hat das Gericht für Personen (nur dann) einen Kurator zu bestellen, wenn die Zustellung wegen deren unbekannten Aufenthaltes nur durch öffentliche Bekanntmachung (§ 25 ZustellG) geschehen könnte. Zufolge § 25 Abs.1 ZustellG sind solche Zustellungen (durch Anschlag an der Gerichtstafel, daß ein zuzustellendes Schriftstück bei der Behörde liegt) u.a. nur vorzunehmen, wenn nicht gemäß § 8 ZustellG vorzugehen ist. Nach dieser Gesetzesstelle hat eine Partei, die während des Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle - also jene Abgabestelle, die nach Kenntnis der Partei vom Verfahren der Behörde als deren Abgabestelle bekannt ist (Walter-Mayer, Zustellrecht, 45) - ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen (Abs.1). Wird diese Mitteilung unterlassen, ist die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, sofern eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (Abs.2). Daß der Vater Kenntnis von dem Unterhaltsbemessungsverfahren hatte, ergibt sich schon aus seiner Anwesenheit bei der Tagsatzung im Verfahren 6 C 35/80 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17.2.1982, bei welcher das Verfahren, soweit es vom Unterhaltsanspruch der Minderjährigen betroffen war, an den Außerstreitrichter überwiesen wurde (vgl. ON 3 AS 35); im übrigen wurde vom Erstgericht auch die Ladung zur Vernehmung über den geltend gemachten Unterhaltsanspruch vom Vater an seiner dem Gericht bekannten Abgabestelle (Wien 14., Hüttelbergstraße 153) selbst übernommen (RS ON 8). Demnach hätte das Erstgericht, nachdem es festgestellt hatte, daß der Vater von dort verzogen und seither unbekannten Aufenthalts war (ON 19), alle weiteren Zustellungen im Verfahren nicht an einen Kurator, sondern gemäß § 8 Abs.2 ZustellG (durch Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch gemäß § 23 ZustellG) vornehmen müssen. Das Erstgericht hat bei dieser Verfahrenslage den Kurator zu Unrecht bestellt; seine Bestellung und die an ihn bewirkten Zustellungen sind demnach nichtig (Fasching, Komm.I 613 f.; SZ 27/102; EvBl.1958/26 ua; vgl. auch JBl.1980, 267). Mangels wirksamer Bestellung des Kurators ist die Rechtsmittelfrist somit erst mit Zustellung der Beschlußausfertigung an den Vater in Gang gesetzt worden (§ 7 ZustellG). Da nicht festgestellt werden kann, wann die Beschlußausfertigung dem Vater tatsächlich zugekommen ist (der Zustellschein trägt ein Datum nach Rekurserhebung), ist der Rekurs als rechtzeitig anzusehen. Die Frage, ob der Rekurs zu Recht als verspätet zurückgewiesen wurde, ist auch zu prüfen, wenn der (im übrigen nicht rechtsanwaltlich vertretene) Rechtsmittelwerber hiezu im Rekurs nicht Stellung genommen hat (6 Ob 566/80; 3 Ob 154/74; 1 Ob 188,189/70 ua). Aus dem Schriftsatz des Vaters geht immerhin eindeutig hervor, daß er sich durch die Entscheidung des Rekursgerichtes, mit der sein Rechtsmittel zurückgewiesen wurde, beschwert erachtet und letzlich eine meritorische Erledigung (zunächst) in der Richtung anstrebt, daß er jedenfalls für die Dauer des Strafvollzugs von der Unterhaltspflicht befreit sein will (vgl. AS 85).
Das Rekursgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die vom Erstgericht vorgenommene Unterhaltsbemessung sachlich zu überprüfen haben.
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