Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 2.186,08 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 181,28 Umsatzsteuer und S 192,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind seit 1979 je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 656 KG Wieden, auf der sich das in den Jahren 1705/06 errichtete Palais Schönburg (Rainergasse 11) befindet. Der Beklagte schloß mit den damaligen Eigentümern dieser Liegenschaft am 9.6.1951 einen auf drei Monate befristeten "Untermietvertrag" über die Benützung des Zimmers Nr. 16 im zweiten Stock. Nach Ablauf der vereinbarten Mietdauer benützte der Beklagte das Zimmer unverändert weiter und bezahlte auch weiterhin den monatlich mit S 200,-- festgelegten Bestandzins an die Vermieter. Am 16.10.1957 kündigte die durch die erbserklärten Erben vertretene Verlassenschaft nach Dr. Alexander S*** als Liegenschaftseigentümerin dem Beklagten das in Bestand gegebene Zimmer mit der Behauptung auf, das zwischen den Streitteilen bestehende Untermietverhältnis unterliege nicht dem Kündigungsschutz. Diese Aufkündigung wurde im Verfahren 43 C 468/57 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien aufgehoben; das Revisionsgericht beurteilte das Bestandverhältnis als Hauptmiete (5 Ob 191/59).
Seit Anfang 1980 haben die Streitteile zahlreiche Rechtsstreitigkeiten - großteils Besitzstörungsverfahren - ausgetragen. Im Verfahren 38 C 380/80 hat das Erstgericht mit (bestätigtem) Endbeschluß vom 17.6.1981 in Stattgebung der von den Klägern am 20.2.1980 eingebrachten Klage ausgesprochen, daß der Beklagte ihren ruhigen Besitz am Vorraum des Zimmers Nr. 16 durch das Anbringen von Tapeten und Spannteppichen sowie Aufstellen eines Spiegelschrankes gestört habe. Mit Endbeschluß vom 21.7.1981 stellte das Erstgericht im Verfahren 38 C 456/81 fest, daß der Beklagte die Kläger im ruhigen Besitz der Liegenschaft durch Aufstellen eines Kleiderständers im Vorraum und durch Versperren eines als Bad und Küche verwendeten Raums gestört habe. Mit am 3.12.1981 eingebrachter Klage begehrten die Kläger, der Beklagte habe es zu unterlassen, durch die Halle zu gehen und die Repräsentationsstiege zu benützen (45 C 770/81 des Erstgerichts). Auch dieser Klage wurde stattgegeben; die vom Beklagten gegen das Urteil vom 5.8.1983 erhobene Berufung blieb erfolglos. Das vom Beklagten gegen die Kläger erhobene Begehren auf Feststellung, die auf Grund des Endbeschlusses vom 17.6.1981 (38 C 380/80) gemäß § 353 EO bewilligte Exekution sei erloschen, wies das Erstgericht mit Urteil vom 17.2.1983 rechtskräftig ab (38 C 23/82). Mit Endbeschluß vom 12.10.1983 gab das Erstgericht im Verfahren 45 C 115/82 dem Besitzstörungsklagebegehren der Kläger, das die Störung ihres ruhigen Besitzes am Vorraum des Zimmers Nr. 16 infolge Aufstellens und Lagerung verschiedener Fahrhabe durch den Beklagten zum Gegenstand hatte, statt; auch diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft. In den beiden verbundenen Verfahren 45 C 163/82 und 45 C 278/82 verurteilte das Erstgericht die Kläger nach dem Begehren des Beklagten, sie hätten ihn im ruhigen Besitz am Zugang zum Bestandobjekt durch das Anbringen von Vrohangschlössern an zwei Türen sowie das Austauschen des Schlosses am Hauptportal gestört; der gegen den Endbeschluß vom 16.11.1982 erhobene Rekurs der Kläger blieb erfolglos. Das Begehren der Kläger, der Beklagte habe sie im ruhigen Besitz an den mehrfach erwähnten Vorraum durch Aufstellen eines Schrankes gestört, wies das Erstgericht im Verfahren 38 C 267/82 mit bestätigtem Endbeschluß vom 28.2.1983 mit der Begründung ab, die Kläger hätten die Klagefrist nach § 454 ZPO nicht gewahrt. In dem über die Klage des Beklagten am 26.5.1982 eingeleiteten Besitzstörungsverfahren 45 C 373/82 wies das Erstgericht sein Begehren, die Kläger hätten ihn im ruhigen Besitz seines Bestandrechtes durch Aufbrechen eines Nischenschranks im Vorraum und durch Entfernung verschiedener ihm gehöriger Gegenstände gestört, mit Endbeschluß vom 19.4.1983 ab; dem Rekurs des Beklagten gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. In den beiden verbundenen Verfahren 42 C 787/82 und 42 C 888/82 nahmen die Kläger ihre auf Unterlassung des Aufstellens eines Ladenkästchens im Vorraum gerichtete Besitzstörungsklage mit der Begründung zurück, der vorliegende Kündigungsstreit sei bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Verfahrens unterbrochen, ihnen liege aber an der Fortsetzung dieses Verfahrens.
Um in das gemietete Zimmer Nr. 16 zu gelangen, muß der Beklagte einen nicht mitgemieteten Vorraum durchqueren. Unterhalb des einzigen Fensters dieses Vorraums befindet sich ein mit dem Mauerwerk fest verbundener Wandschrank, den der Beklagte, obgleich nicht vom Bestandrecht umfaßt, seit etwa 1976 zur Verwahrung eigener Fahrhabe verwendet. Am 14.4.1982 besichtigte Brigitta C, eine Angestellte der Kläger, die mit der Aufsicht über deren Liegenschaftsbesitz betraut ist, anläßlich eines Kontrollgangs erstmals diesen Wandschrank. Sie sah aber von einer Öffnung des Schranks ab, weil der Beklagte behauptete, er habe eine Gerichtsentscheidung, die ihm die Benützung des Möbelstückes gestatte, in Händen. Nachdem Brigitta C diese Behauptung überprüft und als unrichtig festgestellt hatte, öffnete sie am 11.5.1982 den Wandschrank mit einem Schraubenzieher. Die darin vorgefundenen Gegenstände, im wesentlichen Gerümpel, stellte sie in einer Ecke ab. Eine der beiden Schranktüren lagerte sie, weil sie beschädigt war, im Keller des Hauses. Dieser Vorgang war Gegenstand des Besitzstörungsverfahrens 45 C 373/82. Außerdem erstattete der Beklagtenvertreter namens des Beklagten nachstehende Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien:
"..... Am 11.5.1982 gegen 15 Uhr mußte ich
feststellen, daß der Schrank gewaltsam aufgebrochen, eine
der beiden Türen herausgerissen und sowohl diese als auch
meine angeführten, in den Verbau gelagerten Sachen
verschwunden waren.
Bis zum heutigen Tage konnte ich von diesen Sachen
nichts mehr auffinden. Der Wert der Sachen wäre im
einzelnen noch festzustellen, wird von mir jedoch mit
unter S 5.000,-- beziffert.
Wiewohl ich nicht weiß, wer die Sachbeschädigung
vorgenommen und meine Sachen verbracht hat, habe ich doch guten Grund zu der Annahme, daß dies im Auftrage der Hauseigentümer, Komm.-Räte Marian A und Danek
A erfolgte.
Die beiden Herren haben die Liegenschaft vor einigen Jahren erworben und sind seitdem bestrebt, mich zur Aufgabe meines Bestandrechtes zu bewegen, zumal ich einer der letzten Mieter im Hause bin.
........
Die bislang letzte dieser Reihe von Aktionen der Hauseigentümer gegen mich stellt ganz offensichtlich der hiemit zur Anzeige gebrachte Vorfall dar. Dies resultiert für mich aus folgenden Umständen:
Bereits im April, glaublich am 14.4.1982, wurde ich einmal gewahr, wie sich ein Mann und eine Frau an dem gegenständlichen Nischenverbau zu schaffen machten und versuchten, ihn gewaltsam aufzubrechen. Dies unterband ich durch mein Dazwischentreten. Bei dieser Gelegenheit kam es auch zu einem Wortwechsel, im Zuge dessen sich
herausstellte, daß es sich bei der beteiligten Frau
höchstwahrscheinlich um die Ehegattin eines der Hauseigentümer handelte.
.........
Diese Umstände dürften somit die Frage der Täterschaft, ebenso die Schuldform, zumindest des dolus
eventualis, indizieren.
Ich erstatte somit auf Grund dieser Umstände
Strafanzeige
gegen unbekannte Täter wegen Sachbeschädigung und
dauernder Sachentziehung bzw. Diebstahles; letzteres alternativ, da ich keine Angaben über den Verbleib der mir entwendeten Sachen und die innere Tatseite des oder der Täter machen kann."
Etwa einen Monat nach Erstattung der Anzeige entdeckte der Beklagte die Gegenstände, deren Diebstahl er angezeigt hatte, in einer Ecke des Hauses, zog aber dennoch die Strafanzeige nicht zurück.
Am 29.6.1982 erschien in der Tageszeitung "Kurier" ein
von Ricardo D gezeichneter Artikel nachstehenden
Inhalts:
"Es begann 1952: Der technische Zeichner Erich B
sonnte sich gerne im Park vor dem Palais Schönburg in Wien-Wieden. Eines Tages setzte sich die alte Fürstin
Agathe S*** zu ihm und lud den jungen Mann ein, im Palais einen Raum zu beziehen.
30 Jahre später bewohnt B noch immer sein
Einzelzimmer, sitzt noch immer gerne im Park und zahlt noch immer 200 Schilling Monatsmiete. Eines hat sich geändert: Herr B verbringt die meiste Zeit bei
Gericht. Die neuen Besitzer des Palais wollen ihren
letzten Mieter nämlich draußen haben.
"Einer, der unter der sowjetischen Besatzung für
200 Schilling ein Zimmer gemietet hat, darf nicht glauben, daß er 30 Jahre später für 200 Schilling noch immer ein Palais bewohnen kann", läßt ihr Anwalt, Dr. Franz E, verlauten. Gerüchte, daß die Kommerzialräte Marian und Danek A aus dem Barockpalais ein Hotel machen
wollen, weist er zurück.
Und damit hat B seit zwei Jahren und elf
Prozessen zu kämpfen:
Den Vorraum zu seinem Zimmer hat er mit Tapeten und Teppichen ausgestattet. Folge: Eine Besitzstörungsklage. B mußte die Tapeten wieder von den Wänden kletzeln. Die Besitzer haben das Schloß am Haupteingang
ausgetauscht. Will B jetzt in sein Zimmer, muß er
durch einen finsteren Gang und über eine steile
Wendeltreppe.
Der Dank dafür, daß B bei einem Rohrbruch
schnell reagierte und das Palais vor der Verwüstung
rettete: Kein Wasser bis heute.
Drei Kündigungsprozesse hat B mit Hilfe seines
Anwalts Kurt F schon gewonnen. Und auf eine große
Ersatzwohnung pfeift er auch: "Das Platzerl im Park ist
mir heilig."
Am 8.7.1982 erschien in der erwähnten Tageszeitung
neuerlich ein vom selben Autor gezeichneter Artikel mit
folgendem Inhalt:
"Der Streit um das Palais Schönburg in Wien-Wieden
(der Kurier berichtete) ist noch nicht zu Ende, der Kampf zwischen dem letzten Mieter und den Hausherren noch nicht ausgestanden. Einzelzimmer-Bewohner Erich B hat
durch seinen Anwalt Kurt F die Strafanzeige wegen Sachbeschädigung und Diebstahl einbringen lassen.
Einstweilen gegen unbekannte Täter, "doch habe ich guten Grund anzunehmen, daß es im Auftrag der Palais-Eigentümer, der Komm.-Räte Marian und Danek GÄRTNER, erfolgte"
(Anzeige).
In BS Vorzimmerschrank wurde nämlich
eingebrochen: Seither, genau seit dem 11. Mai 1982, 15 Uhr, fehlen Zeitschriften, Werkzeug, Porzellan.
Wie B, gebürtig aus Steinbrunn im Burgenland,
zur Annahme kommt, sein eigener Hausherr habe ihn
bestohlen?
"Man ist seit Jahren bestrebt, mich hinauszubekommen. So hat man mir den Weg zu meinem Zimmer über eine steile Wendeltreppe aufgenötigt, der geradezu als gefährlich zu bezeichnen ist" (B).
Erich B will schon im April die Ehefrau eines
der Eigentümer ertappt haben, wie sie versuchte, seinen
Schrank aufzubrechen.
Weil B vor seinem Zimmer einen Kleiderständer
aufstellte - welche Unverfrorenheit -, revanchierten sich
die Hausherren mit einer Besitzstörungsklage:
Kleiderständer im Barockpalais - wo kämen wir da hin?"
Die Kläger kündigten dem Beklagten das von ihm
gemietete Zimmer Nr. 16 im Palais Schönburg zum 31.12.1982 auf. Als Kündigungsgründe machten die Kläger die
wiederholten Versuche des Beklagten, seine Bestandrechte auf den Vorraum auszudehnen, auf die - ihrer Behauptung nach - bewußt unrichtige Strafanzeige und die beiden Zeitungsartikel, die der Beklagte veranlaßt habe, um die Kläger in ihrem Ansehen in der Öffentlichkeit zu
schädigen, geltend.
Der Beklagte erhob dagegen Einwendungen, in denen er
die behaupteten Kündigungsgründe bestritt.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Aufkündigung
rechtswirksam sei, und verurteilte den Beklagten zur übergabe des Bestandgegenstandes an die Kläger. Es stellte fest, die beiden Zeitungsartikel seien über Veranlassung, zumindest aber mit Wissen und Zustimmung des Beklagten im "Kurier" erschienen. Die Kläger seien je zur Hälfte Gesellschafter eines in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betriebenen Unternehmens, das den Handel mit Industriemaschinen zum Gegenstand habe. Ihre beiden Ehegattinnen seien als Kommanditisten beteiligt. Das Unternehmen wickle häufig Geschäfte, die jeweils Millionenhöhe erreichten, mit der UdSSR ab. So hätte es als Vertreterin der Firma G AG in Stockerau einen von der UdSSR erteilten Auftrag in der Höhe von S 850 Mio erreicht. Die beiden Zeitungsartikel seien zumindest für den Erstkläger sehr unangenehm gewesen, weil sie nicht bloß Gesprächsthema im Bekanntenkreis, sondern auch Gegenstand einer Rückfrage des sowjetischen
Handelsattaches gewesen seien. Auch in seiner Bank sei der Kläger darauf angesprochen worden. Beim Erwerb des Palais Schönburg durch die Kläger sei das Objekt nur mehr von drei Mietern benützt worden. Während das Bestandverhältnis mit zwei von ihnen durch Zahlung einer Abfindung bzw. durch Beistellung eines Ersatzobjektes aufgelöst habe werden können, seien die darauf gerichteten Versuche, auch mit dem Beklagten eine Lösung in dieser Richtung zu erzielen, gescheitert, selbst als ihm eine Eigentumsgarconniere mit Bad, WC, Gartenbenützung und Grünblick im Ausmaß von 55 m 2 angeboten worden sei. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Veranlassung der beiden Zeitungsartikel stelle im Zusammenhalt mit den wiederholten Besitzstörungshandlungen in Ansehung des Vorraums ein unleidliches Verhalten des Beklagten dar, so daß der Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG gegeben sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, sprach aus, daß der Streitgegenstand zwar S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige, und ließ die Revision zu. Ein strafbares Verhalten, das nicht dem dritten Fall des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 3 MRG zu unterstellen sei, weil es etwa gegen die Ehre gerichtet sei, könne immer noch als unleidliches Verhalten im Sinne des zweiten Falls dieser Gesetzesstelle beurteilt werden. Ob der Vermieter im Haus wohne, sei unerheblich, weil das für diesen Kündigungsgrund geforderte Naheverhältnis beim Vermieter schon kraft seiner Eigenschaft als
Hauseigentümer gegeben sei. Versuche, vermeintliche privatrechtliche Ansprüche im Rechtsweg gegen den Vermieter durchzusetzen, erfüllten für sich noch nicht die Anforderungen des geltend gemachten Kündigungsgrundes, doch könnne das auf grundlose Strafanzeigen zutreffen. Das Erstgericht habe festgestellt, daß die beiden
Zeitungsartikel zumindest mit Wissen und Zustimmung des Beklagten veröffentlicht worden seien; deshalb müsse dem Beklagten der gesamte Inhalt der Artikel, in dem die Kläger mit vollem Namen genannt seien, zugerechnet werden, weil gerade bei dem gespannten Verhältnis zwischen den Streitteilen von ihm eine Überprüfung des Veröffentlichungsinhalts erwartet werden habe müssen. In der Strafanzeige habe der Beklagte zwar die Täterschaft nicht eindeutig behauptet, die Anzeige aber so abgefaßt, daß seine Überzeugung, die Kläger seien die Täter,
eigentlich nicht bezweifelt werden könne. Für eine Strafanzeige wäre eine Sachverhaltsdarstellung ohne tendenziöse Schilderung ausreichend gewesen. Einige der Rechtsstreitigkeiten hätten zwar mit einem Erfolg des Beklagten geendet, doch sei es immer wieder zu
Streitigkeiten gekommen, weil der Beklagte seine Benützungsrechte auf den Vorraum ausgedehnt habe; in all diesen Verfahren - mit Ausnahme des Rechtsstreits
38 C 267/82, den die Kläger nicht fristgerecht eingeleitet hatten - hätten diese obsiegt. Aus der wiederholten Anmaßung von Rechten, deren Bestand der Beklagte in diesem Verfahren nicht beweisen habe können, sei sein
provokatives Verhalten, das nicht bloß als Reaktion auf einzelne Besitzstörungshandlungen der Kläger angesehen werden könne, zu ersehen. Die laufenden, stets den Vorraum betreffenden Störungshandlungen könnten nur als
beharrliche und in Kenntnis der Unrechtmäßigkeit erfolgte, demnach absichtliche Störung der bestehenden
Gebrauchsordnung beurteilt werden. Die Uneinsichtigkeit
des Beklagten äußere sich darin, daß er all diese Verfahren als mutwillig ansieht, obwohl er stets
unterlegen sei. Er könne sein Verhalten auch nicht mit Beweisnotstand wegen der damals unzulässigen Parteienvernehmung rechtfertigen, weil es ihm unbenommen geblieben wäre, ein petitorisches Verfahren anzustrengen; das aber habe er unterlassen. Er habe offenbar versucht, die Benützungsrechte zu erweitern, um bei nicht
rechtzeitigem Widerspruch eine Ausdehnung dieser Rechte gemäß § 863 ABGB zu erwirken. Den Vermietern könne nicht zugemutet werden, die Benützung durch den Mieter laufend zu überwachen, weil dieser seine Befugnisse immer wieder überschreite. Das Gesamtverhalten des Beklagten stelle den Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens her, selbst wenn man in Rechnung stelle, daß die Kläger selbst dem Beklagten das Leben im Haus erschweren.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.
Der Beklagte löst in seinem Rechtsmittel sein von den Klägern als Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG geltend gemachte Gesamtverhalten in die einzelnen Verhaltensweisen auf und gelangt danach zum Schluß, daß keine dieser Verhaltenskomponenten die von den Vorinstanzen für rechtswirksam erklärte Aufkündigung rechtfertige. Er übersieht, daß dieser Kündigungsgrund bloß Störungen des friedlichen Zusammenlebens durch längere Zeit oder in häufigen Wiederholungen voraussetzt; das Verhalten des Mieters darf nicht in Teilfakten zerlegt und diese dürfen nicht für sich allein geprüft werden. Entscheidend ist stets das Gesamtverhalten des Mieters, zu dessen Würdigung auch auf länger zurückliegende Ereignisse zurückzugreifen ist. Selbst an sich geringfügige Störungen können im Zusammenhalt mit anderen derartigen oder ähnlichen Vorfällen zur Beurteilung des Gesamtverhaltens des Mieters als im Sinne des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG unleidliches Verhalten beitragen. Der Vermieter ist demnach zur Aufkündigung auch berechtigt, wenn zwar nicht jeder einzelne Vorfall für sich betrachtet für eine Kündigung ausreicht, durch die Häufung das dem Vermieter (oder anderen Mietern) zumutbare Ausmaß jedoch überschritten wird (MietSlg. 31.357, 28.293 f, 24.276, uva.; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 17 zu § 30 MRG). Der Kündigungsgrund ist auch nicht auf bestimmte Verhaltensweisen eingeschränkt, wie etwa auf Beschimpfungen, Drohungen, ungebührliches Lärmen oder dergleichen; vielmehr wird er durch jedes Verhalten des Mieters, durch das das friedliche Zusammenleben beeinträchtigt wird, verwirklicht. Nach ständiger Rechtsprechung (MietSlg. 34.418, 31.361 u.a.) ist unleidliches Verhalten auch in laufend unternommenen Versuchen des Mieters, seine Benützungsrechte auf nicht in Bestand genommene Räume oder Gegenstände auszudehnen, zu erblicken; das muß - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte - umso mehr dann gelten, wenn sich der Vermieter (wie hier die Kläger) gegen die Inanspruchnahme solcher Räume wiederholt durch Besitzstörungsklagen erfolgreich zur Wehr setzten. Der Kläger hat nicht etwa versucht, seine vermeintlichen Rechte am Vorraum im ordentlichen Verfahren, in dem er sich (anders als im Besitzstörungsverfahren nach § 457 Abs 2 ZPO aF) auch auf seine Vernehmung als Partei berufen hätte können, durchzusetzen, sondern er hat den Vorraum in provokativer Weise - so als ob ihm dessen Benützung nicht schon wiederholt gerichtlich untersagt worden wäre - weiterhin benützt. Damit nötigte er die Kläger nicht nur zur dauernden Überwachung dieses Raums, damit sie nicht Gefahr liefen, den ruhigen Besitz an den Beklagten zu verlieren (vgl. § 454 ZPO), sondern auch zu häufiger Prozeßführung. Die mangelnde Einsicht des Beklagten, der in jedem gegen ihn eingeleiteten Verfahren einen Akt des Mutwillens erblickt und trotz der Verurteilung in nahezu allen Verfahren beharrlich an seinem Standpunkt festhält, seine Bestandrechte erstreckten sich auch auf den Vorraum, dokumentiert sich auch in seiner Strafanzeige, die zwar formell gegen unbekannte Täter, ihrem Inhalt nach jedoch eindeutig gegen die Kläger gerichtet ist und in welchen er ihnen nichts weniger als Sachbeschädigung (§ 125 StGB) oder dauernde Sachentziehung (§ 135 StGB), wenn nicht gar Diebstahl (§§ 127 ff StGB) vorwirft und diesen Vorwurf zur subjektiven Tatseite besonders ausführt. Selbst als er die vermißten Gegenstände wieder auffand, hat er bei der Behörde diesen für die Kläger äußerst unangenehmen Vorwurf nicht zurückgenommen.
Als unleidliches Verhalten zu beurteilen sind auch die beiden Zeitungsartikel, die schon im Hinblick auf die wiedergegebenen Details auf einer Information des Autors durch den Beklagten beruhen müssen und ihm auch deshalb zugerechnet werden müssen, weil feststeht, daß
sie - zumindest - mit seinem Wissen und seiner Zustimmung erschienen sind.
Zieht man das vom Beklagten in den letzten Jahren im Zusammenhang mit dem Bestandverhältnis den Klägern gegenüber an den Tag gelegte Gesamtverhalten in Betracht, so hat er damit das Maß des für die Kläger als Hauseigentümer und Vermieter noch zumutbaren deutlich überschritten (vgl. Würth a.a.O.); die Berechtigung der Kläger zur Aufkündigung des Bestandverhältnisses wegen unleidlichen Verhaltens des Beklagten wird auch durch die Prognose unterstrichen, daß dieser das Verhalten angesichts seiner Beharrlichkeit und Uneinsichtigkeit auch in Hinkunft fortsetzen würde. Zu Recht haben die Vorinstanzen deshalb die auf § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG gestützte Aufkündigung für rechtswirksam erklärt. Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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