OGH 1Ob662/87

OGH1Ob662/8711.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Kodek und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Johannes H***, Rechtsanwalt, Linz, Bürgerstraße 1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma N*** S***

Gesellschaft mbH & Co. KG, Pasching, Wagram 1, wider die beklagte Partei R*** T***, reg. Genossenschaft mbH, Traun, Johann Roithner-Straße 6, vertreten durch Dr. Hans Hochleitner, Dr. Josef Broinger, Dr. Johannes Hochleitner, Rechtsanwälte in Eferding, wegen S 4,670.956,15 samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 30.April 1987, GZ 5 R 154,155/86-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. März 1986, GZ 9 Cg 226/84-16, betätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 40.595,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.381,40 Umsatzsteuer und S 14.400,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der Firma N*** S***

Gesellschaft mbH & Co KG wurde mit den Beschlüssen des Landesgerichtes Linz vom 31.5.1983, Sa 11/83, das Ausgleichsverfahren und vom 8.7.1983, S 25/83, der Anschlußkonkurs eröffnet.

Mit Zessionskreditvertrag vom 25.10.1978 räumte die beklagte Partei der Gemeinschuldnerin auf dem Konto 06.031.793 (im folgenden: 793) einen Kontokorrentkredit bis zum Betrag von 1 Mill. S ein. Mit Kreditvertrag vom 3.12.1981 wurde der Kreditrahmen um 1,7 Mill. S, mit Kreditvertrag vom 10.1.1983 um 5,5 Mill. S erhöht. Auf dem Konto 793 wurde eine Belastung der (zu einem bestimmten Prozentsatz) bevorschußten Forderungen vorgenommen, auf dem pfandrechtlich gesicherten Geschäftsgirokonto 06.023.790 (im folgenden: 790) wurde eine Gutbuchung im Ausmaß der Bevorschussung getätigt. Am 24.2.1983 betrug der Sollstand auf dem Konto 793 S 4,718.354,39, am 17.5.1983 auf Grund von Eingängen S 47.398,24. Sämtlichen Eingängen in der Zeit zwischen dem 24.2.1983 und dem 17.5.1983 lagen Zessionen zugrunde, die vor dem 24.2.1983 erfolgt waren. Die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin trat im Laufe des Jahres 1982 ein.

Der klagende Masseverwalter beantragt den Zuspruch des Betrages von S 4,670.956,15 samt Anhang. Er brachte, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, vor, der beklagten Partei sei auf Grund regelmäßiger Überprüfungen der Buchhaltung der Gemeinschuldnerin bereits im Jahre 1982 bekannt gewesen, daß ein Liquidationsengpaß aufgetreten sei. Seit 10.12.1982 sei die Gemeinschuldnerin zahlungsunfähig gewesen. Die beklagte Partei habe dies gewußt oder habe es wissen können. Mit Schreiben vom 24.2.1983 habe die beklagte Partei der Gemeinschuldnerin bekanntgegeben, daß keine weiteren Rechnungen über das Zessionskreditkonto 793 bevorschußt würden; eine Kreditausnützung sei nur mehr auf dem Konto 790 im vereinbarten Rahmen von S 1,8 Mill. möglich. ab diesem Zeitpunkt seien sämtliche Eingänge zur Abdeckung des Sollstandes auf dem Konto 793 verwendet worden. Gemäß § 31 KO würden sämtliche Abtretungen, die nach dem 24.2.1983 vorgenommen worden seien, und die Zahlungen, die auf Grund dieser abgetretenen Forderungen erfolgt seien, angefochten. Die beklagte Partei habe die Abdeckung des Kredites nicht vor dem 31.12.1987 zu beanspruchen gehabt, sie habe am 24.2.1983 eine Beendigung des Zessionskredites auf Konto 793 ohne Angabe von Gründen erklärt und durch die Abdeckung des Debetsaldos am Zessionskreditkonto 793 durch Eingänge, die nach dem 24.2.1983 erfolgt seien, eine Begünstigung vor den übrigen Gläubigern erhalten. Durch die Anfechtung der Zessionen und der eingegangenen Zahlungen im Ausmaß von S 4,670.956,15 ab 24.2.1983 werde eine Erhöhung der Masse und der Quote für die Gläubiger möglich. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 5.3.1986 nahm die klagende Partei unter Hinweis darauf, daß bereits in der Klagserzählung ein Rechtsgestaltungsanspruch dargestellt worden sei, eine "Modifizierung" des Klagebegehrens vor, daß die zwischen der Gemeinschuldnerin und der beklagten Partei in der Zeit vom 3.12.1982 bis 24.5.1983 vorgenommenen Sicherungsabtretungen und Krediteinräumungen und die darauf erfolgten Eingänge in der Zeit vom 3.12.1982 bis 24.5.1983 den Gläubigern im Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin für unwirksam erklärt werden. Das Leistungsbegehren blieb unverändert. Diese Klagsänderung wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 6.3.1986, ON 16, bestätigt mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 30.4.1987, 5 R 155/86-22, nicht zugelassen.

Das Erstgericht wies das Leistungsbegehren ab. Das Fehlen des Rechtsgestaltungsbegehrens bewirke die Unschlüssigkeit der Anfechtungsklage.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es schloß sich der Entscheidung des erkennenden Senates vom 3.12.1986, 1 Ob 655/86, an, wonach das Leistungsbegehren einer Anfechtungsklage nicht ein eigenes Rechtsgestaltungsbegehren voraussetze. Die Unterlassung der Stellung des Rechtsgestaltungsbegehrens mache das Leistungsbegehren nicht unzulässig. Schon in der Geltendmachung des Leistungsbegehrens liege die Rechtsgestaltung. Nur dann, wenn ein Leistungsbegehren nicht gestellt werden könne, sei ein Rechtsgestaltungsbegehren erforderlich. Es sei aber unbestritten, daß nach dem 24.2.1983 keine Abtretungen mehr stattgefunden hätten. Angefochten seien nur die Abtretungen nach dem 24.2.1983 und die Zahlungen, die auf Grund dieser abgetretenen Forderungen eingegangen seien, worden. Diese Anfechtung gehe ins Leere. Die klagende Partei habe auch konkrete Umstände, aus denen sich eine fahrlässige Unkenntnis der beklagten Partei von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin ableiten ließe, nicht dargetan. Zug-um-Zug-Geschäfte seien überdies nach § 31 Abs 1 Z 2 KO nicht anfechtbar. Die Anfechtungsvoraussetzungen lägen nicht vor, wenn die Begründung der Forderung und die Bestellung der Sicherheit auf einem einheitlichen Vertrag beruhten. Die beklagte Partei habe durch die angefochtenen Zahlungseingänge Befriedigungen für einen revolvierenden Kontokorrentkredit verlangt, dessen Charakteristikum die von den Eingängen auf dem Konto abhängige wiederholte Ausnützung durch den Kreditnehmer gewesen sei. Werde ein solcher Kredit durch offene Abtretungen gesichert, deren Eingänge auf das Kontokorrentkreditkonto zu erfolgen hätten, dann sei die jeweilige Wiederausnützung des Kredites von den Eingängen aus diesen Zessionen oder allfälligen sonstigen Kontoeinzahlungen und von der jeweiligen Abtretung weiterer Forderungen bis zum vereinbarten Deckungsausmaß abhängig. In jeder Gestattung einer Wiederausnützung des zurückgezahlten Kredites liege eine neue Kreditgewährung. Würden vor einer Wiederausnützung des Kredites oder gleichzeitig mit dieser weitere Sicherheiten gegeben, so seien diese jedenfalls nicht anfechtbar, wenn sie nur der Sicherung des wiederausgenützten Kreditteilbetrages dienten und nicht gleichzeitig ein offen gebliebener alter Kreditrest dadurch gesichert werden solle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Nach der herrschenden Substantiierungstheorie (SZ 46/109; JBl 1974, 46 ua; Fasching aaO Rz 1040) hat der Kläger alle rechtserheblichen, für die Schlüssigkeit des Begehrens erforderlichen Tatsachen schon in der Klage vorzubringen. Der ein Leistungsbegehren stellende Anfechtungskläger hat daher die angefochtene Rechtshandlung, aus deren Unwirksamkeit er den Leistungsanspruch ableitet, bestimmt zu bezeichnen. Im Rahmen dieser Anfechtungserklärung mag zwar eine Klarstellung, Ergänzung oder Berichtigung der Tatsachengrundlage möglich und erlaubt sein; dies kann aber nicht dazu führen, daß statt der in der Klage angegebenen eine gänzlich andere Rechtshandlung angefochten und daraus die Berechtigung des Leistungsbegehrens abgeleitet wird (Ehrenzweig, Kommentar zur Anfechtungsordnung 390; vgl. NJW 1985, 1560; Kilger, KO15 208). Der Kläger bekämpfte nur Forderungsabtretungen nach dem 24.2.1983. Die vom Kläger noch dazu nach Ablauf der Präklusionsfrist des § 43 Abs 2 KO vorgenommene Klagsänderung wurde rechtskräftig nicht zugelassen. Eine unzulässige Neuerung ist es daher, wenn im Rahmen der Rechtsrüge nunmehr der Kreditvertrag vom 10.1.1983, mit dem der Kreditrahmen um 5,5 Mill. S erhöht wurde, angefochten wird. Sind aber in den von der klagenden Partei innerhalb der als maßgeblich angegebenen Zeiträumen die einzig angefochtenen nachteiligen Rechtshandlungen nicht gesetzt worden, ist schon aus diesem Grund das Anfechtungsbegehren verfehlt; ein Eingehen auf die Mängelrüge erübrigt sich daher.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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