Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 5.094,-- (darin enthalten S 849,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 26.Mai 1987 verlautbarte die Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in der 40. öffentlichen Bekanntmachung den Export von Rindern, lebend zum Schlachten bestimmt (männlich) bis 30.Juni 1987. Sie forderte zur Antragstellung für die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen gemäß § 6 Abs 1 und 2 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl 1983/621, auf. Das Exportkontingent war mit Beschluß der Kommission vom 25.Mai 1987 mit
2.130 Schlachtrindern festgesetzt worden. Unter Bedachtnahme auf die Produktions- und Marktverhältnisse wurden hievon dem Bundesland Oberösterreich 410 Stück zugeteilt. In dem an die Kommission zu richtenden Antrag war weder die Nennung des (ausländischen) Vertragspartners, noch die Vorlage eines bereits abgeschlossenen Vertrages vorgesehen. Die Klägerin stellte am 1., 5. und 15. Juni 1987 Anträge auf Bewilligung der Ausfuhr von insgesamt 177 Stück Schlachtrindern in die Freihandelszone G*****. Diese Anträge sollten den jeweiligen Wochenbedarf decken. Die Unterkommission wies mit gleichlautenden Bescheiden vom 7. August bzw. 23. September 1987 diese Anträge mit der Begründung ab, daß angesichts der gegenwärtigen Marktlage kein volkswirtschaftlicher Bedarf nach einer gesteigerten Ausfuhr von Schlachtrindern bestehe. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. In ihrer Stellungnahme zu dieser Beschwerde führte die Unterkommission im wesentlichen aus, die Klägerin habe in der Vergangenheit keine Exportleistungen nach G***** und damit die im Sinne der 40. öffentlichen Bekanntmachung erforderlichen Vorleistungen nicht erbracht. Der Antrag der Klägerin habe nicht bewilligt werden können, weil das Exportkontingent bereits ausgeschöpft gewesen sei.
Der Verfassungsgerichtshof hob mit Urteil vom 5.Oktober 1988 die beiden genannten Bescheide im wesentlichen mit der Begründung auf, daß die belangte Behörde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen habe. Sie habe willkürlich gehandelt, die durch § 6 Abs 1 und 2 VWG 1983 geschaffene Rechtslage im grundsätzlichen verkannt, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen und die angefochtenen Bescheide völlig unzureichend und mangelhaft begründet. Auf Grund dieses Erkenntnisses bewilligte die Unterkommission mit Bescheid vom 10.April 1990 den Export von 177 Schlachtrindern durch die Klägerin.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Schadenersatz im Betrage von S 82.269,--, weil ihr dieser Betrag auf Grund eines kalkulierten Gewinns von 3 % beim Export der Schlachtrinder als Verdienst entgangen sei. Auf Grund der geänderten Marktverhältnisse sei der Klägerin der Export dieser Rinder trotz ihrer Bemühungen im Jahre 1990 nicht mehr gelungen.
Die Beklagte gestand die Rechtswidrigkeit der vorhin genannten Bescheide zu, diese seien aber im Rahmen vertretbarer Rechtsauslegung ergangen. Die Klägerin sei ihrer Schadensminderungspflicht dadurch nicht nachgekommen, daß sie die im Jahre 1990 erteilte Exportbewilligung nicht mehr genützt und daß sie die Erlassung des Bewilligungsbescheides nicht durch einen Devolutionsantrag beschleunigt habe. Auch bei rechtsrichtiger Gesetzesauslegung durch die Unterkommission wäre ein ablehnender Bescheid ergangen. Die Klägerin habe nämlich weder über einen Vertrag mit dem einzigen mit Importbewilligung seitens Italien ausgestatteten Unternehmen in der Freihandelszone G***** verfügt, noch sei ein konkreter Geschäftsabschluß mit diesem Unternehmen oder anderen Abnehmern in der Freihandelszone G***** vorgelegen. Dies sei der Kommission zum Entscheidungszeitpunkt bekannt gewesen. Die Bewilligungsvoraussetzungen wären sohin von vornherein nicht vorgelegen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines Teils des Zinsenbegehrens statt. Der Eigentümer eines Unternehmens in G*****, E***** O*****, habe im Jahre 1987 etwa 200 Stück lebende Schlachtrinder von der Klägerin gekauft. Er habe über eine Genehmigung zum Import von Rindfleisch und Lebendschlachtrindern aus Nicht-EG-Ländern verfügt. Mangels Bewilligung der Exportanträge der Klägerin sei die Lieferung dieser von O***** gekauften Rinder unterblieben. Die Klägerin habe die Exportstützung unter Vorlage der hiefür notwendigen Dokumente beantragt. Sie hätte zumindest S 82.269,-- an "Gewinn" erzielt. Die bewilligten Exportkontingente seien im Jahre 1990 nicht voll ausgeschöpft worden. Im Jahre 1990 sei es der Klägerin nicht mehr möglich gewesen, mit O***** zu einem Geschäftsabschluß bezüglich des Ankaufs von 177 Schlachtrindern zu kommen. Die Exportbewilligung sei der Klägerin in unvertretbarer Auslegung des § 6 VWG 1983 willkürlich verweigert worden. Das von der Beklagten durchgeführte Ermittlungsverfahren habe sich lediglich auf die Ermittlung des Exportkontingentes für die öffentliche Bekanntmachung beschränkt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Schon der Verfassungsgerichtshof habe erkannt, daß die Kommission die von ihr angewendeten Gesetzesbestimmungen völlig verkannt habe und aus den erlassenen Bescheiden nicht einmal ansatzweise hervorgehe, in welchem Umstand die der begehrten Ausfuhrbewilligung entgegenstehenden materiellen Hindernisse liegen könnten. Von einer vertretbaren Rechtsanwendung könne daher nicht die Rede sein. Der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens sei der Beklagten verwehrt, weil der Bescheidbegründung jeder Begründungswert fehle, obwohl gemäß §§ 58, 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen klar und übersichtlich zusammenzufassen seien. Es sei auch bemerkenswert, daß die Beklagte im Jahre 1990 die Exportbewilligung auf Grund der seinerzeitigen klägerischen Anträge erteilt habe, ohne daß sie die im Amtshaftungsverfahren eingewendeten Versagungsgründe als gegeben erachtete. Eine Verletzung der der Klägerin obliegenden Schadensminderungspflicht liege nicht vor. Die Klägerin habe sich zumindest stets um einen (neuerlichen) Vertragsabschluß mit dem Unternehmen O***** bemüht.
Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 1 Abs 1 AHG haften die dort genannten Rechtsträger, darunter der Bund, für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten schuldhaft zugefügt haben, nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist der Klägerin ein Schaden im Betrage von S 82.269,-- dadurch entstanden, daß die Unterkommission der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft der Klägerin nicht bzw. verspätet die Bewilligung zum Export von 177 Stück lebenden Schlachtrindern in die Freihandelszone G***** erteilte. Daß die vorhin genannte Unterkommission bei Abweisung der klägerischen Anträge auf Bewilligung des zuvor genannten Exports rechtswidrig vorgegangen ist, wird von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen, und ergibt sich die rechtswidrige Vorgangsweise eindeutig aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom 5.Oktober 1988 (Beilage C). Zu prüfen bleibt, ob den Organen der Beklagten auch ein Verschulden anzulasten ist.
Gemäß § 6 Abs 1 VWG 1983 bedürfen Ausfuhren von Schlachttieren in das Zollausland einer Bewilligung der Kommission. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die Ziele des § 2 Abs 1 VWG 1983, das sind Schutz der inländischen Viehwirtschaft, Stabilisierung der Preise für Schlachttiere und tierische Produkte, Gewährleistung der Versorgung mit den im § 1 genannten Waren in einer der Verwendung entsprechenden Qualität, nicht beeinträchtigt werden. Darüber hinaus hat die Kommission Exportkontingente, die im Wege von Exportbewilligungen an Hand der Kriterien des § 6 Abs 2 und 3 VWG 1983 auf die antragstellenden Exporteure aufzuteilen sind, festzusetzen, wenn es im volkswirtschaftlichen Interesse liegt. Nun hat die Kommission am 26. Mai 1987 im Wege der 40. öffentlichen Bekanntmachung allgemein zur Antragstellung für die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen gemäß § 6 Abs 1 und 2 VWG 1983 aufgefordert und das für Oberösterreich bestimmte Kontingent an Schlachtrindern mit 410 festgesetzt (Beilage 3). Die daraufhin gestellten Anträge der Klägerin auf Erteilung einer Bewilligung für die Ausfuhr von insgesamt 177 Stück Schlachtrindern in die Freihandelszone G***** wurden von der Unterkommission jeweils lediglich mit der Begründung abgewiesen, daß angesichts der gegenwärtigen Marktlage derzeit kein volkswirtschaftlicher Bedarf nach einer gesteigerten Ausfuhr von Schlachtrindern bestehe. Diese Begründung wurde in völliger Verkennung der klaren Gesetzeslage (§ 6 Abs 1 und 2 VWG 1983) gefaßt. Lediglich die Festlegung der Exportkontingente ist am volkswirtschaftlichen Interesse zu messen, der "Exportbedarf" bildet keine Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrbewilligungen nach § 6 VWG 1983. Die Bewilligung gemäß § 6 Abs 1 VWG 1983 ist lediglich davon abhängig, daß durch die Ausfuhr nicht bestimmte viehwirtschaftliche Ziele beeinträchtigt werden, die Ausfuhrbewilligung ist jedenfalls zu erteilen, wenn dadurch nicht in den Schutz der inländischen Viehwirtschaft, in die Preisstabilisierung und die Versorgungsgewährleistung eingegriffen wird. Die Entscheidung der Unterkommission beruht nicht auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung, denn sie weicht von der klaren Gesetzeslage praktisch völlig unbegründet ab. Dieses Abweichen stellt ein Verschulden des tätig gewordenen Organs dar; die von der Unterkommission getroffene, objektiv unrichtige Entscheidung begründet infolge Vorliegens von Verschulden einen Amtshaftungsanspruch (SZ 63/106; SZ 62/162; SZ 52/56; JBl 1985, 171; 1 Ob 27, 28/84; 1 Ob 15/92; 1 Ob 29/92; 1 Ob 17/92; 1 Ob 4/92; 1 Ob 14/92 u.v.a.). Die Ansicht der Beklagten, die Unterkommission sei um eine rechtsrichtige Entscheidung bemüht gewesen, ist nicht nachzuvollziehen. Die Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen und die Klägerin dadurch willkürlich bei der Aufteilung des Kontingents unberücksichtigt gelassen. Schließlich wurden die Bescheide der Unterkommission völlig unzureichend und mangelhaft begründet, der Klägerin gegenüber wurde nicht einmal angedeutet, in welchem Umstand das der begehrten Ausfuhrbewilligung entgegenstehende materielle Hindernis liegen könnte. Die Beweggründe der Behörde sind aus den von ihr getroffenen Entscheidungen nicht erkennbar. Durch diese Vorgangsweise hat die Unterkommission gegen ihre aus den §§ 58 Abs 2 und 60 AVG 1950 erfließende verfahrensrechtliche Verpflichtung zur Entscheidungsbegründung verstoßen. Den im Bescheid enthaltenen Ausführungen kommt kein Begründungswert zu.
Abgesehen davon, daß die Vorgangsweise der Unterkommission durchaus als grobes Verschulden zu bewerten ist und sohin auch die Haftung der Beklagten für einen der Klägerin entgangenen Gewinn gegeben wäre, handelt es sich bei dem von der Klägerin geltend gemachten Schadensbetrag um einen Schaden aus dem Titel des Verdienstentganges, der auch bei nur leichtem Verschulden eines Organs zu ersetzen ist (SZ 63/106; SZ 62/162; 1 Ob 17/92; 1 Ob 4/92).
Wenn die Beklagte letztlich darauf verweist, der von der Klägerin angestrebte Export wäre mangels Erfüllung der für die Gewährung der Exporterstattung erforderlichen Kriterien nicht oder bestenfalls mit Verlust durchführbar gewesen (AS 198), dies sei bei der Entscheidung der Unterkommission mitberücksichtigt worden, so ist ihr entgegenzuhalten, daß die Einwendung rechtmäßigen Alternativverhaltens dem im Amtshaftungsprozeß beklagten Rechtsträger verwehrt ist, wenn die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck Eingriffe in fremdes Rechtsgut an eine bestimmte Form oder ein bestimmtes Verhalten binden will; das gilt für die Begründungspflicht behördlicher Bescheide (SZ 59/141; vgl. SZ 54/108; 1 Ob 18/87). Daß die als Alternativverhalten der Entscheidung der Unterkommission zugrundegelegte Entscheidungsbegründung nicht bloß nur vertretbar, sondern auch richtig - demnach rechtmäßig - gewesen wäre (JBl 1992, 316), ließ sich im Verfahren nicht verifizieren.
Die Unterkommission hat sich nicht erkennbar, d.h. mit eingehender sachlicher Begründung, mit dem von ihr zu lösenden Problem (Kontingentzuweisung) befaßt und dargelegt, warum sie im gegebenen Fall eine andere Rechtsauffassung als die aus dem Gesetz klar hervorgehende vertreten zu können glaubte. Auf Grund der unvertretbaren Begründung der Behörde ist davon auszugehen, daß die bestehende Rechtslage rechtswidrig und schuldhaft mißachtet wurde (SZ 52/56; 1 Ob 20/92).
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)