Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens wird gleich weiteren Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen sein.
Text
Begründung
Die Streitteile haben am 22.8.1966 die Ehe geschlossen. Mit Vertrag vom 7.9.1982 schenkte der Kläger der Beklagten je eine ideelle Hälfte der ihm gehörigen Liegenschaften EZ 815 und EZ 1584 KG Kagran.
Mit der am 19.4.1983 beim Erstgericht eingelangten Klage sprach der Kläger den Widerruf dieser Schenkung gemäß § 948 ABGB aus, weil die Beklagte wiederholt Ehebruch mit einem anderen Mann begangen und ihn aus der ehelichen Wohnung ausgsperrt habe. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13.9.1988 brachte der Kläger ergänzend vor, die Beklagte behaupte wider besseres Wissen, er habe in der früheren Ehewohnung keine Investitionen getätigt. Mit dem Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28.1.1988, 28 Cg 121/87, sei festgestellt worden, daß er Investitionen in der Höhe von S 2 Mio. vorgenommen habe. Die Beklagte verweigere ihm weiters ungeachtet eines in Rechtskraft erwachsenen Endbeschlusses des Bezirksgerichtes Floridsdorf den Zutritt zur Ehewohnung. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil sie keinen Widerrufsgrund gesetzt habe; der Kläger habe auch in Punkt II des Schenkungsvertrages vom 7.9.1982 auf den Widerruf der Schenkung verzichtet. Der Kläger habe mit Ingrid K*** die Ehe gebrochen, was die Annahme einer beachtlichen Kränkung des Geschenkgebers selbst dann ausschließe, wenn sie die Ehe gebrochen haben sollte.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26.8.1983 wurde die Rechtssache zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem Verfahren 40 b Cg 155/83 des Erstgerichtes verbunden und ausgesprochen, daß das Verfahren 40 b Cg 155/83 führend sei. Mit dem Beschluß vom 13.9.1984 wurde das Verfahren bis zur Beendigung des präjudiziellen Rechtsstreits 23 Cg 149/83 des Erstgerichtes unterbrochen; die Fortsetzung des Verfahrens sollte nur auf Antrag erfolgen. Im führenden Verfahren 40 b Cg 155/83 wurde von der Beklagten am 5.6.1985 der Antrag gestellt, das ruhende Verfahren 40 b Cg 155/83 und das verbundene gegenständliche Verfahren durch Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung fortzusetzen. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13.12.1985 wurde der Beschluß verkündet, daß die Verbindung der Rechtssachen aufgehoben werde. In weiterer Folge sind im gegenständlichen Verfahren (40 b Cg 163/83 bis 14.1.1988 keine Verfahrensschritte des Richters bzw. der Parteien ersichtlich. An diesem Tage langte ein Schriftsatz der Beklagten mit der Mitteilung des Vollmachtswechsels und dem Hinweis darauf ein, daß seit dem Fortsetzungsantrag vom 3.6.1985 keine Tagsatzung stattgefunden habe. In der am 18.4.1988 für den 13.9.1988 anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung brachte die Beklagte vor, der Anspruch des Klägers auf Widerruf der Schenkung sei verjährt. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da die eheliche Gemeinschaft nach dem Vorbringen des Klägers jedenfalls seit 1983 aufgehoben sei, könne ein Ehebruch der Beklagten nicht mehr als den Kläger kränkend und damit als tauglicher Widerrufsgrund iS des § 948 zweiter Satz ABGB gewertet werden. Das Widerrufsbegehren sei aber auch verjährt, weil der Kläger nach rechtskräftiger Erledigung der Rechtssache 23 Cg 149/83 keine Verfahrensschritte unternommen habe. Die auffällige Untätigkeit des Prozeßgerichtes hätte ihn zu einem Fortsetzungsantrag veranlassen müssen.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge.
Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,- übersteigt. Der Kläger habe das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt, so daß die Unterbrechungswirkung der Klage weggefallen sei. Grundsätzlich sei zwar der Kläger nicht verhalten, zur Vermeidung der im § 1497 ABGB normierten Rechtsnachteile von sich aus das säumige Prozeßgericht zu betreiben; es sei aber auch entschieden worden, daß dem Kläger eine Untätigkeit nur dann nicht schade, wenn er eine Tätigkeit des Gerichtes erwarten konnte oder mußte. Mit einer solchen Tätigkeit habe der Kläger aber nach Ablauf von fast drei Jahren zwischen der Zustellung des ersten Fortsetzungsantrages der Beklagten und der Zustellung der Ladung zur Tagsatzung vom 13.9.1988 am 25.5.1988 nicht mehr rechnen können. Er wäre unter diesen besonderen Umständen von sich aus gehalten gewesen, geeignete Schritte zur Fortsetzung des Verfahrens zu unternehmen. Da er dies nicht getan habe und im übrigen die Initiative zur Fortführung des Verfahrens von der Beklagten ausgegangen sei, müsse von einer beharrlichen Nichtbetätigung des Klägers gesprochen werden, was zur Annahme einer nichtgehörigen Fortsetzung des Verfahrens iS des § 1497 ABGB führe. Es lägen aber auch keine tauglichen Widerrufsgründe vor. Das Vorbringen des Klägers in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13.9.1988 könne nicht dahin verstanden werden, daß die Beklagte die angeblich unrichtigen Behauptungen über die Investitionen des Klägers in der Ehewohnung als Zeugin oder unter Eid als Partei abgelegt habe. Gleiches gelte für die Behauptung, die Beklagte handle nach wie vor einem Endbeschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf zuwider.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Klägers kommt Berechtigung zu.
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO).
Das Schwergewicht der Rechtsrüge liegt in der Bekämpfung der Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß das Begehren auf Widerruf der Schenkung verjährt sei. Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage nur unter der weiteren Voraussetzung unterbrochen, daß "die Klage gehörig fortgesetzt wird". Eine nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens läßt die Unterbrechungswirkung der Klage nicht eintreten. Nicht gehörige Fortsetzung iS dieser Gesetzesstelle ist anzunehmen, wenn der Kläger eine ungewöhnliche Untätigkeit bekundet und dadurch zum Ausdruck bringt, daß ihm an der Erreichung des Prozeßzieles nichts gelegen ist (SZ 58/112; SZ 54/177; JBl.1978, 210; SZ 41/85; Klang in seinem Komm.2 VI 656). Bei der Prüfung, ob ein solches Verhalten des Klägers vorliegt, sind vor allem die Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen (SZ 58/112; SZ 54/177; SZ 52/30 u.a.). Es kommt nicht nur auf die Dauer, sondern auf die Gründe der Untätigkeit des Klägers an. Entsprechend dem rechtspolitischen Grundgedanken der Verjährung ist aus dem konkreten Verhalten des Klägers zu schließen, ob jenes "Stillschweigen" vorliegt, welches das Gesetz für die Vollendung der Verjährung fordert (Klang a.a.O. 657). Demgemäß sprach der Oberste Gerichtshof aus, daß aus der Untätigkeit des Klägers auf die Verjährung nicht geschlossen werden kann, wenn er gar nicht gehalten war, eine Prozeßhandlung vorzunehmen, um einem Verfahrensstillstand wirksam zu begegnen (SZ 58/112; JBl.1980, 98; EvBl.1976/6; EvBl.1974/196; SZ 41/85; SZ 37/134 u.a.). Der Berechtigte ist daher nicht verpflichtet, beim säumigen Prozeßgericht zur Vermeidung der in § 1497 ABGB normierten Rechtsnachteile Anträge zu stellen (SZ 58/112; SZ 52/30; SZ 46/5; EvBl.1972/201; SZ 37/134 u.a.; König, JBl.1976, 305). Das kann nur nicht dazu führen, daß ein Kläger auf unbegrenzte Zeit ("ad infinitum") im Prozeß untätig bleiben darf (SZ 58/112; JBl.1976, 591). Unterliegt der geltend gemachte Anspruch der dreijährigen Verjährung, ist eine Untätigkeit des Klägers durch fast fünf Jahre als nicht gehörige Fortsetzung der Klage zu werten (SZ 58/112). Eine etwa dreijährige Untätigkeit wurde hingegen nicht als ausreichend angesehen, um von einer nicht gehörigen Fortsetzung der Klage zu sprechen (SZ 37/134).
Im vorliegenden Fall wurde nach Wegfall des Unterbrechungsgrundes am 5.6.1985 von der Beklagten der Antrag auf Fortsetzung des führenden und des gegenständlichen Verfahrens gestellt, worauf für den 13.12.1985 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anberaumt wurde, in der die Trennung der verbundenen Rechtssachen verfügt und nur mehr im führenden Verfahren weiterverhandelt wurde. Erst auf den Hinweis des Vertreters der Beklagten im Schriftsatz vom 13.1.1988 (ON 6), daß ungeachtet des vorliegenden Fortsetzungsantrages vom 5.6.1985 keine weitere Verhandlung stattgefunden habe, beraumte das Erstgericht am 18.4.1988 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung für den 13.9.1988 an. Für den Vertreter des Klägers war in der Tagsatzung vom 13.12.1985 erkennbar, daß in der vorliegenden Rechtssache, ungeachtet des von der Beklagten gestellten Fortsetzungsantrages, nicht mehr weiter verhandelt wird. Die unterlaufene Verfahrensverzögerung, die einer Verweigerung des Rechtsschutzes gleichkommt, ist allein auf das Verhalten des Erstgerichtes zurückzuführen. Die Verfahrensverzögerung unterschreitet aber - anders als im Falle der Entscheidung SZ 58/112 - die Dauer der dreijährigen Verjährungsfrist, so daß noch nicht gesagt werden kann, dem Kläger, der eine Tätigkeit des Gerichtes erwarten konnte, sei an der Erreichung des Prozeßzieles nichts gelegen. Gemäß § 948 ABGB kann die Schenkung widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte gegen den Geschenkgeber eines groben Undanks schuldig gemacht hat. Darunter ist ein Verhalten des Beschenkten zu verstehen, das auf Antrag oder von Amts wegen strafgerichtlich geahndet werden kann. Verletzungen des Geschenkgebers, die geringer sind als die in § 948 zweiter Satz ABGB bezeichneten, rechtfertigen den Widerruf nicht (EvBl.1963/201; SZ 18/39). Mit Recht gelangte das Berufungsgericht zum Ergebnis, daß dem Vorbringen des Klägers in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13.9.1988 nicht entnommen werden kann, die Beklagte habe eine falsche Beweisaussage vor Gericht, sei es als Zeugin (§ 288 Abs.1 StGB) oder beeidet als Partei (§ 288 Abs.2 StGB), abgelegt. Das Erstgericht war auch nicht verpflichtet, den rechtsfreundlich vertretenen Kläger darüber zu belehren, unter welchen Voraussetzungen ein Verhalten als grober Undank iS des § 948 zweiter Satz ABGB zu werten ist, und auf ein entsprechendes Vorbringen hinzuwirken. Aktenwidrig ist es, wenn der Kläger in der Revision vorbringt, er habe behauptet, die Beklagte habe als Zeugin vor Gericht wahrheitswidrige Behauptungen über die Verweigerung des Zutritts des Klägers zur Ehewohnung aufgestellt; auch ein solches Vorbringen liegt nicht vor. Behauptet wurde lediglich, daß die Beklagte dem Kläger entgegen einer rechtskräftigen Entscheidung des Bezirksgerichtes Floridsdorf den Zutritt zur Ehewohnung verweigere, nach durchgeführter Exekution sei das Schloß zur Wohnung immer wieder geändert worden, der Widerrufsgrund "halte daher nach wie vor an". Ein strafgerichtlich zu ahndendes Verhalten ist diesem Vorbringen nicht zu entnehmen. Der als Widerrufsgrund geltend gemachte Ehebruch zählt zu den in § 948 zweiter Satz bezeichneten strafbaren Handlungen (SZ 48/68; SZ 44/192; SZ 11/89; Stanzl in Klang Komm.2 IV/1, 621), doch kommt es bei dessen Wertung auf die Umstände des Einzefalles an. Besondere Umstände können die Annahme einer beachtlichen Kränkung des Geschenkgebers ausschließen (SZ 48/68). Das Erstgericht stellte fest, daß der Ehebruch nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erfolgte; davon geht auch der Revisionswerber aus. Auch die Frage, ob ein Ehebruch nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft noch einen groben Undank darstellt, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Ist die eheliche Gemeinschaft seit einem Jahr aufgehoben, erlischt gemäß § 194 Abs.2 StGB das Privatanklagerecht und damit die Eignung der Tat als Widerrufsgrund. Bei kürzerer Aufhebung der Gemeinschaft kann die Eignung als Widerrufsgrund aber nicht schlechthin verneint werden; sie könnte etwa gegeben sein, wenn die Beklagte den Kläger aus der ehelichen Wohnung ausgesperrt, auf diese Weise die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft bewirkt und dann die Ehe gebrochen hätte. Andererseits behauptete die Beklagte, daß der Kläger mit Ingrid K*** die Ehe gebrochen habe (ON 4), was für die Wertung einer ehebrecherischen Beziehung der Beklagten als Widerrufsgrund von Bedeutung wäre. Im fortgesetzten Verfahren wird demnach festzustellen sein, ob bzw. wann die Beklagte Ehebruch begangen hat und ob ihm iS vorstehender Ausführungen die Eignung als Widerrufsgrund zukommt.
Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)